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Energiequellen gestellt werden, vorrangig zu behandeln. Konkretere Regelungen zur
Ausgestaltung dieses Vorrangs enthält der Beschluss indessen nicht. Insbesondere
sind weder eine Schadensersatzpflicht noch Sanktionen vorgesehen, sofern der
Netzbetreiber den Vorrang nicht beachtet. Die Umsetzung der im Haushaltsgesetz
2008 eingeführten diesbezüglichen Regelungen durch die AEEG steht noch aus.
II. Kostentragungspflichten
Die AEEG wurde nach Art. 14 Abs. 2 lit. c) D. lgs. 387/2003 auch damit betraut, die
Verteilung der Kosten für den Netzanschluss zu regeln. Gemäß Art. 14 Abs. 2 lit. f)
D. lgs. 387/2003 legt die AEEG zudem die Regeln hinsichtlich der Tragung der
Kosten von eventuellen Maßnahmen zur Verbesserung des Netzes fest. Daran sind
auch bereits an das Netz angeschlossene Erzeuger zu beteiligen. Im Fall des Netzausbaus sollen Kosten der „Entwicklung des Netzes“593 zu Lasten des Netzbetreibers
gehen, während die übrigen Kosten ebenfalls gemäß den Grundsätzen des Art. 14
Abs. 2 lit. f) D. lgs. 387/2003 aufgeteilt werden. Zentrale Regelung zur Bestimmung
der Kostentragung für den Netzanschluss ist bis zum Erlass eines neuen Normenkatalogs Art. 13.4 Beschluss Nr. 281/05. Nach dieser Vorschrift hat der Antragsteller
die gesamten Kosten der Anschlussarbeiten abzüglich einer Pauschale in Höhe von
10 bis 100 Euro je km zu zahlen.594 Diese Norm hatte zur Folge, dass den Anlagenbetreibern auch Kosten auferlegt wurden, die zum Teil wesentlich über die Kosten
der für den Netzanschluss der einzelnen Anlage erforderlichen Netzausbauarbeiten
hinausgingen. Das Verwaltungsgericht der Lombardei hat die Vorschrift daher für
rechtswidrig erklärt. Sie widerspreche den Grundsätzen des Art. 14
D. lgs. 387/2003, insbesondere dem Grundsatz der Berücksichtigung der tatsächlich
entstehenden Kosten und Vorteile.595 Die nach diesem Urteil durch die AEEG erforderlichen Neuregelungen stehen noch aus.596 Nur soweit der Anlagenbetreiber die
Anschlussarbeiten selbst ausführt, fällt keine Zahlung an.597 Die Gebühr für die
Erstellung der technischen Minimallösung und den Verwaltungsaufwand nach Art. 7
Beschluss Nr. 281/05 ist für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen grundsätzlich um 50 % gemindert.
593 Sviluppo della rete.
594 Die Höhe des Abzugs beurteilt sich danach, ob es sich um ein Mittel- oder Hochspannungsnetz und ob es sich um ein Kabel oder eine Freileitung handelt, siehe Tabelle Nr. 2 zum Beschluss Nr. 281/05.
595 T. A. R. Lombardia, Sentenza n. 2823 del 16 novembre 2006.
596 Vgl. Bucello/Viola, Ambiente e Sviluppo 2007, 911, 918.
597 Art. 13.3 Beschluss Nr. 281/05.
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III. Der Anschluss an Niederspannungsnetze
Eine separate Regelung hält das italienische Recht für den Anschluss von Anlagen
zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen an Netze mit einer Spannung
von bis zu 1 kV bereit. Dieses Thema hat in Italien aufgrund der verstärkten Förderung von Kleinanlagen, insbesondere Fotovoltaikanlagen, und der Bestrebungen zur
Dezentralisierung der Stromversorgung an Bedeutung gewonnen. Dementsprechend
wurde der hierfür maßgebliche Beschluss Nr. 89/07598 im Rahmen der Verabschiedung des Maßnahmenpaketes zum conto energia 2007, dem Einspeisetarifsystem für
Fotovoltaikanlagen, erlassen.
Dieser normgebungstechnisch gelungene Beschluss skizziert in übersichtlicher
Weise das erforderliche Verfahren. Der Anlagenbetreiber muss demnach noch vor
der Errichtung der Anlage dem Netzbetreiber eine vorläufige Anlagenskizze übermitteln und den Anschluss an das Netz beantragen, wobei er bereits anzugeben hat,
ob er das Net-metering-Verfahren wählen möchte.599 Der Netzbetreiber beurteilt
nach Erhalt des Antrags die zu erwartenden Auswirkungen des Anschlusses der
Anlage an das Netz und übermittelt dem Antragsteller innerhalb von nur zwanzig
Tagen nach Eingang des Antrags einen detaillierten Voranschlag, der unter anderem
die nötigen Arbeiten, deren Kosten sowie die maximale Dauer der Arbeiten
enthält.600 Nach dem erfolgten Anschluss dürfen durch den Netzbetreiber keine über
die veranschlagten hinausgehenden Kosten verlangt werden.601
Erstellt der Netzbetreiber den Voranschlag nicht innerhalb der vorgesehenen
zwanzig Tage, so hat er dem Anlagenbetreiber einen pauschalierten Schadensersatz
in Höhe von sechzig Euro zu zahlen.602 Angesichts der Einbußen, die dem Anlagenbetreiber drohen, ist dieser Betrag als unangemessen gering einzustufen. Zwar
schließt die Vorschrift die Geltendmachung eines tatsächlich erlittenen höheren
598 AEEG, Delibera n. 89/07, Condizioni tecnico-economiche per la connessione di impianti di
produzione di energia elettrica alle reti elettriche con obbligo di connessione di terzi a tensione nominale minore o uguale ad 1 kV (AEEG, Beschluss Nr. 89/07, Technische und wirtschaftliche Bedingungen für den Anschluss von Anlagen zur Stromerzeugung an Stromnetze
mit der Verpflichtung des Anschlusses von Dritten bei einer Spannung von bis zu 1 kV),
G. U. n. 97 del 27 aprile 2007, Supplemento ordinario n. 107, im Folgenden: Beschluss
Nr. 89/07.
599 So für Fotovoltaikanlagen auch Art. 5 Abs. 1 S. 2 D. M. 19/02/07; Art. 3 Beschluss Nr. 89/07
enthält eine ausführliche Aufzählung aller im Rahmen des Antrags auf Netzanschluss an den
Netzbetreiber einzureichenden Dokumente und Angaben.
600 Art. 4.1 und 4.3 Beschluss Nr. 89/07. Nur sofern eine Ortsbegehung erforderlich ist und der
Termin auf Betreiben des Antragstellers verschoben wird, verlängert sich die 20-Tage-Frist
um die Zeit der Verschiebung des Termins.
601 Art. 4.4 Beschluss Nr. 89/07. Der Voranschlag muss eine Gültigkeitsdauer von mindestens 3
Monaten haben.
602 Art. 9.2 Beschluss Nr. 89/07. Dies gilt dann nicht, wenn die Verzögerung auf höherer Gewalt,
dem Verschulden des Anlagenbetreibers oder dem Verschulden eines Dritten beruht. Dies ist
in Art. 1.1 lit. c) Beschluss Nr. 89/07 definiert als „das Fehlen des Antragstellers anlässlich
eines vereinbarten Termins (…) oder Schäden oder Behinderungen, die von Dritten verursacht wurden“.
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References
Zusammenfassung
Die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung spielt für die Verbesserung der Versorgungssicherheit und die Erreichung der Klimaschutzziele der Europäischen Union eine herausragende Rolle. Den hierfür maßgeblichen Rechtsnormen der einzelnen Mitgliedstaaten kommt deshalb besondere Bedeutung zu.
Der Autor analysiert detailliert die Vorschriften der Republik Italien. Die Darstellung der energiewirtschaftlichen Grundlagen und der energierechtlichen Rahmenbedingungen bildet den Ausgangspunkt für die anschließende Untersuchung der Förderregelungen. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen das Zertifikatesystem und die verschiedenen Einspeisetarifsysteme für Kleinanlagen und den Bereich der Fotovoltaik. Die eingehende Prüfung der Vereinbarkeit der italienischen Regelungen mit dem Europarecht und ein partieller Vergleich mit dem EEG schließen die Darstellung ab.