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Erhebung, die Richtigkeit und Aktualität der Daten und die Zulässigkeit der Abfrage
nimmt jede Behörde selbstständig und unabhängig wahr, §§ 4, 8 ATDG. Auch über
die Berichtigung, Löschung und Sperrung der Daten entscheidet die eingebende
Behörde jeweils selbständig nach den für sie geltenden Regelungen, § 11 ATDG.
Eine im Lichte des Trennungsgebotes bedenkliche organisatorische Verflechtung
der Sicherheitsbehörden ist nach alledem nicht gegeben.
II. Der spezifische Zweck der Antiterrordatei, § 1 Abs. 1 ATDG
Gemäß den Vorgaben aus dem Trennungsgebot ist eine gemeinsame Verbunddatei
nur in den Bereichen zulässig, in denen sich die Aufgaben der Sicherheitsbehörden
überschneiden. Schon der gesetzliche Zweck der Verbunddatei muss sicherstellen,
dass ein Bezug der nachrichtendienstlichen Tätigkeit zu ihren spezifischen Aufgaben des Staats- und Verfassungsschutzes gewahrt bleibt.859
Gemäß § 1 Abs. 1 ATDG bezweckt die Antiterrordatei, die beteiligten Sicherheitsbehörden bei der Erfüllung ihrer jeweiligen gesetzlichen Aufgaben zur Aufklärung und Bekämpfung des internationalen Terrorismus mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland zu unterstützen. Die Antiterrordatei wahrt demnach die spezifische
Beschränkung der nachrichtendienstlichen Tätigkeit auf Aufgaben des Staats- und
Verfassungsschutzes, da vom internationalen Terrorismus Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, die Sicherheit und den Bestand des Staates und
die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland ausgehen und damit die
Zuständigkeit sowohl der Polizei als auch der Nachrichtendienste eröffnet wird.860
Neue Aufgaben werden mit dem ATDG für die beteiligten Behörden nicht geschaffen.861 Dies stellt § 1 Abs. 1 ATDG mit der Bezugnahme auf die „jeweiligen gesetzlichen Aufgaben“ sicher und wird auch nochmals durch die begriffliche Differenzierung zwischen der „Aufklärung“ als Umschreibung der nachrichtendienstlichen
Tätigkeit und der „Bekämpfung“ als Umschreibung der polizeilichen Tätigkeit bekräftigt.862 Insoweit bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des
ATDG mit dem Trennungsgebot.
III. Die in die Datei einzustellenden Daten und Zugriffsrechte, §§ 2 und 5 ATDG
Des Weiteren wäre es mit dem Trennungsgebot nicht vereinbar, wenn die Polizei im
Rahmen von Verbunddateien Kenntnis von nachrichtendienstlichen Informationen
betreffend legaler Verhaltensweisen im Vorfeld einer konkreten Gefahr bzw. eines
konkreten Verdachts erlangen würde. Deswegen dürfen entweder nur Daten in Be-
859 Vgl. die Ausführungen im 2. Kap. unter B., II., 1.
860 So auch Möstl, Stellungnahme zum ATDG-Entwurf, S. 2.
861 Amtliche Begründung zum GDG, BT-Dr. 16/2950, S. 14.
862 Amtliche Begründung zum GDG, BT-Dr. 16/2950, S. 14.
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References
Zusammenfassung
Gemeinsame Verbunddateien der Sicherheitsbehörden auf dem Prüfstand: Kurz nach Inkrafttreten des in Politik und Rechtswissenschaft stark umstrittenen Antiterrordateigesetzes (ATDG) liefert das Werk eine wissenschaftlich fundierte Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit der informationellen Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im Allgemeinen und der Antiterrordatei im Besonderen. Am Beispiel der Antiterrordatei zeigt die Arbeit die verfassungsrechtlichen Grenzen auf, die das Trennungsgebot und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemeinsamen Verbunddateien von Polizei und Nachrichtendiensten setzen. Eingebettet werden die Erkenntnisse in die verfassungsrechtliche Diskussion um die Grenzen staatlicher Sicherheitsgewährleistung. Mit ihren Ausführungen zum Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit bezieht die Arbeit Position zur jüngsten Antiterrorgesetzgebung insgesamt.