274 Kapitel 8: Chancen und Risiken für die Repatriierung im deutschen Steuerrecht
Tochtergesellschaft muss aktive Einkünfte ausschütten, welche aus
Aktivitäten i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1-6 AStG stammen und/oder
wenn die Tochtergesellschaft eine Landes- oder eine Funktionsholdinggesellschaft ist, die eine Mindestbeteiligung von 25% in weiteren
Beteiligungen über 12 Monaten gehalten hat und von der die Holdinggesellschaft aktive Einkünfte i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1-6 AStG erhalten
hat oder
eine Tochtergesellschaft i.S.d. Mutter-Tochter-Richtlinie ist. In einem
solchen Falle genügt eine Mindestbeteiligung von 10%.
Darüberhinaus kann im Falle einer Mindestbeteiligung von 15% die Beteiligungsertragsbefreiung auch für Enkelgesellschaften geltend gemacht
werden (§ 9 Nr. 7 S. 4 GewStG).1219 Schließlich gibt es auch eine spezielle
unilaterale gewerbesteuerliche Beteiligungsertragsbefreiung, falls ein
Doppelbesteuerungsabkommen eine solche vorsieht (§ 9 Nr. 8 GewStG).
Diese Vorschrift aber lediglich eine Klarstellungsfunktion.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, kommt es im Ergebnis zu einer
95%igen gewerbesteuerlichen Beteiligungsertragsbefreiung. Damit unterliegen 5% der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage und einer effektiven Steuerbelastung von 0,83%.1220
Falls die Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt werden, empfiehlt es sich,
die Gewinne nicht auszuschütten, sondern steuerbefreit als Veräußerungsgewinne zu realisieren, da diese nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen.1221
Aufgrund der im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 geschaffenen unterschiedlichen Beteiligungshöhen für Portfoliobeteiligungen bietet sich eine Auslagerung der Beteiligung auf EU-Holdinggesellschaften
an, um in den Genuss der gewerbesteuerlichen Beteiligungsertragsbefreiung zu gelangen (15% im Inland; 10% im Anwendungsbereich der
MTRL).1222
II. Quellensteuern
Dividendenausschüttungen unterliegen einer Quellensteuer i.H.v. 25%
zuzüglich 5,5% Solidaritätszuschlag, was zu einer Gesamtbelastung von
1219 Ortmann-Babel/Zipfel, Gewerbesteuerliche Änderungen, in: Ernst & Young/BDI,
Unternehmensteuerreform 2008, 2007, S. 199, 212-213; Schlotter, Weitere Gegenfinanzierungsmaßnahmen, in: Schaumburg/Rödder, Unternehmensteuerreform
2008, 2007, S. 583, 617-619.
1220 Im Falle eines Hebesatzes von 400%.
1221 Schlotter, Weitere Gegenfinanzierungsmaßnahmen, in: Schaumburg/Rödder,
Unternehmensteuerreform 2008, 2007, S. 583, 619.
1222 Kessler/Knörzer, Die Verschärfung der gewerblichen Schachtelstrafe, IStR 2008,
121-124.
II. Quellensteuern 275
26,375% führt,1223 falls die Quellensteuer nicht durch die MTRL oder ein
Doppelbesteuerungsabkommen reduziert wird (§§ 43ff. EStG).1224 Seit
1.1.2009 ist § 44a Abs. 9 EStG zu beachten, der eine Erstattung der Quellensteuern um 2/5 der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer
vorsieht. Der Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist, den Quellensteuersatz
unterhalb des Körperschaftsteuersatzes abzusenken.
Im Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie können sämtliche Quellensteuern auf Dividendenausschüttungen eliminiert werden.
Dies setzt eine 20%ige1225 Mindestbeteiligung an der ausschüttenden deutschen Gesellschaft und eine Mindesthaltedauer von 12 Monaten voraus.1226
Auch im Revisionsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten vom 1. Juni 2006, welches seit 28 Dezember 20071227 in Kraft
ist, ist eine Quellensteuerreduktion auf 0% vorgesehen.1228 Allerdings setzt
dies eine direkte Mindestbeteiligung von 80% sowie eine 12-monatige
Mindesthaltedauer voraus.1229 Falls diese Voraussetzungen nicht erfüllt
sind, besteht die Möglichkeit einer Quellensteuerreduktion auf 5% im
Falle einer Mindestbeteiligung von 10%. Ansonsten kommt es lediglich zu
einer Quellensteuerreduktion auf 15%.
Allerdings müssen für eine Quellensteuerbefreiung oder -reduzierung
zusätzlich noch die Voraussetzungen der verschärften Limitation-on-Bene-
1223 Jackson, Bundesrat Passes 2008 Tax Bill, Amends Withholding Tax, Tax Notes
International 2008, Vol. 49, 36.
1224 Endres/Schreiber/Dorfmüller, Holding companies prove worth, International Tax
Review 2007, January, 43, 44.
1225 Falls das Land des Dividendenempfängers eine Mindestbeteiligungsvoraussetzung für die Gewährung der Beteiligungsertragsbefreiung von 10% verlangt,
genügt reziprok auch in Deutschland eine 10%ige Beteiligung. Zur Zeit ist dies
der Fall bei Dividendenzahlungen nach Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden
und dem Vereinigten Königreich.
1226 Falls die Zahlung vor Ende der 12-Monatsfrist erfolgt, ist eine Dividendenbefreiung dennoch möglich, wenn diese Haltefrist in der Folgezeit erfüllt wird.
1227 Parillo, U.S. Senate Ratifies German, Belgian Treaties, Tax Notes International
2007, Vol. 48, 1207-1209.
1228 Siehe ein Beispiel in, Endres, Der Verzicht auf Dividenden-Quellensteuern im
neuen Steuerabkommen mit den USA, Musterfälle 2006/2007 zum Internationalen
Steuerrecht 2006, 23-28.
1229 Eine detaillierte Analyse bieten Mundaca/O´Connor/Eckhardt, Overview of 2006
Germany-U.S. Tax Treaty Protocol, Tax Notes International 2006, Vol. 43, 63ff.;
Parillo, U.S. Senate Ratifies German, Belgian Treaties, Tax Notes International
2007, Vol. 48, 1207, 1208; Wassermeyer/Schönfeld, Die Besteuerung grenzüberschreitender Dividendenzahlungen nach dem neuen DBA-USA, DB 2006, 1970ff.
Vgl. auch Miles, Germany/United States, Tax Planning International Review 2006,
Vol. 33, June, 31; Sheppard, U.S. and German Officials Discuss New Treaty Protocol, Tax Notes International 2006, Vol. 44, 96; Swoboda/Dorfmüller, Neues Protokoll, IStR 2006, Länderbericht, Heft 13/2006, 2, 3.
276 Kapitel 8: Chancen und Risiken für die Repatriierung im deutschen Steuerrecht
fits-Klausel in Art. 28 DBA Deutschland-USA erfüllt werden.1230 Diese
setzen u.a. voraus, dass der Publicly Traded Corporation Test, International Headquarters Test oder Ownership Test erfüllt werden.1231 Durch die
Verschärfung der Limitation-on-Benefits-Klausel durch das Revisionsabkommen ist die Quellensteuerbefreiung bzw. -reduktion auf Dividenden
gem. Art. 10 DBA Deutschland-USA noch schwerer zu handhaben.1232
Ebenfalls zu beachten ist, dass eine S-Corporation, d.h. eine aus maximal 100 Anteilseignern bestehende in den Vereinigte Staaten für steuerliche Zwecke als Personengesellschaft fungierende Kapitalgesellschaft,
die Quellensteuerbegünstigungen des DBA Deutschland-USA nicht wahrnehmen kann.1233
III. Abzugsfähigkeit von Aufwendungen
Während Verluste auf unbestimmte Zeit vorgetragen werden können, gilt
sowohl für körperschaftsteuerliche als auch für gewerbesteuerliche Verlustnutzung die sog. Mindestbesteuerung.1234 In einem ersten Schritt können Verlustvorträge nur bis zu einer Höhe von €1 Million vollumfänglich
genutzt werden. Jenseits dieser Grenze können in einem Jahr nur 60%
genutzt. Körperschaftsteuerliche Verlustrückträge können bis zu einem
Betrag von €511.500,- geltend gemacht werden.1235 Bei der Gewerbesteuer
ist ein Verlustrücktrag nicht möglich.
1230 Siehe auch Mundaca/O´Connor/Eckhardt, Overview of 2006 Germany-U.S. Tax
Treaty Protocol, Tax Notes International 2006, Vol. 43, 63, 65; Wassermeyer/
Schönfeld, Die Besteuerung grenzüberschreitender Dividendenzahlungen nach
dem neuen DBA-USA, DB 2006, 1970, 1971. In regard to the old LoB-clause,
Haase, Limitation-on-Benefits-Clause in the U.S./German Double Taxation
Treaty, Tax Planning International Review 2005, Vol. 32, January, 26, 27.
1231 Über die sonstigen Voraussetzungen Wassermeyer/Schönfeld, Die Besteuerung
grenzüberschreitender Dividendenzahlungen nach dem neuen DBA-USA, DB
2006, 1970, 1971.
1232 Wassermeyer/Schönfeld, Die Besteuerung grenzüberschreitender Dividendenzahlungen nach dem neuen DBA-USA, DB 2006, 1970, 1977; Parillo, U.S. Senate
Ratifies German, Belgian Treaties, Tax Notes International 2007, Vol. 48, 1207,
1208.
1233 Siehe, Plewka/Renger, Do S Corporations Have Rights to Germany-U.S. Treaty
Benefits?, Tax Notes International 2007, Vol. 45, 349-353.
1234 Endres/Schreiber/Dorfmüller, Holding companies prove worth, International Tax
Review 2007, January, 43, 45; Kröner, Ausländische Verluste im Unternehmensbereich, in: Lüdicke, Europarecht – Ende der nationalen Steuersouveranität, 2006,
127, 144.
1235 Haase, Taxing inbound investments in Germany, Tax Planning International
Review 2007, Vol. 34, November, 20, 22.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die internationale Steuerplanung mit Holdinggesellschaften ist für multinationale Konzerne häufig lohnenswert. Allerdings gilt es vielerlei Fallstricke zu beachten. Der Autor stellt nicht nur die Grundlagen dieser Art von Steuerplanung dar, sondern präsentiert Strukturen, die sowohl für Praktiker als auch für Wissenschaftler von großem Interesse sind.
Spätestens wenn ein U.S.-amerikanischer Investor einen Gewinn in Deutschland realisiert hat, muss er eine Entscheidung darüber treffen, wie er den Gewinn verwendet. Hierfür gibt es drei Alternativen: Erstens, den Gewinn in Deutschland oder Europa zu reinvestieren, um diesen von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen, zweitens, den Gewinn aus Europa heraus in einen Drittstaat zu leiten, um ihn dort zu investieren und von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen oder drittens, die Gewinne in die Vereinigten Staaten zu repatriieren. Für die letzte Option gibt es gute Gründe. Diesen widmet sich das Werk, indem es zwei Dutzend Holdingstandorte analysiert, die eine steueroptimale Repatriierung von U.S.-Gewinnen aus Deutschland ermöglichen.
Die Dissertation wurde mit dem Gerhard-Thoma-Ehrenpreis 2009, dem Rudolf-Haufe-Nachwuchsförderpreis 2009 und dem Esche Schümann Commichau Förderpreis 2009 ausgezeichnet.