92 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
Zugang zu (neuen) Finanzierungsquellen;310
mehr Transparenz in der Unternehmensstruktur;311
mehr Flexibilität und Neutralität verglichen mit einer reinen Mutter-
Tochtergesellschaftsstruktur;312
flachere Hierarchien und eine höhere Motivation der Mitarbeiter;313
Reduzierung der Kontrollkosten;
mehr Flexibilität des Konzerns hinsichtlich zukünftiger Strukturen.314
Aus historischer Sicht ist die Organisation als Holdinggesellschaft ein folgerichtiger Fortschritt. Zunächst wurden Unternehmen unter funktionalen
Aspekten wie Produktion, Finanzierung, Forschung- und Entwicklung
sowie Vertrieb strukturiert. Allerdings führte eine solche Strukturierung zu
Verantwortungsdiffusion und Führungsunsicherheiten. Daher wurden später Profit Center eingerichtet. Eine Holdinggesellschaft ist eine Kombination aus der Idee, Skaleneffekte (»economies of scale«) und die Vorteile
dezentral organisierter Einheiten (z.B. Flexibilität, Nähe zum Zielmarkt)
nutzbar zu machen.315
C. Grenzen und Risiken des Einsatzes von Holdinggesellschaften
Der Einsatz einer Holdinggesellschaft schafft eine zusätzliche Besteuerungsebene, was mit einem potentiellen Risiko einer Doppelbesteuerung
einhergeht.316 Da Unternehmensgruppen nicht als eine Einheit besteuert
werden, besteht die Gefahr, dass die Holdinggesellschaft zusätzliche Körperschaftsteuer auslöst, sei es im Rahmen der Veranlagung oder im Rah-
310 Eine Finanzierungsholdinggesellschaft kann dazu genutzt werden, um am Kapitalmarkt Eigenkapital zu generieren. Siehe Scheffler, Vor- und Nachteile der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 30, 36 (Rn. 31).
311 Aufgrund der Dezentralität einer Holdingstruktur können operative Aktivitäten
leichter in Märkte, Regionen und Funktionen eingeteilt werden. Siehe Scheffler,
Vor- und Nachteile der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 30, 35 (Rn.
22), 41 (Rn. 49)
312 Da eine Holdinggesellschaft keine Waren produziert, hat sie keinerlei eigenen produkt- oder marktbezogenen Interessen. Siehe Scheffler, Vor- und Nachteile der
Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 30, 38 (Rn. 40).
313 Scheffler, Vor- und Nachteile der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004,
S. 30, 39 (Rn. 43).
314 Schaumburg, Gestaltungsziele, in: Schaumburg/Piltz, 2002, S. 1, 5.
315 Lutter, Begriff und Erscheinungsformen der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 1, 6 (Rn. 7); Scheffler, Vor- und Nachteile der Holding, in: Lutter,
Holding Handbuch, 2004, S. 30, 34 (Rn. 21).
316 Kessler/Dorfmüller, Gestaltungsstrategien bei internationaler Steuerplanung mit
Holdinggesellschaften, Praxis Internationale Steuerberatung 2001, 177, 178; Kessler, Internationale Holdingstandorte, in: Schaumburg/Piltz, 2002, S. 67, 69.
III. Nutzen von Holdinggesellschaften 93
men einer Quellenbesteuerung.317 Innerhalb einer Unternehmensgruppe
können daher, wie in Abbildung 12 dargestellt, »Kaskadeneffekte«318 entstehen die zu einer Gewinnminderung führen. Daher muss es das primäre
Ziel der internationalen Steuerplanung mit Holdinggesellschaften sein,
sämtliche zusätzliche Quellensteuern oder sonstige Körperschaftsteuern
zu vermeiden.
Abbildung 12: Kaskadeneffekte
Außerdem erhöht der Einsatz einer Holdinggesellschaft das Risiko, in den
Anwendungsbereich von Anti-Missbrauchsnormen oder CFC-Regelungen
zu gelangen.319
317 Kessler, Überlegungen zur Standortwahl einer Euro-Holding aus steuerlicher
Sicht, in: Fischer, Grenzüberschreitende Aktivitäten deutscher Unternehmen und
EU-Recht, 1997, S. 130.
318 Joseph, European holding companies in a changing tax environment, International
Tax Journal, Vol. 18, No. 4 (Fall 1992), 1, S. 4; Kessler, Holdinggesellschaften und
Kooperationen in Europa, in: Schaumburg, Steuerrecht und steuerorientierte
Gestaltungen im Konzern, 1998, S. 177, 191; Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 2007, S. 131-132.
319 Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 2007, S. 118-131.
Deutschland
USA
Holding
Quellensteuer
Körperschaftsteuer
Mutter
Tochter /
Enkel
Ziel: Vermeidung
Kaskadeneffekte
Körperschaftsteuer
Körperschaftsteuer
Quellensteuer
94 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
Jedoch kann die Zwischenschaltung einer Holdinggesellschaft eine
nachteilige Wirkung auf Beteiligungsabschreibungen auslösen.320 Eine effektive Holdingstruktur setzt nicht nur eine steueroptimale Dividendenroute voraus, sondern auch die Fähigkeit grenzüberschreitend Gewinne
und Verluste zu verrechnen. Eine Beschränkung der Verlustverrechnung
hat eine nachteilige Wirkung auf die Konzernsteuerquote.
Nicht zuletzt hängt eine steueroptimale Holdingstruktur sehr stark von
den anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen ab. Die Kündigung
eines Abkommens, so wie es kürzlich beim DBA Deutschland-Brasilien321
geschehen ist, erfordert eine grundlegende Überarbeitung der Struktur.
Der Einsatz von Holdinggesellschaften geht auch immer mit dem Risiko
einher, dass die Manager der Holdinggesellschaft falsche Entscheidungen
treffen, weil sie zu weit weg von dem relevanten Markt sind.
Schließlich darf der Einsatz einer Holdinggesellschaft nicht allein aus
steuerlichen Gründen vollzogen werden, da eine zu starke Inkongruenz
zwischen steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Interessen in jedem
Falle nachteilig ist.
IV. Typen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Holdinggesellschaften einzusetzen.322 Für die Zwecke dieser Analyse soll es genügen, die Typen von Holdinggesellschaften einerseits nach ihren Aufgaben und Funktionen und
andererseits nach ihrer Hierarchiestufe innerhalb der Gruppe zu klassifizieren. An die Klassifizierung an sich sind keinerlei Rechtsfolgen
geknüpft. Um die Funktionen und Hierarchieebenen der einzelnen Typen
320 Kessler, Überlegungen zur Standortwahl einer Euro-Holding aus steuerlicher
Sicht, in: Fischer, Grenzüberschreitende Aktivitäten deutscher Unternehmen und
EU-Recht, 1997, S. 130, 132 und Kessler, Holdinggesellschaften und Kooperationen in Europa, in: Schaumburg, Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen
im Konzern, 1998, S. 177, 180.
321 Dagnese, Is Brazil 'developed'? : termination of the Brazil-Germany tax treaty,
Intertax 2006, 195-198; Hensel, Die Kündigung des DBA-Brasilien und die Folgen, Internationale Wirtschaftsbriefe 2006, Gruppe 2, Fach 8, 493-496.
322 Bardet/Beetschen/Charvériat u.a., Les holdings, 2007, S. 22-26; Endres/Schreiber/Dorfmüller, Holding companies prove worth, International Tax Review 2007,
January, 43; Keller hat Holdinggesellschaften hinsichtlich ihrer Funktionen, ihrer
Hierarchiestufe innerhalb einer Gruppe und ihrem geografischen Standort klassifiziert. Siehe Keller, Unternehmensführung mit Holdingkonzepten, 1993, S. 35ff.
Eine typologische Auflistung von Holdinggesellschaften ist dargestellt in Kessler,
Die Euro-Holding, 1996, S. 11 und Kessler, Deutschland als Holdingstandort, in:
Herzig/Günkel/ Niemann, Steuerberater-Jahrbuch 2000/2001, 2000, 339, 341;
Autzen, Die ausländische Holding-Personengesellschaft, 2006, S. 9ff.; Grotherr,
Besteuerungsfragen Teil 1, BB 1995, 1510, 1511; Bader, Steuergestaltung mit Holdinggesellschaften, 2007, S. 28-59.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die internationale Steuerplanung mit Holdinggesellschaften ist für multinationale Konzerne häufig lohnenswert. Allerdings gilt es vielerlei Fallstricke zu beachten. Der Autor stellt nicht nur die Grundlagen dieser Art von Steuerplanung dar, sondern präsentiert Strukturen, die sowohl für Praktiker als auch für Wissenschaftler von großem Interesse sind.
Spätestens wenn ein U.S.-amerikanischer Investor einen Gewinn in Deutschland realisiert hat, muss er eine Entscheidung darüber treffen, wie er den Gewinn verwendet. Hierfür gibt es drei Alternativen: Erstens, den Gewinn in Deutschland oder Europa zu reinvestieren, um diesen von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen, zweitens, den Gewinn aus Europa heraus in einen Drittstaat zu leiten, um ihn dort zu investieren und von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen oder drittens, die Gewinne in die Vereinigten Staaten zu repatriieren. Für die letzte Option gibt es gute Gründe. Diesen widmet sich das Werk, indem es zwei Dutzend Holdingstandorte analysiert, die eine steueroptimale Repatriierung von U.S.-Gewinnen aus Deutschland ermöglichen.
Die Dissertation wurde mit dem Gerhard-Thoma-Ehrenpreis 2009, dem Rudolf-Haufe-Nachwuchsförderpreis 2009 und dem Esche Schümann Commichau Förderpreis 2009 ausgezeichnet.