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II. Aufgaben im Regelinsolvenzverfahren
Neben den wahrzunehmenden Rechten und Pflichten aus dem Gemeinschuldnerbereich der GmbH hat der Geschäftsführer im Regelinsolvenzverfahren das
insolvenzfreie Vermögen zu verwalten und die innergesellschaftliche Organisation der GmbH aufrechtzuerhalten.509
1. Verwaltung des insolvenzfreien Vermögens
Die Befugnisse im Bereich der rechtsgeschäftlichen Vertretung der GmbH sind
fast vollständig auf den Insolvenzverwalter übergegangen, so dass dem Geschäftsführer lediglich die Verwaltung des insolvenzfreien Vermögens verbleibt.510 Insolvenzfreies Vermögen entsteht im Wege der Freigabe von Gegenständen durch den Insolvenzverwalter, wodurch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Geschäftsführers wiederauflebt.511 Nach dem von der herrschenden und vorzugswürdigen Meinung vertretenen Kompetenzmodell512 ist der
Geschäftsführer insoweit weiterhin befugt, die GmbH nach außen zu vertreten
und durch neue Rechtsgeschäfte zu verpflichten. Diese Kompetenz wird jedoch
durch den vom Insolvenzzweck überlagerten Gesellschaftszweck eingeschränkt.
Damit ist es dem Geschäftsführer nicht mehr gestattet, Handlungen vorzunehmen, die dem Ziel der Abwicklung innerhalb des Insolvenzverfahrens entgegenstehen.
2. Aufrechterhaltung der innergesellschaftlichen Organisation der GmbH
Neben der Verwaltung des insolvenzfreien Vermögens hat der Geschäftsführer
die innergesellschaftliche Organisation der GmbH aufrechtzuerhalten.513 Er wird
in diesem Bereich grundsätzlich nicht durch den Insolvenzverwalter verdrängt.514
Die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters lebt jedoch wieder auf, sobald sich in-
509 F. Weber, KTS, 1970, 73, 80.
510 Zur Zulässigkeit insolvenzfreien Vermögens vgl. 2. Kapitel § 1 II 4 a; Henssler, in: Kölner
Schrift, S. 1305 f.
511 Zur Freigabe vgl. 2. Kapitel § 1 II 4 a.
512 F. Weber, KTS 1970, 73, 77, 79; Förster, ZInsO 2000, 315, 317; MünchKomm/Hüffer,
AktG, § 264 Rn. 41, 45; Grüneberg, Die Rechtsposition der Organe der GmbH und des
Betriebsrats im Konkurs, S. 158; Götker, Der Geschäftsführer in der Insolvenz der GmbH,
Rn. 978 ff.
513 Vgl. 2. Kapitel § 1 II 1 c.
514 Henssler, in: Kölner Schrift, S. 1305; K. Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, S. 615.
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nergesellschaftliche Maßnahmen auf die Masse auswirken,515 etwa indem sie die
Masse schmälern oder deren Verteilung erschweren.516
Gleichwohl ist die interne Organisation der GmbH im Grundsatz Sache der Gesellschaft selbst. Die interne Willensbildung der GmbH erfolgt dabei nach deren
Satzung bzw. dem GmbHG. Dort finden sich insbesondere Regelungen zu Gesellschafterversammlungen, Mehrheitserfordernissen etc. Damit erfolgt die interne
Willensbildung der GmbH grundsätzlich ohne Einfluss des Insolvenzrechts. Diesen Prozess gilt es zu organisieren und dessen Ergebnisse in das Insolvenzverfahren einzubringen. Insoweit stehen der Verdrängungsbereich517 und der verbandsautonome Bereich518 nicht beziehungslos nebeneinander, sondern es ergeben sich Wechselwirkungen zwischen den Bereichen. So kann die GmbH über die
Ausübung der Gemeinschuldnerrechte den Verfahrensgang beeinflussen, indem
der Geschäftsführer beim Insolvenzgericht beispielsweise die Unterlassung bestimmter Verwertungshandlungen beantragt. Ein solcher Antrag setzt wiederum
voraus, dass die GmbH mit Hilfe der innergesellschaftlichen Organisation einen
dementsprechenden Willen geäußert hat. Folglich ist der Insolvenzverwalter darauf angewiesen, dass der Geschäftsführer die innergesellschaftliche Organisation
aufrecht erhält. Gleichwohl unterliegt der Insolvenzverwalter keinem direkten
gesellschaftsrechtlichen Einfluss wie etwa den Weisungen der Gesellschafterversammlung.519
Über gesellschaftliche Strukturmaßnahmen entscheiden ebenfalls allein die
Gesellschafter, so dass sich insbesondere Umwandlungsvorgänge, Kapitalschnitte und Satzungsänderungen ohne diese nicht durchführen lassen.520
Jedoch sind die Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH verpflichtet,
den Verwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Diese Mitwirkungspflicht stellt den Transmissionsriemen zwischen der insolvenzrechtlichen
und der gesellschaftsrechtlichen Sphäre dar. Dies verpflichtet den Geschäftsführer jedoch nicht, die vom Verwalter vorgeschlagenen Maßnahmen verbandsintern
durchzusetzen. Seine Pflicht beschränkt sich vielmehr darauf, diese Maßnahmen
der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen. Sieht ein vom
Verwalter initiierter Insolvenzplan beispielsweise bestimmte Strukturänderungen
vor, so hat der Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung einzuberufen,
damit diese autonom über die Durchführung notwendiger gesellschaftsrechtlicher Maßnahmen entscheidet. Auf ein bestimmtes Abstimmungsergebnis haben
515 Götze, ZIP 2002, S. 2204.
516 MünchKomm/Ott, InsO, § 80 Rn. 112; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 63 Rn. 38; Lutter/
Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 23.
517 Vgl. 2. Kapitel § 1 II 1 a.
518 Vgl. 2. Kapitel § 1 II 1 c.
519 Grüneberg, Die Rechtsposition der Organe der GmbH und des Betriebsrats im Konkurs,
S. 45; Müsgen, MittRhNotK 1997, 409, 421; Kuhn/Uhlenbruck, KO, Vorbem. D § 207
Rn. 26 a.
520 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 116.
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weder der Verwalter noch die Gläubiger einen Anspruch. Es muss indes gewährleistet sein, dass der Willensbildungsprozess überhaupt in Gang gesetzt wird.521
a. Einberufung der Gesellschafterversammlung
Im Rahmen der Aufrechterhaltung der innergesellschaftlichen Organisation
durch den Geschäftsführer ist zunächst dessen Recht zu nennen, die Gesellschafterversammlung einzuberufen (§ 49 Abs. 1 GmbHG). Dem Insolvenzverwalter
steht ein solches Recht hingegen nicht zu.
Obwohl die Insolvenzverordnung vom Grundsatz der gesellschaftsrechtlichen
Neutralität geprägt ist,522 wird von einem Teil der Literatur ein Einberufungsrecht
des Verwalters bejaht.523 Der Verwalter könne dieser Ansicht nach die Gesellschafterversammlung einberufen, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben
erforderlich sei.
Dieser Meinung ist jedoch nicht zu folgen. Die Insolvenzordnung bietet keine
Anhaltspunkte für ein Einberufungsrecht des Verwalters. Zudem stehen der
Gesellschafterversammlung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keinerlei
Befugnisse mehr zu, die zur Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse
erforderlich sein könnten. Selbst eine Restrukturierung der GmbH im Rahmen
eines Insolvenzplans kann nicht gegen den Willen der Gesellschafter durchgeführt werden. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung zur Erzwingung
bestimmter Beschlüsse erweist sich mithin als nutzlos. Damit kann allein der
Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung einberufen.524
b. Registerrechtliche Befugnisse
Im Zusammenhang mit dem Recht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung sind auch die registerrechtlichen Befugnisse des Geschäftsführers zu untersuchen.
521 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 117.
522 Noack, FS Zöllner, 1998, S. 411, 412; K. Schmidt, in: Kölner Schrift, S. 1199, 1212; für
umfassende Kompetenzen des Verwalters im Innenbereich hingegen, W. Schulz, KTS
1986, 389, 404.
523 Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 63 Rn. 59; Kautz, Die gesellschaftsrechtliche Neuordnung der GmbH im künftigen Insolvenzrecht, S. 108.
524 Anders jedoch im französischen Recht, 3. Kapitel § 2 I 2 i, siehe auch die Diskussion,
4. Kapitel § 2 VII.
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i. Anmeldung der durchgeführten Kapitalerhöhung zur Eintragung in das
Handelsregister
Insoweit stellt sich zunächst die Frage, ob dem Geschäftsführer die registerrechtliche Befugnis zusteht, eine durchgeführte Kapitalerhöhung zur Eintragung in das
Handelsregister anzumelden. Zunächst ist festzuhalten, dass der für die Satzungs-
änderung zunächst erforderliche Beschluss (§ 53 GmbHG) auch in der Insolvenz
allein von den Gesellschaftern gefasst werden kann, da diese den Willen des Verbands zum Ausdruck bringen, das Stammkapital zu erhöhen. Die Beschlussfassung hat als verbandsinterne Vorgang noch keine unmittelbaren Außenwirkungen
auf die Masse, so dass der Verwalter darauf keinen Einfluss hat. Vermögensrechtliche Ansprüche werden erst im nächsten Schritt mit dem Abschluss des Zeichnungs- bzw. des Übernahmevertrages (§ 55 GmbHG) durch die Gesellschaft begründet, wodurch die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters wieder auflebt. Die
Leistungen auf die Einlagen sind daher an ihn zu erbringen.525 Fraglich ist jedoch,
ob der Geschäftsführer oder der Insolvenzverwalter im Anschluss an den Beschluss die durchgeführte Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister
anzumelden hat.
Einer Ansicht526 nach hat der Verwalter auch die durchgeführte Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, um die bis dahin noch
unter Vorbehalt stehende Zeichnung bzw. Übernahme sicher zu stellen. Der
Geschäftsführer sei zudem nicht in der Lage, die vom Anmeldenden gesetzlich
(§ 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG) verlangte Versicherung abzugeben, dass sich die
geleisteten Einlagen endgültig in seiner »freien Verfügung« befänden. Diese
Erklärung könne nur der Insolvenzverwalter abgeben, weil diesem das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über die Masse zustehe. Der Einwand,527 wonach die
Anmeldung im Zusammenhang mit einer Satzungsänderung als verbandsinterne
Maßnahme stünde, könne nicht durchgreifen, weil die Maßnahme unmittelbar
masserelevant sei. Die Anmeldebefugnis des Verwalters stelle sich dogmatisch
als Ausfluss dessen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis dar, so dass er dieser
Ansicht zufolge die durchgeführte Kapitalerhöhung zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden hat.
Nach der überwiegenden Ansicht528 ist der Geschäftsführer auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch anmeldebefugt, da es sich bei der Anmeldung
525 Müller, ZGR 2004, 842, 847.
526 Müller, ZGR 2004, 842, 847; Kautz, Die gesellschaftsrechtliche Neuordnung im künftigen
Insolvenzrecht, S. 259 f.
527 So Grüneberg, Die Rechtsposition der Organe der GmbH und des Betriebsrats im Konkurs,
S. 78.
528 BayObLG KTS 2004, S. 409 ff.; KG NZG 2000, 103, 104; Götze, ZIP 2002, 2204, 2208;
Grüneberg, Die Rechtsposition der Organe der GmbH und des Betriebsrats im Konkurs,
1988, S. 78; Henssler, in: Kölner Schrift, S. 1305; Kübler/Prütting/Noack, InsO, Gesellschaftsrecht, Rn. 283; Winnefeld, BB 1976, 1202, 1204; Elser, in: Anwaltskomm. z. AktG,
§ 182 AktG Rn. 72; Hüffer, AktG, § 182 Rn. 32; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 55 Rn. 29;
Scholz/Priester, GmbHG, 9. Aufl., § 55 Rn. 32, 88; implizit auch BGH NJW 1995, 460.
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um eine gesellschaftsrechtliche Organisationsmaßnahme handle. Zudem werde
durch den Gesellschafterbeschluss weder ein Recht noch ein Anwartschaftsrecht
der Masse begründet, sondern allenfalls die rein tatsächliche Aussicht auf einen
endgültigen Erwerb neuer Einlageforderungen. Folglich seien bis zur Eintragung
die Rechte des Insolvenzverwalters noch nicht betroffen.529 Demnach wäre in der
GmbH der Geschäftsführer für die Anmeldung der durchgeführten Kapitalerhöhung zuständig, da die Befugnisse des Verwalters ausschließlich vermögensrechtlich orientiert seien.
Letztere Ansicht überzeugt. Zwar hat die Anmeldung der Satzungsänderung
zur Eintragung ins Handelsregister ebenfalls vermögensrechtliche Folgen. Derartige vermögensrechtliche »Nebenwirkungen« werden aber auch bei sonstigen
einzutragenden Satzungsänderungen, wie beispielsweise bei einem Gesellschafterwechsel, zu verzeichnen sein. Die Eintragung der Kapitalerhöhung ist jedoch
im Schwerpunkt dem organisationsrechtlichen Bereich zuzuordnen, in dem weiterhin die Gesellschaftsorgane zuständig sind. Die Gegenansicht würde zu einer
Aufweichung dieser trennscharfen Unterscheidung zwischen dem vermögensrechtlichen und dem gesellschaftsinternen Bereich führen und hätte damit zahlreiche Abgrenzungsschwierigkeiten zur Folge.
Weigert sich der Geschäftsführer, die Eintragung herbeizuführen, so kann auf
andere Weise reagiert werden.530 Der Möglichkeit eines Missbrauchs kommt Ausnahmecharakter zu. Diese Möglichkeit könne nicht rechtfertigen, dem Geschäftsführer seine innerverbandliche Zuständigkeit abzusprechen, so dass dieser weiterhin die durchgeführte Kapitalerhöhung zur Eintragung ins Handelsregister
anmelden darf.
ii. Jährliche Einreichung der Gesellschafterlisten
Eine weitere registerrechtliche Befugnis des Geschäftsführers ist die jährliche
Einreichung der Gesellschafterlisten. Er ist gemäß §§ 40 Abs. 1 Satz 1, 78
GmbHG weiterhin verpflichtet, nach jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder deren Beteiligung unverzüglich eine von ihnen unterschriebene
Liste der Gesellschafter zum Handelsregister einzureichen.531 Auch diese Maßnahme wirkt sich nicht auf die Insolvenzmasse aus, so dass sie weiterhin vom Geschäftsführer durchzuführen ist.
529 Vgl. BayObLG KTS 2004, S. 409 f.
530 Zu denken ist beispielsweise an die Bestellung eines neuen Geschäftsführers.
531 Scholz/Schneider, GmbHG § 40 Rn. 20; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG,
§ 64, Rn. 59.
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c. Finanzierung der Aufrechterhaltung der innergesellschaftlichen
Organisation
Da die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der innergesellschaftlichen Organisation der GmbH mit Kosten verbunden sind, stellt sich die Frage nach deren Finanzierung. So sind insbesondere Einladungen zu Gesellschafterversammlungen
zu verschicken, Räume anzumieten, Beschlüsse gegebenenfalls zu beurkunden
und beim zuständigen Registergericht anzumelden.
Es ist zu untersuchen, ob die Insolvenzmasse mit diesen Kosten zu belasten ist.
Dies wird von einer Meinung532 strikt abgelehnt, da diese Kosten entweder aus
einem vorhandenen massefreien Vermögen gedeckt oder von den Gesellschaftern
aufgebracht werden müssten. Selbst wenn der Insolvenzplan einen Kapitalschnitt
vorsähe, seien die durch die Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung entstehenden Kosten nicht aus der Masse zu begleichen. Dieser Meinung zufolge kann der
Geschäftsführer die Insolvenzmasse nicht mit den Kosten zur Aufrechterhaltung
der internen Organisation belasten.
Nach der Gegenansicht533 ist die Masse analog § 100 Abs. 1 InsO mit derartigen Kosten zu belasten, da der Verband nach der Verfahrenseröffnung über keine
eigenen liquiden Mittel mehr verfüge. Die fehlende Liquidität berge die Gefahr,
dass der Verband die Fähigkeit zur Willensbildung und Willensumsetzung faktisch verliere. Diese Gefahr bestünde, wenn sich die Gesellschafter weigerten, die
Aufwendungen zu übernehmen. In diesem Fall müsse die Masse mit den Aufwendungen belastet werden, um verbandsinterne Reorganisationsmaßnahmen durchführen zu können. Als Rechtsgrundlage sei § 100 InsO analog anwendbar. Unmittelbar gelte die Vorschrift zwar nur für natürliche Personen, jedoch lägen die Voraussetzungen einer Analogie in Gestalt einer planwidrigen Regelungslücke und
einer vergleichbaren Interessenlage vor. Weder in der Insolvenzordnung noch im
GmbH-Gesetz fände sich eine Vorschrift zur Finanzierung der internen Organisation der GmbH. Planwidrig sei diese Regelungslücke, da der Fortbestand des
Verbands regelmäßig eines der Verfahrensziele darstellen. Die Bedürftigkeit
einer natürlichen Person sei mit der Bedürftigkeit einer juristischen Person vergleichbar, da das Fortbestehen ohne finanzielle Mittel sich sowohl für die natürliche, als auch für die juristische Person als problematisch erweise. Danach lägen
die Voraussetzungen für die analoge Anwendung des § 100 InsO vor, so dass die
Gläubigerversammlung darüber zu befinden habe, ob und in welchem Umfang
dem Schuldner Unterstützung aus der Masse zu gewähren sei.
Bis zu ihrem Zusammentritt habe der Verwalter die Möglichkeit, unter Beteiligung des Gläubigerausschusses – sofern ein solcher bestellt ist – eine vorläufige
Regelung zur Aufrechterhaltung der innergesellschaftlichen Organisation zu treffen. Die Unterstützung könne im vorübergehenden Abstellen von Mitarbeitern,
532 Robrecht, DB 1968, 471, 472; Jaeger/ F. Weber, KO, §§ 207, 208 Anm. 28; Uhlenbruck,
WiB 1996, 466, 471; Götker, Der Geschäftsführer in der Insolvenz der GmbH, Rn. 975.
533 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 117 f.
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Überlassen von Räumlichkeiten sowie anderen Sachmitteln oder finanzieller
Hilfe bestehen.
Ein Anspruch der GmbH gegenüber den Gläubigern auf Gewährung von Unterstützung lasse sich daraus allerdings nicht ableiten. Es liege unterdessen im wohlverstandenen Interesse der Gläubiger zu verhindern, dass notwendige gesellschaftsrechtliche Reorganisationsmaßnahmen daran scheiterten, dass den
Geschäftsführern keinerlei Mittel zur Verfügung stünden. Dieser Ansicht nach
kann der Geschäftsführer die Insolvenzmasse mit den Kosten zur Aufrechterhaltung der internen Organisation belasten.
Letztere Ansicht überzeugt, da sie der Bedeutung der Unternehmensfortführung in der Insolvenz Rechnung trägt (§ 1 Satz 1, 2. Fall InsO). Für diese Lösung
spricht auch eine Kosten-Nutzen Rechnung. Die mit der Aufrechterhaltung der
internen Organisation verbundenen Kosten fallen im Verhältnis zu dem erheblichen Nutzen einer gegebenenfalls erfolgreichen Unternehmensfortführung relativ niedrig aus. Insbesondere eine Unternehmensfortführung ohne die Aufrechterhaltung der internen Organisation ist indes schwer vorstellbar, so dass sich die
Finanzierung dieser Kosten als unerlässlich erweist.
3. Ergebnis
Der Insolvenzverwalter verdrängt im Rahmen des Verdrängungsbereichs den Geschäftsführer. Dem Geschäftsführer kommt bei der Wahrnehmung der mit der
Masseverwaltung zusammenhängenden Rechte und Pflichten nur eine unterstützende Funktion zu. Allein im insolvenzfreien Bereich verfügt er noch über eigene
Befugnisse. Er hat neben der Verwaltung des insolvenzfreien Vermögens insbesondere den Willensbildungsprozess in Bezug auf die Verfahrensrechte und –
pflichten, sowie die zu einer Sanierung des Verbands notwendigen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen zu organisieren. In diesem Bereich hat die Insolvenzordnung dem Verwalter keinerlei Befugnisse eingeräumt. Der Geschäftsführer
hat jedoch den Gesellschaftern die Vorschläge des Verwalters zu unterbreiten und
gegebenenfalls Gesellschafterversammlungen einzuberufen. Mit den hierbei anfallenden Kosten kann analog § 100 InsO die Masse belastet werden.
III. Aufgaben in der Eigenverwaltung
Im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren bleibt der Geschäftsführer in der Eigenverwaltung berechtigt, die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen (§ 270 Abs. 1 Satz 1 InsO).534 Mit der Eigenverwaltung fallen ihm damit
534 Vgl. 2. Kapitel § 1 III.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Deutschland und Frankreich stehen exemplarisch für eine bis heute sehr unterschiedliche Verfahrenspraxis im Insolvenzrecht. Ungleich gehandhabt wird insbesondere die Aufgabenverteilung zwischen Geschäftsführer und Insolvenzverwalter.
Die Aufgaben des Geschäftsführers einer GmbH bzw. einer Société à responsabilité limitée (SARL) richten sich grundsätzlich allein nach dem Gesellschaftsrecht. Dies ändert sich jedoch spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dann findet das deutsche bzw. das im Jahre 2005 novellierte französische Insolvenzrecht auf den Geschäftsführer Anwendung und der Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter tritt in das Leben der GmbH bzw. SARL ein. Auf dieser Schnittstelle von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht kommt es damit sowohl im Regelinsolvenzverfahren bzw. in der Eigenverwaltung im deutschen Recht als auch im Erhaltungs- bzw. Sanierungsverfahren im französischen Recht zu einem Nebeneinander des gesellschaftsrechtlichen und des insolvenzrechtlichen Organs.
Dieses Nebeneinander macht eine Aufgabenverteilung notwendig, die jedoch in keinem der beiden Länder explizit geregelt ist. Auf Grundlage der dogmatischen Lösungsansätze werden die wesentlichen Aufgaben des Insolvenzverwalters und des Geschäftsführers einer GmbH bzw. SARL definiert und rechtsvergleichend untersucht.