I. Repatriierung 103
ten angerechnet werden.355 Daher bietet sich diese Form der Repatriierung
vor allem für die U.S.-amerikanischen Muttergesellschaften an, die Anrechnungsüberhänge erzeugt haben.
Trotz der Tatsache, dass Dividendenausschüttungen oft nicht das steueroptimale Repatriierungsmittel sind,356 repatriieren multinationale U.S.amerikanische Unternehmen einen großen Teil ihrer ausländischen Gewinne mittels Dividendenausschüttungen.357 Diese Phänomen ist unter
dem Begriff »Dividend Puzzle« bekannt und Gegenstand umfangreicher
wissenschaftlicher Forschung.358
B. Gründe für die Repatriierung
Die Hauptgründe für die Repatriierung ausländischer Gewinne sind:
Finanzierung von Investitionen und
Liquiditätsbedarf (z.B. für Dividendenausschüttungen an Anteilseigner).359
Wie bereits mit dem Phänomen des »Dividend Puzzle« beschrieben,360
liegt die Hauptmotivation im Zusammenhang mit Repatriierungen
nicht notwendigerweise in der Reduzierung der Steuerlast. Tatsächlich gibt es empirische Beweise dafür, das Unternehmen eine Vielfalt
an steuererhöhenden Transaktionen durchführen, um andere Ziele zu
verfolgen. Eines dieser anderen Ziele ist die Kontrolle und Beobach-
355 Dies gilt so lange wie der ausländische Körperschaftsteuersatz höher ist als die
Quellensteuersätze. Siehe Hines/Hubbard, Dividend Repatriations by U.S. Multinationals (1989), S. 7.
356 Altshuler/Grubert, Repatriation Taxes, Repatriation Strategies and Multinational
Financial Policy, Journal of Public Economics 2003, Vol. 87, 73, 74.
357 Im Jahre 1989 repatriierten multinationale U.S.-amerikanische Unternehmen 60%
ihrer ausländischen Gewinne in Form von Dividenden. Siehe Hines/Hubbard, Dividend Repatriations by U.S. Multinationals (1989), S. 8.
358 Siehe Auerbach, Wealth Maximization and the Cost of Capital, Quarterly Journal
of Economics 1979, Vol. 93, 433ff.; Hartman, Tax Policy and Foreign Direct
Investment, National Tax Journal 1984, Vol. 37, No. 4, 475, S. 4-7; Bradford, The
Incidence and Allocation Effects of a Tax on Corporate Distributions, Journal of
Public Economics 1981, Vol. 15, 1-6. Nach einer Ansicht ist das sog. »Dividend
Puzzle« auch damit zu erklären, dass von Dividendenausschüttungen ein Signal
der Profitabilität ausgeht. Siehe Bhattacharya, Imperfect Information, Dividend
Policy, Bell Journal of Economics 1979, Vol. 10, 259, 260ff.; Bratton, The New
Dividend-Puzzle, Georgetown Law Journal 2005, Vol. 93, 845-896.
359 Vgl. Brumbaugh, Tax Exemption for Repatriated Foreign Earnings (2003), Summary.
360 Im Detail oben Kapitel 3(I.)(A.).
104 Kapitel 3: Repatriierungsstrategien
tung der Manager der ausländischen Tochtergesellschaften, um deren
Zuverlässigkeit zu untersuchen.361
Ein anderer, wenngleich seltener Grund für die Repatriierung mittels
Dividendenausschüttungen ist, ein Signal an die Kapitalmärkte zu
senden, um die Profitabilität sowohl der U.S.-amerikanischen Muttergesellschaft als auch der ausländischen Tochtergesellschaften zu untermauern.362
Beide dieser Gründe erklären auch das steuererhöhende Verhalten
mancher Unternehmen, deren Tochtergesellschaft Dividenden ausschüttet und die Muttergesellschaft gleichzeitig diese Tochtergesellschaft mit neuem Eigenkapital versorgt.363
C. Empirische Daten und Repatriierungspotential
Hines und Hubbard fanden heraus, dass ausländische Tochtergesellschaften im Jahre 1984 durchschnittlich 42,1% ihrer Gewinne als Dividenden an die U.S.-amerikanische Muttergesellschaft ausschütteten. Zusammen mit Zins- und Lizenzzahlungen betrug der transferierte Gewinnanteil
60%.364
Das Repatriierungspotential lässt sich daran ablesen, dass multinationale U.S.-amerikanische Unternehmen im Jahre 2007 akkumulierte Gewinne in ausländischen Tochtergesellschaften in Höhe von $804 Milliarden ausgewiesen haben.365 Aufgrund des repatriierungsfeindlichen U.S.amerikanischen Anrechnungssystems366 muss jedoch davon ausgegangen
werden, dass einige dieser in ausländischen Tochtergesellschaften ausgewiesenen Gewinne nicht ohne erheblichen Restrukturierungsaufwand
361 Siehe Desai/Foley/Hines, Dividend Policy inside the Multinational Firm (2003),
EFA 2002 Berlin Meetings Presented Paper, S. 2-3, die zu dem Schluss kommen,
dass »[…] the evidence implies that control problems inside firms contribute substantially to the nature of cash transfer policies and capital allocation inside multinational firms.« (S. 27).
362 Siehe, Desai/Foley/Hines, Dividend Policy inside the Firm (2002), NBER Working Paper No. 8698, S. 2-6; Desai/Foley/Hines, Dividend Policy inside the Multinational Firm (2003), EFA 2002 Berlin Meetings Presented Paper, S. 28.
363 Wissenschaftlich fundierte Belege für die Existenz und die Häufigkeit dieser
Handlungen geben Desai/Foley/Hines, Dividend Policy inside the Multinational
Firm (2003), EFA 2002 Berlin Meetings Presented Paper, S. 2 und Tabelle X.
364 Hines/Hubbard, Dividend Repatriations by U.S. Multinationals (1989), S. 22.
365 Weiner, Dividend Repatriation and Domestic Reinvestment, Tax Notes International 2007, Vol. 48, 827.
366 Siehe unten Kapitel 9(II.).
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References
Zusammenfassung
Die internationale Steuerplanung mit Holdinggesellschaften ist für multinationale Konzerne häufig lohnenswert. Allerdings gilt es vielerlei Fallstricke zu beachten. Der Autor stellt nicht nur die Grundlagen dieser Art von Steuerplanung dar, sondern präsentiert Strukturen, die sowohl für Praktiker als auch für Wissenschaftler von großem Interesse sind.
Spätestens wenn ein U.S.-amerikanischer Investor einen Gewinn in Deutschland realisiert hat, muss er eine Entscheidung darüber treffen, wie er den Gewinn verwendet. Hierfür gibt es drei Alternativen: Erstens, den Gewinn in Deutschland oder Europa zu reinvestieren, um diesen von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen, zweitens, den Gewinn aus Europa heraus in einen Drittstaat zu leiten, um ihn dort zu investieren und von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen oder drittens, die Gewinne in die Vereinigten Staaten zu repatriieren. Für die letzte Option gibt es gute Gründe. Diesen widmet sich das Werk, indem es zwei Dutzend Holdingstandorte analysiert, die eine steueroptimale Repatriierung von U.S.-Gewinnen aus Deutschland ermöglichen.
Die Dissertation wurde mit dem Gerhard-Thoma-Ehrenpreis 2009, dem Rudolf-Haufe-Nachwuchsförderpreis 2009 und dem Esche Schümann Commichau Förderpreis 2009 ausgezeichnet.