129
anderer Mitgliedstaaten der EU für den betreffenden Strom vermerkt.643 Im Falle
von Hybridanlagen wird dem GSE die der erneuerbaren Energiequelle zurechenbare
Strommenge jährlich mittels einer Erklärung644 des Erzeugers mitgeteilt,645 die mit
der deutschen eidesstattlichen Versicherung vergleichbar ist. Anders als die certificati verdi wird der Herkunftsnachweis in keinem Fall für Anlagen ausgestellt, die
zum Zeitpunkt des Antrags noch nicht in Betrieb sind.
Der Herkunftsnachweis ist keine unmittelbare Grundlage für jegliche finanzielle
Förderung.646 Gemäß Art. 11 Abs. 7 D. lgs. 387/2003 werden die Herkunftsnachweise vielmehr explizit nur zu dem Zweck ausgestellt, zu belegen, dass Strom aus
einer bestimmten Anlage aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt wurde.647
II. Die Anerkennung von Herkunftsnachweisen aus anderen Mitgliedstaaten
Hinsichtlich der Importe von Strom aus EU-Mitgliedstaaten wurde die Einbeziehung
in die italienische Förderung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen durch die
Einführung der Herkunftsnachweise nach Art. 5 der Richtlinie 2001/77/EG wesentlich erleichtert. Dem Strom, der aus Frankreich, Österreich, Slowenien oder Griechenland eingeführt wird, kann nunmehr anhand der in dem jeweiligen Staat ausgestellten Herkunftsnachweise648 die dazugehörige Qualität zugeordnet werden. Gemäß Art. 11 Abs. 10 D. lgs. 387/2003 werden die Herkunftsnachweise aus den Mitgliedstaaten ohne Verfahren anerkannt.649 Im Falle des Imports von Strom aus erneuerbaren Energiequellen aus einem Nicht-EU-Staat hängt die Anerkennung als
Strom aus erneuerbaren Energiequellen davon ab, ob Italien mit dem jeweiligen
Staat einen internationalen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung geschlossen
hat.650 Mit der Schweiz651 und Albanien652 ist dies bereits geschehen. Keinen Ein-
643 Art. 11 Abs. 6 D. lgs. 387/2003.
644 Dichiarazione sostitutiva di atto di notorietà.
645 Art. 11 Abs. 5 D. lgs. 387/2003.
646 GSE, Rapporto 2006 (siehe Fn. 634), S. 92; zu den weiteren Vorteilen des Herkunftsnachweises siehe Panella, Rassegna giuridica dell’energia elettrica 2006, 147, 160.
647 Art. 11 Abs. 7 D. lgs. 387/2003.
648 Alle genannten Staaten haben Art. 5 Richtlinie 2001/77/EG mittlerweile umgesetzt. Die
jeweiligen Regelungen, betreffend die Ausstellung von Herkunftsnachweisen, enthalten § 8
Ökostromgesetz (Österreich), Verordnung Nr. 2006-1118 vom 5. September 2006 (Frankreich), Verordnung über die Ausstellung von Herkunftsnachweisen Nr. 121/05 (Slowenien)
und Art. 16 ff. Gesetz Nr. 3468/2006 (Griechenland).
649 Zur Entwicklung europaweit einheitlicher Standards zur Nachverfolgung von Strom wurde
von der Kommission im Rahmen des „Intelligent Energy Europe“-Programms das E-Track-
Project ins Leben gerufen. Die Schlussempfehlungen des Projektes sind im Internet verfügbar
unter www.e-track-project.org.
650 Art. 20 Abs. 3 S. 3 D. lgs. 387/2003.
651 Die Wirtschaftsminister der Schweiz und Italiens haben am 6. März 2007 ein Protokoll hinsichtlich der gegenseitigen Anerkennung von Herkunftsnachweisen unterzeichnet.
652 Art. 5 des Accordo tra il Ministero delle attività produttive e il Ministero dell'ambiente e della
tutela del territorio della Repubblica italiana e il Ministero dell'economia, del commercio e
130
fluss hat die Anerkennung der Herkunftsnachweise auf eine Einbeziehung in das
Fördersystem der grünen Zertifikate. Diesbezüglich ist eine gesonderte Anerkennung nach einer Reziprozitätsklausel erforderlich.653
III. Vereinbarkeit mit Art. 5 Richtlinie 2001/77/EG
Für die Schaffung eines Systems von Herkunftsnachweisen besteht eine klar formulierte Umsetzungspflicht. Denn gemäß Art. 5 Abs. 1 Richtlinie 2001/77/EG sorgen
die Mitgliedstaaten
„dafür, dass spätestens zum 27. Oktober 2003 die Herkunft des aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Stroms als solcher im Sinne dieser Richtlinie nach von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien garantiert
werden kann. Sie sorgen dafür, dass zu diesem Zweck auf Antrag ein Herkunftsnachweis ausgestellt wird.“
Die Rechtspflicht ist auch hinreichend bestimmt, da dieser Vorschrift deutlich zu
entnehmen ist, welche Kriterien das System der Herkunftsnachweise aufweisen soll.
Neben dem vorgegebenen Inhalt der Nachweise ist auch zu beachten, dass bei der
Ausstellung nur Energiequellen berücksichtigt werden dürfen, die entsprechend der
Definition der Richtlinie 2001/77/EG als „erneuerbare Energiequellen“ anzusehen
sind.654
Die vor dem D. lgs. 387/2003 allein bestehende certificazione di provenienza erfüllte nicht die Anforderungen des Art. 11 Richtlinie 2001/77/EG. Auch bestand
kein Verfahren zur Anerkennung von Herkunftsnachweisen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Anders als im Bereich des Netzzugangs regelt Art.
11 D. lgs. 387/2003 die meisten wesentlichen Bestimmungen selbst, ohne die Festlegung materieller Vorschriften an andere Akteure zu delegieren. Insbesondere benennt Art. 11 D. lgs. 387/2003 das für die Ausstellung zuständige Rechtssubjekt
sowie den wesentlichen Inhalt der Herkunftsnachweise und statuiert die gesetzliche
Anerkennung der Herkunftsnachweise aus anderen Mitgliedstaaten. Problematisch
ist dagegen, dass Art. 11 D. lgs. 387/2003 keine Regelung bezüglich des Ausstellungsverfahrens enthält. Regelungen über das Ausstellungsverfahren sind jedoch für
eine rechtmäßige Umsetzung des Art. 5 Richtlinie 2001/77/EG unabdingbar, da
ohne sie die erforderliche Bestimmtheit fehlt. Denn Art. 5 Richtlinie 2001/77/EG
enthält die Pflicht der Mitgliedstaaten, ein System von Herkunftsnachweisen zu
etablieren, dass dem einzelnen Betreiber einer Anlage einen Anspruch auf Ausstellung eines Herkunftsnachweises ermöglicht. Ohne Verfahrensbestimmungen ist die
Ausstellung des Herkunftsnachweises jedoch nicht möglich, wodurch ein solcher
dell'energia della Repubblica di Albania del 10 maggio 2006 (Vertrag zwischen den italienischen Ministerien für Wirtschaft und Umwelt und dem Wirtschafts-, Handels- und Energieministerium der Republik Albanien vom 10. Mai 2006).
653 Siehe hierzu unten S. 158 f.
654 Vgl. Oschmann, RdE 2002, 131, 135.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung spielt für die Verbesserung der Versorgungssicherheit und die Erreichung der Klimaschutzziele der Europäischen Union eine herausragende Rolle. Den hierfür maßgeblichen Rechtsnormen der einzelnen Mitgliedstaaten kommt deshalb besondere Bedeutung zu.
Der Autor analysiert detailliert die Vorschriften der Republik Italien. Die Darstellung der energiewirtschaftlichen Grundlagen und der energierechtlichen Rahmenbedingungen bildet den Ausgangspunkt für die anschließende Untersuchung der Förderregelungen. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen das Zertifikatesystem und die verschiedenen Einspeisetarifsysteme für Kleinanlagen und den Bereich der Fotovoltaik. Die eingehende Prüfung der Vereinbarkeit der italienischen Regelungen mit dem Europarecht und ein partieller Vergleich mit dem EEG schließen die Darstellung ab.