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ter Testamentsvollstreckung die Verfügungsbefugnis über den Nachlass (§ 2211
BGB).47 Die Ausübung seiner Rechte aus dem Unternehmensanteil ist dem Erben
damit verwehrt, solange und soweit sie dem Testamentsvollstrecker durch Anordnung des Erblassers übertragen ist (§§ 2205, 2208 BGB). Inwieweit dies der Fall ist,
entscheidet sich danach, ob dem Testamentsvollstrecker die Verwaltungsmacht in
vollem Umfang übertragen wird, oder ob sie auf bestimmte Befugnisse beschränkt
ist (§ 2208 Abs. 1 S. 1 BGB). Ist testamentarisch die Verwaltungsmacht auf Teile
des Nachlasses bzw. Einzelbefugnisse beschränkt, liegt die Rechtsausübungsmacht
im Übrigen beim Gesellschaftererben. Mangels abweichender Anordnungen des
Erblassers ist in Bezug auf die der Verwaltung unterliegenden Gegenstände das
Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers unter Beachtung der gesetzlichen
Beschränkungen grundsätzlich allgemein, ausschließlich und unbeschränkt.48
Gerade wegen des Auseinanderfallens von Rechtsinhaberschaft und Rechtsaus-
übungsmacht kann der Erbe vom Testamentsvollstrecker jederzeit verlangen, dass
dieser seine Befugnisse nicht überschreitet. Er kann den Testamentsvollstrecker zur
Erfüllung seiner Pflichten im Zivilprozessweg anhalten und dabei insbesondere
seinen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses im Sinne der
§§ 2216 Abs. 1, 2206 Abs. 1 BGB durchsetzen.49 Unabhängig davon steht es dem
Erben jederzeit frei, beim Nachlassgericht im Falle von Pflichtverletzungen des
Testamentsvollstreckers oder aus sonstigen wichtigen Gründen dessen Entlassung zu
beantragen (§ 2227 BGB).
Vereinbarungen zwischen Testamentsvollstrecker und dem Erben oder Dritten
dahingehend, dass der Testamentsvollstrecker bestimmte Handlungen vorzunehmen
oder zu unterlassen hat, sind zulässig.50 Jedoch darf sich der Testamentsvollstrecker
dadurch nicht völlig seiner Unabhängigkeit und Selbstständigkeit gegenüber dem
Erben begeben; er darf zu keinem Zeitpunkt zum Werkzeug in der Hand des Erben
werden.51 Dies würde Sinn und Zweck der Fremdverwaltung des Nachlasses unter
vorrangiger Beachtung des Erblasserwillens widersprechen.
3. Person des Testamentsvollstreckers
Testamentarisch wirksam zum Testamentsvollstrecker ernannt werden kann vor dem
Hintergrund der Regelung des § 2201 BGB jede natürliche Person, sofern sie nicht
bei Amtsantritt geschäftsunfähig oder in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt ist oder
______________________
47 BGHZ 25, 275, 282; Staudinger/Reimann, BGB, § 2211 Rn 6 m.w.N.; Haegele/Winkler,
Testamentsvollstrecker, 2. Aufl., S. 71
48 Staudinger/Reimann, BGB, § 2205 Rn 6
49 BGHZ 25, 275, 283; BGHZ 48, 214
50 BGHZ 25, 275, 279
51 BGHZ 25, 275, 280; Bengel/Reimann/Bengel, Testamentsvollstreckung, 3. Aufl., Kap. 1
Rn 13
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nach § 1896 BGB zur Besorgung ihrer sämtlichen Vermögensangelegenheiten einen
Betreuer erhalten hat. Ein Vermächtnisnehmer, Vormund52 oder Nießbraucher kann
grundsätzlich ebenso zum Testamentsvollstrecker ernannt werden wie ein Miterbe,
der dadurch Rechte erlangt, die er als Erbe nicht hat (vgl. §§ 2033 Abs. 2, 2038 ff.,
2203 ff. BGB).53 Für die Bestimmung des Erben zum Testamentsvollstrecker gilt der
Grundsatz, dass in diesem Fall die Doppelstellung als Erbe und Testamentsvollstrecker sinnvoll sein muss. Daher kann nach allgemeiner Ansicht der Alleinerbe grundsätzlich nicht alleiniger Testamentsvollstrecker sein.54 Auch juristische Personen
können das Amt des Testamentsvollstreckers bekleiden (§§ 2210 S. 3, 2163 Abs. 2
BGB). Dabei führen deren Organe das Amt im Namen und unter der Verantwortlichkeit der juristischen Person.55
III. Aufgaben und Befugnisse des Testamentsvollstreckers
1. Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses
(§§ 2216 Abs. 1, 2206 Abs. 1 BGB)
a) Inhalt und Umfang ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses
Gegenstand des Verwaltungsrechts des Testamentsvollstreckers ist der Nachlass. In
Ausübung seines privaten Amtes handelt der Testamentsvollstrecker als solcher im
Interesse der Vermögensmasse „Nachlass“. Ist ohne testamentarische Regelungen,
Anordnungen, Auflagen, Aufgaben etc. Verwaltungstestamentsvollstreckung angeordnet, stellt sich die Frage, was unter ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses
im Sinne der §§ 2216 Abs. 1, 2206 Abs. 1 BGB zu verstehen ist.56
Von Gesetzes wegen sind Verfügungen über Nachlassgegenstände einschließlich
ihrer Veräußerung und in einem weiteren Sinne auch die Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlass sowie sonstige Verwaltungsmaßnahmen rein tatsächlicher Art Teil der Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker
(§§ 2205 S. 2, 2206, 2207 BGB).57 Fortwirkende Persönlichkeitsrechte sowie sonstige höchstpersönliche Rechte des Erblassers, d.h. Rechte, die so stark mit der Per-
______________________
52 Auch Vormund des Alleinerben, vgl. Staudinger/Reimann, BGB, § 2197 Rn 55
53 BGHZ 30, 67; Palandt/Edenhofer, 67. Aufl., § 2197 Rn 5; Staudinger/Reimann, BGB, § 2197
Rn 53
54 RGZ 77, 177; BayObLG ZEV 2002, 24, 25; Palandt/Edenhofer, BGB, 67. Aufl., § 2197 Rn 5;
Staudinger/Reimann, BGB, § 2197 Rn 53; a.A. mit beachtlichen Argumenten Adams, Interessenkonflikte, S. 84 ff.; dies. in ZEV 1998, S. 322 ff.
55 Haegele/Winkler, Testamentsvollstrecker, 16. Aufl., S. 62
56 In erster Linie werden Umfang und Verwaltungspflicht durch die vom Erblasser im Testament
festgelegten Anordnungen bestimmt.
57 Staudinger/Reimann, BGB, § 2005 Rn 4, 5
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References
Zusammenfassung
Das Werk untersucht die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung an Aktien sowie die Machtbefugnisse des Testamentsvollstreckers für den praktisch bedeutsamen Fall, dass seiner Verwaltung Aktien unterstellt sind. Besondere Bedeutung kommt dabei der Frage zu, inwieweit der Testamentsvollstrecker ohne Zustimmung des Erben tätig werden und beispielsweise an der Gründung einer AG, an deren Umwandlung in eine GmbH oder an einem Börsengang einer nicht konzernierten AG mitwirken kann. Abschließend widmet sich die Autorin der Frage, inwieweit die Ämter „Testamentsvollstrecker“ und „Vorstandsmitglied einer AG“, deren Aktien der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker unterstellt sind, miteinander vereinbar sind.