182 Kapitel 7: Holdingstandorte
ordnungen verankert. Allerdings ist die Freistellung meist an eine Mindestbeteiligungshöhe und Mindestbeteiligungsdauer geknüpft. Irland und das
Vereinigte Königreich optierten für ein Anrechnungssystem zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen.
Bezüglich der Beteiligungsertragsbefreiung ist es wichtig zwischen den
Vorschriften des nationalen Rechts, der Mutter-Tochter-Richtlinie und der
Regelung in Doppelbesteuerungsabkommen zu trennen. Für den Steuerpflichtigen bindend sind lediglich erstere und letztere Vorschriften. Die
Mutter-Tochter-Richtlinie hat lediglich die Rahmenbedingungen vorgegeben, welche die Mitgliedsstaaten bei der Ausgestaltung ihrer nationalen
Regelungen zur Beteiligungsertragsbefreiung beachten müssen. Die Mitgliedsstaaten haben bei der Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie ein
Ermessen, was die unterschiedlichen Mindestbeteiligungshöhen und Mindestbeteiligungsfristen erklärt. Falls unilateral keine Beteiligungsertragsbefreiung einschlägig ist, gilt es, die Voraussetzungen für die Beteiligungsertragsbefreiung in Doppelbesteuerungsabkommen zu prüfen, welche oft
fälschlicherweise als »internationales Schachtelprivileg« bezeichnet wird.
Meist setzen diese eine Mindestbeteiligung von 10% voraus.
B. Veräußerungsgewinnbefreiung (Capital Gains Exemption)
Ähnlich und genauso wichtig wie die Beteiligungsertragsbefreiung ist die
Veräußerungsgewinnbefreiung.736 Grundsätzlich unterliegen Gewinne aus
der Veräußerung von Anteilen an einer Beteiligung zum einen im Sitzstaat
der veräußernden Gesellschaft der unbeschränkten Steuerpflicht und zum
anderen im Sitzstaat der Tochtergesellschaft der beschränkten Steuerpflicht. Allerdings wird in Doppelbesteuerungsabkommen das Recht zur
Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften in aller Regel dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zugesprochen (Art. 13 Abs. 4 OECD-MA).737 Im Falle einer unilateralen Ver-
äußerungsgewinnbefreiung (capital gains exemption) kann eine Zwischenholding Veräußerungsgewinne steuerfrei vereinnahmen und später als
Dividenden an die Muttergesellschaft ausschütten. Sollte im Sitzstaat der
Muttergesellschaft wiederum eine Beteiligungsertragsbefreiung greifen,
wäre die Vereinnahmung dieser Dividenden auf der Ebene der Muttergesellschaft ebenfalls ohne steuerliche Folgen. Allerdings sind bei solchen
Gestaltungen häufig unilaterale Anti-Missbrauchsvorschriften zu beach-
736 Kessler, Überlegungen zur Standortwahl einer Euro-Holding aus steuerlicher
Sicht, in: Fischer, Grenzüberschreitende Aktivitäten deutscher Unternehmen und
EU-Recht, 1997, S. 130, 145.
737 Kessler, Die Euro-Holding, 1996, S. 45.
III. Standortfaktoren 183
ten.738 Zudem müssen in einigen Rechtsordnungen Mindesthaltefristen und
Mindestbeteiligungshöhen erfüllt werden, um die Befreiung zu erlangen.
C. Quellenbesteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzen
Eines der wichtigsten Gestaltungsziele der internationalen Steuerplanung
ist die Vermeidung von Quellensteuern.739 Der große Nachteil von Quellensteuern ist, dass sie definitiv sind, d.h. sie nicht durch anderweitige
Maßnahmen oder Befreiungen wieder zurückerlangt werden können.
Innerhalb der Europäischen Union werden Quellensteuern auf Dividenden
nach Maßgabe der Mutter-Tochter-Richtlinie740 und Quellensteuern auf
Zinsen und Lizenzen nach Maßgabe der Zins- und Lizenzrichtlinie741 eliminiert.
Darüberhinaus hat der EuGH in seiner Entscheidung in der Rechtssache
Denkavit Internationaal742 die Erhebung von Quellensteuern zwischen
EU-Mitgliedsstaaten und Drittstaaten eingeschränkt.743
Es entspricht zudem der modernen U.S.-amerikanischen Steuerpolitik,
mit Industriestaaten Abkommen abzuschließen bzw. bestehende Abkommen zu revidieren, um die Möglichkeit einer Quellensteuersatzreduzierung
738 Kessler, Die Euro-Holding, 1996, S. 68.
739 Gattegno/Yesnowitz, Comparison of U.S. Critical Multistate and International Tax
Topics: Part II, Tax Planning International Review 2005, Vol. 42, April, 3, 4, 5;
VanderWolk, How to Use Tax Treaties in International Tax Planning, U.S. Taxation
of International Operations, 19.4.2000, 5279, 5289.
740 Siehe Kapitel 6(II.)(B.)(a.)(aa.).
741 Siehe Kapitel 6(II.)(B.)(a.)(bb.).
742 EuGH v. 14. Dezember 2006, C-170/05 (Denkavit Internationaal).
743 Vanistendael, Denkavit Internationaal, European Taxation 2007, Vol. 47, 210-213;
Thömmes, Abkommensberechtigung und »Limitation on Benefits«, IStR 2007,
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Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die internationale Steuerplanung mit Holdinggesellschaften ist für multinationale Konzerne häufig lohnenswert. Allerdings gilt es vielerlei Fallstricke zu beachten. Der Autor stellt nicht nur die Grundlagen dieser Art von Steuerplanung dar, sondern präsentiert Strukturen, die sowohl für Praktiker als auch für Wissenschaftler von großem Interesse sind.
Spätestens wenn ein U.S.-amerikanischer Investor einen Gewinn in Deutschland realisiert hat, muss er eine Entscheidung darüber treffen, wie er den Gewinn verwendet. Hierfür gibt es drei Alternativen: Erstens, den Gewinn in Deutschland oder Europa zu reinvestieren, um diesen von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen, zweitens, den Gewinn aus Europa heraus in einen Drittstaat zu leiten, um ihn dort zu investieren und von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen oder drittens, die Gewinne in die Vereinigten Staaten zu repatriieren. Für die letzte Option gibt es gute Gründe. Diesen widmet sich das Werk, indem es zwei Dutzend Holdingstandorte analysiert, die eine steueroptimale Repatriierung von U.S.-Gewinnen aus Deutschland ermöglichen.
Die Dissertation wurde mit dem Gerhard-Thoma-Ehrenpreis 2009, dem Rudolf-Haufe-Nachwuchsförderpreis 2009 und dem Esche Schümann Commichau Förderpreis 2009 ausgezeichnet.