Die Reihe
„Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik“
wird herausgegeben von
Arnold Bergstraesser Institut (ABI), Freiburg
Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Bonn
Sektion „Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik“
der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW)
German Institute of Global and Area Studies (GIGA), Hamburg
Institut für Entwicklung & Frieden (INEF), Duisburg
Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF), Bonn
Band 4
Das DIE ist ein multidisziplinäres Forschungs-, Beratungs- und Ausbildungsinstitut für die deutsche und die multilaterale Entwicklungspolitik. Es berät auf der Grundlage unabhängiger Forschung
öffentliche Institutionen in Deutschland und weltweit zu aktuellen
Fragen der Kooperation zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Das DIE bildet deutsche und europäische Hochschulabsolventen für die berufliche Praxis in der Entwicklungspolitik aus.
BUT_Loewe_4017-1.indd 2 03.12.2008 8:59:16 Uhr
2.Auflage
Soziale Sicherung, informeller Sektor und
das Potenzial von Kleinstversicherungen
Nomos
Markus Loewe
BUT_Loewe_4017-1.indd 3 03.12.2008 8:59:16 Uhr
1. Auflage 2009
© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2009. Printed in Germany. Alle
Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem
Papier.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in
der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-8329-4017-1
BUT_Loewe_4017-1.indd 4 03.12.2008 8:59:16 Uhr
Für Jenny
7
Danksagung
Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit dem Potenzial von Kleinstversicherungen
in Entwicklungsländern, denen in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit
immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es ist eine aktualisierte Kurzfassung der
Dissertation „Soziale Sicherung und informeller Sektor: Stand der theoretischen Diskussion und kritische Analyse der Situation in den arabischen Ländern unter besonderer
Berücksichtigung des Kleinstversicherungsansatzes“, die im Deutschen Institut für
Entwicklungspolitik in Kooperation mit der Universität Heidelberg entstand. Ganz herzlich danke ich an dieser Stelle meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Oskar Gans für seine freundliche und hilfsbereite Betreuung meiner Dissertation sowie den zahlreichen
wichtigen und nützlichen Ratschlägen meiner Kolleginnen und Kollegen im DIE, allen
voran Herrn Dr. Matthias Krause und Herrn Dr. Klaus Liebig, für die viele Zeit, die sie
sich für die Kommentierung der ersten Versionen genommen haben. Vor allem aber
danke ich meiner lieben Frau und meinen Kindern, die so viel Verständnis dafür aufbrachten, dass ich über viele Monate hinweg kaum Zeit für sie hatte.
Markus Loewe Bonn, im November 2007
9
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis 15
1 Einleitung 17
Hintergrund der Studie 17
Fragestellung der Studie 19
Gliederung der Studie 19
2 Risiken, Verletzbarkeit und Armut 20
2.1 Risiken 21
Natürliche, gesundheitliche, ökonomische, politische, gesellschaftliche,
ökologische und Lebenszyklus-Risiken 22
Idiosynkratische und kovariierende Risiken 24
Objektive und subjektive Risiken 24
Seltene Risiken mit hohem Schaden und häufige Ereignisse mit geringem
Schaden 25
2.2 Bedeutung von Risiken 27
2.3 Management von Risiken 29
Risiko-Prävention 30
Risiko-Abfederung 31
Risiko-Bewältigung 34
2.4 Risiko-Verletzbarkeit und Armut 35
2.4.1 Risiko-Verletzbarkeit 35
2.4.2 Armut 37
2.4.3 Risiken als Armutsfaktoren und die Armutsfalle 40
2.4.4 Armut als begünstigender Faktor der Risiko-Verletzbarkeit 45
3 Soziale Sicherung 46
3.1 Definition 47
3.2 Ziele 49
Allokative Effizienz 50
Soziale Gerechtigkeit 53
Stabilität von Politik und Gesellschaft 54
3.3 Bewertungskriterien 56
3.3.1 Effektivität 56
3.3.2 Effizienz 59
Interne Effizienz (Kosteneffizienz) 59
Externe Effizienz 59
Nachhaltigkeit der Effizienz 62
3.3.3 Soziale Gerechtigkeit 62
Verteilungsgerechtigkeit 62
Chancengleichheit 62
Nachhaltigkeit der sozialen Gerechtigkeit 63
10
3.4 Formen 64
3.4.1 Finanzierung 64
Intertemporale Umverteilung in Reinform: Sparen und Borgen 65
Umverteilung zwischen Einkommensquellen 67
Horizontale intertemporale Umverteilung: Der Risiko-Ausgleich in der
Versicherung 68
Intertemporale und intergenerative Umverteilung in der Versicherung:
Kapitaldeckungsverfahren und Umlageverfahren 69
Vertikale interpersonelle Umverteilung: Transfersysteme 73
Interregionale Umverteilung: nationale und globale Strukturpolitik 74
3.4.2 Targeting 75
Bezugsberechtigung 76
Bemessungsgrundlage 77
3.4.3 Trägerinstitutionen 79
Private Haushalte 82
Solidargemeinschaften 84
Kooperative Gruppen 88
Organisationen des dritten Sektors 91
Markt 92
Staat 93
Internationale Staatengemeinschaft 97
3.5 Determinanten: die politökonomische Dimension 98
Problemlösungsdringlichkeit 99
Problemlösungsbereitschaft der Gesellschaft 103
Problemlösungsbereitschaft der Politik 103
4 Soziale Sicherung im informellen Sektor 105
4.1 Informeller Sektor 106
Kennzeichen der Informalität 108
Ursachen der Informalität 112
4.2 Informalität und Risiko-Verletzbarkeit 115
Relevanz und Signifikanz von Risiken 116
Möglichkeiten des Risiko-Managements 118
4.3 Ansatzpunkte zur Verbesserung der sozialen Sicherheit im informellen
Sektor 122
4.3.1 Abbau der Unterschiede zwischen den Sektoren 122
4.3.2 Systeme der sozialen Sicherung für die Beschäftigten des informellen
Sektors 123
Integration in die bestehenden Sozialversicherungssysteme 125
Aufbau spezieller Sozialversicherungssysteme 126
Förderung von kommerziellen Spar- und Versicherungsverträgen 127
Auf- und Ausbau von steuerfinanzierten Versorgungssystemen 127
Auf- und Ausbau von steuerfinanzierten Fürsorgesystemen 129
Beschäftigungsförderung durch Sozialfonds 130
Förderung von selbst organisierten Systemen der sozialen Sicherung 131
11
5 Der Kleinstversicherungsansatz 132
5.1 Nachfrage 135
Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit 135
Weitere Faktoren 137
5.2 Angebot 138
5.2.1 Bedingungen 139
5.2.2 Eignung unterschiedlicher Trägerinstitutionen 144
5.2.2.1 Eignung von kommerziellen Versicherungsunternehmen 144
Unzureichende Kosteneffizienz 145
Informationsasymmetrien 148
Vertrauenswürdigkeit und Erwartungssicherheit aus Sicht der Zielgruppe 149
5.2.2.2 Eignung von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit 151
Vertrauenswürdigkeit und Erwartungssicherheit aus Sicht der Zielgruppe 151
Risiko-Pooling 152
Einschätzung von Risiken und Prämienberechnung 152
Kosteneffizienz 152
Anreizstrukturen 153
Zugang zum Kapitalmarkt 153
Informationsasymmetrien 153
5.2.3 Lösungsansätze 154
Downscaling von kommerziellen Versicherungsunternehmen 154
Upgrading von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit 156
Linking von unterschiedlichen Trägerinstitutionen 158
5.2.4 Typische Organisationsmodelle 162
Das mutual insurance model 164
Das full-service insurance model 166
Das provider model 168
Das partner-agent model 169
5.3 Produkt 171
Lebens- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen 173
Krankenversicherungen 174
Sachschadensversicherungen 176
Ernteausfallversicherungen 177
5.4 Rahmenbedingungen 178
5.4.1 Ökonomische Rahmenbedingungen 179
5.4.2 Politische Rahmenbedingungen 181
Regulierung des Versicherungsmarktes 181
Gesetzgebung für Selbsthilfegruppen und NROs 183
5.4.3 Soziokulturelle Rahmenbedingungen 183
5.5 Leistungsfähigkeit und Grenzen der Leistungsfähigkeit 184
5.5.1 Leistungsfähigkeit 184
Nutzen für die Nachfrager 185
Nutzen für die Anbieter 186
Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft 187
5.5.2 Grenzen der Leistungsfähigkeit 188
12
6 Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der sozialen Sicherheit im
informellen Sektor 191
6.1 Rolle der Regierungen 192
Risiko-Prävention auf politischer Ebene 192
Abbau der Barrieren zwischen dem formellen und dem informellen Sektor 194
Reform der bestehenden Sozialsysteme 194
Verbesserung der Reichweite der bestehenden Sozialsysteme 195
Förderung von selbst organisierten Systemen der sozialen Sicherung 196
6.2 Rolle der Zivilgesellschaft 197
6.3 Rolle der Entwicklungszusammenarbeit 198
6.4 Rolle des Privatsektors 202
Literaturverzeichnis 203
Kästen
Kasten 1: Fünf Ansätze zur Erklärung von Informalität 113
Übersichten
Übersicht 1: Ursprünge von Risiken unterschiedlicher Ebenen 25
Übersicht 2: Kriterien und Parameter zur Bewertung von Systemen der
sozialen Sicherung 57
Übersicht 3: Vor- und Nachteile von Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren 71
Übersicht 4: Mögliche Träger von Systemen der sozialen Sicherung und deren
Risiko-Management-Strategien 80
Übersicht 5: Möglichkeiten der sozialen Sicherung durch Selbsthilfegruppen 89
Übersicht 6: Wichtige Parameter von Sozialversicherungssystemen 95
Übersicht 7: Vergleich von Kleinstkredit- und Kleinstversicherungsansatz 146
Übersicht 8: Komparative Vorteile von unterschiedlichen Anbietern und
Organisatoren von Versicherungsarrangements 160
Übersicht 9: Verbreitung der vier Grundmodelle von Kleinstversicherungssystemen 165
Übersicht 10: Voraussetzungen für Kleinstversicherungsprojekte 189
Abbildungen
Abbildung 1: Grad der Unsicherheit und relativer Schaden von Risiken 27
Abbildung 2: Nutzen einer sicheren und Erwartungsnutzen einer riskanten
Handlungsoption 29
Abbildung 3: Determinanten der Risiko-Verletzbarkeit eines Haushalts oder
Individuums 36
Abbildung 4: Die international gängige Definition von Armut 39
13
Abbildung 5: Ursachen der Armut und Ansatzpunkte für ihre Bekämpfung 41
Abbildung 6: Unmittelbare und mittelbare Folgen des Eintritts von Risiken 43
Abbildung 7: Effizienzverluste durch Umverteilung am Beispiel einer
Besteuerung höherer Einkommen sowie einer Subventionierung
kleinerer Einkommen 55
Abbildung 8: Formen der Finanzierung von Systemen der sozialen Sicherung 66
Abbildung 9: Kategorisierung unterschiedlicher Arten von Sozialtransfers 78
Abbildung 10: Determinanten der sozialen Sicherung 99
Abbildung 11: Zusammenhang zwischen Risiko-Verletzbarkeit, Armut und
Informalität 117
Abbildung 12: Die vier Grundmodelle von Kleinstversicherungssystemen 163
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Nur die Hälfte aller Menschen weltweit ist gegen Risiken wie Krankheit, Alter oder Ernteausfall abgesichert. Dies gilt v.a. für Beschäftigte im informellen Sektor. Lange wurde übersehen, dass hierin nicht nur ein soziales sondern auch ein ökonomisches Problem besteht, da Menschen ohne soziale Sicherheit besonders vorsichtig handeln und zum Beispiel Investitionen in Bildung und Produktionskapital meiden. Sie scheuen die hiermit verbundenen zusätzlichen Risiken und haben Angst, dass ihnen das investierte Geld bei Zahlungsschwierigkeiten nicht kurzfristig zur Verfügung steht.
Das vorliegende Buch gibt Einblick in die Funktionsweise moderner und traditioneller Systeme der sozialen Sicherung in Entwicklungsländern und zeigt auf, warum viele von ihnen für informell Beschäftigte ungeeignet sind. Es diskutiert, welche Strategien sich eignen, um die soziale Sicherheit im informellen Sektor zu verbessern und geht insbesondere auf das Potenzial von Kleinstversicherungen ein. Diese zeichnen sich durch niedrige Beitragssätze, flexible Zahlungsmodalitäten und begrenzte Leistungen aus und sind somit ganz an die Möglichkeiten und Bedarfe von Beziehern niedriger Einkommen angepasst, ohne auf Subventionen angewiesen zu sein.