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auch bei gesellschaftsrechtsakzessorischen Strafrechtsnormen, die zu einer Anknüpfung an das Gründungsstatut führen, eine Beschränkung in der Niederlassungsfreiheit insofern vorliegen, als dass die Aussicht auf strafrechtliche Sanktion durch
deutsches Strafrecht bei einem Verstoß gegen englisches Handels- und Gesellschaftsrecht geeignet ist, eine Verlegung des Verwaltungssitzes einer Limited nach
Deutschland weniger attraktiv zu machen.
2. Vorschriften ohne korporative Anknüpfung
Aus dem sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebenden Beschränkungsverbot der Art. 43, 48 EG ergibt sich, dass es bei einer Untersuchung im Hinblick auf
eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nicht auf die rechtliche Einkleidung
der betreffenden Vorschrift ankommt, sondern darauf, ob und wie sich diese rechtlich oder tatsächlich, direkt oder indirekt auf die Niederlassungsfreiheit auswirkt.113
Insoweit können auch Vorschriften ohne gesellschaftsrechtliche Anknüpfung eine
rechtfertigungsbedürftige Beschränkung darstellen. Diese Feststellung ist dabei nicht
auf die Bedrohung durch etwaige strafrechtliche Sanktionen beschränkbar. Vielmehr
könnte genau genommen fast jeder Anwendung nationaler Vorschriften ein Eingreifen in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit entgegengehalten werden - mit
dem Argument, dass dadurch erforderlicher Rechtsberatungsbedarf und dementsprechende Kosten die Ausübung der Niederlassungsfreiheit an Attraktivität leiden lassen.114
Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch nationale Strafvorschriften
kommt insoweit in Betracht, als die darin in Aussicht gestellte Strafandrohung für
Gesellschaften bzw. deren Geschäftsleiter hemmende Wirkung haben kann. Strafnormen machen insofern die Ausübung der Niederlassungsfreiheit vom Grundsatz
her weniger attraktiv.115
II. Einschränkung des Schutzbereichs
Die Reichweite der Niederlassungsfreiheit wurde vom EuGH bislang noch nicht
abschließend geklärt.116 Die uneingeschränkte Anwendung der weiten Definition der
113 Bayer, BB 2003, 2357, 2365; Spindler / Berner, RIW 2004, 7, 10; Rehm, in: Eidenmüller,
Ausländische Kapitalgesellschaften, § 2 Rn. 72; Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3 Rn. 9; ders., JZ 2004, 24, 27; Fleischer, in: Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, S. 98.
114 Lanzius, Anwendbares Recht und Sonderanknüpfungen unter der Gründungstheorie, S.
104.
115 Eidenmüller, JZ 2004, 24, 27; Hoffmann, in: Sandrock / Wetzler, Deutsches Gesellschaftsrecht, S. 244; a.A. Spindler / Berner, RIW 2004, 7, 15; Goette, DStR 2005, 197, 199
116 Forsthoff, in: Hirte / Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften, § 2 Rn. 38.
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Niederlassungsfreiheit würde jedoch bedeuten, dass nahezu jede Rechtsanwendung
nationalen Rechts einen Eingriff in die Niederlassungsfreiheit darstellen würde. Bei
EU-Auslandsgesellschaften würde dies dazu führen, dass sie in ausuferndem Maße
eine Beschränkung in ihrer Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch nationale
Gesetze rügen könnten. In konsequenter Anwendung dieser Überlegung würde dies
einen potentiellen Rechtfertigungszwang für sämtliche mitgliedstaatliche Vorschriften bedeuten.117
Angesichts dieses Szenarios scheint eine Eingrenzung der Reichweite des
Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit geboten. Schließlich sind die Grundfreiheiten keine „grundrechtsähnlichen absoluten Freiheitsverbürgungen.“118 Es gilt, die
inneren Grenzen der Niederlassungsfreiheit insbesondere im Hinblick auf den Sinn
und Zweck der Niederlassungsfreiheit herauszuarbeiten und dabei solche nationalen
Vorschriften aus dem Schutzbereich herauszunehmen, die keine niederlassungsfreiheitsregelnde Tendenz erkennen lassen.
1. Sinngemäße Übertragung der „Keck“-Rechtsprechungsgrundsätze
Die konkrete Reichweite der Niederlassungsfreiheit als Beschränkungsverbot
konnte vom EuGH bislang offen gelassen werden. Vor dem Hintergrund der drohenden Gefährdung der Rechtssicherheit, die ein rechtsfreier Raum für EU-Auslandsgesellschaften zweifellos mit sich bringen würde, bietet sich eine Übertragung
der Rechtsprechungsgrundsätze zur Warenverkehrsfreiheit gem. Art. 28 EG an, als
diejenige Grundfreiheit, die anhand von EuGH-Entscheidungen als am meisten geklärt angesehen werden kann.119 Auch hier lag zu Anfang die Frage offen, inwieweit
die Warenverkehrsfreiheit trotz ihrer weiten Definition des EuGH durch die „Dassonville“-Formel120 und der gleichzeitig eng auszulegenden Rechtfertigungsgründe
gem. Art. 30 EG in praktische Bahnen gelenkt werden könnte. In der wegweisenden
Entscheidung „Keck und Mithouard“121 hat der EuGH entschieden, dass der Schutzgehalt der Warenverkehrsfreiheit nach nicht diskriminierenden Maßnahmen, die an
die Produktmodalität, und nicht diskriminierenden Maßnahmen, die an die Verkaufsmodalität anknüpfen, zu differenzieren ist.122 Dabei wird der Schutzbereich insofern teleologisch reduziert, als dass eine nicht diskriminierende, bloße Verkaufsmodalität ohne zugangsbehindernde Wirkung keine verbotene Beschränkung der
Warenverkehrsfreiheit darstellt. Hintergrund dieser Abgrenzung ist die Absicht, unterschiedslos geltende Beschränkungen von dem Erfordernis der Rechtfertigung zu
117 G / H-Randelzhofer / Forsthoff, Vor Art. 39-55, Rn. 91.
118 G / H-Randelzhofer / Forsthoff, Vor Art. 39-55, Rn. 92, 105.
119 In Groeben / Schwarze-Müller-Graff, Vor Art. 28-31, Rn. 10 wird der Warenverkehrsfreiheit eine „Vorreiterrolle“ zugeschrieben.
120 EuGHE 1974, 837 – Rs. 8/74 „Dassonville“ (Rz. 5).
121 EuGHE 1993, I-6097 –Rs. C-267/91 und C-268/91 „Keck“.
122 EuGHE 1993, I-6097 –Rs. C-267/91 und C-268/91 „Keck“ (Rz. 15 f.).
38
befreien, indem diese bereits eine Stufe zuvor aus dem Schutzbereich der Grundfreiheit „herausfallen“. Damit wendet der EuGH im Ergebnis einen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entgegen des sonst Üblichen zu Gunsten der mitgliedstaatlichen
Maßnahmen bzw. Normen an.123
a) Dogmatik mit Warenverkehrsfreiheit vergleichbar
Insofern ist die Möglichkeit der Übertragung des Gedankens der „Keck“-
Rechtsprechung des EuGH zur Warenverkehrsfreiheit auf die Niederlassungsfreiheit
näher zu untersuchen. Nach „Keck“ sind bloße Verkaufsmodalitäten, also vertriebsbezogene Beschränkungen ohne zugangshindernde Wirkung den inländischen Markt
betreffend, nicht als verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung i.S.d. Art. 28 EG einzustufen, so dass insofern hinsichtlich vertriebsbezogenen Beschränkungen das allgemeine Beschränkungsverbot zu einem Diskriminierungsverbot reduziert wird.124
Für eine herausgehobene Bedeutung der „Keck“-Entscheidung auch für die Niederlassungsfreiheit spricht, dass nach der Rechtsprechung des EuGH nicht lediglich
offen oder versteckt diskriminierende, sondern alle Maßnahmen eine Beschränkung
der Niederlassungsfreiheit darstellen, die ihre Ausübung „behindern oder weniger
attraktiv“125 machen. Bei dieser Formulierung fällt die inhaltliche Parallelität zur im
Rahmen der Warenverkehrsfreiheit entwickelten „Dassonville“-Formel ins Auge.
Danach stellt nicht lediglich jede diskriminierende Maßnahme einen Eingriff in den
Schutzbereich der Warenverkehrsfreiheit dar, sondern auch mittelbar oder potentiell
beschränkende Maßnahmen können gegen die Grundfreiheit i.S.v. Art. 28, 29 EG
verstoßen. Durch diese weite Interpretation der Warenverkehrsfreiheit und die eher
restriktive Auslegung der Rechtfertigungsgründe entwickelte sich die Notwendigkeit
einer Kompensation durch eine Schutzbereichsbegrenzung der Warenverkehrsfreiheit, wie durch die „Keck“-Formel geschehen. So hat der EuGH die Eingrenzung
der Warenverkehrsfreiheit in „Keck“ mit der Entwicklung begründet, dass sich immer mehr Wirtschaftsteilnehmer auf die Grundfreiheit berufen, um jedwede Regelung des nationalen Rechts anzugreifen.126 Genau diese Konstellation würde jedoch
auf absehbare Zeit auch im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit drohen, wenn
nicht geeignete Kriterien entwickelt werden. Insofern spricht ebenfalls für eine
grundfreiheitenübergreifende Anwendung, dass ähnlich wie bei der Warenverkehrsfreiheit auch für die Niederlassungsfreiheit ein Ausgleich zu der Weite des Schutzbereichs erforderlich ist, und der Gedanke, dass „auch die Niederlassungsfreiheit
keine Generalüberprüfung der nationalen Rechtsordnung eines EU-Mitglied-
123 So Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3 Rn. 12.
124 Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3 Rn. 11.
125 EuGHE 1993, 1663 – Rs. C-19/92 „Kraus“ (Rz. 32); EuGHE 2002, I-305 – Rs. C-439/99
„Kommission . / . Italien“ (Rz. 22).
126 EuGHE 1993, I-6097 – Rs. C-267/91 und C-268/91 „Keck“ (Rz. 14).
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staats“127 rechtfertigt.128 Dies gilt umso mehr, als der sich in dem Zuzugsstaat Niederlassende, mehr noch als bei einem grenzüberschreitenden Austausch von Produkten, potentiell mit sämtlichen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaates in
Berührung kommt.129
Gegen eine sinngemäße Übertragungsmöglichkeit der „Keck“-Rechtsprechungsgrundsätze auf die Niederlassungsfreiheit wird geltend gemacht, der EuGH selbst sei
bei der Übertragung der „Keck“-Formel auf andere Grundfreiheiten vorsichtig.130
Danach solle, anstatt eine Eingrenzung des Schutzbereichs über „Keck“ vorzunehmen, lieber nach einer Lösung auf der Rechtfertigungsebene gesucht werden. Diesem Einwand ist zuzugeben, dass es durchaus als sinnvoll erscheint, erst die bereits
geschriebenen (Art. 46 EG) bzw. durch Rechtsprechung des Gerichtshofs gefestigten Rechtfertigungsmöglichkeiten (zwingende Gründe des Allgemeinwohls, „Vier-
Kriterien-Test“) im Hinblick auf Art. 43, 48 EG zu prüfen, bevor vorschnell eine
möglicherweise unnötige Eingrenzung des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit durch Übertragung der „Keck“-Formel angenommen wird.
Wie bereits festgestellt, wirken alle nationalen Straftatbestände potentiell beschränkend auf die Grundfreiheiten, da sie an ein bestimmtes Verhalten Sanktionen
knüpfen und daher insbesondere die Niederlassungsfreiheit weniger attraktiv machen.131 Die ausdrückliche Erwähnung des Betruges („die missbräuchliche oder betrügerische Berufung auf Gemeinschaftsrecht ist nicht gestattet.“)132 legt nahe, dass
auch der Gerichtshof von einer grundsätzlich möglichen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch nationale Strafrechtsvorschriften ausgeht.133
127 Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3 Rn. 16.
128 Vgl. Frenz, Europarecht, Rn. 406 f.; G / H-Randelzhofer / Forsthoff, Vor Art. 39-55, Rn.
118.
129 G / H-Randelzhofer / Forsthoff, Vor Art. 39-55 EG, Rn. 105.
130 Kieninger, ZeuP 2004, 685, 691; Schillig, IPRax 2005, 208, 211.
131 Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 494 ff. am Beispiel der strafrechtlichen Produkthaftung oder des Staatsschutzdelikts des § 86 a I StGB und der Warenverkehrsfreiheit;
Eidenmüller, JZ 2004, 24, 27 mit dem anschaulichen Beispiel, dass auch ein gegen den Geschäftsleiter einer Auslandsgesellschaft verhängtes Fahrverbot wegen Trunkenheit am
Steuer eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt; danach ist stark zu vermuten, dass der EuGH nach dem Gedanken der „Keck“-Rechtsprechung rein tätigkeitsbezogene Vorschriften aus dem Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit herausnehmen wird; a.A.
Spindler / Berner, RIW 2004, 7, 10, 13, 15, wonach eine Beschränkung bei einer jedermann
treffenden Norm von vornherein nicht gegeben sein soll, ebenso Goette, DStR 2005, 197,
199; Kienle, in: Süß / Wachter, Handbuch des internationalen GmbH-Rechts, § 3 Rn. 47.
132 EuGHE 1999, I- 459 – Rs. C-212/97 „Centros“ (Rz. 24); EuGHE 2003, I-10155 – Rs. C-
167/01 „Inspire Art“ (Rz. 136).
133 Ebenso: Hoffmann, in: Sandrock / Wetzler, Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb
der Rechtsordnungen, S. 244.
40
aa) Rechtfertigung über Art. 46 I EG
Eine Übertragung der „Keck“-Rechtsprechungsgrundsätze kann unterbleiben,
wenn bereits die durch Art. 46 I EG gebotene Rechtfertigungsmöglichkeit hilft, die
Weite des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit zu kompensieren. Art. 46 I EG
erlaubt „Sonderregelungen für Ausländer“, die „aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.“ Der klassische Anwendungsbereich des Art. 46 I EG ist dabei im Ausländerrecht anzusiedeln, wie sich aus der
Formulierung „Sonderregelung für Ausländer“ ergibt. Vor dem Entstehungshintergrund, dass Art. 46 I EG dem Schutz nationaler Interessen zu dienen bestimmt ist,
ist eine Ausdehnung auf Regelungen, die nicht im Ausländerrecht wurzeln lediglich
in Ausnahmefällen zu befürworten, wenn ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt.134
Eine entsprechende Anwendung des Art. 46 EG auf EU-Auslandsgesellschaften
ist indes anerkannt.135 Zu beachten ist jedoch, dass Art. 46 I EG dem Wortlaut nach
lediglich für diskriminierende nationale Maßnahmen in Betracht kommt, so dass der
Anwendungsbereich gegenüber deutschen Strafrechtsvorschriften als gering eingeschätzt werden darf.136 Im Falle einer diskriminierenden Behandlung von Scheinauslandsgesellschaften durch Rechtsvorschriften wäre diese zudem nicht aus Gründen
der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit rechtfertigbar.137 Ferner wird der enge
Anwendungsbereich des Art. 46 I EG in einem Vergleich zu der Rechtfertigungsvorschrift des Art. 30 EG deutlich, die im Bereich der Warenverkehrsfreiheit zum
Einsatz kommt. Die Norm ist zwar grundsätzlich nach der Rechtsprechung des
EuGH eng auszulegen,138 jedoch trifft der Wortlaut keine Anwendungsbeschränkung
auf Sonderregelungen für Ausländer.
Es zeigt sich somit, dass der Rechtfertigungsgrund gem. Art. 46 I EG nicht geeignet ist, den weiten Schutzbereich der Art. 43, 48 EG zu kompensieren, so dass eine
Einschränkung des Schutzbereichs an dieser Stelle weiterhin für erforderlich gehalten werden muss.
134 G / H-Randelzhofer / Forsthoff, Art. 46, Rn. 10 mit Verweis auf die Rechtfertigungsmöglichkeit nach Art. 46 I EG für Vorschriften, die die Ausreise zum Ziele der Durchsetzung
der Wehrpflicht beschränken; vgl. BVerwG, EuGRZ 2000, 177, 180.
135 EuGHE 1986, 2375 – Rs. 79/85 „Segers“ (Rz. 17); EuGHE 1999, I- 459 – Rs. C-212/97
„Centros“ (Rz. 32, 34)EuGHE 2003, I-10155 – Rs. C-167/01 „Inspire Art“ (Rz. 120 f, 131).
136 Eidenmüller / Rehm, ZGR 2004, 159, 169; Hoffmann, in: Deutsches Gesellschaftsrecht im
Wettbewerb der Rechtsordnungen, S. 259 f.
137 Vgl. EuGHE 1999, I- 459 – Rs. C-212/97 „Centros“ (Rz. 32, 34); EuGHE 2003, I-10155 –
Rs. C-167/01 „Inspire Art“ (Rz. 120 f, 131).
138 Stetige Rspr., vgl. EuGHE 1977, 1999 – Rs. 30/77 „Bouchereau“ (Rz. 33/35); EuGHE
2003, I-4887 – Rs. C-322/01 „DocMorris“ (Rz. 102 ff.).
41
bb) „Zwingende Gründe des Allgemeininteresses“
Noch weit vor der Begründung der „Keck“-Grundsätze entwickelte der EuGH in
seiner Entscheidung „Cassis de Dijon“139 angesichts des durch die weite „Dassonville“-Formel ebenfalls sehr weit geratenen Anwendungsbereichs der Warenverkehrsfreiheit und die restriktive Auslegung des geschriebenen Rechtfertigungsgrundes des
Art. 30 EG eine erste Eingrenzung. Unterschiedslos anwendbare nationale Maßnahmen sind demnach erlaubt, wenn sie notwendig sind, um „zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden“.140 Als „notwendig“ werden nach „Cassis“ Maßnahmen
allerdings nur dann erachtet, wenn sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen.141 Auch im Rahmen der Niederlassungsfreiheit hat der EuGH die Möglichkeit
geschaffen, über die Ebene des geschriebenen Rechtfertigungsgrundes des Art. 46 I
EG hinaus eine nationale Maßnahme trotz einer beschränkenden Wirkung auf die
Niederlassungsfreiheit für zulässig zu erachten, wenn sie aus „zwingenden Gründen
des Allgemeinwohls“ erforderlich ist.142 Da sowohl das Erfordernis von zwingenden
Gründen als auch die Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gewisse
Gemeinsamkeiten der im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit entwickelten „Cassis“-
Grundsätze mit der im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit entwickelten Ebene
der „zwingenden Gründe des Allgemeininteresses“ aufweisen, spricht dies ebenfalls
dafür, dass auch bei der Niederlassungsfreiheit parallel zu den Entwicklungen in der
Warenverkehrsfreiheit eine weitere Einschränkungsmöglichkeit des Schutzbereichs
der Grundfreiheit vergleichbar mit der „Keck“-Rechtsprechung erforderlich ist.
Die Entwicklung der „Keck“-Grundsätze wurde notwendig, nachdem sich der
Gerichtshof um eine Begrenzung der Tragweite des Art. 28 EG bemühte, die Vorgehensart, um dieses Ziel zu erreichen jedoch als widersprüchlich und pragmatisch erschien und letztendlich für Verwirrung sorgte.143 Vor dem Hintergrund der Gemeinsamkeiten der Niederlassungsfreiheit mit der Warenverkehrsfreiheit im Hinblick auf
die Weite des Schutzbereichs und der nicht befriedigenden Einschränkungsmöglichkeiten für den Einzelfall über die geschriebenen Rechtfertigungsgründe (Art. 46 I
EG bzw. Art. 30 EG) und die „zwingenden Erfordernisse des Allgemeininteresses“
bzw. die „Cassis“-Rechtsprechung, erscheint eine sinngemäße Übertragung der
„Keck“-Rechtsprechung auch auf die Niederlassungsfreiheit umso mehr erforderlich.
Zwar ist richtig, dass der EuGH in seinen Entscheidungen – auch die übrigen
Grundfreiheiten betreffend – auf die Anwendung der „Keck“-Formel verzichtet,
139 EuGHE 1979, 649 – Rs. 120/78.
140 EuGHE 1979, 649 – Rs. 120/78 „Cassis“ (Rz. 8)
141 Statt aller: G / H-Leible, Art. 28 Rn. 21.
142 EuGHE 1993, I-1663 – Rs. C-19/92 „Kraus“ (Rz. 32); EuGHE 1995, I-4165 – Rs. C-55/94
„Gebhard“ (Rz. 37); EuGHE 1999, I- 459 – Rs. C-212/97 „Centros“ (Rz. 34); EuGHE
2003, I-10155 – Rs. C-167/01 „Inspire Art“ (Rz. 133).
143 Vgl. GA Tesauro, Schlussanträge zu EuGHE 1993, I-6800 – Rs. 292/92 „Hünermund“ (Rz.
21 ff.) ; van Gerven, Schlussanträge zu EuGHE 1993, I-6097 – Rs. 267/91 u. 268/91
„Keck“ (Rz. 5 bzw. Rz. 8).
42
daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass eine sinngemäße Übertragung der „Keck“-Elemente auf insbesondere die Niederlassungsfreiheit im Ergebnis nicht gewollt ist. So hält der EuGH eine Heranziehung der „Keck“-Grundsätze auch außerhalb der Warenverkehrsfreiheit durchaus für möglich.144 Des Weiteren stellt der EuGH regelmäßig darauf ab, ob durch die fragwürdige nationale Maßnahme der Zugang zum inländischen Markt betroffen ist und entscheidet danach, ob
eine Beschränkung der jeweiligen Grundfreiheit vorliegt.145 Um nichts anderes als
den freien Zugang dreht sich jedoch auch die „Keck“-Rechtsprechung, indem sie
diesen durch die einfache Differenzierung zwischen Verkaufsmodalitäten und produktbezogenen Modalitäten zu gewährleisten sucht. Die Erkenntnis, dass der EuGH
offensichtlich nicht in jeder seiner die Grundfreiheiten betreffenden Entscheidungen
die „Keck“-Formel zur Anwendung oder zur Sprache bringt, trägt als Argument gegen die Übertragbarkeit des „Keck“-Gedankens auf die Niederlassungsfreiheit insofern nicht.
Trotz der aufgezeigten strukturellen und dogmatischen Gemeinsamkeiten der
Niederlassungs- mit der Warenverkehrsfreiheit darf und soll natürlich nicht vergessen werden, dass sich die beiden Grundfreiheiten vor allem in einem offensichtlichen Punkt wesentlich voneinander unterscheiden. So geht es bei der Warenverkehrsfreiheit um die Mobilität von Produkten, bei der Niederlassungsfreiheit jedoch
um die Mobilität von natürlichen / juristischen Personen. Durch die Integration in
die Volkswirtschaft eines Mitgliedstaates sind ungleich mehr Berührungspunkte zu
den Vorschriften des Mitgliedstaates gegeben, als beim grenzüberschreitenden Austausch von Produkten. Eine potentielle Rechtfertigungsnotwendigkeit sämtlicher
Vorschriften, mit denen der sich Niederlassende in dem Aufnahmestaat in einer irgendwie negativ gestalteten Weise in Berührung kommt, würde die Niederlassungsfreiheit letztlich zu einem allgemeinen Freiheitsgrundrecht umfunktionieren,146 ohne
dass Text und Systematik der Verträge oder die Rechtsprechung hierfür eine tragfähige Grundlage lieferte.
b) Wortlaut und Ziel der Niederlassungsfreiheit
Problematisch hinsichtlich der Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze der
„Keck“-Entscheidung auf die Niederlassungsfreiheit und die damit einhergehende
144 EuGHE 1995, I-1141 – Rs. C-384/93 „Alpine Investments“ (Rz. 36-38) – betreffend
Dienstleistungsfreiheit; EuGHE 1996, I-2975 – Rs. C-418/93, C-419/93, C-420/93, C-
421/93, C-460/93, C-461/93; C-462/93, C-464/93, C-9/94, C-19/94, C-11/94, C-14/94, C-
15/94, C-21/94, C-24/94 u. C-332/94 „Semeraro“ (Rz. 32) – betreffend Niederlassungsfreiheit; EuGHE 1995, I-4921 – Rs. C-190/98 „Bosman“ (Rz. 102 f.) – betreffend Arbeitnehmerfreizügigkeit.
145 EuGHE 1995, I-1141 – Rs. C-384/93 „Alpine Investments“ (Rz. 36-38); EuGHE 1995, I-
4921 – Rs. C-190/98 „Bosman“ (Rz. 102 f.); EuGHE 1999, I-2835 – Rs. C-255/97 „Pfeiffer“ (Rz. 19).
146 G / H-Randelzhofer / Forsthoff, Vor Art. 39-55 EG Rn. 105.
43
Differenzierung nach dem „Ob“ (entspricht Produktmodalität) und „Wie“ (entspricht
Verkaufsmodalität) der Wirkung einer bestimmten mitgliedstaatlichen Regelung oder Maßnahme bei Grenzübertritt ist schließlich die Vereinbarkeit mit dem Wortlaut
des Art. 43 II EG. Danach wird „die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen“ von der Niederlassungsfreiheit geschützt. Betrachtet man aber die Formulierung des Wortlautes
„Aufnahme und Ausübung“ bzw. „Gründung und Leitung“ genauer, so ist durch
diese Umschreibung jeweils sowohl das „Ob“, als auch das „Wie“ abgedeckt. Dies
könnte gegen eine Einschränkung des Schutzbereichs sprechen. Diese Möglichkeit
ist anhand einer Auslegung des Art. 43 II EG zu überprüfen. Insofern ist die Heranziehung des Sinn und Zwecks der Grundfreiheiten hilfreich.
Ziel der Europäischen Gemeinschaft ist gem. Art. 3 I c) EG die Verwirklichung
eines gemeinsamen Binnenmarktes (Art. 14 EG). Zur Erreichung dieses Ziels sollen
insbesondere die Grundfreiheiten dienen. Zielführend ist insoweit die Abschaffung
aller grenzübertrittsspezifischen Behinderungen. Die Grundfreiheiten wollen den
freien Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten fördern. Sie sind keine grundrechtsähnlichen, unerschütterlichen Freiheitsgarantien, sondern verbieten Maßnahmen der Mitgliedstaaten nur, soweit dies zur Verwirklichung des Binnenmarktes erforderlich ist.147 Daraus ergibt sich aber, wie auch schon bei der Dienstleistungsfreiheit, dass keine der Grundfreiheiten einen Schutz vor der Diversität der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bieten will. Einem solchen Schutz käme es jedoch erheblich nahe, wenn man nicht lediglich den Marktzugang selbst, sondern auch jegliche Ausübung der Niederlassungsfreiheit unter deren Schutz stellen würde. Durch
die Niederlassungsfreiheit soll in erster Linie unternehmerisches Tätigwerden möglichst unbeeinträchtigt von nationalen Hemmnissen gewährleistet werden, um so die
Entwicklung eines Binnenmarktes zu fördern.148
Die Formulierung des Wortlautes „Aufnahme und Ausübung“ bzw. „Gründung
und Leitung“ in Art. 43 EG ist insoweit als Ausdruck der für das Gebrauchmachen
der Niederlassungsfreiheit charakteristischen Dauerhaftigkeit zu verstehen. Der Unternehmer soll sich mit der von ihm gewählten Gesellschaftsform innerhalb der Gemeinschaft frei bewegen und sich dort niederlassen können, wo er die für sein Unternehmen günstigsten Chancen in wirtschaftlicher Hinsicht auf dem Wettbewerbsmarkt sieht.149 Für eine an „Keck“ orientierte Auslegung spricht ferner, dass nach
dem Wortlaut des Art. 43 II EG die Niederlassungsfreiheit die Gründung und Leitung insbesondere von Gesellschaften „nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen“ umfasst.150
147 G / H-Randelzhofer / Forsthoff, Vor Art. 39-55 EG Rn. 92.
148 Frenz, Europarecht, Rn. 29 m.w.N.; Wilms, Die englische Ltd. in der deutschen Insolvenz,
S. 91 m.w.N.
149 Roth, Knobbe-Keuk GS, S. 729, 737; de Diego, Niederlassungsfreiheit von Scheinauslandsgesellschaften, S. 90; von der Groeben / Schwarze-Troberg / Tiedje, Art. 43 EG, Rn.
67; Wilms, Die englische Ltd. in der deutschen Insolvenz, S. 92.
150 Vgl.Ulmer, NJW 2004, 1201, 1205; von Hase, in: Triebel / von Hase / Melerski, Die Limited in Deutschland, Rn. 309.
44
Eine sinngemäße Anwendung der „Keck“-Rechtsprechungsgrundsätze auf die
Niederlassungsfreiheit ist folglich möglich und angesichts der Konvergenz der
Grundfreiheiten auch geboten.151
2. Auswirkung der Übertragung der „Keck“-Rechtsprechungsgrundsätze auf das
Strafrecht
Als Folge einer Anwendung der „Keck“-Rechtsprechung auf die Niederlassungsfreiheit ist des Weiteren zu untersuchen, anhand welcher Begrifflichkeiten die parallele Anwendung der „Keck“-Formel auf die Niederlassungsfreiheit am besten gewährleistet werden kann. So gibt es zwar viele befürwortende Stimmen, jedoch
herrscht hinsichtlich der konkreten sinngemäßen Übertragung keine Einigkeit.152 Es
ist zu prüfen, ob und in welcher Form strafrechtliche Normen durch die sinngemäße
Anwendung der „Keck“-Formel aus dem Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit
„herausgeschnitten“ werden.
Auf Verkaufs- und Produktmodalitäten abzustellen würde der Tatsache, dass die
Niederlassungsfreiheit einen anderen Regelgegenstand betrifft als die Warenverkehrsfreiheit nicht gerecht.153 Insbesondere zwei hier vorliegende Besonderheiten
sind bei der Übertragung der „Keck“-Grundsätze und ihrer Auswirkung auf das
Strafrecht zu berücksichtigen:
Zum einen hat der EuGH eine Übertragung auf die Niederlassungsfreiheit in ihren
Einzelheiten bislang zwar bekanntermaßen offengelassen. Jedoch hat er in der
Rechtssache „Semeraro“ festgestellt, dass „die beschränkenden Wirkungen, die sie
[die betreffende Regelung] für die Niederlassungsfreiheit haben könnte, zu ungewiß
und zu mittelbar sind, als dass [...] [sie] als geeignet angesehen werden könnte, diese
Freiheit zu behindern.“154 Hinsichtlich des Abstellens auf die mittelbare Auswirkung
einer Regelung bietet sich im Rahmen der Niederlassungsfreiheit indes die Beibehaltung der vorgenommenen Trennung zwischen allgemeinen, neutralen Strafrechtsvorschriften und solchen mit gesellschaftsrechtlichem Bezug an, wobei die
151 Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 3 Rn. 16; ohne ausdrücklich die Keck-Grundsätze zu erwähnen: Spindler / Berner, RIW 2004, 7, 10 f.; Ulmer,
NJW 2004, 1201, 1207; a.A. Lenz / Borchardt-Scheuer, Art. 43 Rn. 9 f., wobei hier schon
der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit weniger weit als bei einem allgemeinen Beschränkungsverbot verstanden wird und daher eine Kompensation nach „Keck“ nicht in
dem Maße erforderlich ist, um eine zu weite Ausdehnung der Niederlassungsfreiheit zu
verhindern.
152 Vgl. Schanze / Jüttner, AG 2003, 661, 666 f.; Spindler / Berner, RIW 2004, 7, 10 f.; Ulmer,
NJW 2004, 1201, 1207; G / H-Randelzhofer / Forsthoff, Art. 43 Rn. 89 ff., 100 ff.
153 Roth, Knobbe-Keuk GS S. 729, 742; G / H-Randelzhofer / Forsthoff , Vor Art. 39-55 EG,
Rn. 110.
154 EuGHE 1996, I-2975 – Rs. C-418/93, C-419/93, C-420/93, C-421/93, C-460/93, C-461/93;
C-462/93, C-464/93, C-9/94, C-19/94, C-11/94, C-14/94, C-15/94, C-21/94, C-24/94 u. C-
332/94 „Semeraro“ (Rz. 32).
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allgemeinen Strafrechtsvorschriften als „zu mittelbar“ entsprechend „Keck“ aus dem
Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit herauszunehmen wären. Für eine „Übersetzung“ von „Keck“ in dieser Art spricht auch, dass die Trennung zwischen gesellschaftsrechtsakzessorischen und neutralen Strafrechtsvorschriften auch auf die
Rechtsprechung des Gerichtshofs gestützt werden kann. So differenziert der EuGH
zwischen Vorschriften, die die Errichtung der Gesellschaft und solchen, die die
Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten betreffen.155
Die zweite Besonderheit liegt vorliegend darin, dass es um die Behandlung von
Strafrechtsvorschriften im Rahmen der Niederlassungsfreiheit geht. Wie bereits an
anderer Stelle dargestellt sind im Bereich des Strafrechts in besonderer Weise die
Souveränität und die Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten verhaftet.156 Dies
führt zwar bekannterweise nicht zu einer Immunität des Strafrechts gegenüber dem
Gemeinschaftsrecht, jedoch kann darauf ein „strafrechtsspezifisches Schonungsgebot“157 begründet werden. Ein solches Gebot, das sich rechtlich mit dem Achtungsgebot der nationalen Identität gem. Art. 6 III EU und der Loyalitätspflichten der
Gemeinschaft nach Art. 10 EG untermauern lässt, führt dazu, dass die strafrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten vor gemeinschaftsrechtlicher Beeinflussung
weitestgehend zu schonen sind.158
Auch diese zu würdigende Besonderheit des nationalen Strafrechts spricht dafür,
allgemeine, neutrale Strafrechtsvorschriften aus dem Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit im Wege der „Keck“-Rechtsprechungsgrundsätze quasi als „Standortbedingungen“ herauszunehmen. Die gesellschaftsrechtsakzessorischen Strafrechtsvorschrifen hingegen werden vom Schutzbereich erfasst und sind bei einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit lediglich dann anwendbar, wenn eine Rechtfertigung gelingt. Eine weitere Differenzierung zwischen den gesellschaftsrechtsakzessorischen Strafnormen bietet sich indes nicht an. So bedeutet ihre tatbestandsmä-
ßige Verwirklichung im Ergebnis immer eine strafrechtliche Haftung des verantwortlichen Geschäftsleiters der Limited und kann damit nicht als „nur mittelbare“
Einwirkung auf die Niederlassungsfreiheit abgetan werden.
III. Fazit
Im Ergebnis ist damit in Bezug auf Normen des Strafrechts festzuhalten, dass allgemein gehaltene Strafrechtsvorschriften, die weder diskriminierend sind noch an
die Identität einer Gesellschaft anknüpfen, nicht in den Schutzbereich der Niederlas-
155 EuGHE 1999, I- 459 – Rs. C-212/97 „Centros“ (Rz. 26). Vgl. auch GA Alber, Schlussanträge zu EuGHE 2003, I-10155 – Rs. C-167/01 „Inspire Art“ (Rz. 96); Siehe dazu auch
Wilms, Die englische Ltd. in deutscher Insolvenz, S. 98.
156 Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 159 ff., 169 spricht hier von historischen,
sozio-kulturellen, traditionellen und religiösen Besonderheiten der Mitgliedstaaten, die von
dem Kriminalstrafrecht widergespiegelt werden.
157 Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 166.
158 Hierzu ausführlich Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 166 ff., S. 173 ff.
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References
Zusammenfassung
Das Werk befasst sich mit Fragen zur möglichen Strafbarkeit des directors einer englischen Limited nach deutschem Strafrecht und damit mit einem ebenso aktuellen wie vielschichtigen Problem, dessen praktische Relevanz und Zukunftsorientierung nicht genug betont werden kann. Anstoß der Überlegungen sind die Urteile des EuGH in den Rechtssachen „Centros“, „Überseering“ und „Inspire Art“, in denen die Bedeutung der Niederlassungsfreiheit insbesondere in Bezug auf die inländische Anerkennung von sog. Scheinauslandsgesellschaften behandelt werden. Die Autorin analysiert die Auswirkungen dieser viel beachteten Rechtsprechung auf das deutsche Strafrecht. Im Zuge dessen werden ausgewählte deutsche Strafnormen auf ihre Relevanz im Lichte der EuGH-Rechtsprechung näher untersucht. Ferner gibt sie einen Überblick über die Haftungsmöglichkeiten eines directors einer Limited nach englischem Gesellschaftsrecht und untersucht intensiv verschiedene Haftungsvorschriften nach englischem Strafrecht. Schließlich geht das Buch auf die Reform des GmbH-Gesetzes ein und schließt mit einer Stellungnahme zu den relevanten geplanten Änderungen.