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c) Rechtsfolgen im Falle unbeachteten Zustimmungs-erfordernisses
Es mag jedoch vorkommen, dass zur Vermeidung eines Verstoßes des Testamentsvollstreckers gegen § 2205 S. 3 BGB die Zustimmung des Erben zur Umwandlung
der AG in eine GmbH erforderlich ist. Stimmt in diesen Fällen der Testamentsvollstrecker ohne die erforderliche Zustimmung des Erben der Umwandlung zu, ist seine
Stimmabgabe unwirksam und zählt nicht mit, sofern der Erbe sich nicht nachträglich
mit der entsprechenden Beschlussfassung des Testamentsvollstreckers einverstanden
erklärt.
Eine zwar von der allgemeinen Verfügungsbefugnis gemäß § 2205 BGB gedeckte, jedoch ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechende Beschlussfassung des
Testamentsvollstreckers ist ungeachtet der Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstrecker wirksam.474 Vor dem Hintergrund, dass die dem Gesellschaftererben
gegenüber pflichtwidrig erfolgte Beteiligung des Testamentsvollstreckers am Umwandlungsbeschluss keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses als solchen hat, kann der Gesellschaftererbe den Umwandlungsbeschluss binnen der in § 195 Abs. 1 UmwG vorgesehener Frist angreifen.475 Nach
eingetragener Umwandlung bleibt dem Gesellschaftererben „nur“ noch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker aus
§§ 2219 Abs. 1 i.V.m. 2216 Abs. 1 BGB.
3. Fortsetzung der Testamentsvollstreckung am GmbH-Anteil
Nach erfolgter Umwandlung in die Rechtsform der GmbH stellt sich die Anschlussfrage, ob die ursprünglich an der Aktie ausgerichteten Rechte und Pflichten des
Testamentsvollstreckers sich nun an der neuen GmbH-Rechtsform orientieren oder
etwa gegenstandslos werden und damit sozusagen „versteinern“.476 Gemäß § 2225
BGB erlischt das Amt des Testamentsvollstreckers, wenn er stirbt oder ein Fall
eintritt, in welchem die ohne Ersatzlösung erfolgte Ernennung nach § 2201 BGB
unwirksam sein würde. Ferner regelt das Gesetz die Kündigung des Testamentsvollstreckeramtes durch den Testamentsvollstrecker in § 2226 S. 1 BGB sowie die
Entlassung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht aus wichtigem
Grund in § 2227 BGB. Unabhängig davon erlischt das Amt des Testamentsvollstreckers durch vollständige Erledigung aller ihm als Verwaltungsvollstrecker zugewiesenen Aufgaben.477 Das Gesetz schweigt zu den Rechtsfolgen der Umwandlung
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474 MünchKommBGB/Zimmermann, § 2216 Rn 13
475 Dörrie, GmbHR 1996, 245, 251; ansonsten steht das Recht aus § 195 Abs. 1 UmwG dem
Testamentsvollstrecker alleine zu, Bengel/Reimann/Mayer, Testamentsvollstreckung, 3. Aufl.,
Kap. 5 Rn 265.
476 Vgl. Reimann, ZEV 2000, 381
477 BGHZ 41, 23; BayObLG ZEV 1995, 370
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einer Gesellschaft für das Amt des Testamentsvollstreckers, so dass eine Regelungslücke besteht, die durch Rechtsfortbildung zu schließen ist. Gesetzeslücken sind
entweder durch Analogie oder anhand anderer Kriterien, insbesondere auch aus
Überlegungen zur Natur der Sache zu schließen.478
Die Umwandlung einer AG in eine GmbH bringt keine Veränderungen mit sich,
die in der Person des Testamentsvollstreckers begründet liegen. Auch kommt die
Zustimmung des Testamentsvollstreckers zur Umwandlung einer Kündigung des
Testamentsvollstreckeramtes durch den Testamentsvollstrecker nicht gleich. Mit der
Eigenkündigung zielt der Testamentsvollstrecker auf die Beendigung seiner Verwaltungstätigkeit ab. In der Zustimmung zur Umwandlung der AG in eine GmbH im
Rahmen der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses ist eine solche Zielrichtung des Verwaltungsvollstreckerhandelns nicht zu erkennen. Mit Zustimmung zur Umwandlung erfüllt der Testamentsvollstrecker seine Pflichten, durch
Eigenkündigung entkommt er ihnen.
Bei der Umwandlung der AG in eine GmbH kommt es nicht zur vollständigen Erledigung sämtlicher dem Testamentsvollstrecker zugewiesener Aufgaben. Die bloße
Änderung der Rechtsform des Rechtsträgers führt zu keinem Ausscheiden des Unternehmensanteils aus dem Nachlass (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG),479 der als solcher,
unabhängig von der Art und Weise seiner Zusammensetzung, der Verwaltung des
Testamentsvollstreckers unterliegt. Fällt die Umwandlung der AG in eine GmbH in
den Zuständigkeitsbereich des Testamentsvollstreckers und stimmt dieser unter
Beachtung der Grenzen seiner Machtausübungskompetenz der Umwandlung zu, ist
das Ergebnis, dass nach erfolgter Umwandlung die Verwaltung der Anteile durch
den Testamentsvollstrecker enden soll, weder mit dem mutmaßlichen Erblasserwillen noch mit Sinn und Zweck der angeordneten Verwaltungsvollstreckung vereinbar. Zulässiges Verwalterhandeln kann per se nicht zur Beendigung der Verwaltungsvollstreckung führen, es sei denn, der Erblasser hat dies persönlich angeordnet.480 Im Ergebnis passt sich das Verwalterhandeln des Testamentsvollstreckers
nach erfolgter Umwandlung der Rechtsform der GmbH an.481 Die Kompetenzen des
Testamentsvollstreckers reichen angesichts der Tatsache, dass GmbH-Anteile ebenso wie Aktien Objekt der Verwaltungsvollstreckung sein können, weit genug, dass
dem Testamentsvollstrecker ohne Weiteres die Verwaltung der GmbH-Anteile an-
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478 Larenz/Canaris, Methodenlehre, 3. Aufl., S. 202
479 Bengel/Reimann/Mayer, Testamentsvollstreckung, 3. Aufl., Kap. 5 Rn 252; Haegele/Winkler,
Testamentsvollstrecker, 16. Aufl., S. 211
480 So wohl auch Frank, Die „kleine“ AG, S. 243, der diesem Ergebnis allerdings die explizite
Umwandlungsanordnung durch den Erblasser zugrunde legt.
481 A.A. Palandt/Edenhofer, BGB, 67. Aufl., § 2205 Rn 20 für die Umwandlung einer AG in eine
KG bei der der Aktionärserbe Kommanditist wird mit dem Ergebnis, dass das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers untergeht, dieser jedoch einen Anspruch auf Wiederherstellung dieses Rechts in der Form hat, dass ihm der Erbe treuhänderisch den Teil seines Kommanditanteils überträgt, der den Aktien entspricht, die zunächst der Testamentsvollstreckung
unterlagen.
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vertraut werden kann482 und entsprechend dem Erblasserwillen nach langfristiger
Nachlassverwaltung auch anvertraut werden muss.
4. Widerspruch zur Niederschrift gemäß § 207 Abs. 1 UmwG
Entspricht die Umwandlung der AG in eine GmbH nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, etwa, weil sich aus steuerrechtlicher Sicht die Beteiligung an einer AG im Vergleich zu einer solchen an der GmbH für den Gesellschaftererben als günstiger erweist, oder sprechen sonstige rechtliche Gründe gegen die
Umwandlung, verbleibt dem Testamentsvollstrecker nach erfolgter Umwandlung die
Erklärung des Widerspruchs zur Niederschrift gemäß § 207 Abs. 1 S. 1 UmwG
gegen Angebot einer Barabfindung.483 Der Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Anteils des Erben obliegt, trifft die Entscheidung, ob die Zustimmung zur
Umwandlung in eine GmbH oder der Widerspruch zur Niederschrift im Zusammenhang mit einer angemessenen Barabfindung zum Erwerb der Anteile durch den
formwechselnden Rechtsträger ordnungsgemäßem Verwalterhandeln entspricht.
Wie dem Testamentsvollstrecker die Mitwirkung an einer Umwandlung einer AG
in eine GmbH grundsätzlich ohne Zustimmung des Erben gestattet ist, so unterfällt
es der Verwaltungsmacht des Testamentsvollstreckers, Widerspruch zur Niederschrift zu erklären. Im Falle des Widerspruchs obliegt es der AG als dem formwechselnden Rechtsträger, eine angemessene Barabfindung anzubieten (§ 207 Abs. 1 S. 1
UmwG). Das Angebot der Barabfindung kann sowohl gegenüber dem Erben als
auch gegenüber dem Testamentsvollstrecker erfolgen. Die Annahme des Abfindungsangebots gemäß § 209 UmwG obliegt hingegen als Verwaltungshandlung
allein dem Testamentsvollstrecker.
Der Austritt gegen Barabfindung ist eine Verfügung im Sinne des § 2205 S. 3
BGB.484 Das Merkmal der Entgeltlichkeit ist zu bejahen, wenn die Höhe der Barabfindung als Gegenwert objektiv angemessen und damit die Barabfindung vollwertig
ist.485 Hält der Testamentsvollstrecker den Austritt gegen Barabfindung als Akt
ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses zu Recht für erforderlich und wird die
Angemessenheit der den austretenden Gesellschaftern angebotenen Barabfindung
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482 Staudinger/Reimann, BGB, § 2205 Rn 105
483 Die Erklärung des Widerspruchs zur Niederschrift ist trotz Zustimmung zum Formwechsel im
Rahmen der Beschlussfassung noch möglich, vgl. Kallmeyer/Meister/Klöcker UmwG,
3. Aufl., § 207 Rn 15; Lutter/Decher UmwG, 3. Aufl., § 207 Rn 9; a.A. Lutter/Grunewald,
UmwG, 3. Aufl., § 29 Rn 10 m.w.N.
484 Dörrie, GmbHR 1996, 245, 250
485 BGH NJW 1984, 362, 364; Dörrie, GmbHR 1996, 245, 250; Lutter, ZGR 1982, 108, 116;
Priester, FS Stimpel (1985), S. 463, 474 ff.; Schöne, GmbHR 1995, 325, 328 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Das Werk untersucht die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Aktien sowie die Machtbefugnisse des Testamentsvollstreckers für den praktisch bedeutsamen Fall, dass seiner Verwaltung Aktien unterstellt sind. Besondere Bedeutung kommt dabei der Frage zu, inwieweit der Testamentsvollstrecker ohne Zustimmung des Erben tätig werden und beispielsweise an der Gründung einer AG, an deren Umwandlung in eine GmbH oder an einem Börsengang einer nicht konzernierten AG mitwirken kann. Abschließend widmet sich die Autorin der Frage, inwieweit die Ämter „Testamentsvollstrecker“ und „Vorstandsmitglied einer AG“, deren Aktien der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterstellt sind, miteinander vereinbar sind.