132 Kapitel 5: Tax Havens
C. Nutzen für Non-Tax Havens
Neuere Studien besagen, dass Non-Tax Havens von in der Nähe liegenden
Tax Havens profitieren.489 Das bedeutet, dass Tax Havens wirtschaftliche
Aktivitäten in Non-Tax Havens durch einen positiven Spillover-Effekt stimulieren, und damit wirtschaftliches Wachstum fördern. Die Möglichkeit
Einkünfte in Tax Havens zu verlagern, könne die Wahrscheinlichkeit einer
Investition in Hochsteuerländern erhöhen.490 Desai, Foley und Hines haben
herausgefunden, dass eine 1% höhere Wahrscheinlichkeit, eine Tochtergesellschaft in einem Tax Haven zu begründen, mit 0,5% bis 0,7% höheren
Investitionen und Umsätzen in geographisch nahegelegenen regionalen
Non-Tax Havens verbunden ist. 491
Dennoch kann keine Studie beweisen oder behaupten, dass durch die Aktivitäten von Tax Havens stets ein Gesamtvorteil für Non-Tax Havens entsteht. Oft kann die Erosion der steuerlichen Bemessungsgrundlage nicht
durch etwaige positive Effekte kompensiert werden.492
Nichtsdestotrotz profitieren Hochsteuerländer wie Deutschland unter
reinen Investitionsgesichtspunkten vom Steuerwettbewerb durch Tax Havens. Die Tatsache, dass ein Investor in Deutschland etwaige Nachteile des
deutschen Steuersystems durch die Einschaltung von Holdinggesellschaften in nahegelegene Tax Havens »gestalten« kann, egalisiert den steuerlichen Standortnachteil Deutschlands. Das führt dazu, dass bei Standortentscheidungen, Steuerfragen weniger relevant sind und stattdessen mehr
die (mit Steuergeldern finanzierte) Infrastruktur, Ausbildung der Arbeitnehmer sowie die Nähe zu den Absatzmärkten in den Vordergrund treten.
D. Nutzen für die Steuergestaltung
Die Nutzung von Tax Havens ist ein wichtiges Gestaltungsmittel in der
internationalen Steuerplanung. Sowohl der Ansatz als auch ein mögliches
damit einhergehendes Risiko hängt von dem gewählten Konzept ab.493 Die
489 Hines, Do Tax Havens Flourish?, NBER / Tax Policy & the Economy 2005, Vol.
19, Issue 1, 65, 93.
490 Hines, Do Tax Havens Flourish?, NBER / Tax Policy & the Economy 2005, Vol.
19, Issue 1, 65, 92-94.
491 Desai/Foley/Hines, Do tax havens divert economic activity?, Economic Letters
2006, Vol. 90, 219, 223; Desai/Foley/Hines, Economic Effects of Regional Tax
Havens (2004), NBER Working Paper No. 10806, 22; Nadal, OECD's Owens
Addresses Economic Effects of Tax Havens, Tax Notes International 2006, Vol.
44, 931, 932.
492 Hines, Do Tax Havens Flourish?, NBER / Tax Policy & the Economy 2005, Vol.
19, Issue 1, 65, 94.
493 Vgl. Arnold/McIntyre, International Tax Primer, 2002, S. 5, 12.
III. Ausuferung der Tax Havens 133
von der Öffentlichkeit wahrgenommenen aggressiven Gestaltungen funktionieren dabei meist nur in Tax Havens mit einem schlechten Ruf.
III. Ausuferung der Tax Havens
Die Ausuferung494 der Tax Havens in den letzten 50 Jahren ist hauptsächlich begründet durch die Liberalisierung der Weltmärkte und die signifikanten Infrastrukturverbesserungen, vor allem im Telekommunikationsbereich.495 Die Ausbreitung von Tax Havens ist zudem ein Teil des Globalisierungsprozesses.496 Tax Havens machen sich einen entscheidenden Faktor der Globalisierung zunutze, nämlich die stark erhöhte Kapitalmobilität
aufgrund der neuen technologischen Möglichkeiten.497
Aus volkswirtschaftlicher Sicht dienen Tax Havens der effizienten Allokation des Kapitals, und die Nachfrage danach spiegelt sich in der Ausuferung der Tax Havens wider. Diese Ausuferung von Tax Havens ist Gegenstand mehrerer Studien gewesen.498 Vereinzelt wird behauptet, dass die
Steuerrechtsordnungen von Tax Havens einer »State Strategy« folgen, deren Zweck es ist, Wirtschaftswachstum und Wohlfahrt zu generieren.499
IV. Zwischenergebnis
Die Aktivitäten von multinationalen U.S.-amerikanischen Unternehmen in
Tax Havens haben sich in den letzten Jahrzehnten stetig erhöht. Die Gründe
hierfür erstrecken sich von der Vermeidung von Doppelbesteuerungen bis
zu einer darüberhinaus gehenden Reduzierung der Konzernsteuerquote. Es
494 Über das Wachstum von Tax Havens, Kudrle/Eden, The Campaign Against Tax
Havens: Will It Last? Will It Work?, Stanford Journal of Law, Business and Finance
2003, Vol. 9, Autumn, 42, 43.
495 Siehe Arnold/McIntyre, International Tax Primer, 2002, S.137.
496 The Economist, A Place in the Sun, 24.2.2007, S. 4; Kudrle/Eden, The Campaign
Against Tax Havens: Will It Last? Will It Work?, Stanford Journal of Law, Business
and Finance 2003, Vol. 9, Autumn, 43.
497 Über die Erfolgsfaktoren für Tax Havens, Ramos, A Place in the Sun, The Economist 24.2.2007, A Special Report on Offshore Finance, 3, 5-8. Ferner, Dreßler,
Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre steuerliche
Überprüfung, 2007, S. 27-29.
498 Dharmapala/Hines, Which Countries Become Tax Havens?, NBER Working
Paper Series 2006, Working Paper No. 12802; http://www.nber.org/papers/
w12802.pdf, S. 23-24; Kudrle/Eden, The Campaign Against Tax Havens: Will It
Last? Will It Work?, Stanford Journal of Law, Business and Finance 2003, Vol. 9,
Autumn, 42, 43.
499 Palan/Abbott/Deans, State Strategies in the global Political Economy, 1996,
S. 174ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die internationale Steuerplanung mit Holdinggesellschaften ist für multinationale Konzerne häufig lohnenswert. Allerdings gilt es vielerlei Fallstricke zu beachten. Der Autor stellt nicht nur die Grundlagen dieser Art von Steuerplanung dar, sondern präsentiert Strukturen, die sowohl für Praktiker als auch für Wissenschaftler von großem Interesse sind.
Spätestens wenn ein U.S.-amerikanischer Investor einen Gewinn in Deutschland realisiert hat, muss er eine Entscheidung darüber treffen, wie er den Gewinn verwendet. Hierfür gibt es drei Alternativen: Erstens, den Gewinn in Deutschland oder Europa zu reinvestieren, um diesen von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen, zweitens, den Gewinn aus Europa heraus in einen Drittstaat zu leiten, um ihn dort zu investieren und von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen oder drittens, die Gewinne in die Vereinigten Staaten zu repatriieren. Für die letzte Option gibt es gute Gründe. Diesen widmet sich das Werk, indem es zwei Dutzend Holdingstandorte analysiert, die eine steueroptimale Repatriierung von U.S.-Gewinnen aus Deutschland ermöglichen.
Die Dissertation wurde mit dem Gerhard-Thoma-Ehrenpreis 2009, dem Rudolf-Haufe-Nachwuchsförderpreis 2009 und dem Esche Schümann Commichau Förderpreis 2009 ausgezeichnet.