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Zuständigkeit der Gemeinschaft, einen Beitrittsvertrag zu erlassen, da der EG-
Vertrag keine Befugnis enthalte, Vorschriften auf dem Gebiet der Menschenrechte zu erlassen.
Allerdings könnten die Mitgliedstaaten der Union entweder separiert oder zur gesamten Hand eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit treffen, auch für Konventionsverstöße aus der Sphäre der Gemeinschaftsorgane einzustehen. Folglich
könnte dies bedeuteten, dass sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die sich
durch die Unterzeichnung der Konvention ergibt, so weit verstehen ließe, dass die
Verpflichtung zum Schutz vor der Hoheitsgewalt nicht nur gegenüber unmittelbar
der eigenen Hoheitsgewalt unterstellten Bürger besteht, sondern sich ebenso auf
den Schutz vor Eingriffen durch eine supranationale Gewalt erstreckt.37
Folgt man diesem Ansatz nicht, so geht das Interesse dahin, festzustellen, ob und
in welcher Form der EU-Bürger sich auch bei Eingriffen in Rechte der Konvention, hier das Eigentumsrecht, direkt gegen die Gemeinschaft zur Wehr setzen
kann. Auch wenn die Gemeinschaft nicht unmittelbar an die Bestimmungen der
EMRK gebunden ist,38 so entfaltet die Konvention jedoch eine nicht zu unterschätzende Ausstrahlungswirkung auf die Gemeinschaftsgrundrechte, die vom
EuGH anerkannt sind, was letztlich auch durch die Bestimmung des Art. 6 Abs.
2 EU untermauert wird. Die Gemeinschaft achtet demnach die Grundrechte, wie
sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind.
Die Analyse des durch die EMRK gewährleisteten Eigentumsschutzes erübrigt
sich folglich nicht durch den unterbliebenen Beitritt der Gemeinschaft zur Konvention, denn die EMRK stellt einen Pfeiler der im Gemeinschaftsrecht gewährten Eigentumsgarantien dar.
3. Schutzbereich des Art. 1, 1. ZP EMRK
a) Allgemeines
Der Wortlaut der Norm enthält keine Definition des Begriffs »Eigentum«. Dies
liegt wohl daran, dass der Begriffsinhalt bei den Vertragsverhandlungen gar nicht
zur Debatte stand. Begriffliche Schärfe kann zum einen durch einen Rückgriff auf
das allgemeine Völkerrecht erreicht werden. Mangels eines Hinweises auf ein
spezielles konventionsrechtliches Eigentumsverständnis kann davon ausgegangen werden, dass Art. 1, 1. ZP EMRK als Bestandteil des Völkerrechts den Eigentumsbegriff nicht anders auslegt, als es im allgemeinen Völkerrecht der Fall
37 Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, S. 28, 33 f.
38 Chwolik-Lanfermann, Grundrechtsschutz in der Europäischen Union, S. 62 f.
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ist.39 Nach diesem Verständnis sind prinzipiell alle wohlerworbenen vermögenswerten Rechtspositionen Privater (»droit acquis«, »acquired rights«) geschützt.40
Weiteren Aufschluss kann die Terminologie der englischen und französischen
Fassung geben. Der englische Text spricht von »possessions«, der französische
von »biens«. Diese unterschiedliche Terminologie zeugt davon, dass die Eigentumsgarantie auf alle vermögenswerten Rechtspositionen Bezug nimmt.41 Aber
nicht nur in den unterschiedlichen nationalen sprachlichen Fassungen bestehen
begriffliche Unterschiede, sondern auch innerhalb der jeweiligen Bestimmung
selbst. Vor 30 Jahren hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) in den Rs. Handyside und Marckx dargelegt, dass die Verwendung der
unterschiedlichen Termini »possessions« und »property« auf der einen Seite und
»biens« und »propriété« auf der anderen Seite inhaltlich keinen Unterschied aufweist.42 Die Reichweite des Eigentumsrechts ist also noch nicht genau bestimmt,
so dass im Folgenden näher auf einzelne Rechtspositionen eingegangen wird.
b) Eigentum an Mobilien und Immobilien
Es bedarf keiner gesonderten Erörterung, dass sich der Schutzbereich auf das Eigentumsrecht an beweglichen Sachen erstreckt, ohne eine solche die Eigentumsgarantie leer liefe. Aber auch unbewegliche Sache wie das Grundeigentum haben
im Allgemeinen einen bedeutenden finanziellen Wert und dienen zumeist als Basis für die Schaffung weiteren Eigentums. Dies führt regelmäßig zu einer besonderen Regelungsdichte bei nationalen Gesetzgebern betreffend die Nutzung und
Verfügbarkeit des Grundeigentums. Insofern ist es für den EU-Bürger von fundamentaler Bedeutung, dass Art. 1, 1. ZP EMRK auch das Eigentum an Grund und
Boden erfasst.43 Die Europäische Menschenrechtskommission (EKMR) geht sogar noch einen Schritt weiter und subsumiert unter den Eigentumsbegriff auch das
Recht, aus der Immobilie eine Dienstbarkeit oder Rente zu ziehen.44
39 Riedel, EuGRZ 1988, S. 333, 334.
40 Wegener, in: Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, S. 110, Rn. 7; Peukert, in:
Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, S. 255, Rn. 4; Gelinsky, Der Schutz des Eigentums,
S. 20 f.; Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht,
S. 148 ff.; Peukert, EuGRZ 1981, S. 97, 99.
41 Peukert, in: Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, S. 255, Rn. 3; Frowein, in: FS Rowedder, S. 49, 50.
42 EGMR, Urteil v. 7. 12.1976, Rs. Handyside, EuGRZ 1977, S. 38, 48, Rn. 62; EGMR, Urteil
v. 13. 6. 1979, Rs. Marckx, EuGRZ 1979, S. 454, 460, Rn. 63.
43 Gelinsky, Der Schutz des Eigentums, S. 24; Peukert, EuGRZ 1981, S. 97, 100.
44 EKMR, Entscheidung v. 13.12.1984, S. ./. Ver. Königreich, D.R. 41, S. 226, 232.
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c) Anteilsrechte
Anteilsrechte, bspw. in Form von Aktien, hat der EGMR als Bestandteil des Eigentumsrechts anerkannt.45 Gelegenheit zur Äußerung bot die Rs. Lithgow, in der
es um eine Beschwerde gegen die Verstaatlichung von Aktien an britischen Unternehmen der Luftfahrt- und Schiffsbauindustrie ging. Der Gerichtshof anerkannte implizit die Zugehörigkeit von Anteilsrechten zum Eigentumsbegriff, indem er feststellte, dass den Beschwerdeführern durch die Verstaatlichung ihr Eigentum entzogen wurde.46
d) Forderungen aus privatrechtlichen Schuldverhältnissen
Unter der Voraussetzung, dass die Beschwerdeführer das Bestehen ihrer Forderung tatsächlich nachweisen können, haben die Konventionsorgane ihre Zugehörigkeit zum Eigentumsbegriff bereits mehrfach bestätigt.47 Die Forderung muss
bereits zur Entstehung gelangt sein. Solange sie noch nicht unbedingt besteht,
wird sie nicht unter den Eigentumsschutz gefasst. Die Beweislast fällt dem Beschwerdeführer zu.48 Die Entscheidung über das Bestehen und Nichtbestehen einer streitigen Forderung obliegt den nationalen Gerichten, wollte man nicht die
Konventionsorgane zu einer Superrevisionsinstanz machen.49
e) Geistiges Eigentum
Zu sog. Geistigem Eigentum zählen Urheber-, Patent-, Verlags-, und Markenrechte. Diese Immaterialgüterrechte weisen typische Eigentumskennzeichen auf,
da sie Dritte von der wirtschaftlichen Nutzung ausschließen oder aber auch an
Dritte veräußert werden können. In der Rs. Smith Kline hat die Kommission bestätigt, dass ein Patentrecht als übertragbares »personal property« angesehen wer-
45 Anerkannt auch von der Literatur, vgl.: Frowein, in: FS Rowedder, S. 49, 51; kritisch dagegen: Brandt, Eigentumsschutz in europäischen Völkerrechtsvereinbarungen, S. 109 f.
46 EGMR, Urteil v. 8.7.1986 1984, Rs. Lithgow u.a, EuGRZ 1988, S. 350, 356, Rn. 107; siehe
bereits, EKMR, Entscheidung v. 12.10.1982, Rs. Bramelid u. Malmström, D.R. 29, S. 64,
71.
47 Vgl.: EKMR, Entscheidung v. 12.10.1988, Rs. Agneessens, D.R. 58, S. 63 ff.; EGMR,
Urteil v. 9.12.1994, Rs. Stran Greek Refineries and Stratis Andreadis, ÖJZ 1995, S. 432,
433 f.; EGMR, Urteil v. 2.3.2005, Rs. von Maltzan u.a., EuGRZ 2005, S. 305, 313, Rn.
74 c. So auch: Müller-Michaels, Grundrechtlicher Eigentumsschutz in der EU, S. 67.
48 Beschwerde Nr. 11250/84, Rs. Azzi, EuGRZ 1988, S. 619, 620. Peukert, EuGRZ 1981,
S. 97, 100
49 Peukert, EuGRZ 1981, S. 97, 100.
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den kann.50 Geistiges Eigentum kann somit zum Schutzbereich der Eigentumsgewährleistung hinzugezählt werden.51
f) Der Goodwill
Der Goodwill ist ein Sonderfall privatrechtlicher Vermögenswerte, der besondere
Erwähnung verdient. Eine Definition dieses Begriffs findet sich in der Konvention nicht. Eine Umschreibung des Goodwill geht dahin, alle in der Vergangenheit
erarbeiteten Werte, Verhältnisse und Beziehungen eines Unternehmens zusammenzunehmen und sie unter dem Begriff des Goodwill zu erfassen.52 Bedeutung
hat der Schutz des Goodwill insbesondere für die Fälle, in denen Gewerbetreibenden die Gewerbeerlaubnis entzogen wurde. War die Erteilung der Erlaubnis
von Beginn an zwischenzeitlich entfallene Bedingungen geknüpft, so liegt keine
Eigentumsbeeinträchtigung vor. Ein eigentumsrechtlicher Schutz soll sich aber
gegenüber entsprechenden Maßnahmen aus einer mit der Entziehung einhergehenden Beeinträchtigung des dem Erlaubnisinhaber entgegengebrachten Goodwill ergeben können.53 Der Goodwill wurde auch vom EGMR ausdrücklich als
Bestandteil der Eigentumsgarantie bestätigt.54
g) Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und
Erwerbschancen
Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird vom Eigentumsschutz erfasst.55 Erwerbschancen dagegen bilden eine spezielle Gruppe möglicher Eigentumsobjekte, da sich bei ihnen die Frage stellt, ob sie bereits zum Eigentumsbestand gehören und demnach der Entschädigungspflicht unterliegen.
Erwerbschancen werden aber regelmäßig außerhalb der Eigentumswertberechnung anzusiedeln sein. Das Eigentum schützt den Bestand, nicht den Erwerb.56
Dolzer gibt dabei zu bedenken, dass Erwerbschancen dann in die Eigentumsgarantie einzubeziehen seien, wenn sie sich bereits so verdichtet haben, dass sie den
50 EKMR, Entscheidung v. 4.10.1990, Rs. Smith Kline, D.R. 66, S. 79.
51 Peukert, EuGRZ 1981, S. 97, 103; Riedel, EuGRZ 1988, S. 333, 334.
52 Gelinsky, Der Schutz des Eigentums, S. 27; Wegener, in: Europäische Grundrechte und
Grundfreiheiten, S. 111, Rn. 10.
53 Wegener, in: Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, S. 111, Rn. 10, zustimmend
auch: Hartwig, RabelsZ, 1999, S. 561, 565.
54 EGMR, Urteil v. 26.6.1986, Rs. Van Marle et autres, EuGRZ 1988, S. 35, 38, Rn. 41. Eingehend mit weiteren Bsp. aus der Rspr.: Brandt, Eigentumsschutz in europäischen Völkerrechtsvereinbarungen, S. 115 f.
55 Hartwig, RabelsZ, 1999, S. 561, 565.
56 Wegener, in: Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, S. 111, Rn. 9; Brand, Eigentumsschutz in europäischen Völkerrechtsvereinbarungen, S. 117.
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Eigentumswert erhöhen.57 Diese Einschätzung ist zwar nicht fern liegend, hat
aber das Problem, dass nur schwer zu definieren sein dürfte, ab wann Erwerbschancen sich ausreichend »verdichtet« haben. Eine Antwort darauf wird nicht
geliefert. Soll dieser Punkt bspw. bei Vertragsabschluss vorliegen oder bereits im
vorvertraglichen Stadium? Letzteres würde zu einer zu weiten Ausuferung des
Entschädigungsgebotes führen und auch Gefahr laufen, den Eigentumsbegriff
konturenlos erscheinen zu lassen.58
h) Öffentlich-rechtliche Ansprüche
Neben der unstreitigen Einbeziehung privatrechtlicher Ansprüche besteht außerdem die Frage, ob und inwieweit auch öffentlich-rechtliche Ansprüche in den
Schutzbereich des Art 1, 1. ZP EMRK fallen. Zu diesen Ansprüchen zählen insbesondere Ansprüche aus der Sozialversicherung, besoldungsrechtliche Ansprüche der Beamten oder auch Ansprüche auf Rückerstattung zu Unrecht bezahlter
Abgaben.59 Das deutsche Bundesverfassungsgericht erkennt einen Schutz sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche an, wenn diese Ansprüche »nach Art eines
Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet« sind
und »auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten« beruhen und
»der Sicherung seiner Existenz« dienen.60 Die Kommission dagegen zeigt sich gegenüber der Einbeziehung öffentlich-rechtlicher Positionen eher kritisch.61 In der
Entscheidung X gegen die Niederlande62 hielt sie es nicht für grundsätzlich ausgeschlossen, dass ein Pensions- oder Rentenanspruch unter bestimmten Umständen unter den Eigentumsschutzbereich fallen könnte. Vorausgesetzt wird die Erbringung einer eigenen Leistung des Anspruchsstellers oder eines ihn begünstigenden Dritten. Die Gewährung von Sozialleistungen darf nicht allein auf Aufwendungen des Staates beruhen.63 Ebenso muss eine »direkte Verbindung« zwischen der Höhe der Beitragsleistung und der Höhe des Pensions- oder Rentenanspruchs bestehen. Aus dieser Verbindung muss dem Anspruchsteller ein »identifizierbarer Anspruch auf einen Anteil am Versicherungsfonds« zustehen.64 Der
EGMR fand in der Rs. Gaygusuz65 Gelegenheit, sich zu dieser Frage zu äußern.
57 Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, S. 183 f.
58 Hartwig, RabelsZ, 1999, S. 561, 566.
59 Wegener, in: Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, S. 111, Rn. 11; Peukert,
EuGRZ 1981, S. 97, 100.
60 BVerfGE 69, S. 272, 300.
61 Eine Tendenz zur Einbeziehung bejahend: Peukert, EuGRZ 1981, S. 97, 101.
62 EKMR, Entscheidung v. 20.7.1971, Rs. X ./. Niederlande, Yearbook of the European Convention on Human Rights 1971, S. 224, 241, 243.
63 EKMR, Entscheidung v. 6.5.1985, Rs. Kleine Staarman ./. Niederlande, D.R. 42, S. 167,
170; EKMR, Entscheidung v. 7.12.1987, Rs. Claes ./. Belgien, D.R. 54, S. 88, 93.
64 EKMR, Entscheidung v. 20.7.1971, Rs. X ./. Niederlande, Yearbook of the European Convention on Human Rights 1971, S. 224, 243; Gelinsky, Der Schutz des Eigentums, S. 30.
65 EGMR, Urteil v. 16.9.1996, Rs. Gaygusuz, JZ 1997, 405 ff.
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Im Ergebnis bestätigte er die Tendenz der Kommission zur weitergehenden Einbeziehung öffentlich-rechtlicher Ansprüche in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie. In der Entscheidung Poirrez66 scheint der EGMR von dem Erfordernis
eigener Leistungen abgerückt zu sein, indem er den Eigentumsschutz auch auf die
Gewährung von Transferleistungen erstreckt, ohne dass zur Begründung eigene
Leistungen zu erbringen gewesen wären.67
i) Das Erbrecht
Der Normtext von Art. 1, 1. ZP EMRK erwähnt das Erbrecht nicht. Insofern besteht Unklarheit bezüglich der Zugehörigkeit zum Eigentumsrecht. Beispielsweise wird das Erbrecht in der deutschen Verfassung ausdrücklich in Art. 14 Abs.
1 S. 1 GG garantiert. Dennoch sieht der EGMR das Erbrecht als von der Eigentumsgarantie erfasst an.68 Geschützt ist jedoch nur die Position des Erblassers,
über sein Vermögen zu verfügen, nicht diejenige Position potentieller Erben.
Denn wie bereits bei den Erwerbschancen festgestellt, schützt Art 1, 1. ZP EMRK
das Eigentum in seinem Bestand, nicht aber das Recht auf Eigentumserwerb.69
4. Eingriffe in das Eigentumsrecht
Artikel 1, 1. ZP EMRK kommt immer dann zum Einsatz, wenn ein Eingriff in das
Eigentumsrecht vorliegt. Nach der Kommission erfolgt ein solcher Eingriff immer unmittelbar aus einem Akt der öffentlichen Gewalt.70 Es ist dabei gleichgültig, ob es sich um einen Akt der Exekutiven, Legislativen oder der Judikativen
handelt. Ausgenommen sind davon Eingriffe Privater, auch wenn diese nicht mit
den nationalen Rechtsordnungen übereinstimmen.71
Die Lektüre des Art. 1, 1. ZP EMRK führt zu der Annahme, dass der Normtext
zwei Eingriffskategorien unterscheidet. Zum einen die Entziehung der eigentumsrechtlichen Position gem. Art. 1 Abs. 1 S. 2, 1. ZP EMRK, zum anderen eine
Regelung über deren Benutzung gem. Art. 1 Abs. 2, 1. ZP EMRK. Beiden Eingriffsformen sind unterschiedliche Rechtfertigungskriterien auferlegt,72 auf die
66 EGMR, Urteil v. 30.9.2003, Rs. Poirrez, R.D. 2003-X, Rn. 37 ff.
67 Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, S. 361, Rn. 5.
68 EGMR, Urteil v. 13.06. 1979, Rs. Marckx, EuGRZ 1979, S. 454, 460, Rn. 63; kritisch: Peukert, EuGRZ 1981, S. 97, 103.
69 Siehe oben: Erster Teil, II, 3 g); EGMR, Urteil v. 13.06. 1979, Rs. Marckx, EuGRZ 1979,
S. 454, 458, Rn. 50; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, S. 362,
Rn. 6.
70 Vgl.: EKMR, Entscheidung v. 12.5.1980, Rs. X ./. BRD, D.R. 20, S. 163, 164 f.
71 Brandt, Eigentumsschutz in europäischen Völkerrechtsvereinbarungen, S. 119 f.
72 Brandt, Eigentumsschutz in europäischen Völkerrechtsvereinbarungen, S. 120.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Studie begründet, weshalb die Haftung der Europäischen Gemeinschaft für rechtmäßige Rechtsetzungsakte keinen Verstoß gegen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts darstellt. Im Gegenteil: Diese Haftung für Sonderopfer ist gemeinschaftsrechtskonform und liefert zugleich einen Beitrag zur grundrechtlichen Anerkennung der Entschädigungspflicht für eigentumsentziehende oder -entwertende Maßnahmen. Mittels einer detaillierten rechtsvergleichenden Untersuchung zur Entschädigungspflicht bei Eigentumsentzugsmaßnahmen und zur gemeinschaftsrechtlichen Grundlage der europäischen Sonderopferhaftung stellt die Bearbeitung einen alternativen Ansatzpunkt für die Sonderopferhaftung bereit und liefert einen neuen Diskussionspunkt zu einer aktuellen Rechtsprechung.