88 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
währung von Beteiligungsrechten zu finanzieren.293 Letztlich wurden bilanzielle Verbindlichkeitspositionen von Tochtergesellschaften durch bilanzielle Vermögenspositionen der Holding- oder Muttergesellschaft substituiert.294 Tatsächlich ist dies heute noch ein Merkmal einer modernen
Holdinggesellschaft. Die frühen Holdinggesellschaften refinanzierten sich
durch die Ausgabe von Anleihen und Aktien.
III. Nutzen von Holdinggesellschaften
Holdinggesellschaften werden sowohl aus betriebswirtschaftlichen als
auch aus rechtlichen, vor allem steuerrechtlichen Gründen eingesetzt.295
Ein wichtiger rein rechtlicher Grund ist die Haftungs- und Risikoabgrenzung.296 Ein anderer Grund für den Einsatz von Holdinggesellschaften ist
die Familienvermögensplanung (Estate Planning), um die Einheitlichkeit
in einem Familienunternehmen über mehrere Generationen hinweg sicherzustellen.297 Schließlich wird eine Holdinggesellschaft auch als ein Akquisitionsvehikel298 und als Organisationsform für Joint Ventures299 genutzt.
293 In der Praxis hatten vor allem Anteilseigner kleinerer Unternehmen die Holdinggesellschaft dazu genutzt, ihre Anteile gegen Anteile von der Holdinggesellschaft
zu tauschen. Siehe Lutter, Begriff und Erscheinungsformen der Holding, in: Lutter,
Holding Handbuch, 2004, S. 1, 8 (Rn.10).
294 Kessler, Die Euro-Holding, 1996, S. 20.
295 Vgl. Mongan/Johal, Tax Planning with European Holding Companies, Journal of
International Taxation 2005, Vol. 16, 49; Ruchelman/van Asbeck/Canalejo u.a., A
Guide to European Holding Companies Part 1, Journal of International Taxation
2000, August, 38, 41; Ruchelman/van Asbeck/Canalejo u.a., A Guide to European
Holding Companies Part 2, Journal of International Taxation 2001, January, 22.
296 Scheffler, Vor- und Nachteile der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004,
S. 30, 35 (Rn. 24); Lutter, Begriff und Erscheinungsformen der Holding, in: Lutter,
Holding Handbuch, 2004, S. 1, 6 (Rn. 7).
297 Scheffler, Vor- und Nachteile der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004,
S. 30, 36 (Rn. 29). Aufgrund der grundsätzlichen Neutralität einer Holdinggesellschaft kann sie als Führungsinstrument für Manager eingesetzt werden, die nicht
Familienmitglieder sind. Siehe Scheffler, Vor- und Nachteile der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 30, 33 (Rn. 17).
298 Mongan/Johal, Tax Planning with European Holding Companies, Journal of International Taxation 2005, Vol. 16, 49; Ruchelman/van Asbeck/Canalejo u.a., A
Guide to European Holding Companies Part 1, Journal of International Taxation
2000, August, 38; Ruchelman/van Asbeck/Canalejo u.a., A Guide to European
Holding Companies Part 2, Journal of International Taxation 2001, January, 22.
299 Schaumburg, Hinzurechnungsbesteuerung und Abkommensberechtigung als Probleme internationaler Joint Ventures, in: Schaumburg, Internationale Joint Ventures, 1999, S. 357, 378; Endres, Steueraspekte internationaler Joint Ventures, in:
Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2003, S. 193, 204-206;
Wilde, Rechtliche Erwägungen für und wider die Errichtung eines Gemeinschaftsunternehmens, DB 2007, 269, 274.
III. Nutzen von Holdinggesellschaften 89
Dennoch sind steuerliche Erwägungen meist ein Hauptfaktor für den
Einsatz von Holdinggesellschaften.300 Im Rechtsgefüge des nationalen und
internationalen Steuerrechts werden Holdinggesellschaften hauptsächlich
dazu gebraucht, funktionale steuerliche Nachteile zu kompensieren, welche einerseits durch die zivilrechtliche Trennungstheorie und andererseits
durch die nicht oder nur rudimentär aufeinander abgestimmten Steuersysteme entstehen.301
Da Konzerne aus rechtlich selbständigen Einheiten bestehen, wird jede
Einheit unabhängig von der anderen der Besteuerung unterworfen. Dies
widerspricht der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die einen Konzern
als eine wirtschaftliche Einheit ansieht.302 Die rechtliche Fiktion der Selbständigkeit führt jedoch dazu, dass die Summe aller von den Konzerngesellschaften gezahlten Steuern höher ist, als wenn die Konzerngesellschaften als ein Unternehmen besteuert werden würden. Der Grund hierfür
ist die mehrfache steuerliche Berücksichtigung ein und desselben wirtschaftlichen Sachverhalts.303
Demnach folgt aus der steuerlichen Relevanz der Trennungstheorie
auch, dass die wirtschaftliche Benachteiligung umso größer ist, desto mehr
rechtliche selbständige Einheiten zu einem Konzern gehören. Der Einsatz
einer Holdinggesellschaft ist daher ein wichtiges Gestaltungsmittel, diese
Nachteile zu vermindern oder gar zu eliminieren. Dies mag zunächst als
ein Widerspruch in sich wirken, da die Schaffung einer weiteren Besteuerungsebene durch den Einsatz einer Holdinggesellschaft mit der Gefahr
einhergeht, eine höhere Gesamtsteuerbelastung des Konzerns zu verursachen.304 Ein einfaches Modell ist in Abbildung 11 zu sehen.
300 Kessler/Dorfmüller, Gestaltungsstrategien bei internationaler Steuerplanung mit
Holdinggesellschaften, Praxis Internationale Steuerberatung 2001, 177, 178;
Arthur, Holding Companies; Effective Use of Finance; Harmful Tax Competition,
Tax Planning International Review 2000, Vol. 27, September, 20ff.
301 Kessler, Holdinggesellschaften und Kooperationen in Europa, in: Schaumburg,
Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen im Konzern, 1998, S. 177, 178.
302 Kessler, Die Euro-Holding, 1996, S. 17.
303 Im Detail, Kessler, Die Euro-Holding, 1996, S. 18.
90 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
Abbildung 11: Holding Grundstruktur
A. Steuerliche Vorteile
Die steuerlichen Vorteile sind nicht beschränkt auf die Holdinggesellschaft
an sich, da diese keine eigene Rechtsform ist. Vielmehr bestehen die steuerlichen Vorteile meist darin, dass die Holdinggesellschaft als Organisationsform es am besten vermag, möglichst viele dieser steuerlichen Vorteile
nutzbar zu machen. Dies sind im Einzelnen vor allem:305
Steuerbefreiung sowohl für die von Tochtergesellschaften an die Holdinggesellschaft ausgeschütteten Dividenden, als auch für die durch
304 Kessler, Die Euro-Holding, 1996, S. 19.
305 Vgl. Ruchelman/van Asbeck/Canalejo u.a., A Guide to European Holding Companies Part 2, Journal of International Taxation 2001, January, 22; Pinto, Tax Competition and EU Law, 2003, S. 245; Endres/Dorfmüller, Holdingstrukturen in
Europa, Praxis Internationale Steuerberatung 2001, 94; Hoffman/Amacher, The
Evolution of Tax-Advantaged Intercompany Lending Programs, Tax Notes International 2007, Vol. 46, 513-516; Romano, Holding Company Regimes in Europe:
A Comparative Survey, European Taxation 1999, 257, 258; Schaumburg, Gestaltungsziele, in: Schaumburg/Piltz, 2002, S. 1, 28ff.; von Wuntsch/Bach/Trabold,
Wertmanagement und Steuerplanung, 2006, S. 214; Streu, Der Einsatz einer inländischen Zwischenholding in der internationalen Konzernsteuerplanung, in: Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2003, S. 139, 141.
Deutschland
Niederlande
USA
Dividenden
Vereinigtes
Königreich
0 % QSt 0 % QSt
Zinsen
Verbindlichkeiten Eigenkapital
Holding Grundstruktur
Frem kapital
III. Nutzen von Holdinggesellschaften 91
den Verkauf von Beteiligungen realisierten Veräußerungsgewinne
(nationale Schachtelbefreiung);
Reduzierung von Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzeinkünften;
Nutzung von Vorschriften einschlägiger Doppelbesteuerungsabkommen (z.B. internationale Schachtelbefreiung);
steueroptimale Finanzierung von Beteiligungen;
Umformung von Einkünften (secondary sheltering);
Vermeidung von Anrechnungsüberhängen (excess tax credits);
Nutzbarmachung von Anrechnungspotential (tax credits);
Verrechnung von Gewinnen und Verlusten innerhalb einer Gruppe.
Eine Folge des Einsatzes von Holdinggesellschaften ist, dass der Steuerpflichtige steueroptimierende Vorschriften oder sogar Privilegien anderer
Rechtsordnungen nutzbar machen kann. Trotz der vielfältigen Steueroptimierungsmöglichkeiten durch den Einsatz von Holdinggesellschaften ist
es nicht ratsam eine Holdingstruktur allein für steuerliche Zwecke zu
errichten.306
B. Betriebswirtschaftliche Vorteile
Meistens gehen die Gründe für den Einsatz einer Holdinggesellschaft weit
über rein steuerliche Erwägungen hinaus. Das Hauptaugenmerk aus
betriebswirtschaftlicher Sicht richtet sich hierbei auf die Zentralisierung
des Managements der verschiedenen Beteiligungen in einer einzigen
Gesellschaft (Beteiligungscontrolling).307 Dadurch wird gleichermaßen
eine Dezentralisierung der (operativen) Managementstruktur bewirkt, was
u.a. folgende Vorteile erzeugt:308
Synergien aufgrund des höheren Angebot- und Nachfragepotentials
(»economies of scale«);309
306 Rosenbach, Steuerliche Parameter für die internationale Standortwahl und ausländische Holdingstandorte, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 968, 976 (Rn.
10).
307 Pinto, Tax Competition and EU Law, 2003, S. 245; Bader, Steuergestaltung mit
Holdinggesellschaften, 2007, S.23-25.
308 Lutter, Begriff und Erscheinungsformen der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 1, 3 (Rn. 2); Autzen, Die ausländische Holding-Personengesellschaft, 2006, S. 23; Streu, Der Einsatz einer inländischen Zwischenholding in der
internationalen Konzernsteuerplanung, in: Grotherr, Handbuch der internationalen
Steuerplanung, 2003, S. 139, 141.
309 Scheffler, Vor- und Nachteile der Holding, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S.
30, 34 (Rn. 21), 36 (Rn. 30), 41 (Rn. 54).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die internationale Steuerplanung mit Holdinggesellschaften ist für multinationale Konzerne häufig lohnenswert. Allerdings gilt es vielerlei Fallstricke zu beachten. Der Autor stellt nicht nur die Grundlagen dieser Art von Steuerplanung dar, sondern präsentiert Strukturen, die sowohl für Praktiker als auch für Wissenschaftler von großem Interesse sind.
Spätestens wenn ein U.S.-amerikanischer Investor einen Gewinn in Deutschland realisiert hat, muss er eine Entscheidung darüber treffen, wie er den Gewinn verwendet. Hierfür gibt es drei Alternativen: Erstens, den Gewinn in Deutschland oder Europa zu reinvestieren, um diesen von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen, zweitens, den Gewinn aus Europa heraus in einen Drittstaat zu leiten, um ihn dort zu investieren und von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen oder drittens, die Gewinne in die Vereinigten Staaten zu repatriieren. Für die letzte Option gibt es gute Gründe. Diesen widmet sich das Werk, indem es zwei Dutzend Holdingstandorte analysiert, die eine steueroptimale Repatriierung von U.S.-Gewinnen aus Deutschland ermöglichen.
Die Dissertation wurde mit dem Gerhard-Thoma-Ehrenpreis 2009, dem Rudolf-Haufe-Nachwuchsförderpreis 2009 und dem Esche Schümann Commichau Förderpreis 2009 ausgezeichnet.