182
? Steht die Gestaltung der Hauptkombination im Vordergrund, so lässt sich die
Prozessdarstellung zur Produktion katastrophenlogistischer Dienstleistungen
auch verkürzt darstellen. Eine Logistikkette lässt sich vereinfacht durch eine
Aneinanderreihung der Hauptkombinationen skizzieren, indem die Informationen über die Vor- und ggf. Nachkombination ausgeblendet werden:
Transport von
Nairobi nach
Eldoret
Lagerung Getreide
in Eldoret
Transport von
Eldoret zu Auslieferungslagern
…
Transport vom
Auslieferungslager
in die Region
Abbildung 51: Vereinfachte Modellierung einer Logistikkette im Katastrophenmanagement468
? Weitere Methoden lassen sich auf der Grundlage einer solchen Prozessdarstellung einsetzen. Hierzu zählen unter anderem prozessorientierte Ansätze der
Kostenrechnung, Kennzahlensysteme, durch die sich Soll- und Ist-Merkmalsausprägungen der Hilfsgüter dokumentieren und analysieren lassen, sowie die
Gestaltung von Netzplänen.
Die Netzplantechnik wird im folgenden Abschnitt als Methode, die im Rahmen der
Produktion und Produktionslogistik häufig Anwendung findet, vorgestellt. Die praktische Anwendung bezieht sich wiederum auf die Produktion logistischer Dienstleistungen im Katastrophenmanagement.
4.3.2 Einsatz der Netzplantechnik im Katastrophenmanagement
4.3.2.1 Grundlagen und Methodenvielfalt der Netzplantechnik
Auf der Grundlage einer Prozessdarstellung lassen sich Managementaufgaben der
Planung, Steuerung und Kontrolle (logistischer) Prozesse im Katastrophenmanagement durch den Einsatz betriebswirtschaftlicher und logistischer Methoden unterstützen. Exemplarisch wird im Folgenden die Netzplantechnik vorgestellt, die unter
anderem für das Management komplexer Projekte eingesetzt wird.469
Da es sich bei den Aufgaben der Katastrophenvorsorge und -bewältigung vielfach
um komplexe Projekte handelt, kann der Einsatz der Netzplantechnik für das Katastrophenmanagement geeignet sein.
468 Eine ähnliche Darstellungsweise verwendet Tufinkgi, Philippe (2006) zur Entwicklung eines
logistischen Referenzmodells für Katastrophenfälle, z. B. S. 77 und 204.
469 Vgl. Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 87; Ehrmann, Harald (2005), S. 161;
Gudehus, Timm (2007a), S. 251. Zum Begriff des Projektes vgl. ausführliche Erläuterungen
in Deutsches Institut für Normung (2007).
183
Die durch einen Netzplan zu planenden Projekte lassen sich in einzelne Aktivitäten
unterteilen, die auch mit anderem Namen bezeichnet werden: Mit Blick auf die
Prozessdarstellung in Abschnitt 4.3.1 kann es sich hierbei um einen Prozess bzw.
eine Vor-, Haupt- oder Endkombination handeln, in der Produktion wird häufig der
Begriff des Arbeitsgangs oder einer Tätigkeit eingesetzt, und in der Netzplantechnik
findet sich der Begriff des Vorgangs.470 Ein Vorgang ist ein zeiterforderndes Geschehen mit definiertem Anfang und Ende; ein Ereignis ist ein Zeitpunkt, der das
Eintreten eines bestimmten Projektzustandes markiert. Demnach gehören zu jedem
Vorgang ein Anfangs- und Endereignis.471 In der in Abschnitt 4.3.1 vorgestellten
Prozessmodellierung eines elementaren logistischen Leistungsprozesses bzw. einer
Logistikkette werden die Projektzustände des externen Faktors bzw. des Hilfsgutes
durch Merkmale und Merkmalsausprägungen in den Zuständen 0, 1, …, n beschrieben. Das Anfangsereignis einer Hauptkombination erfordert die Zuführung des externen Faktors nach Erstellung der Leistungsbereitschaft. Das Endereignis tritt ein,
sobald die Hauptkombination abgeschlossen ist. Die Struktur eines Projektes wird in
einem Netzplan durch Reihenfolgebeziehungen (auch als Anordnungsbeziehungen,
Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen bezeichnet) zwischen Vorgängen bzw. Ereignissen beschrieben.472 In der Modellierung einer Logistikkette (vgl. Abschnitt 4.3.1)
werden diese Reihenfolgebeziehungen durch Pfeile dargestellt. Diese kennzeichnen
die Zuführung externer Faktoren aus einem Endzustand eines elementaren Leistungsprozesses in einen nachfolgenden elementaren Leistungsprozess. Auch in der
Netzplantechnik werden Pfeile eingesetzt, um die Reihenfolgenbeziehungen zu
modellieren. Zusammenfassend werden in einem Netzplan die einzelnen Vorgänge
und Ereignisse, die Dauer der Vorgänge und ihre Reihenfolgebeziehungen untereinander dargestellt.473
In der Produktionslogistik werden Netzpläne als Bestandteil der Produktionsplanung
und -steuerung eingesetzt. In der Durchlaufterminierung werden „für jeden Arbeitsgang eines aktuellen Auftragsbestandes die Anfangs- und Endtermine ohne explizite
Einbeziehung von Kapazitätsrestriktionen so berechnet, dass eine Einhaltung der
Fertigstellungstermine der Aufträge möglich erscheint.“474 Im Rahmen der Kapazitätsterminierung werden ebenfalls Anfangs- und Endtermine der Arbeitsgänge festgelegt, „und zwar unter Berücksichtigung des begrenzten Kapazitätsangebots der
Betriebsmittel.“475
Mit Bezug zum internationalen Katastrophenmanagement lassen sich Netzpläne
ebenfalls für das Management logistischer Leistungen einsetzen. Der Einsatzbereich
470 Vgl. Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 87; Fleischmann, Bernhard (2008a), S.
6; Günther, Hans-Otto / Tempelmeier, Horst (2003), S. 206-207; Schulte, Christof (2005), S.
399.
471 Vgl. Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 87.
472 Vgl. Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 88; Fortmann, Klaus-Michael / Kallweit, Angela (2007), S. 174.
473 Vgl. Fleischmann, Bernhard (2008a), S. 6.
474 Schulte, Christof (2005), S. 399.
475 Schulte, Christof (2005), S. 403.
184
bezieht sich in diesem Fall jedoch nicht auf die Produktionslogistik eines Fertigungsbetriebes sondern auf das Projektmanagement der Dienstleister im Katastrophenmanagement. Einige Hilfsorganisationen legen für Projekte der Katastrophenbewältigung Kriterien für das Anfangsereignis eines Einsatzes fest. Zum Beispiel
senden „Ärzte ohne Grenzen“ nach ersten Meldungen über Ereignisse, die Krisen
oder Katastrophen potenziell auslösen können, ein Team in das betroffene Gebiet.
Zu dem Team zählen in der Regel eine medizinische Fachkraft und ein Logistiker.
Auf der Grundlage erster Informationen über Hintergründe und Ausmaß des Ereignisses, die Bevölkerungsstruktur, Bedürfnisse der Menschen, Infrastruktur, Mittel
vor Ort, potenzielle Partnern vor Ort und die logistischen Durchführbarkeit wird
über den Einsatz entschieden. Die Entscheidung basiert auf Kriterien über die Sterblichkeitsrate, die erwartete Entwicklung, die Konsequenzen des Ereignisses, die
Sicherheit für das Personal, die erforderliche Qualifikation des Personals und die
Finanzierung des Einsatzes. Ärzte ohne Grenzen legen für die Sterblichkeitsrate
beispielsweise fest, dass es sich bei mehr als einem Todesfall am Tag pro 10.000
Menschen um eine medizinisch akute Notfallsituation handelt. Eine extreme Notfallsituation liegt vor, wenn mehr als fünf Todesfälle am Tag pro 10.000 Menschen
auftreten. Damit liegen Kriterien vor, nach denen die Hilfsorganisation über einen
Katastropheneinsatz entscheidet (Anfangsereignis). Auf das Anfangsereignis folgen
Vorgänge mit Vorgangszeiten, die mit anderen Vorgängen Reihenfolgebeziehungen
aufweisen. So kann beispielsweise der Vorgang „Einreise medizinisches Personal“
erst dann begonnen werden, wenn der Vorgang „Visum für medizinisches Personal“
abgeschlossen ist. Ebenso kann der Vorgang „Versorgung der betroffenen Bevölkerung durch medizinisches Personal“ erst dann begonnen werden, wenn die Vorgänge
„Einreise medizinisches Personal“, „Anlieferung medizinisches Gebrauchsmaterial“
und „Anlieferung medizinisches Verbrauchsmaterial“ abgeschlossen sind. Auch für
das Projektende (Endereignis) definieren Ärzte ohne Grenzen Kriterien. Mit der
Beantwortung von Fragestellungen, wie „Liegt die Sterberate unter einem Todesfall
pro 10.000 Menschen am Tag?“, „Sind die Grundbedürfnisse der Bevölkerung abgedeckt?“, „Gibt es genügend sauberes Wasser für die Menschen?“ wird regelmäßig
über die Fortführung bzw. den Abbruch eines Projektes entschieden.476
Da sich die Projektphasen für vergleichbare Katastrophen und geographische Gebiete sowohl in den einzelnen Vorgängen als auch in ihren Reihenfolgebeziehungen
untereinander ähneln, lassen sich Standard-Netzpläne erstellen, die sich individuell
ergänzen (z. B. weitere Vorgänge, weitere Reihenfolgebeziehungen) und anpassen
lassen (z. B. in Bezug auf die Dauer der Vorgänge). Der Zeitaufwand für die Erstellung der Netzpläne lässt sich so auch während eines Einsatzes auf ein realisierbares
Maß reduzieren. Die Vorgehensweise sowie der Nutzen der Netzplantechnik werden
nach einer kurzen formalen Beschreibung an einem Beispiel vorgestellt. Dabei wird
476 Erläuterungen zu Projektstart, Projektphase und Projektende der Organisation Ärzte ohne
Grenzen finden sich unter www.aerzte-ohne-grenzen.de über den Link Organisation und Projekte.
185
Bezug auf das bereits aus der Standort- und Tourenplanung sowie der ABC-Analyse
bekannte Beispiel Kenias genommen.
Aus der Vielfalt der zur Netzplantechnik zählenden Vorgehensweisen und Ergebnisdarstellungen477
? deterministische oder stochastische Netzpläne, ? Vorgangsknoten-, Vorgangspfeilnetzpläne oder ereignisorientierte Netzpläne ? Ergebnisdarstellung als Tabelle, Graph oder Diagramm
wird für das nachfolgende Beispiel der MPM-Netzplan (MPM: Metra Potential
Method) exemplarisch ausgewählt. Hierbei handelt es sich um einen deterministischen vorgangsknotenorientierten Netzplan ohne Kapazitätsbegrenzungen;478 die
Ergebnisdarstellung erfolgt durch einen vorgangsknotenorientierten Graphen.
4.3.2.2 Formale Beschreibung eines MPM-Netzplans
Im Folgenden wird angenommen, dass ein Strukturplan mit der Bezeichnung der
Vorgänge, den jeweiligen Dauern der Vorgänge und den Reihenfolgebeziehungen
bereits aufgestellt wurde. Gegenstand der Zeit- oder Terminplanung eines deterministischen Vorgangsknotennetzplans ist dann die Ermittlung frühester und spätester
Anfangs- und Endzeitpunkte für Vorgänge sowie der Zeitreserven.479
Jeder Vorgang wird durch einen Knoten k repräsentiert, der Informationen über
diese Zeiten und Zeitreserven bzw. Pufferzeiten enthält:
k
FAZk dk FEZk
SAZk GPk SEZk
? In einer Vorwärtsrechung480 werden zunächst früheste Anfangszeitpunkte
(FAZk, mit k=1,…,?) sowie früheste Endzeitpunkte der Vorgänge (FEZk, mit
k=1,…, ?) ermittelt. Es wird angenommen, dass der erste Vorgang k=1 den frü-
477 Einen Überblick über die unterschiedlichen Methoden geben z. B. Domschke, Wolfgang /
Drexl, Andreas (2002), S. 87-107.
478 Vgl. Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 88-89; Günther, Hans-Otto / Tempelmeier, Horst (2003), S. 207.
479 Vgl. Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 90-93; Günther, Hans-Otto / Tempelmeier, Horst (2003), S. 206.
480 Informationen und Formeln zur Vorwärtsrechnung finden sich in Domschke, Wolfgang /
Drexl, Andreas (2002), S. 94; Ehrmann, Harald (2005), S. 161-162; Gudehus, Timm (2007a),
S. 255; Günther, Hans-Otto / Tempelmeier, Horst (2003), S. 208-209; Schulte, Christof
(2005), S. 400.
186
hesten Anfangszeitpunkt FAZ1=0 aufweist (alternativ kann auch ein Datum mit
Uhrzeit angegeben werden). Der späteste Endzeitpunkt lässt sich für jeden Vorgang k berechnen, indem zum frühesten Anfangszeitpunkt die Vorgangsdauer
dk addiert wird:
FEZk = FAZk + dk, für alle k=1,…, ?
Die Anfangszeitpunkte der Vorgänge FAZk lassen sich durch die frühesten
Endzeitpunkte der direkten Vorgänger-Knoten ? ermitteln. Ein nachfolgender
Knoten k kann erst dann begonnen werden, wenn alle Vorgänger ? ? ?? zeitlich
abgeschlossen sind. Bei Bedarf lassen sich zusätzlich Mindestabstände zwischen zwei Vorgängen berücksichtigen, die nachfolgend aufgrund der geringen
Relevanz für das Katastrophenmanagement nicht abgebildet werden:
FAZk = max {FEZ? | Vorgänger ? ? ??}
Der früheste Endzeitpunkt des abschließenden Knotens ? beträgt FEZ?. ? Im Übergang zwischen der Vorwärts- und Rückwärtsrechung wird der früheste
Endzeitpunkt FEZ? auf den spätesten Endzeitpunkt des abschließenden Vorgangs SEZ? übertragen:
FEZ? = SEZ?
So lässt sich in der Zeitplanung berücksichtigen, dass Projekte im Katastrophenmanagement möglichst zeitnah umgesetzt werden sollen. Die gesamte Projektdauer beträgt in diesem Fall FEZ? = SEZ?. ? Die spätesten Anfangszeitpunkte der Vorgänge SAZk lassen sich nun in der
Rückwärtsrechung481 wie folgt berechnen:
SAZk = SEZk - dk, für alle k=1,…, ?
Die spätesten Endzeitpunkte werden aus den spätesten Anfangszeitpunkten der
jeweiligen Nachfolgerknoten bestimmt. Gibt es für einen Knoten k mehrere
Nachfolger ? ? ??, so wird der geringste späteste Anfangszeitpunkt der Nachfolger auf den Knoten k übertragen:
SEZk = min {SAZ? | Nachfolger ? ? ??} ? Nach Abschluss der Vorwärts- und Rückwärtsrechnung lässt sich für jeden
Vorgang k die gesamte Pufferzeit GPk als Differenz zwischen spätester und frühester Anfangszeit bzw. als Differenz zwischen spätestem und frühestem Endzeitpunkt ausweisen:482
GPk = SAZk - FAZk= SEZk - FEZk
Der gesamte Puffer eines Vorgangs zeigt an, um welche Zeitdauer der Vorgang
maximal verschoben bzw. verlängert werden darf, ohne dass sich die gesamte
481 Informationen und Formeln zur Rückwärtsrechnung finden sich in Domschke, Wolfgang /
Drexl, Andreas (2002), S. 94-95; Ehrmann, Harald (2005), S. 161-162; Gudehus, Timm
(2007a), S. 255-256; Günther, Hans-Otto / Tempelmeier, Horst (2003), S. 209; Schulte,
Christof (2005), S. 400.
482 Vgl. Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 97; Günther, Hans-Otto / Tempelmeier, Horst (2003), S. 209.
187
Projektzeit FEZK erhöht.483 Vorgänge, die eine gesamte Pufferzeit mit dem Niveau 0 Zeiteinheiten aufweisen, werden als kritische Vorgänge bezeichnet. Sie
bilden gemeinsam den kritischen Weg bzw. kritischen Pfad eines Netzplans.
Treten auf diesem Pfad Verzögerungen auf, so wirkt sich dies direkt und in vollem zeitlichen Umfang auf die gesamte Projektdauer aus.484
4.3.2.3 MPM-Netzplan im Katastrophenmanagement
Das aus den vorangehenden Abschnitten bekannte Beispiel der Katastrophe in Kenia
nach den Präsidentschaftswahlen in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2008 wird nun
fortgesetzt, um die Vorgehensweise und Einsatzpotenziale der Netzplantechnik an
einem Beispiel zu erläutern. Bezüge zu den Ergebnissen der anderen Abschnitte
werden bewusst aufgenommen, um auch die Beziehungen zwischen den logistischen
Methoden und Berechnungsergebnissen aufzuzeigen.
Die Informationsgrundlage für die Erstellung des Netzplans bildet ein Strukturplan
(vgl. Tabelle 22). Dieser bezieht sich auf einen ausgewählten Teilbereich der Leistungserstellung, und zwar auf die Errichtung eines Notfallcamps in der betroffenen
Region Eldoret. Durch den Netzplan soll zunächst die gesamte Dauer bis zur Inbetriebnahme des Notfallcamps ermittelt und analysiert werden. Zudem sollen Pufferzeiten Informationen über mögliche Zeitreserven und kritische Vorgänge liefern.
Weitere Erkenntnisse aus dem Netzplan werden im Anschluss an die Berechnungen
vorgestellt. In der realen Umsetzung der Netzplantechnik durch Hilfsorganisationen
sind einige der Vorgänge voraussichtlich differenzierter auszuweisen und Verbindungen zu weiteren Vorgängen bzw. Akteuren aufzunehmen. Zu Darstellungszwecken wird jedoch auf einen zu hohen Detaillierungsgrad verzichtet. Im Strukturplan
werden wichtige Vorgänge, die für die Errichtung eines Notfallcamps erforderlich
sind, benannt und kurz erläutert. Des Weiteren wird für jeden Vorgang die erwartete
Dauer angegeben, und die Reihenfolgebeziehungen des Netzplanes werden durch
die Angabe der direkten Vorgänger dokumentiert.
483 Weitere Pufferzeiten, wie die freie und die unabhängige Pufferzeit werden ergänzend zur
gesamten Pufferzeit in Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 97-98 vorgestellt.
484 Vgl. Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S. 97; Fortmann, Klaus-Michael / Kallweit, Angela (2007), S. 174-175; Günther, Hans-Otto / Tempelmeier, Horst (2003), S. 209;
Schulte, Christof (2005), S. 401.
188
k Beschreibung zu Vorgang k
Direkte
Vorgänger ? ? ??
Dauer
dk in
Std.
1 Erkundung vor Ort: Ein erstes Team entscheidet über die Fortführung des Projektes und sammelt erste Informationen z. B. über
Art und Ausmaß der Katastrophe, Bedürfnisse der Menschen,
Infrastruktur, politische Rahmenbedingungen.
- 18
2 Ermittlung Bruttobedarf für die Erstversorgung durch das Camp:
Food (z. B. Mais und Hülsenfrüchte), Non-Food (z. B. Zelte,
Medikamente, medizinisches Ge- und Verbrauchsmaterial, mobiles Krankenhaus, Wasseraufbereitungsanlage).
1 6
3 Bestandsermittlung im Regionallager (Eldoret), in Zentrallagern
(Nairobi u.a.) und bei Logistikdienstleistern 1 2
4 Abstimmung mit anderen Hilfsorganisationen über den Aufbau
des Camps (Leistungsbereitschaft) und die Zuständigkeiten in der
Leistungserstellung.
2, 3 3
5 Herstellung der Leistungsbereitschaft für internationale Transporte (z. B. Information über Leistungsbereitschaft Flughafen,
Hafen, Anbindung an die nationale Infrastruktur).
4 3
6 Herstellung der Leistungsbereitschaft für nationale / regionale
Transporte (z. B. Bereitstellung Transportmittel, Fahrer, Treibstoff, Informationen über die Befahrbarkeit der Routen).
4 8
7 Herstellung der Leistungsbereitschaft für die weitere Errichtung
des Camps (z. B. Bereitstellung und Information über die Fläche,
Anbindung an die Infrastruktur, technisches Personal).
6 7
8 Disposition und Bestellung Food / Non-Food auf der Grundlage
des Bedarfs, des Bestands und der Abstimmung mit den anderen
Hilfsorganisationen.
4 4
9 Mobiles Krankenhaus: Transport aus dem Zentrallager in Abu
Dhabi und Aufbau auf dem Gelände des Camps. 5, 7, 8 48
10 Wasseraufbereitungsanlage: Transport aus dem Zentrallager in
Nairobi und Aufbau bis zur Inbetriebnahme. 7, 8 8
11 Weitere Lieferungen Non-Food aus dem Zentrallager in Nairobi:
Zelte, Zeltplanen, Moskitonetze, Decken, Betten, Ge- und
Verbrauchsfaktoren für die medizinische Versorgung, …
7, 8 5
12 Just-in-time Lieferungen Food (z. B. Mais) durch einen Logistikdienstleister (Kooperationspartner). 7, 8 4
13 Weiteres Personal einsatzbereit vor Ort: Über das technische und
logistische Personal zur Erstellung der Leistungsbereitschaft wird
zusätzliches Personal im Camp eingesetzt. Ärzte, Pfleger, Seelsorger und weiteres Personal wird eingeflogen, zum Camp transportiert und mit den wichtigsten Informationen versorgt.
5, 7 30
14 Abschließende Maßnahmen zur Inbetriebnahme des Camps. Die
Erstversorgung der Bevölkerung im Camp kann starten.
9, 10, 11,
12, 13 1
Tabelle 22: Strukturplan zum Netzplan „Errichtung Camp in Kenia“
Der Strukturplan beschreibt, dass nach einer Erkundung durch ein kleines Expertenteam vor Ort zunächst der Bedarf an Hilfsgütern zu ermitteln ist. Ohne Beachtung
der Lagerbestände wird zunächst ein Bruttobedarf ermittelt. Mit ergänzenden Informationen über die eigenen Lagerbestände und die der Kooperationspartner können
189
erste Abstimmungen mit anderen Hilfsorganisationen über folgende Zuständigkeiten
und Verantwortlichkeiten geführt werden. Gemeinsam mit den anderen Akteuren
des Katastrophenmanagements werden Entscheidungen über Standort sowie Dimensionierung des Notfallcamps getroffen und die logistische Leistungsbereitschaft,
insbesondere in Bezug auf die internationalen und nationalen Transporte, hergestellt.
Sobald die Leistungsbereitschaft aufgebaut ist und Bestellungen für verschiedene
Hilfsgüter vorgenommen wurden, können die Hilfslieferungen in das Notfallcamp
eingeleitet und durchgeführt werden. Nachdem auch das Personal für den Betrieb
des Camps einsatzbereit vor Ort ist, kann mit der Versorgung der betroffenen Bevölkerung in dem Camp begonnen werden. Die Vorgänge, Vorgangszeiten und
Reihenfolgebeziehungen sind für das Berechnungsbeispiel fiktiv ausgewählt worden. Je nach Einsatzgebiet, Art der Katastrophe, Abstimmung mit anderen Akteuren
und weiteren Rahmenbedingungen kann der Strukturplan erheblich von dem hier
vorgestellten Beispiel abweichen.
Bezüge zu den Berechnungsergebnissen vorangehender Abschnitte sind in mehreren
Vorgangsbeschreibungen des Strukturplans enthalten:
? Mit den Vorgängen 9, 10 und 11 wird Bezug zur Distributionsstruktur, insbesondere zur Struktur der Zentrallager aus Abschnitt 4.2.2.3, genommen: Das
mobile Krankenhaus wird aus dem Zentrallager in Abu Dhabi geliefert, da dieses aufgrund der hohen Kapitalbindung nicht in jedem der internationalen Zentrallager vorgehalten werden kann. Andere Hilfsgüter (z. B. die Wasseraufbereitungsanlage, Medikamente) werden aus dem Zentrallager in Nairobi geliefert. ? Mit der Beschreibung des Vorgangs 12 werden Ergbebnisse aus der ABC-XYZ-
Analyse aus Abschnitt 4.1.2 aufgenommen: Für die Lieferung der Lebensmittel
Mais und Hülsenfrüchte (jeweils mit einer Tendenz in Richtung AX) wird eine
Just-in-time-Anlieferung durch einen Logistikdienstleister realisiert. Es wird
angenommen, dass die Auswahl des Beschaffungskonzeptes Just-in-time ein
Ergebnis der ABC-XYZ-Analyse darstellt. Verträge stellen sicher, dass der Logistikdienstleister bestimmte Mengen dieser Lebensmittel innerhalb eines vereinbarten Zeitrahmens innerhalb Kenias ausliefern kann.
Unter Einsatz des Strukturplans aus Tabelle 22 und der formalen Beschreibung des
MPM-Netzplans aus Abschnitt 4.3.2.2 lässt sich der nachfolgende MPM-Netzplan
erstellen:
Duch die Vorwärtsrechnung werden zunächst die frühesten Anfangs- und Endzeitpunkte der Vorgänge ermittelt. Der frühesten Anfangszeitpunkt des Vorgangs 1
(Erkundung vor Ort) wird definitionsgemäß auf FAZ1=0 festgelegt. Bei einer erwarteten Dauer der Erkundung d1=18 Stunden kann der Vorgang frühestens nach 18
Stunden beendet werden (FEZ1 = FAZ1+d1 = 0+18 = 18). Dieser frühesten Endzeitpunkt wird auf die direkten Nachfolgerknoten 2 und 3 (Ermittlung Bruttobedarf und
Bestandsermittlung) übertragen, da diese Vorgänge frühestens starten können, wenn
die Erkundung abgeschlossen ist.
190
k
FAZk dk FEZk
SAZk GPk SEZk
1
0 18 18
0 0 18
2
18 6 24
18 0 24
3
18 2 20
22 4 24
4
24 3 27
24 0 27
6
27 8 35
27 0 35
5
27 3 30
39 12 42
8
27 4 31
38 11 42
7
35 7 42
35 0 42
9
42 48 90
42 0 90
13
42 30 72
60 18 90
10
42 8 50
82 40 90
14
90 1 91
90 0 91
11
42 5 47
85 43 90
12
42 4 46
86 44 90
Abbildung 52: MPM-Netzplan „Errichtung Camp in Kenia“
Die frühesten Endzeitpunkte der beiden Vorgänge 2 und 3 lassen sich durch die
Summe aus diesem frühesten Anfangszeitpunkt und der jeweiligen Dauer ermitteln
(so z. B. für Vorgang 3: FEZ3 = FAZ3+d3 = 18+2 = 20). Die Abstimmung mit den
anderen Hilfsorganisationen (Vorgang 4) hat zwei Vorgänger (Vorgang 2 und 3) mit
zwei unterschiedlichen frühesten Endzeitpunkten (FEZ2 = 24 Stunden und FEZ3 = 20
Stunden). Da beide Vorgänge abgeschlossen sein müssen, bevor mit der Abstimmung frühestens begonnen werden kann, wird nach der bekannten Formel FAZk =
max {FEZ? | Vorgänger ? ? ??} der höhere der beiden Werte als frühester Anfangszeitpunkt für den Vorgang der Abstimmung übernommen: FAZ4 = max {FEZ? |
Vorgänger ? ? {2, 3}} = max {24, 20} = 24. Die Vorwärtsrechnung lässt sich analog für die nachfolgenden Vorgänge fortsetzen, bis für die abschließenden Maßnahmen des Vorgangs 14 ein frühester Endzeitpunkt FEZ? = FEZ14 = 91 Stunden ermittelt wird.
191
Ein erstes wichtiges Ergebnis liegt nach Abschluss der Vorwärtsrechnung bereits
vor: Unter der Voraussetzung, dass sich an den Dauern und Reihenfolgebeziehungen
in der realen Umsetzung keine Veränderungen ergeben, kann das Projekt „Errichtung eines Notfallcamps in Kenia / Eldoret“ nach frühestens 91 Stunden abgeschlossen werden. Die gesamte Projektdauer beträgt 91 Stunden; nachfolgende Projekte,
wie „Versorgung der Bevölkerung im Notfallcamp“ können nun starten. Eine Information über die gesamte Projektdauer ist aus dem in Tabelle 22 angegebenen
Strukturplan aufgrund der Leistungsverflechtungen zwischen den Vorgängen nicht
direkt erkennbar. Da die Hilfsorganisation bestrebt ist, das Notfallcamp möglichst
zeitnah in Betrieb zu nehmen und die betroffene Bevölkerung zu versorgen, wird der
früheste Endzeitpunkt des abschließenden Vorgangs 14 auf den spätesten Endzeitpunkt übertragen: FEZ14 = SEZ14 = 91 Stunden.
Die Ergebnisse der Rückwärtsrechnung werden im Netzplan der Abbildung 52 in
den unteren Zeilen der Vorgänge ausgewiesen. Für Vorgang 14 errechnet sich der
späteste Anfangszeitpunkt aus der Differenz zwischen dem spätesten Endzeitpunkt
und der Dauer des Vorgangs: SAZ14 = SEZ14 - d14 = 91-1 = 90 Stunden. Da die Vorgänger-Knoten (9, 10, 11, 12 und 13) beendet sein müssen bevor mit den abschlie-
ßenden Maßnahmen spätestens begonnen werden kann, werden diese 90 Stunden als
spätester Endzeitpunkt auf die vorangehenden Knoten übertragen. Analog setzt sich
die Rückwärtsrechnung bis zum ersten Knoten (Erkundung vor Ort) fort. Dabei ist
für Vorgänge mit mehreren Nachfolgern zu beachten, dass nach der Formel SEZk =
min {SAZ? | Nachfolger ? ? ??} jeweils der minimale späteste Anfangszeitpunkt
übernommen wird. Zum Beispiel hat Vorgang 8 (Disposition und Bestellung der
Hilfsgüter) mit den Vorgängen 9, 10, 11 und 12 mehrere Nachfolger. Die Vorgänge
der Lieferungen unterschiedlicher Hilfsgüter (mobiles Krankenhaus, Wasseraufbereitungsanlage, weitere Non-Food-Lieferungen und Lieferungen der Lebensmittel)
weisen unterschiedliche späteste Anfangszeitpunkte auf (zwischen 42 und 86 Stunden). Da für Vorgang 9 bekannt ist, dass dieser bereits nach 42 Stunden spätestens
begonnen werden muss, um die gesamte Projektzeit einhalten zu können, muss der
Vorgängerknoten 8 nach diesen 42 Stunden spätestens abgeschlossen sein. Formal
lässt sich diese Überlegung wie folgt beschreiben: SEZ8 = min {SAZ? | Nachfolger ? ? {9, 10, 11, 12}} = min {42, 82, 85, 86} = 42 Stunden.
Als Bestandteil der Rückwärtsrechnung wird für jeden Vorgang im mittleren Feld
der unteren Zeile auch der gesamte Puffer ausgewiesen. Dieser errechnet sich nach
der angegebenen Formel GPk = SAZk - FAZk= SEZk - FEZk. Für einige Vorgänge
weist dieses Feld GPk einen positiven Wert auf, beispielsweise für die Bestandsermittlung (GP3 = 22-18 = 24-20 = 4 Stunden), für andere Vorgänge wird der Wert 0
ausgewiesen, beispielsweise für die Ermittlung des Bruttobedarfs (GP2 = 18-18 =
24-24 = 0 Stunden).
Diese Informationen sind für die Planung, Steuerung und Kontrolle des internationalen Katastrophenmanagements von besonderer Bedeutung, denn sie geben Hinweise
darauf, um wie viele Zeiteinheiten sich ein Vorgang verschieben bzw. verzögern
darf, ohne dass dies Auswirkungen auf die gesamte Projektzeit hat. Erhöht sich
192
beispielsweise die Dauer für die Ermittlung des Bruttobedarfs in Vorgang 2 von der
angegebenen Dauer (d2 = 6 Stunden) um eine weitere Stunde auf 7 Stunden, so hat
dies zur Folge, dass sich die Inbetriebnahme des Notfallcamps von FEZ14=91 Stunden auf 92 Stunden erhöht. Verzögert sich die Bestandsermittlung in Vorgang 3 von
den angegebenen 2 Stunden um eine weitere Stunde auf drei Stunden, so hat dies
keine Auswirkungen auf die gesamte Projektzeit. Das Notfallcamp kann nach der
geplanten Zeit von 91 Stunden die ersten bedürftigen Menschen versorgen, da Vorgang 3 eine gesamte Pufferzeit von 4 Stunden aufweist. Verzögert sich der Vorgang
der Bestandsermittlung jedoch um mehr als 4 Stunden, beeinflusst diese über die 4
Stunden hinausgehende Verzögerung ebenfalls die gesamte Projektdauer.
Diejenigen Vorgänge, deren gesamte Pufferzeit jeweils 0 beträgt, bilden gemeinsam
den kritischen Pfad des Netzplans. Für das Beispiel sind dies die Vorgänge 1-2-4-6-
7-9-14, also die Abfolge Erkundung vor Ort (1) – Ermittlung des Bruttobedarfs (2) –
Abstimmung mit anderen Hilfsorganisationen (4) – Leistungsbereitschaft nationale /
regionale Transporte (6) – Leistungsbereitschaft Camp (7) – Mobiles Krankenhaus
(9) – Abschließende Maßnahmen (14). Dieser kritische Pfad mit den jeweiligen
Knoten und Verbindungspfeilen ist in Abbildung 52 besonders hervorgehoben. Im
Sinne der Zielsetzung eines hohen Logistikservice sind Verzögerungen auf diesem
Pfad aufgrund der direkten Auswirkungen auf die gesamte Projektzeit zu vermeiden.
Der kritische Pfad ist folglich durch das internationale Katastrophenmanagement
besonders zu beachten. In der Personaleinsatzplanung ist beispielsweise darauf zu
achten, dass auf Personalausfälle auf dem kritischen Pfad sofort reagiert wird. Personal, das für Tätigkeiten anderer Vorgänge (mit positivem Gesamtpuffer) vorgesehen ist, kann in einem solchen Fall gegebenenfalls auf den kritischen Pfad übertragen werden. Ebenfalls sind für Vorgänge auf dem kritischen Pfad, die mit besonderen Risiken verbunden sind, Alternativen zu entwickeln. Besteht beispielsweise eine
Unsicherheit über die Befahrbarkeit bestimmter Straßen, so sollten alternative
Transportwege bereits vorzeitig bekannt sein und zeitnah in die Planung eingebunden werden. Der Netzplan lässt sich bei neuen Erkenntnissen über die Dauer der
Vorgänge, die Reihenfolgebeziehungen und die Einbindung alternativer Vorgänge
flexibel anpassen, sodass bei Veränderungen des Struktur- und Netzplans die Auswirkungen auf die gesamte Projektzeit und die Pufferzeiten sichtbar sind.
Der kritische Weg eines Netzplans liefert darüber hinaus Ansatzpunkte für Verkürzungen der gesamten Projektzeit. Erscheint der Hilfsorganisation die Dauer von 91
Stunden bis zur Inbetriebnahme des Notfallcamps zu lang, so sollten Bestrebungen
zur Durchlaufzeitverkürzung ebenfalls auf dem kritischen Pfad ansetzen.485 Gelingt
der Hilfsorganisation, beispielsweise durch einen verstärkten Personaleinsatz, eine
Verkürzung der Dauer für Vorgang 3 (Bestandsermittlung) von 2 Stunden auf 1
Stunde, so hat dies lediglich eine Auswirkung auf diesen Vorgang 3. Vorgang drei
wird früher beendet, und die gesamte Pufferzeit erhöht sich von 4 auf 5 Stunden. Die
gesamte Projektdauer lässt sich aber nicht verkürzen. Gelingt jedoch eine Verkür-
485 Vgl. zur Durchlaufzeitverkürzung z. B. Schulte, Christof (2005), S. 401-402.
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zung des Vorgangs 2 (Ermittlung des Bruttobedarfs) von 6 auf 5 Stunden, indem
verstärkt Personal für diese Tätigkeiten eingesetzt wird, so bewirkt dies eine Verkürzung, die sich aufgrund des nicht vorhandenen zeitlichen Puffers über den gesamten Netzplan bis zum abschließenden Vorgang 14 fortsetzt: Die gesamte Projektdauer kann von 91 auf 90 Stunden verkürzt und die betroffene Bevölkerung eine
Stunden früher versorgt werden.
Ob die Umsetzung entsprechender Maßnahmen möglich und unter Beachtung des
individuellen Zielsystems sinnvoll ist, erfordert eine inhaltliche Verbindung dieses
zeitlich ausgerichteten Netzplans mit weiteren Methoden der Kosten- und Kapazitätsplanung.486
Mit der Prozessdarstellung zur Produktion katastrophenlogistischer Dienstleistungen
(Abschnitt 4.3.1) und der Netzplantechnik (Abschnitt 4.3.2) liegt nun der Übergang
zum Themenbereich des Supply Chain Management nahe. Charakteristisch für das
Supply Chain Management sind unter anderem die Prozessorientierung, die Integrationsorientierung sowie die unternehmensübergreifende Ausrichtung einer Wertschöpfungskette. Diese Themenstellungen wurden in diesem Abschnitt unter anderem durch die Modellierung elementarer logistischer Leistungsprozesse und deren
Integration zu Logistikketten sowie durch Vorgänge an der Schnittstelle zu anderen
Unternehmen (andere Hilfsorganisationen und Logistikdienstleister als Kooperationspartner) bereits behandelt. Im nachfolgenden Kapitel soll die besondere Bedeutung des Supply Chain Management für das internationale Katastrophenmanagement
noch deutlicher hervorgehoben und vertieft werden.
486 Informationen hierzu finden sich z. B. in Domschke, Wolfgang / Drexl, Andreas (2002), S.
105-109; Günther, Hans-Otto / Tempelmeier, Horst (2003), S. 210-218; Schulte, Christof
(2005), S. 403.
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References
Zusammenfassung
Im internationalen Katastrophenmanagement werden täglich Entscheidungen mit Logistikbezug getroffen. Die Autorin skizziert die Vielfalt der Entscheidungen durch die folgende Fragestellung: Welche Beschaffungskonzepte, Standorte, Touren, Informationssysteme und Konzepte der Zusammenarbeit sollen im Rahmen der Katastrophenvorsorge und -bewältigung realisiert werden?
Da die Entscheidungen in hohem Maße Qualität und Kosten der Versorgung betroffener Menschen beeinflussen, sollten diese nicht alleine aus dem Erfahrungswissen heraus getroffen, sondern durch logistische Planungsmethoden unterstützt werden.
Anwendungsbezogen und verständlich wird in dem Buch der Einsatz geeigneter Methoden (z. B. Standortplanung, Netzplantechnik) am Beispiel realer Katastrophen vermittelt. Konzepte des SCM und aktuelle Informationssysteme werden mit ihren Potenzialen und Grenzen für das internationale Katastrophenmanagement vorgestellt und unter Einsatz geeigneter Entscheidungskriterien exemplarisch bewertet.