32 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
Kapitel 2:
Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
Die internationale Steuerplanung kombiniert und implementiert unterschiedliche Gestaltungsmittel.28 Im Zuge der Globalisierung hat die
Anzahl der Gestaltungmittel stetig zugenommen.29 Diese Schrift konzentriert sich auf eine der wichtigsten Gestaltungsmittel, nämlich den Einsatz
von Holdinggesellschaften.30 Typischerweise werden Holdinggesellschaften als unabhängige Einheit, als Regional Headquarters bzw. Landesholding oder aber auch als Organisationsform für ein Joint-Venture
gegründet.31
Der Hauptgrund für den Einsatz von Holdinggesellschaften stellt dabei
neben organisatorischen Gründen, die Möglichkeit der Steuerarbitrage und
die Erschließung zusätzlicher Finanzquellen dar.32 Besonders beliebt in der
internationalen Steuerplanung sind niederländische und schweizerische
Holdinggesellschaften, um die weitreichenden Beteiligungsertragsbefreiungen sowie das große DBA-Netzwerk dieser Länder nutzen zu können.33
Dabei bedeutet Steuerplanung mit Holdinggesellschaften im Wesentlichen, einen steueroptimalen Holdingstandort im konkreten Fall zu fin-
28 Ein guter Überblick über die Gestaltungstechniken befindet sich in Merks, Categorizing Corporate Cross-Border Tax Planning Techniques, Tax Notes International 2006, Vol. 44, 55.
29 Owens, Abusive Tax Shelter: Weapons of Tax Destruction?, Tax Notes International 2005, Vol. 41, 873, 875. Ferner, Ramos, A Place in the Sun, The Economist
24.2.2007, A Special Report on Offshore Finance, 3; U.S.Senate Committee on
Finance, Offshore Tax Evasion: Stashing Cash Overseas, 3.5.2007.
30 Endres/Schreiber/Dorfmüller, Holding companies are key international tax planning tool, International Tax Review 2006, December/January, 46, 48; Autzen, Die
ausländische Holding-Personengesellschaft, 2006, S. 312ff.; Mongan/Johal, Tax
Planning with European Holding Companies, Journal of International Taxation
2005, Vol. 16, 49; Pinto, Tax Competition and EU Law, 2003, S. 245; Deutsch/
Friezer/Fullerton u.a., Australian Tax Handbook 2005, 2005, S. 2039; Wienke,
Modelle der Steuerplanung – Steuerplanung im Zusammenhang mit der Entstehung von Aventis, in: Oestreicher, Internationale Steuerplanung, 2005, S. 127, 130,
137.
31 Kessler, Deutschland als Holdingstandort, in: Herzig/Günkel/Niemann, Steuerberater-Jahrbuch 2000/2001, 2000, S. 339.
32 Kessler, Deutschland als Holdingstandort, in: Herzig/Günkel/Niemann, Steuerberater-Jahrbuch 2000/2001, 2000, S. 339, 340; Endres/Schreiber/Dorfmüller, Holding companies prove worth, International Tax Review 2007, January, 43; Schaumburg, Gestaltungsziele, in: Schaumburg/Piltz, 2002, S. 1, 2.
33 Siehe Arnold/McIntyre, International Tax Primer, 2002, S. 138; Hey, German Tax
Court Revamps Treaty Shopping Law, Tax Notes International 2005, Vol. 40, 122.
Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften 33
den.34 Dies setzt primär voraus, dass die Holdinggesellschaft für steuerliche Zwecke nicht nur von der Holdingjurisdiktion, sondern auch von allen mit der Holdingsgesellschaft in Kontakt tretenden Rechtsordnungen
anerkannt wird.
Diese Disziplin ist in einem besonderem Maße von dem internationalen
Steuerwettbewerb tangiert, weil zum einen einige Länder danach streben,
attraktiv für Holdinggesellschaften zu sein, und zum anderen Holdinggesellschaften eine hohe Standortelastizität bzw. Standortsensitivität aufweisen.35 Letzteres ist dadurch bedingt, dass beispielsweise im Vergleich zu
einem produzierenden Betrieb die Verlagerung einer Holdinggesellschaft
in eine andere Steuerrechtsordnung relativ geringe Transaktionskosten
verursacht und somit schnell auf Veränderungen in den steuerlichen Rahmenbedingungen der im Wettbewerb zueinander stehenden Rechtsordnungen reagiert werden kann.36
Ein daraus resultierender Nachteil ist jedoch, dass die Steuerplanung mit
Holdinggesellschaften zunehmend komplex wird. Erleichterung versprechen Softwareprogramme wie COMTAX37, die auf der Grundlage einer
ständig aktualisierten Datenlage steueroptimierte Dividendenrouten errechnen können. Dennoch entlastet es die Steuerplanung nicht von einer
Nachprüfung der Ergebnisse im Detail. Ein solches Programm kann immer
nur eine Hilfe dafür sein, den Fokus auf die Stärken und Schwächen einer
konkreten Gestaltung zu richten.
Es gibt zwei Kernprobleme in der Steuerplanung mit Holdinggesellschaften:38
Die Schnelllebigkeit der sich verändernden Rahmenbedingungen innerhalb der Holdingrechtordnungen einerseits und aufgrund von externen Einflüssen (OECD, EU) andererseits.
Die Wichtigkeit und die Gewichtung der für den konkreten Fall entscheidenden Holdingkriterien. In der Praxis helfen hierfür sogenannte
»Scoring-Modelle«.39
34 Endres/Schreiber/Dorfmüller, Holding companies prove worth, International Tax
Review 2007, January, 43.
35 Kessler, Holdinggesellschaften und Kooperationen in Europa, in: Schaumburg,
Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen im Konzern, 1998, S. 177, 182;
Becker/Fuest, Tax Competition – Greenfield Investment versus Mergers and
Acquisitions, 2007.
36 Kessler, Deutschland als Holdingstandort, in: Herzig/Günkel/Niemann, Steuerberater-Jahrbuch 2000/2001, 2000, S. 339, 346; Becker/Fuest, Optimal Tax Policy
When Firms are Internationally Mobile, 2007 haben eine Steuerpolitik für Staaten
entwickelt, um mit der zunehmenden Unternehmensmobilität umzugehen.
37 Kessler/Petersen, Steuerplanung mit Comtax, IStR 2007, 815-818.
38 Kessler, Deutschland als Holdingstandort, in: Herzig/Günkel/Niemann, Steuerberater-Jahrbuch 2000/2001, 2000, S. 339, 346.
39 Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 2007, S. 937; Kessler, Deutschland als Holdingstandort, in: Herzig/Günkel/Niemann, Steuerberater-Jahrbuch
2000/2001, 2000, S. 339, 347.
34 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
I. Internationale Steuerplanung
Die internationale Steuerplanung ist eine legitime40 Aktivität für Unternehmen und natürliche Personen.41 Schon sehr früh hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass jeder Steuerpflichtige seine Geschäftstätigkeit gestalten darf, um Steuern zu reduzieren.42 Der Bundesfinanzhof
(BFH) hat in ständiger Rechtsprechung bekundet, dass niemand verpflichtet sei durch Gestaltung eine Steuerbelastung auszulösen. Vielmehr stünde
es dem Steuerpflichtigen frei, Steuern zu vermeiden und Gestaltungen zu
wählen, die zu einer niedrigeren Steuerlast führen.43
Im Allgemeinen umfasst Steuerplanung jede Tätigkeit, die sowohl die
Höhe als auch den Zeitpunkt der Steuerzahlungen berücksichtigt.44 Dar-
überhinaus erweist sich die internationale Steuerplanung für multinationale Unternehmen als ein entscheidendes Mittel, um die globale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Der Ausgangspunkt für die internationale Steuergestaltung ist stets das
Steuergesetz an sich. Es ist der Haupttreiber, denn es schafft Gestaltungsmöglichkeiten durch seinen Wortlaut, seinen Systembrüchen und vor allem
seinen Lücken. Ein anderer wichtiger Treiber ist die Tatsache, dass die fiskalische Souveränität eine der vornehmsten Rechte eines jeden souveränen
Staates ist und daher unterschiedliche Staaten sehr unterschiedlich von ihrem Recht Gebrauch machen, zu entscheiden ob und in welcher Höhe sie
Steuern erheben.45 Diese Tatsache führte zu einem Steuerwettbewerb mit
40 Kessler/Eicke, Legal, But Unwanted – The German Tax Planning Disclosure Draft,
Tax Notes International 2007, Vol. 48, 577, 582; Flämig, Der Steuerstaat auf dem
Weg in den Überwachungsstaat, DStR 2007, Beihefter zu Heft 44/2007, 1, 7-8;
Lenz/Gerhard, Das »Grundrecht auf steueroptimale Gestaltung«, DB 2007, 2429,
2434, 2430; Grotherr, Grundlagen der internationalen Steuerplanung, in: Grotherr,
Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2003, S. 3, 26; Schmidt-Ahrens,
Steuerplanung aus Sicht eines international tätigen Unternehmens, in: Oestreicher,
Internationale Steuerplanung, 2005, S. 143, 147; Dreßler, Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre steuerliche Überprüfung, 2007,
S. 1.
41 Rohatgi, Basic International Taxation – Volume 2 – Practice of International Taxation, 2007, S. 1-11.
42 BVerfGE 9, 237, 249; BFH IX R 54/93, BStBl. II 1996, 158; BFH VIII B 40/97,
BFH/NV 1998, 23.
43 BFH v. 20. Mai 1997 VIII B 109/96, HFR 1997, 750, 751. Zitiert in Grotherr,
Grundlagen der internationalen Steuerplanung, in: Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2003, S. 3, 7.
44 Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, 2002, S. 10; von Wuntsch/Bach/
Trabold, Wertmanagement und Steuerplanung, 2006, S. 130. Über Steuerplanung
mit IT, Schult/Freyer, Steuerplanung für die Praxis, 2004, S. 9ff.
45 In der Europäischen Union gibt es dazu eine Ausnahme, da die Mitgliedsstaaten
einen Teil ihrer fiskalischen Souveränität auf die Europäische Gemeinschaft übertragen haben.
I. Internationale Steuerplanung 35
nur wenigen Einschränkungen (u.a. den noch zu behandelnden peer pressure durch die OECD)46.
In dieser Gemengelage wird der Steuerpflichtige auf der einen Seite mit
der gleichzeitigen Anwendung von mehreren nicht oder nur wenig miteinander abgestimmten Steuerrechtsordnungen konfrontiert. Auf der anderen
Seite betrachtet er die legalen Vorteile, die für ihn daraus resultieren.
Der Zweck der Steuerplanung im internationalen Kontext ist vielschichtig: Primär, verfolgt die Steuerplanung die Eliminierung von Doppelbesteuerungen, die zu wirtschaftlichen und wettbewerblichen Verzerrungen
führen können. Die Doppelbesteuerung ist eines der größten Hindernisse
für den internationalen Handel.47 Die Gefahr einer Doppelbesteuerung ist
aufgrund der divergierenden Steuersysteme und steuerlichen Zielsetzungen der einzelnen Staaten besonders groß. Dies erstreckt sich von der
Definition des Begriffs »Einkommen«48, über die unterschiedliche Berechnung des steuerlichen Einkommens, bis hin zu dem Umstand, dass zwei
oder mehr Steuerrechtsordnungen ein und denselben wirtschaftlichen Vorgang jeweils und gleichzeitig besteuern.
Darüber hinaus kann mit Hilfe der internationalen Steuergestaltung die
Gesamtsteuerbelastung der Gesellschaft oder des ganzen Konzerns gesenkt werden, um Gewinne zu maximieren.49 Der Haupttreiber hierfür ist
der Nachsteuergewinn, da dieser entscheidend ist für den Gewinn pro Anteil, den Shareholder Value sowie den Aktienkurs.50 Steuern spielen hierfür
eine besondere Rolle, weil sie in aller Regel zu den drei größten Kosten-
46 Owens, International Taxation: Meeting the Challenges – The Role of the OECD,
European Taxation 2006, Vol. 46, 555-558.
47 Doernberg, International Taxation in a Nutshell, 2007, § 1.04. Über die Rolle und
den Zweck von Doppelbesteuerungsabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen Lang, Vermeidung der Doppelbesteuerung und der doppelten Nichtbesteuerung als Auslegungsmaxime für Doppelbesteuerungsabkommen?, in:
Haarmann, Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen,
2004, S. 83-92.
48 Beispielsweise werden Einkünfte im U.S.-amerikanischen Steuersystem definiert
als »all total income from whatever source derived«, was sich von dem deutschen
System der sieben Einkunftsarten unterscheidet. Siehe Titgemeyer/Risken, Einkommensbegriff und Einkommensermittlung gemäß IRC, Recht der Internationalen Wirtschaft 2007, 497, 499, 503; Zschiegner, Das Einkommensteuerrecht der
USA (III), Internationale Wirtschaftsbriefe 2002, Gruppe 2, 1195, 1146.
49 Clarke, 2002, S. 5; Tooma, When is Aggressive Too Aggressive?, Tax Notes International 2006, Vol. 42, 427; Corabi/Giavolucci, Tax Planning and Business Internationalisation, Tax Planning International Review 2001, Vol. 27, November, 7;
Grotherr, Grundlagen der internationalen Steuerplanung, in: Grotherr, Handbuch
der internationalen Steuerplanung, 2003, S. 3, 11; Lüdemann, Die Steuerplanung
der multinationalen Unternehmung, 2005, S. 13, 15.
50 Merks, Categorizing Corporate Cross-Border Tax Planning Techniques, Tax Notes
International 2006, Vol. 44, 55, 56; Karayan/Swenson/Neff, Strategic Corporate
Tax Planning, 2002, S. xvi.
36 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
faktoren gehören.51 Eine Reduzierung der Konzernsteuerquote (effective
tax rate, ETR) ist daher eine der wichtigsten Maßnahmen zur Kostensenkung.52 Letztlich hängt auch die Vergütung der Manager zumindest teilweise von der Steuerbelastung des Unternehmens ab. Daraus folgt, dass die
Steuerplanung ein integraler Bestandteil von wichtigen unternehmerischen
Entscheidungen ist.53 Es gibt eine Korrelation zwischen Belangen der Steuerplanung und Belangen, die nichts mit der Steuerplanung zu tun haben
(z.B. Investitionen in Mitarbeiter oder Bau neuer Fabriken), da letztere
u.U. nicht realisiert werden können, wenn die Steuerplanung ineffizient ist.
Allerdings darf die Steuerplanung sich nicht allein auf eine Reduzierung
der Konzernsteuerquote konzentrieren, weil Steuern nur ein wichtiger Faktor für die Ermittlung des Nachsteuergewinnes eines Unternehmens sind
(»business drives, taxes follow«).54 Darüberhinaus gebietet schon allein
der Umstand, dass die Konzernsteuerquote äußerst volatil und oft nur
schwer beeinflussbar ist, eine differenzierte Betrachtung der Konzernsteuerquote. Letztlich wäre auch dann die Konzernsteuerquote optimal, wenn
ein Unternehmen überhaupt keine unternehmerische Tätigkeit mehr entfaltet. Daher sollte im Zusammenhang mit der Konzernsteuerquote weniger
von »Reduzierung« als vielmehr von »Optimierung« gesprochen werden,
weil »Optimierung« viel besser die zerbrechliche Balance zwischen steuerinduzierten und nicht-steuerinduzierten Unternehmenszielen zum Ausdruck bringt. Letztlich beinhaltet eine effiziente Steuerplanung eine opti-
51 Owens, Abusive Tax Shelter: Weapons of Tax Destruction?, Tax Notes International 2005, Vol. 41, 873.
52 Becker/Fuest/Spengel, Konzernsteuerquote und Investitionsverhalten, zfbf 2006,
730-742 beweisen dass sich Geschäftsentscheidungen ändern, wenn sie im Hinblick auf die Konzernsteuerquote getroffen wurden. Des Weiteren, Corabi/Giavolucci, Tax Planning and Business Internationalisation, Tax Planning International
Review 2001, Vol. 27, November, 7; Herzig/Dempfle, Konzernsteuerquote,
betriebliche Steuerpolitik und Steuerwettbewerb, DB 2002, 1-8; Loose/Hölscher/
Althaus, Anwendungsbereich und Auswirkungen der Einschränkung der Freistellungsmethode, BB 2006, 2724, 2726; Endres, Reduktion der Konzernsteuerquote
durch internationale Steuerplanung, in: Oestreicher, Internationale Steuerplanung,
2005, S. 163, 164; Kessler/Dorfmüller, Gestaltungsstrategien bei internationaler
Steuerplanung mit Holdinggesellschaften, Praxis Internationale Steuerberatung
2001, 177; Spengel, Konzernsteuerquoten im internationalen Vergleich, in:
Oestreicher, Internationale Steuerplanung, 2005, S. 89, 92; Zielke, Internationale
Steuerplanung zur Optimierung der Konzernsteuerquote, DB 2006, 2585, 2586.
53 Oestreicher, Einfluss der Besteuerung auf betriebswirtschaftliche Entscheidungen
international tätiger Unternehmen, in: Oestreicher, Internationale Steuerplanung,
2005, S. 59, 61.
54 Über die Aussagekraft der Konzernsteuerquote, Spengel, Konzernsteuerquoten im
internationalen Vergleich, in: Oestreicher, Internationale Steuerplanung, 2005, S.
89, 92; Zielke, Internationale Steuerplanung zur Optimierung der Konzernsteuerquote, DB 2006, 2585, 2586.
I. Internationale Steuerplanung 37
mierte Konzernsteuerquote, ohne dabei in den Geschäftsablauf exzessiv
einzugreifen.
Eine Strategie, wie die Steuerplanung in Geschäftsentscheidungen integriert werden kann, haben Karayan, Swenson und Neff anhand des Akronyms SAVANT55 dargestellt. Dieses steht für: Strategy, Anticipation,
Value-Adding, Negotiating und Transforming. Um eine Gewinnmaximierung bei jeder Transaktion zu realisieren, müssten sich die Führungsverantwortlichen an einen übergeordneten Strategieplan des Unternehmens
halten und dabei die steuerlichen Auswirkungen für alle Beteiligten antizipieren. Dies berücksichtigend, könnten die Führungsverantwortlichen
einen Mehrwert für das Unternehmen schon während der Vertragsverhandlungen einer jeden Transaktion schaffen. Am Ende stehe die Transformation der originären steuerlichen Gegebenheiten in die steueroptimale Form
für jeden Geschäftsgegenstand.56
Corabi und Giavolucci weisen darauf hin, dass »Steuerplanung« früher
ein Synonym für Aktivitäten allein in sog. Tax Havens gewesen sei. Heute
sei es jedoch ein wichtiges Mittel bei der Internationalisierung von Unternehmen, welches neue geschäftliche Entwicklungen einleite.57 Die internationale Steuerplanung sei heutzutage vielmehr ein legitimes Bestreben
sowie ein essentieller Plan der Geschäftspolitik.
Der Unterscheidungsgrad zwischen Steuerplanung, Steuervermeidung,
Steuerflucht58 und Steuerbetrug ist oft sehr schmal und unterscheidet sich
je nach Sichtweise der beteiligten Parteien. Laut OECD ist die Steuerplanung das einzige Mittel zur Reduzierung von Steuern, welches die Staaten
(mehr oder weniger) akzeptieren.59
Die OECD versteht »Steuerplanung« als die Auswahl der vorteilhaftesten Möglichkeit aus einer Vielzahl von steuerlichen Alternativen, die allersamt im Einklang mit der Geschäftstätigkeit stehen.60 Darin spiegelt sich
auch der international anerkannte Grundsatz wider, dass jeder Steuerpflichtige das Recht hat, seine Geschäftstätigkeit so zu gestalten, dass er
weniger Steuern zahlen muss. Gemäß dem eingangs Beschriebenen ist es
legal, nicht nur zwischen mehreren Möglichkeiten und deren steuerlichen
Konsequenzen zu wählen, sondern auch neue Möglichkeiten zu erschaffen,
55 Ein »Savant« ist eine Person mit einer äußerst großen Allgemeinbildung.
56 Karayan/Swenson/Neff, Strategic Corporate Tax Planning, 2002, S. 49ff.
57 Corabi/Giavolucci, Tax Planning and Business Internationalisation, Tax Planning
International Review 2001, Vol. 27, November, 7.
58 Über die vielfältigen Arten der »offshore evasion«, Sullivan, Tax Analysts Offshore Project, Tax Notes International 2007, Vol. 48, 235, 236.
59 OECD, International tax avoidance and evasion, 1987, S. 11; Bracewell-Milnes,
Is Tax Avoidance Harmful?, Intertax 2003, Vol. 31, 96.
60 OECD, International tax avoidance and evasion, 1987, S. 11.
38 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
um Steuern zu reduzieren.61 Gemeinhin wird diese Form der Steuerplanung
als (legale) Steuervermeidung angesehen.62
A. Konzepte
Es gibt eine Reihe von unterschiedlichen Konzepten, die sich in der Steuerplanung seit vielen Jahrzehnten als Standardmaßnahmen bewährt haben.
Die Implementierung von Steuerplanungskonzepten geht stets mit dem
Risiko einher, dass eine Maßnahme zwar für sich genommen einen positiven Effekt bewirken kann, im Gesamtkontext aber nachteilige Folgen für
das Unternehmen haben könnte. Insbesondere bei Kombinationen von
Konzepten besteht das Risiko, dass die Gesamtstruktur von den Finanzbehörden nicht anerkannt wird.63
a. Einkunftsverlagerung (Income Shifting)
Eine der einfacheren Maßnahmen im Rahmen der internationalen Steuerplanung besteht darin, Einkünfte von Hochsteuerländern in Niedrigsteuerländer zu verlagern.64 Dabei ist aber zu beachten, dass Hochsteuerländer
sich mit vielerlei Mitteln gegen die Erosion ihrer steuerlichen Bemessungsgrundlage wehren, in dem sie Wegzugsteuern (Exit Taxes), Unter-
61 Siehe Merks, Tax Evasion, Tax Avoidance and Tax Planning, Intertax 2006, Vol.
34, 272, 274; OECD, International tax avoidance and evasion, 1987, S. 11, 17; Langer, Why Tax Havens Exist, in: Langer, Langer on International Tax Planning,
2008, 1:2, 1:3.2. Im Detail, Barnard, Former Tax Havens Prepared to Lift Bank
Secrecy, IBFD Bulletin – Tax Treaty Monitor 2003, January, 9, 10.
62 Langer, Why Tax Havens Exist, in: Langer, Langer on International Tax Planning,
2008, 1:2, 1:3.2. »Tax avoidance« ist in den meisten Fällen legal, wird aber oft als
an der Grenze des rechtlich zulässigen wahrgenommen. Siehe Baron, Compliance
and Avoidance in the United Kingdom, Tax Planning International Review 2006,
Vol. 33, October, 16, 16.
63 Kessler/Dorfmüller, Gestaltungsstrategien bei internationaler Steuerplanung mit
Holdinggesellschaften, Praxis Internationale Steuerberatung 2001, 177; Dreßler,
Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre steuerliche
Überprüfung, 2007, S. 23-26.
64 Beispiele hierfür werden dargestellt in Sullivan, U.S. High-Tech Companies' Tax
Rates Falling, Tax Notes International 2006, Vol. 43, 1033; Sullivan, Drug Firms
Move Profits To Save Billions, Tax Notes International 2006, Vol. 43, 539; Sullivan, U.S. Multinationals move more profits to Tax Havens, Tax Notes International
2004, Vol. 33, 690; Sullivan, U.S. Companies Shifting Profits to Tax Havens, Tax
Notes International 2004, Vol. 35, 1035. Über empirische Beweise von Einkunftsverlagerungen von multinationalen U.S.-amerikanischen Unternehmen, Grubert/
Mutti, Taxes, Tariffs and Transfer Pricing in Multinational Corporate Decision
Making, Review of Economics and Statistics 1991, Vol. 73, 285; Harris/Slemrod/
I. Internationale Steuerplanung 39
kapitalisierungsvorschriften (Thin Cap-Regeln), Hinzurechnungsregeln
(CFC-Regeln) anwenden und die Gewährung grenzüberschreitender Steuervorteile ablehnen oder zumindest einschränken.65
Trotz dieser Gegenmaßnahmen ist die Einkunftsverlagerung eine der
Hauptgründe warum das U.S.-amerikanische Körperschaftsteuersystem
relativ wenige Steuereinnahmen generiert.66 Clausing und Avi-Yonah behaupten, dass das U.S.-amerikanische Steuersystem einen künstlichen Anreiz dafür liefert, gelegentlich auch aggressiv,67 Einkunftsverlagerungen in
Niedrigsteuerländer durchzuführen.68 Sie schlagen daher ein System des
Formulary Apportionments vor, in dem die U.S.-amerikanische Steuerbemessungsgrundlage als ein Bruchteil des weltweiten Einkommens eines
Unternehmens ermittelt wird.69 Das bedeutet, dass multinationale Unternehmen nach dem Ort ihrer Geschäftsumsätze besteuert werden und nicht
danach, wo die Gewinne verdient wurden. Die Folge seien Körperschaftsteuermehreinnahmen in Höhe von 35%.70
Eine Alternative zu dem System des Formulary Apportionments ist die
Einführung oder Verschärfung von Anti-Missbrauchsregelungen. Becker
und Fuest haben jedoch empirisch belegt, dass die Rolle von Anti-Miss-
65 Morck u.a., Income Shifting in U.S. Multinational Corporations, NBER Working
Paper Series 2006, No. 3924, 1. Des Weiteren, Yilmaz, Tax Havens, Tax Competition, and Economic Performance, Tax Notes International 2006, Vol. 43, 587;
Dreßler, Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre
steuerliche Überprüfung, 2007, S. 22-25.
65 Spengel, Common corporate consolidated tax base – don't forget the tax rates!, EC
Tax Review 2007, Vol. 16, 118.
66 Clausing/Avi-Yonah, Reforming Corporate Taxation in a Global Economy, 2007,
The Hamilton Project, Discussion Paper 2007-08, S. 5.
67 Steiner, Aggressive Steuerplanung – oder wo das Geld hinfließt, Steuer und Wirtschaft International 2007, 308-313.
68 Clausing/Avi-Yonah, Reforming Corporate Taxation in a Global Economy, 2007,
The Hamilton Project, Discussion Paper 2007-08, S. 5.
69 Clausing/Avi-Yonah, Reforming Corporate Taxation in a Global Economy, 2007,
The Hamilton Project, Discussion Paper 2007-08, S. 12-18. Des Weiteren, Weiner,
Redirecting the Debate on Formulary Apportionment, Tax Notes International
2007, Vol. 46, 1213, mit weiteren Nachweisen auf S. 1215. Darüber hinaus, Avi-
Yonah’s Replik, Avi-Yonah, Formulary Apportionment, Tax Notes International
2007, Vol. 47, 49. Ferner, Nadal, Progressivity Should Be Priority, Tax Notes International 2007, Vol. 46, 1210; Spengel, Common corporate consolidated tax base
– don't forget the tax rates!, EC Tax Review 2007, Vol. 16, 118, 120.
70 Vgl. Clausing/Avi-Yonah, Reforming Corporate Taxation in a Global Economy,
2007, The Hamilton Project, Discussion Paper 2007-08, S. 6. Kritisch, Weiner,
Redirecting the Debate on Formulary Apportionment, Tax Notes International
2007, Vol. 46, 1213. Ferner, Gattegno/Yesnowitz, Comparison of U.S. Critical Multistate and International Tax Topics: Part I, Tax Planning International Review
2005, Vol. 32, March, 3, 5.
40 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
brauchsregelungen als Mittel gegen Einkunftsverlagerungen überschätzt
wird.71
Nach Angaben der deutschen Finanzverwaltung, verliert Deutschland
zwischen €30 Mrd. und €100 Mrd. jedes Jahr an Steueraufkommen durch
Einkunftsverlagerungen.72 Dies ist einer der Hauptgründe warum Deutschland, im Gegensatz zu Irland und den Niederlanden, die Einführung einer
Common Consolidated Corporate Tax Base (CCCTB) befürwortet.73 Die
CCCTB basiert auf dem Konzept des Formulary Apportionments74 und
sieht vor, dass eine konsolidierte Bemessungsgrundlage aufgrund bestimmter Verteilungsschlüssel auf die einzelnen Mitgliedsstaaten verteilt
wird. Spengel behauptet, dass die CCCTB helfen würde, Steuerhindernisse
abzubauen, und verlangt die Einführung eines körperschaftsteuerlichen
Mindeststeuersatzes, damit die Maßnahme erfolgreich wird.75 Becker und
Fuest meinen, dass die Einführung eines solchen Systems innerhalb der EU
dazu führen würde, dass erstens die Anreize für die Staaten abnehmen würden, Maßnahmen gegen Einkunftsverlagerungen zu ergreifen, und zweitens, die Staaten weniger Druck ausgesetzt seien, ihre Steuersätze zu senken.76 Ein solches System sei darüber hinaus ein Schlüsselelement im Rahmen des Steuerwettbewerbs, weil es voraussetze, dass die Bemessungsgrundlage innerhalb der EU harmonisiert werden würde.77
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Steuerplanungstechnik
»Einkunftsverlagerung« sehr reizvoll ist, aber auch vielerlei Risiken, insbesondere hinsichtlich der Erfüllung von Verrechnungspreisnormen, in
sich bürgt.78
71 Becker/Fuest, Quality versus Quantity, CESifo Working Paper 2007, No. 2126,
S. 21.
72 Sheppard/Weiner, Kovács and Steinbrück Promote EU Tax Reform, Tax Notes
International 2007, Vol. 46, 766, 767.
73 Weitere Details siehe unten in Kapitel 6(II)(B)(e). Ferner, Rhode, The state of the
art, Tax Planning International Review 2007, Vol. 34, November, 9-14; Sheppard,
Government Officials Try to Save Corporate Tax Base, Tax Notes International
2007, Vol. 46, 647. Zur CCCTB im Detail, Spengel, Common corporate consolidated tax base – don't forget the tax rates!, EC Tax Review 2007, Vol. 16, 118-120;
Schön, Group Taxation and the CCCTB, Tax Notes International 2007, Vol. 48,
1063-1080.
74 Siehe Spengel, Common corporate consolidated tax base – don't forget the tax
rates!, EC Tax Review 2007, Vol. 16, 118 und unten Kapitel 6(II)(B)(e).
75 Spengel, Common corporate consolidated tax base – don't forget the tax rates!, EC
Tax Review 2007, Vol. 16, 118-120.
76 Becker/Fuest, Tax Enforcement and Tax Havens under Formula Apportionment,
FiFo-CPE Discussion Papers 2007, No. 07-8, S. 21-22.
77 Becker/Fuest, Tax Enforcement and Tax Havens under Formula Apportionment,
FiFo-CPE Discussion Papers 2007, No. 07-8, S. 22.
78 Merks, Categorizing Corporate Cross-Border Tax Planning Techniques, Tax Notes
International 2006, Vol. 44, 55, 60.
I. Internationale Steuerplanung 41
b. Steuerliche Abschirmung (Tax Deferral)
Der Prozess, der am Ende in eine Repatriierung von Gewinnen mündet,
beginnt zunächst mit der Abschirmung dieser Gewinne von der U.S.-amerikanischen Besteuerung (tax deferral). Technisch gesehen unterliegen alle
weltweiten Einkünfte eines U.S.-amerikanischen Unternehmens einem
Steuersatz von 35%.79 Um eine Doppelbesteuerung zu verhindern, sieht
das U.S.-amerikanische Steuersystem ein Anrechnungsverfahren (Foreign
Tax Credit System) vor, welches es ermöglicht, im Ausland bezahlte Steuern mit der inländischen Steuer zu verrechnen.80
Das Besteuerungsrecht der Vereinigten Staaten ist jedoch begrenzt und
erstreckt sich beispielsweise nicht auf ausländische Tochtergesellschaften
von U.S.-amerikanischen Unternehmen.81 Folglich entsteht das Besteuerungsrecht der Vereinigten Staaten erst in dem Moment, in dem Gewinne
ausländischer Tochtergesellschaften an die U.S.-amerikanische Muttergesellschaft repatriiert werden.82 Daraus leitet sich eines der Hauptcharakteristika des U.S-amerikanischen Steuerrechts ab, nämlich die Möglichkeit,
ausländische Gewinne von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen und somit zumindest eine Steuerstundung zu bewirken.83 Hierfür
haben sich die Fachtermini »deferral principle«, »deferral privilege« oder
»deferral« herausgebildet.84
79 Kritisch zum gesetzlichen U.S.-amerikanischen Körperschaftsteuersatz, Edwards,
Is the U.S. Corporate Tax in the Laffer Zone, Tax Notes International 2007, Vol.
48, 1243-1246.
80 Siehe Desai/Foley/Hines, Repatriation Taxes and Dividend Distortions, National
Tax Journal 2001, Vol. 54, No. 4, 829, 830.
81 Außer wenn es sich um Subpart F-Einkommen handelt, welches im Detail in Kapitel 9 (I.) erklärt wird.
82 Über die Abschirmung von Einkünften in der Praxis, Hines, The Case against
Deferral, National Tax Journal 1999, Vol. 52, No. 3, 385, 388; Clausing/Avi-Yonah,
Reforming Corporate Taxation in a Global Economy, 2007, The Hamilton Project,
Discussion Paper 2007-08, S. 6.
83 Das U.S.-amerikanische Steuersystem ist nicht das einzige Steuersystem, welches
die Abschirmung von Einkünften zulässt. Andere Staaten sind Kanada, Dänemark,
Frankreich, Deutschland, Japan, Norwegen, Pakistan und das Vereinigte Königreich.
84 Vgl. vor allem Pollack/Marwick, Economics of Avoiding Double Taxation of Foreign Source Income, U.S. Taxation of International Operations, 1996, 5051, 5052;
Kessler, Die Euro-Holding, 1996, S. 89 ff.; Hines, The Case against Deferral,
National Tax Journal 1999, Vol. 52, No. 3, 385, 387. Über die Steuerplanung mit
der Abschirmung von Einkünften, Merks, Categorizing Corporate Cross-Border
Tax Planning Techniques, Tax Notes International 2006, Vol. 44, 55, 61; Avi-
Yonah, Globalization, Tax Competition, And the Fiscal Crisis of the Welfare State,
Harvard Law Review 2000, Vol. 113, May, 1573, 1593, 1594; von Uckermann, Besteuerung von Basisgesellschaften in den USA und in Deutschland, 2005, S. 3;
Sheppard, Ending Deferral Without Repatriating Losses, Tax Notes International
42 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
Obwohl die Gewährung dieser Abschirmung für das U.S.-amerikanische Steueraufkommen sehr nachteilig ist,85 wäre es vom U.S.-amerikanischen Gesetzgeber kontraproduktiv dies zu ändern. Die Folge wäre nämlich, dass Unternehmen es vermeiden würden, sich in den Vereinigten Staaten niederzulassen, und stattdessen versuchen würden, vom Ausland heraus auf dem U.S.-amerikanischen Markt zu agieren.86
Tatsächlich wird die Möglichkeit der Abschirmung von Auslandsgewinnen außerhalb des Anwendungsbereichs der U.S.-amerikanischen Hinzurechnungsbesteuerung (Subpart F) als Steuervergünstigung ausgewiesen,
die nach Berechnungen des U.S.-amerikanischen Finanzministeriums einen Wert von $120 Mrd. zwischen den Jahren 2008 und 2017 hat.87
Nach Clausing und Avi-Yonnah ist das Abschirmen von ausländischen
Gewinnen von der U.S.-amerikanischen Besteuerung eines der populärsten
Planungstechniken multinationaler U.S.-amerikanischer Unternehmen.88
Als Hauptgründe hierfür sehen sie das gegenwärtige U.S.-amerikanische
Anrechnungssystem und den im OECD-Vergleich relativ hohen gesetzlichen Körperschaftssteuersatz in den Vereinigten Staaten.89
Die Abschirmwirkung kann theoretisch beliebig lang aufrecht erhalten
werden, solange diese Gewinne stets im Ausland reinvestiert werden.90
Während manche Autoren behaupten, dass die Abschirmwirkung Aus-
85 2007, Vol. 48, 996-1001, und die Replik zu diesem Artikel in Tittle, International
Tax Reform: Response to Sheppard, Tax Notes International 2007, Vol. 48, 1261-
1262; Dagan, National Interest in the International Tax Game, Virginia Tax Review
1998, Vol. 18, Fall, 363, 409-413; Hoffmann, Steueroptimales Ausschüttungsverhalten und Repatriierungsstrategien, in: Grotherr, Handbuch der internationalen
Steuerplanung, 2003, S. 503, 518.
85 Über Steueraufkommensminderungen durch die Abschirmung von Einkünften,
Avi-Yonah, Globalization, Tax Competition, And the Fiscal Crisis of the Welfare
State, Harvard Law Review 2000, Vol. 113, May, 1573, 1597-1603.
86 Vgl. Avi-Yonah, Globalization, Tax Competition, And the Fiscal Crisis of the Welfare State, Harvard Law Review 2000, Vol. 113, May, 1573, 1594.
87 U.S. Department of the Treasury, Office of Tax Analysis, Table 2.1 in background
paper, »Treasury Conference on Business Taxation and Global Competitiveness«,
July 2007, zitiert in Weiner, U.S. Corporate Tax Reform: All Talk, No Action, Tax
Notes International 2007, Vol. 47, 800, 804.
88 Clausing/Avi-Yonah, Reforming Corporate Taxation in a Global Economy, 2007,
The Hamilton Project, Discussion Paper 2007-08, S. 6.
89 Siehe auch Weiner, How the OECD and the U.S. Learned to Get Along with the
Tax Havens, Tax Notes International 2007, Vol. 46, 229-239; Weiner, U.S. Corporate Tax Reform: All Talk, No Action, Tax Notes International 2007, Vol. 47, 800,
802; Edwards, Is the U.S. Corporate Tax in the Laffer Zone, Tax Notes International 2007, Vol. 48, 1243-1246.
90 Vgl. Graetz, Foundations of International Income Taxation, 2003, S. 217; Merks,
Categorizing Corporate Cross-Border Tax Planning Techniques, Tax Notes International 2006, Vol. 44, 55, 60; Schaumburg/Jesse, Die internationale Holding aus
steuerrechtlicher Sicht, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 847, 885 ff.
I. Internationale Steuerplanung 43
landsinvestitionen stimuliert,91 argumentiert Hines, dass durch die Abschirmwirkung die U.S.-amerikanische Volkswirtschaft Effizienzsteigerungen erfährt.92
Nichtsdestotrotz ist das Zueigen machen der Abschirmwirkung unter
steuerplanerischen Gesichtspunkten nicht risikolos, weil es zu einem
»lock-out-effect« 93 führen kann. Dies bedeutet, dass ausländische Gewinne
U.S.-amerikanischer Muttergesellschaften faktisch von der Repatriierung
aufgrund der daraus resultierenden nachteiligen steuerlichen Konsequenzen ausgeschlossen sind.
Auch auf die Rechtsformwahl hat die Abschirmwirkung einen großen
Einfluss. Sollte die Abschirmwirkung genutzt werden, muss zwingend die
Rechtsform der Körperschaft gewählt werden.94 Denn trotz der häufig vorteilhaften Wahl einer Betriebsstätten oder Personengesellschaft aufgrund
der Abzugsfähigkeit von Auslandsverlusten oder der weniger strenger Regulierung95, greift die Abschirmwirkung nicht. Dies bedeutet, dass ausländische Betriebsstättengewinne und Gewinne ausländischer Personengesellschaften von U.S.-amerikanischen Muttergesellschaften grundsätzlich
der sofortigen Besteuerung in den Vereinigten Staaten unterliegen.
Aber auch eine Holdinggesellschaft, die in Form einer Körperschaft geführt wird, kann nicht immer die Abschirmwirkung nutzen. Aufgrund der
unterschiedlichen Auslegung des Anknüpfungsmerkmales »Ort der Geschäftsleitung« (»place of management«) kann es passieren, dass Tochtergesellschaften einer Holdinggesellschaft einer unbeschränkten Steuerpflicht in den Vereinigten Staaten unterliegen.96
91 Vgl. unten Kapitel 9 (II.)
92 Hines, The Case against Deferral, National Tax Journal 1999, Vol. 52, No. 3, 385,
399-400.
93 Ein Terminus, der gebraucht wird von Sullivan, U.S. Relief for Prodigal Profits,
Tax Notes International 2003, Vol. 30, 742, 743, der eine Analogie zum Widerwillen U.S.-amerikanischer Anteilseigner zieht, ihre liebgewonnen Anteile zu kaufen,
weil sie keine Steuern auf die Gewinne zahlen wollen.
94 Siehe Desai/Foley/Hines, Repatriation Taxes and Dividend Distortions, National
Tax Journal 2001, Vol. 54, No. 4, 829, 832. Hines meint, dass es sich für zwei Typen
von Firmen lohnt, eine Betriebsstätte anstelle einer Tochtergesellschaft zu wählen.
Dies seien Ölfirmen, um Explorationsverluste geltend zu machen, und Banken, um
Regularien für die Gründung einer ausländischen Tochtergesellschaft zu umgehen.
Vgl. Hines/Hubbard, Dividend Repatriations by U.S. Multinationals, NBER
Working Paper Series 1989, Working Paper No. 2931, S. 4, 19, 20.
95 Siehe Hines/Hubbard, Dividend Repatriations by U.S. Multinationals, NBER
Working Paper Series 1989, Working Paper No. 2931, S. 5; Altshuler/Newlon, The
Effects of U.S. Tax Policy (1993), NBER Working Paper No. 3925, S. 4-5;
96 Ebert, Der Ort der Geschäftsleitung in internationalen Holding-Konzernstrukturen, IStR 2005, 534ff.; Schaumburg/Jesse, Die internationale Holding aus steuerrechtlicher Sicht, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 847, 926 (Rn. 155);
Storckmeijer, Effective Place of Management of Foreign Companies in Switzerland, Tax Planning International Review 2004, Vol. 31, August, 13-14.
44 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
c. Vermeidung der Doppelbesteuerung
Eine Doppelbesteuerung ist nicht nur kostspielig, sondern führt aus ökonomischer Sicht zu Ineffizienzen.97 Sie ist das Resultat einer Überlappung
zweier oder mehrerer Steuerrechtsordnungen die jeweils den gleichen
Lebenssachverhalt besteuern.98 Daher führt die Doppelbesteuerung im
Rahmen von grenzüberschreitenden Investitionen zu Effizienzverlusten.99
Es wurden einige Bemühungen unternommen, Doppelbesteuerungen abzumildern oder gar zu eliminieren. Der prominenteste Versuch ist das OECD-
Musterabkommen.100 Andere sind das U.N.-Musterabkommen101 und das
U.S.-Musterabkommen102. Die allermeisten Doppelbesteuerungsabkommen basieren auf dem OECD-Musterabkommen, wobei der Begriff »Musterabkommen« unsauber ist, weil es sich gerade nicht um ein Abkommen
handelt. Auch der englische Terminus »Model Convention« ist nicht
genauer. Hingegen sind die Doppelbesteuerungsabkommen, die in den
allermeisten Fällen bilateral abgeschlossen werden, völkerrechtliche Verträge, deren Abschluss und Auslegung sich nach der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) aus dem Jahre 1969 richtet. Der Hauptzweck von
Doppelbesteuerungsverträgen ist die Reduzierung oder Vermeidung von
Doppelbesteuerungen.103
Fuest und Huber haben gezeigt, dass viele europäische Staaten in ihren
Doppelbesteuerungsabkommen die Freistellungsmethode für die Besteue-
97 Rohatgi, Basic International Taxation – Volume 1 – Principles of International
Taxation, 2005, S. 14-16; Pollack/Marwick, Economics of Avoiding Double Taxation of Foreign Source Income, U.S. Taxation of International Operations, 1996,
5051, 5052-5054; Loncarevic, Economic relevance of Double Taxation Conventions, in: Stefaner/Züger, Tax Treaty Policy and Development, 2005, S. 17, 37;
Chown, Eliminating Tax Obstacles for Cross-Border Operations, Tax Notes International 2007, Vol. 46, 563, 564; Lederman, Understanding Corporate Taxation,
2006, S. 5.
98 Brinker/Sherman, Relief from International double taxation: the basics, Journal of
International Taxation 2005, Vol. 16, March, 16.
99 Fuest/Huber, Why do countries combine the exemption system for taxation of
foreign profits with domestic double taxation relief?, Journal of International Economics 2004, Vol. 62, 219.
100 Rohatgi, Basic International Taxation – Volume 1 – Principles of International Taxation, 2005, S. 97-108. Das aktuellste ist das OECD Musterabkommen aus dem
Jahre 2005, was den Abkommen der Jahre 2003, 2000, 1977 und 1963 folgte. Vgl.
insbesondere Russo, The 2005 OECD Model Convention and Commentary, European Taxation 2005, 560ff.
101 Wijnen, Towards a new UN Model?, IBFD Bulletin for International Taxation
1998, Vol. 52, 135-143; Wijnen/Magenta, Hybrid entities and the U.S. model
income tax treaty, IBFD Bulletin for International Taxation 1997, Vol. 51, 574-585.
102 Siehe im Detail weiter unten Kapitel 9(V.).
103 Über Wohlfahrtsgewinne durch Doppelbesteuerungsabkommen in Zeiten eines
globalen Steuerwettbewerbs, Fuest/Huber/Mintz, Capital Mobility and Tax Competition, 2005, S. 7-8.
I. Internationale Steuerplanung 45
rung ausländischer Gewinne mit der Anrechnungsmethode für Dividendeneinkünfte kombinieren. In diesem Zusammenhang haben Fuest und Huber belegt, dass eine solche Steuerpolitik wohlfahrtsmaximierend wirkt,104
wenngleich sie von einer globalen Betrachtung her nicht sehr effizient ist,
weil internationale Investitionen gegenüber rein nationalen Investitionen
diskriminiert werden.105
Des Weiteren ist die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Einklang
mit dem EG-Steuerrecht, da Art. 293 des EG-Vertrages (EGV) die Mitgliedsstaaten dazu auffordert in Verhandlungen zur Beseitigung von Doppelbesteuerungen innerhalb der Europäischen Union zu treten.106
Die Steuerpflichtigen können Doppelbesteuerungen vermeiden, in dem
sie die DBA- oder EG-Richtlinienvorschriften innerhalb der Grenzen
eventuell einschlägiger nationaler Missbrauchsvorschriften anwenden.
Alle Steuerrechtsordnungen gewähren darüber hinaus unilateral Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.107
d. Steuerarbitrage
Eine weitere Maßnahme ist die sog. Steuerarbitrage.108 Dabei nutzen
Steuerpflichtige die Steuersatzdifferenzen zwischen den einzelnen Ländern sowie die Tatsache, dass Konzernunternehmen in der Form der Körperschaft (steuer)rechtlich unabhängig voneinander sind (Trennungstheorie).109
Außerdem profitieren Steuerpflichtige von dem Umstand, dass die verschiedenen Steuerrechtsordnungen nicht oder nur rudimentär harmonisiert
104 Fuest/Huber, Why do countries combine the exemption system for taxation of
foreign profits with domestic double taxation relief?, Journal of International Economics 2004, Vol. 62, 219, 224-227.
105 Fuest/Huber, Why do countries combine the exemption system for taxation of
foreign profits with domestic double taxation relief?, Journal of International Economics 2004, Vol. 62, 219, 227, 229.
106 Douma, The Three Ds of Direct Tax Jurisdiction, European Taxation 2006, Vol.
46, 522, 531.
107 Bierlaagh, Unilateral relief from double taxation revised, Intertax 1989, 245-251.
108 Kessler/Dorfmüller, Gestaltungsstrategien bei internationaler Steuerplanung mit
Holdinggesellschaften, Praxis Internationale Steuerberatung 2001, 177; Dreßler,
Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre steuerliche
Überprüfung, 2007, S. 29-32.
109 Larking, IBFD International Tax Glossary, 4th ed., 2001, S. 20: »[…] arbitrage
generally refers to a transaction or arrangement which exploits differences in tax
rules, such as those relating to tax rates, income qualification, or timing. For example, obtaining a tax deduction on borrowings in a high tax country and arranging
for the proceeds to be invested by a related party in a low tax country at a correspondingly lower rate of tax, effects an arbitrage between the two countries’
respective tax systems.«
46 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
sind, und deshalb unterschiedliche Systeme ein und dieselbe Situation unterschiedlich auslegen.110 Eine anspruchsvollere Anwendung ist die Steuerarbitrage hinsichtlich der Rechtsformqualifikation,111 Einkunftsqualifikation112 und der Einsatz hybrider Finanzinstrumente.113
Kürzlich hat der deutsche Gesetzgeber mit einem Gesetzesvorschlag zur
Anzeigepflicht von Steuergestaltungen versucht, bestimmte Formen der
Steuerarbitrage zu unterbinden.114 Jedoch wurde der Vorschlag nicht in das
Jahressteuergesetz 2008 integriert und es muss darüberhinaus bezweifelt
werden, ob mit einer solchen Anzeigepflicht die internationale Steuerarbitrage effektiv eingedämmt werden kann. Vergleichbar der Tektonik der
Kontinentalplatten werden sich durch die ständigen fiskalischen Änderungen innerhalb der Steuerrechtsordnungen und deren Abgrenzung untereinander, immer wieder willkürlich neue Lücken ergeben, die auch in Zu-
110 Kessler, Holdinggesellschaften und Kooperationen in Europa, in: Schaumburg,
Steuerrecht und steuerorientierte Gestaltungen im Konzern, 1998, S. 177, 181.
111 »The process of determining whether an entity is transparent for tax purposes or
treated as a separate taxable entity. Two basic approaches may be distinguished in
practice: one involves the application of definitional rules against which the characteristics of the entity concerned are measured, while the other allows a taxpayer
to choose the desired classification.« Larking, IBFD International Tax Glossary,
4th ed., 2001, S. 129.
112 »[…] In a cross-border context, the classification of income generally refers to the
different categories of income (e.g. dividends, interest, and royalties) found in most
income tax treaties. […] It can happen that a country classifies a particular item
of income differently for treaty purposes than under its domestic law.« Larking,
IBFD International Tax Glossary, 4th ed., 2001, S. 188, 189.
113 Der Einsatz hybrider Finanzinstrumente gehört zu den größten Herausforderungen
der internationalen Steuerplanung. »It is an instrument with economic characteristics that are inconsistent, in whole or in part, with the classification implied by
their legal form. Hybrid financial instruments normally contain elements from
equity, debt and/or derivatives, the advantages of which they seek to combine in
the same instrument. In a cross-border situation, this normally creates a mismatch
in the tax characterization and treatment of the income by the various tax jurisdictions involved.« Larking, IBFD International Tax Glossary, 4th ed., 2001, S. 182.
Die Bandbreite erstreckt sich von klassischen hybriden Instrumenten wie Wandelanleihen (convertible debt obligations) und Vorzugsaktien (preferred shares) zu
exotischen indexierten Instrumenten, die Vereinbarungen ähnlich derer in Forward-Verträgen oder Optionsscheinen enthalten. Siehe Duncan, General Report,
in: International Fiscal Association, Tax treatment of hybrid financial instruments
in cross-border transactions, 2000, 21, 24; Hoffman/Amacher, The Evolution of
Tax-Advantaged Intercompany Lending Programs, Tax Notes International 2007,
Vol. 46, 513; Köhler, Hybride Finanzierungen über die Grenze, in: Piltz/Schaumburg, Internationale Unternehmensfinanzierung, 2006, S. 137ff.; Haun, Hybride
Finanzierungsinstrumente im deutschen und US-amerikanischen Steuerrecht,
1996, S. 7-13.
114 Kessler/Eicke, Legal, But Unwanted – The German Tax Planning Disclosure Draft,
Tax Notes International 2007, Vol. 48, 577-582; Kessler/Eicke, Transparente Perspektiven für die Finanzverwaltung, BB 2007, 2370-2379.
I. Internationale Steuerplanung 47
kunft die Lebensader der Steuerarbitrage darstellen werden. Die tektonischen Schwankungen sind nichts anderes als gelebte Gestaltungsfreiheiten souveräner Steuerrechtsordnungen. Dabei beinhaltet die Entstehung
von sog. »weißen Einkünften« in den allermeisten Fällen die Entscheidung
einer anderen Rechtsordnung, ihr Besteuerungsrecht nicht ausüben zu wollen. Dies gilt es zu respektieren. Durch die Implementierung eines Art
»Frühwarnsystems« mit Hilfe einer Flut von Informationen dem entgegenzuwirken, stellt den ohnmächtigen Versuch dar, diese Realität zu negieren.
Stattdessen sollten sog. Hochsteuerstaaten dazu übergehen, sich einem
fairen globalen Steuerwettbewerb zu stellen.
e. Umformung von Einkünften
International werden die verschiedenen Einkunftsarten unterschiedlich
besteuert. Das prominenteste Beispiel hierfür ist die unterschiedliche
Besteuerung von Dividenden im Vergleich zu Zinsen. Um von dieser unterschiedlichen Behandlung profitieren zu können, leiten Unternehmen Zinsgewinne in (niedrigbesteuerte) Gesellschaften, um diese Zinsen später
steuerfrei ausschütten zu können. Die unterschiedliche Behandlung
erstreckt sich nicht nur auf den Steuersatz bzw. auf die Besteuerung an
sich, sondern auch auf die Quellenbesteuerung. Typischerweise unterliegen Dividendeneinkünfte der Quellenbesteuerung, während dies für Zinseinkünfte meist nicht der Fall ist.
Holdinggesellschaften sind ein wesentliches Element, um die Finanzflüsse sowie die Eigen- und Fremdkapitalrelation innerhalb eines Konzerns zu strukturieren.115 Häufig verleihen Holdinggesellschaften Darlehen
an Tochtergesellschaften oder andere Konzernunternehmen und leiten die
Zinsgewinne als Dividenden an die Muttergesellschaft weiter. Folglich
empfiehlt es sich für die Holdinggesellschaft an einem Standort zu agieren,
in dem Zinseinkünfte meist nicht oder nur gering besteuert werden. Die
Umformung von Einkünften ist vor allem für multinationale U.S.-amerikanische Unternehmen ein wichtiges Gestaltungsinstrument, welches jedoch von der U.S.-amerikanischen Finanzverwaltung mit Argusaugen beobachtet wird.116 Die Grenzen der Steuerplanung mit Umformung von Einkünften sind dort erreicht, wenn Anti-Missbrauchsregelungen, insbeson-
115 Kessler, Die Euro-Holding, 1996, S. 86ff.; Schaumburg/Jesse, Die internationale
Holding aus steuerrechtlicher Sicht, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 847,
857 (Rn. 18); Hoffmann, Steueroptimales Ausschüttungsverhalten und Repatriierungsstrategien, in: Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2003,
S. 503, 515-518.
116 Weiner, U.S. Corporate Tax Reform: All Talk, No Action, Tax Notes International
2007, Vol. 47, 800, 810, 811.
48 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
dere Unterkapitalisierungsvorschriften (Thin Cap-Regeln) tangiert werden.117
f. Doppelte Nichtbesteuerung (Double non-taxation)
Ein in der internationalen Steuerplanung erstrebenswerter Zustand ist die
Herstellung einer doppelten Nichtbesteuerung. Weder die Europäische
Union noch die OECD begrüßen die doppelte Nichtbesteuerung.118 Nichtsdestotrotz gibt es Länder, die eine doppelte Nichtbesteuerung unilateral119
oder bilateral in Doppelbesteuerungsabkommen120 (DBA) herbeiführen.
Lang hat die doppelte Nichtbesteuerung in vier Gruppen aufgeteilt:121
DBA-Vorschriften, die gezielt eine doppelte Nichtbesteuerung bewirken (tax sparing oder matching credit);122
DBA-Vorschriften, die eine doppelte Nichtbesteuerung erlauben z.B.
die Freistellungsmethode);123
DBA-Vorschriften, die eine doppelte Nichtbesteuerung nicht vermeiden, aber die Vertragspartner darauf vertrauen, dass der andere von
seinem Besteuerungsrecht Gebrauch macht (z.B. Einkünfte von Wissenschaftlern, Studenten und Lehrern);124
117 Schaumburg/Jesse, Die internationale Holding aus steuerrechtlicher Sicht, in: Lutter, Holding Handbuch, 2004, S. 847, 857 (Rn. 20).
118 Vgl. Merks, Categorizing Corporate Cross-Border Tax Planning Techniques, Tax
Notes International 2006, Vol. 44, 55, 57. Ferner, Steiner/Jirousek, Index IStR –
Betriebsstätten, 2006, S. 233-242.
119 Kessler/Eicke, Legal, But Unwanted – The German Tax Planning Disclosure Draft,
Tax Notes International 2007, Vol. 48, 577, 582; Flämig, Der Steuerstaat auf dem
Weg in den Überwachungsstaat, DStR 2007, Beihefter zu Heft 44/2007, 1, 6-7
120 Lang, Vermeidung der Doppelbesteuerung und der doppelten Nichtbesteuerung als
Auslegungsmaxime für Doppelbesteuerungsabkommen?, in: Haarmann, Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen, 2004, S. 83, 92-99.
Ferner, Kessler/Eicke, Legal, But Unwanted – The German Tax Planning Disclosure Draft, Tax Notes International 2007, Vol. 48, 577, 582; Flämig, Der Steuerstaat
auf dem Weg in den Überwachungsstaat, DStR 2007, Beihefter zu Heft 44/2007,
1, 6.
121 Lang, General Report, in: International Fiscal Association, Double non-taxation,
2004, S. 73ff.
122 Der Zweck dieser Vorschriften ist die Schaffung von Investitionsanreizen, vor
allem in Entwicklungsländern. Dabei gilt das Hauptaugenmerk dem ökonomischpolitischen Charakter dieser Vorschriften. Siehe Lang, General Report, in: International Fiscal Association, Double non-taxation, 2004, S. 73, 82.
123 Lang, General Report, in: International Fiscal Association, Double non-taxation,
2004, S. 73, 83.
124 Lang, General Report, in: International Fiscal Association, Double non-taxation,
2004, S. 73, 84.
I. Internationale Steuerplanung 49
DBA-Vorschriften, die eine doppelte Nichtbesteuerung explizit unterbinden (z.B. Anrechnungsmethode, Switch-over oder Subject-to-Tax-
Klauseln).125
In den letzten Jahren hat sich als weitverbreite Methode zur Unterbindung
von doppelter Nichtbesteuerung die Anwendung und Einführung von
Switch-over oder Subject-to-Tax-Klauseln126 herauskristallisiert.127 Erst
kürzlich ist in Deutschland eine Subject-to-Tax-Klauseln in § 50d Abs. 9
EStG eingeführt worden, um unilateral eine doppelte Nichtbesteuerung zu
unterbinden. Nach dieser Norm wird die bilateral ausgehandelte Freistellungsmethode außer Acht gelassen, wenn der Vertragspartner die Einkünfte nicht besteuert (erste Alternative), bzw. wenn der Vertragspartner deshalb keine Steuern erhebt, weil der Steuerpflichtige nicht unbeschränkt
steuerpflichtig in diesem Land ist (zweite Alternative).128 Solche Vorschriften verursachen häufig einen Treaty Override. Im Falle des neuen
§ 50d Abs. 9 EStG ist höchst umstritten, ob ein Treaty Override vorliegt
und wenn ja, ob dieser gerechtfertigt ist. Eine Rechtfertigung kommt in
Betracht, wenn ein Zweck des Doppelbesteuerungsabkommens die Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung ist.129 Für Vogel kommt daher
eine Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung nur dann in Betracht, wenn der Treaty Override
das Ergebnis einer methodisch sauberen Auslegung des jeweiligen Dop-
125 Lang, General Report, in: International Fiscal Association, Double non-taxation,
2004, S. 73, 86; Valová/Bodenloher/Koch, Die Rückfallklausel in Doppelbesteuerungsabkommen, IStR 2002, 405-407.
126 Subject-to-Tax Klauseln bewirken, dass die Erlangung von unilateralen oder bilateralen Vergünstigungen davon abhängig gemacht wird, ob das in Frage stehende
Einkommen bereits einer Besteuerung unterlag. Siehe Burgstaller/Schilcher, Subject-to-Tax Clauses in Tax Treaties, European Taxation 2004, Vol.44, 266, 267
m.w.N. in Fn. 14; Gupta, Subject-to-Tax Clauses in Tax Treaties, in: Stefaner/
Züger, Tax Treaty Policy and Development, 2005, S. 177, 180; Valová/Bodenloher/
Koch, Die Rückfallklausel in Doppelbesteuerungsabkommen, IStR 2002, 405.
127 Siehe Lang, General Report, in: International Fiscal Association, Double non-taxation, 2004, S. 73, 118; Lang, Preface, in: Lang, Avoidance of Double Non-Taxation, 2003, S. 5.
128 Resch, The New German Unilateral Switch-Over and Subject-to-Tax Rule, European Taxation 2007, 480-483; Grotherr, Außensteuerrechtliche Bezüge im Jahressteuergesetz 2007, Recht der Internationalen Wirtschaft 2006, S. 898, 909; Grotherr, International relevante Änderungen durch das JStG 2007 anhand von Fallbeispielen, Internationale Wirtschaftsbriefe 2006, Gruppe 3, Fach 3, 1445, 1459-
1464; Loose/Hölscher/Althaus, Anwendungsbereich und Auswirkungen der Einschränkung der Freistellungsmethode, BB 2006, 2724, 2726- 2726; Kollruss,
Gesellschafter-Fremdfinanzierung über nachgeschaltete ausländische Personengesellschaften im DBA-Fall, IStR 2007, 131, 135; Kollruss, Weiße und graue Einkünfte bei Outbound-Finanzierung, BB 2007, 467, 472; Kahle, Ertragsbesteuerung
ausländischer Betriebsstätten, IStR 2007, 757, 760-761.
129 Siehe im Detail, Vogel, Neue Gesetzgebung zur DBA-Freistellung, IStR 2007, 225-
228.
50 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
pelbesteuerungsabkommens ist.130 Im Falle des § 50d Abs. 9 EStG sagt
Vogel, dass hinsichtlich der ersten Alternative kein Treaty Override vorläge, weil diese Vorschrift mit dem OECD-Musterkommentar vereinbar
sei.131 Jedoch läge ein nicht gerechtfertigter und somit verfassungswidriger
Treaty Override bei der zweiten Alternative vor.132
g. Inversion (Corporate Inversion)
Ein ehemals sehr beliebtes Mittel der Steuerplanung für multinationale
U.S.-amerikanische Unternehmen ist die Inversion (corporate inversion).
Dies bezeichnet den Prozess die Inkorporation einer U.S.-amerikanischen
Muttergesellschaft einem Niedrigsteuerland bei gleichzeitiger Aufgabe
der unbeschränkten Steuerpflicht in den Vereinigten Staaten.133 Die
bekanntesten Inversionen von multinationalen U.S.-amerikanischen
Unternehmen wurden auf Bermuda vollzogen.134 Technisch betrachtet,
werden die Rollen von Mutter- und Tochtergesellschaft getauscht.135 Oft
handelt es sich hierbei nur um eine formale Umorganisation. Der Hauptbeweggrund ist die Vermeidung der U.S.-amerikanischen CFC-Regelung,
indem ausländische Tochtergesellschaften aus der Beteiligungskette eliminiert werden. Prominente Beispiele sind der Festplattenhersteller Seagate
der sich in eine Cayman Island Gesellschaft umwandelte, Copper Industries, die sich auf Bermuda ansiedelte sowie Carnival Cruise Lines, die
nach Panama zog.
Der U.S.-amerikanische Gesetzgeber betrachtet seit längerem diese Entwicklung mit Argusaugen und versucht durch gesetzgeberische Maßnahmen dem entgegen zu wirken (z.B. § 7874 IRC136). Durch diese Normen
wird sichergestellt, dass die invertierte Gesellschaft hinsichtlich ihrer im
Zeitpunkt der Inversion vorhandenen Gewinne der U.S.-amerikanischen
130 Vogel, Neue Gesetzgebung zur DBA-Freistellung, IStR 2007, 225, 226.
131 Vogel, Neue Gesetzgebung zur DBA-Freistellung, IStR 2007, 225, 227; Grotherr,
Zum Anwendungsbereich der unilateralen Rückfallklausel gemäß § 50d Abs. 9
EStG, IStR 2007, 265, 266.
132 Resch, The New German Unilateral Switch-Over and Subject-to-Tax Rule, European Taxation 2007, 480-483; Vogel, Neue Gesetzgebung zur DBA-Freistellung,
IStR 2007, 225, 228; Grotherr, Zum Anwendungsbereich der unilateralen Rückfallklausel gemäß § 50d Abs. 9 EStG, IStR 2007, 265, 267.
133 o.V., Drawing Lines around Corporate Inversion, Harvard Law Review 2005, Vol.
118, 2270.
134 Walsh, Ireland climbs rankings or holding company locations, International Tax
Review 2006, June, 70, 72.
135 Merks, Categorizing Corporate Cross-Border Tax Planning Techniques, Tax Notes
International 2006, Vol. 44, 55, 62.
136 Kritisch zu § 7874 IRC, Rowe, Anti-inversion rule threatens foreign tax structuring
plans, International Tax Review 2006, December/January, 63-65.
I. Internationale Steuerplanung 51
Besteuerung unterliegt. Hinzu kommt, dass die Substanzvoraussetzungen
in den Vertragsprotokollen mit den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich für Inversionen erhöht wurden.137 Auch für die Zukunft muss der
Steuerpflichtige mit Maßnahmen rechnen, die die Vorteilhaftigkeit von Inversionen weiter einschränken.138
h. Basisgesellschaften (Base Companies)
Ein weiteres wichtiges Planungsinstrument ist der Einsatz einer Basisgesellschaft (base companies) in einem Niedrigsteuerland, welche dazu eingesetzt wird, Einkünfte zu generieren, anstatt diese direkt, d.h. ohne Transfer über eine Basisgesellschaft, an die Muttergesellschaft auszuschütten.139
Das Ergebnis ist eine Abschirmung (deferral) von Besteuerungssubstrat140
und die Möglichkeit Einkünfte umzuwandeln (sog. secondary sheltering)141. Beides ist solange steuerlich vorteilhaft bis die Gewinne an die
Muttergesellschaft repatriiert werden. Die meisten Basisgesellschaften
137 Walsh, Ireland climbs rankings or holding company locations, International Tax
Review 2006, June, 70, 72.
138 Siehe o.V., Drawing Lines around Corporate Inversion, Harvard Law Review 2005,
Vol. 118, 2270, 2282; VanderWolk, The US anti-inversion legislation and regulations, IBFD Bulletin for International Taxation 2006, Vol. 60, 377ff.; Lowell,
Inversion Transactions: Tax Revision Yes, Tax Evasion No, U.S. Taxation of International Operations, 26.12.2002, 9415-9426; Hartmann, USA überdenkt Grundsätze ihres internationalen Steuerrechts, DB 2002, 2130, 2131; Boidman/Adrion,
The Anarchy of Mechnical Antiavoidance Law, Tax Notes International 2005, Vol.
38, 131ff.; Dubert, Accidental Inversions, Journal of International Taxation 2005,
Vol. 16, 22ff.; Blöchle/Dendorfer/Kresge, Risiken für internationale Umstrukturierungen, IStR 2005, 700ff.; Desai/Hines, Tracing the Causes and Consequences
of Corporate Inversions, National Tax Journal 2002, Vol. 55, 409ff.; Hicks, Overview of Inversion Transactions, Tax Notes International 2003, Vol. 30, 899-925;
Boidman, Inversions, Earnings Stripping – Thin Capitalization and Related Matters – An International Perspective, Tax Notes International 2003, Vol. 29, 879,
882, 883; Desai/Hines, Tracing the Causes and Consequences of Corporate Inversions, National Tax Journal 2002, Vol. 55, 409-440; Bravenec, Connecting the Dots
in U.S. International Taxation, Tax Notes International 2002, Vol. 27, 845, 845;
Blöchle/Dendorfer/Kresge, Risiken für internationale Umstrukturierungen, IStR
2005, 700, 702, 703.
139 Merks, Categorizing Corporate Cross-Border Tax Planning Techniques, Tax Notes
International 2006, Vol. 44, 55, 66.
140 Siehe Kapitel 3.
141 Siehe oben Kapitel 2 (I.)(A.)(b.).
52 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
sind Holding- und Finanzierungsgesellschaften.142 Merks behauptet, dass
der Einsatz von Basisgesellschaften bedeutsamer ist als die Steuerplanung
mit der Abschirmungswirkung.143 Dies schließt freilich eine Kombination
beider Elemente nicht aus.
Allerdings geht die Steuerplanung mit Basisgesellschaften mit dem
großen Risiko einher, Anti-Missbrauchsregelungen oder CFC-Regelungen
auszulösen, wenn nicht sichergestellt wird, dass die Basisgesellschaft über
hinreichende Substanz in Form von Geschäftsausstattung und Mitarbeitern
verfügt.
i. Double Dipping
Ein weiteres Gestaltungsmittel nutzt Qualifikationskonflikte zwischen
zwei oder mehreren Steuerrechtsordnungen,144 indem beispielsweise
hybride Strukturen implementiert werden.145 Die Steuerrechtsordnungen
versuchen diese Qualifikationskonflikte in Doppelbesteuerungsabkommen
zu lösen.146
Wenn es durch Gestaltungen dem Steuerpflichtigen ermöglicht wird, einen Steuervorteil in mehr als nur einer Steuerrechtsordnung zu nutzen, sei
142 Für eine rechtsvergleichende Analyse der Besteuerung von Basisgesellschaften in
Deutschland und den Vereinigten Staaten siehe von Uckermann, Besteuerung von
Basisgesellschaften in den USA und in Deutschland, 2005, S. 305ff. Des Weiteren,
Dreßler, Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre
steuerliche Überprüfung, 2007, S. 237-241.
143 Merks, Categorizing Corporate Cross-Border Tax Planning Techniques, Tax Notes
International 2006, Vol. 44, 55, 67.
144 Djanani/Brähler, Internationale Steuerplanung durch Ausnutzung von Qualifikationskonflikten, Steuer und Wirtschaft 2007, 53-57 und 62-63; Lang, Doppelte
Verlustberücksichtigung und Gemeinschaftsrecht, IStR 2006, 550-554.
145 Eine (umgekehrt) hybride Struktur setzt voraus, dass eine Gesellschaft in einer
Rechtsordnung als Personengesellschaft eingeordnet wird und in einer anderen
Rechtsordnung für steuerliche Zwecke wie eine Kapitalgesellschaft behandelt
wird. Siehe Strukturen mit U.S.-amerikanischen und deutschen Gesellschaften in
Djanani/Brähler, Internationale Steuerplanung durch Ausnutzung von Qualifikationskonflikten, Steuer und Wirtschaft 2007, 53-56; Rubinger/Sherman, Holding
Intagibles Offshore May Produe Tangible U.S. Tax Benefits, Tax Notes International 2005, Vol. 37, 907, 910; Doernberg/van Raad, Hybrid Entities and the U.S.
Model Income Tax Treaty, Tax Notes 1999, Vol. 19, 1651-1662. Ferner der Rechtsvergleich in Buzanich, A Comparison Between the U.S. and OECD Approaches
to Hybrid Entities, Tax Notes International 2004, Vol. 36, 71-93.
146 Djanani/Brähler, Internationale Steuerplanung durch Ausnutzung von Qualifikationskonflikten, Steuer und Wirtschaft 2007, 53, 56. Ferner, VanderWolk, How to
Use Tax Treaties in International Tax Planning, U.S. Taxation of International
Operations, 19.4.2000, 5279, 5293.
I. Internationale Steuerplanung 53
es durch den Einsatz unterschiedlicher Rechtsformen147 oder Einkunftsqualifikationen, wird dies als »double dipping« bezeichnet.148
Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Abzug von Betriebsausgaben
oder Abschreibungen in zwei unterschiedlichen Rechtsordnungen. Oft
werden hierfür hybride Finanzinstrumente eingesetzt.149 Eine deutsche
Personengesellschaft kann beispielsweise dazu genutzt werden, um Finanzierungskosten eines U.S.-amerikanischen Gesellschafters zweifach zu
nutzen.150 Der deutsche Gesetzgeber versucht gegenwärtig diese Art der
Steuerplanung einzuschränken.151
j. Case Study: Microsoft
Die größten Nutznießer der Steuerplanung mit Holdinggesellschaften sind
U.S.-amerikanische Unternehmen, vor allem Pharma- und Technologiefirmen,152 die viele Immaterialgüter im Ausland halten.153 Ein Vorteil besteht
darin, dass für immaterielle Wirtschaftsgüter ein verhältnismäßiger »arm’s
length price« schwer zu bestimmen ist. Dadurch besteht bei der Bestimmung eines Verrechnungspreises ein großes Ermessen, was den multinationalen U.S.-amerikanischen Unternehmen hilft, Patente und andere immateriellen Wirtschaftsgüter Holdinggesellschaften in steuergünstigen
147 Siehe vor allem Djanani/Brähler, Internationale Steuerplanung durch Ausnutzung
von Qualifikationskonflikten, Steuer und Wirtschaft 2007, 53, 54.
148 Vgl. Larking, IBFD International Tax Glossary, 4th ed., 2001, S. 114. Ferner, Staringer, Where Does Foreign Loss Utilization Go in Europe?, Steuer und Wirtschaft
International 2007, 5, 9. Außerdem die Strukturen in Dorfmüller, Tax Planning for
U.S. MNCs, 2003, S. 141-146;
149 Bryant, Using Hybrid Entities in International Business Arrangements, U.S. Taxation of International Operations, 7.10.1998, 7667-7679.
150 Müller, Double-Dip-Modelle bei deutschen Personengesellschaften, IStR 2005,
181, 182; Müller, Die GmbH & Co. KG als Europa-Holding, 2004, S. 269-276;
Djanani/Brähler, Internationale Steuerplanung durch Ausnutzung von Qualifikationskonflikten, Steuer und Wirtschaft 2007, 53, 55.
151 Plewka/Beck, German Tax Issues for Hybrid Forms of Financing, Tax Notes International 2006, Vol. 44, 375; Müller, Double-Dip-Modelle bei deutschen Personengesellschaften, IStR 2005, 181-187; Müller, Die GmbH & Co. KG als Europa-
Holding, 2004, S. 249ff.
152 Yilmaz, Tax Havens, Tax Competition, and Economic Performance, Tax Notes
International 2006, Vol. 43, 587.
153 Rubinger/Sherman, Holding Intagibles Offshore May Produe Tangible U.S. Tax
Benefits, Tax Notes International 2005b, Vol. 37, 907, 910.
54 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
Rechtsordnungen zuzuordnen.154 Im Laufe der Zeit hat sich Irland einen
guten Ruf in diesem Bereich aufgebaut. Die bekanntesten Beispiele sind
Intel, Microsoft, Dell, Apple, Pfizer, Oracle, Merck, AOL, Abbott Laboratories, IBM und Lucent Technologies.155 Die Hauptvorteile, die diese Firmen durch die Steuerplanung in Irland erhalten, lassen sich am bestem mit
dem Beispiel Microsoft erklären.
Nach einem viel zitierten Bericht des Wall Street Journals hat Microsoft
durch den Ersatz einer irischen Tochtergesellschaft, seine weltweite Steuerlast in wenigen Jahren um mehrere Milliarden US-Dollar reduziert.156
Allein $500 Millionen soll die im Folgenden beschriebene Tochtergesellschaft an der Steuerreduzierung beitragen.157
Die irische Tochtergesellschaft »Round Island One Ltd.«158 hielt im
Jahre 2004 Vermögensgegenstände von Microsoft im Werte von mehr als
$16 Mrd. und generierte mit 1.100 Mitarbeitern159 einen Bruttogewinn von
etwa $9 Mrd.
Der Großteil der Einkünfte besteht aus Lizenzeinnahmen aus Softwareprodukten wie »Windows«. Diese Software wurde in den Vereinigten Staa-
154 Hines, Do Tax Havens Flourish?, NBER / Tax Policy & the Economy 2005, Vol.
19, Issue 1, 65, 68; Desai/Foley/Hines, The demand for tax haven operations, Journal of Public Economics 2006, Vol. 90, 513, 514; Markham, Tax in a Changing
World: The Transfer Pricing of Intangible Assets, Tax Notes International 2005,
Vol. 40, 895, 897; Almond/Sullivan, Increasing Share of Profits in Low-Tax Countries, Tax Notes International 2004, Vol. 35, 1143, 1144; Sullivan, Shifting of Profits Offshore, Tax Notes International 2004, Vol. 36, 13, 14; Sullivan, Jump in Tax
Haven Profits, Tax Notes International 2004, Vol. 36, 202, 203, 204.
155 Sullivan, The IRS Multibillion-Dollar Subsidy for Ireland, Tax Notes International
2005, Vol. 39, 296; Verbeek, GlaxoSmithKline and the IRS: Will $8 Billion Change
Hands?, Tax Notes International 2005, Vol. 40, 330, 331; Sullivan, Democratic
Senators Eye Offshore Profits, Tax Notes International 2006, Vol. 41, 517, 518.
156 Einige Erkenntnisse über die Steuerplanung von multinationalen U.S.-amerikanischen Unternehmen können gezogen werden aus Simpson, Irish subsidiary lets
Microsoft slash taxes in U.S. and Europe; Tech and drug firms move key intellectual property to low-levy island haven, Wall Street Journal Europe 7.11.2005, A1.
Ferner, New York Times, American Ingenuity, Irish Residence, 17.11.2005, S. 30.
157 Simpson, Irish subsidiary lets Microsoft slash taxes in U.S. and Europe; Tech and
drug firms move key intellectual property to low-levy island haven, Wall Street
Journal Europe 7.11.2005, A1; New York Times, American Ingenuity, Irish Residence, 17.11.2005, S. 30. Siehe auch Markham, Tax in a Changing World: The
Transfer Pricing of Intangible Assets, Tax Notes International 2005, Vol. 40, 895,
897; Sullivan, Democratic Senators Eye Offshore Profits, Tax Notes International
2006, Vol. 41, 517.
158 Der Name war ursprünglich ein Platzhalter, der niemals geändert wurde. Vgl.
Simpson, Irish subsidiary lets Microsoft slash taxes in U.S. and Europe; Tech and
drug firms move key intellectual property to low-levy island haven, Wall Street
Journal Europe 7.11.2005, A1, A7.
159 Compared with 40,000 in the United States. Siehe New York Times, American Ingenuity, Irish Residence, 17.11.2005, S. 30.
I. Internationale Steuerplanung 55
ten entwickelt und die Rechte daran nach Irland transferiert, wo diese nur
sehr gering besteuert werden. Wie in Abbildung 4 zu erkennen ist, ist
»Round Island One Ltd.« die Muttergesellschaft einer Holdinggesellschaft
(»Flat Island Co.«), die Softwareprodukte für Europa, den Nahen Osten
und Afrika lizensiert. Die Muttergesellschaft von »Round Island One Ltd.«
ist eine Tochtergesellschaft von Microsoft, die im U.S.-Bundesstaat Nevada angesiedelt ist und Lizenzeinkünfte aus den Softwarenverkäufen auf
dem U.S.-amerikanischen Markt erwirtschaftet.
Der U.S.-Bundesstaat Nevada erhebt keine Steuern auf Lizenzeinkünfte.
All diese Maßnahmen haben dazu beigetragen, dass Microsoft seine weltweite Konzernsteuerquote im Jahre 2003 von 33% auf 26% senken
konnte.160
Abbildung 4: Microsoft Case Study
Jedoch würde diese Struktur ohne Genehmigung der U.S.-amerikanischen
Steuerbehörde (Internal Revenue Service oder IRS) nicht funktionieren.
Um den IRS-Regeln zu entsprechen, muss der Steuerpflichtige darlegen,
dass die Auslandsgesellschaft zumindest teilweise an den Entwicklungen
des Softwareprogramms mitgewirkt hat. Die Unternehmen entsprechen
dieser Voraussetzung, indem sie Forschungs- und Entwicklungszentren in
160 Simpson, Irish subsidiary lets Microsoft slash taxes in U.S. and Europe; Tech and
drug firms move key intellectual property to low-levy island haven, Wall Street
Journal Europe 7.11.2005, A1
Microsoft
Microsoft Weltzentrale
Redmond/WA/USA
Nevada
Company
Flat Island Co.
(Holding)
Round Island
One Ltd.
Royalties
Naher Osten
Afrika
Europa
Andere
Gesellschaften
U.S.
Lizenzen
56 Kapitel 2: Steuerplanung mit Holdinggesellschaften
Irland gründen, um dort einen Teil der Software oder andere hochwertige
Produkte zu entwickeln.161
Dabei führt gerade diese IRS-Bestimmung zu einem zweifach nachteiligen Effekt für die U.S.-amerikanische Volkswirtschaft. Erstens, wird
durch diese Bestimmung gar kein oder nur wenig Steueraufkommen für
den U.S.-amerikanischen Fiskus erzeugt und zweitens werden multinationale U.S.-amerikanische Unternehmen dazu gezwungen, hochwertige Arbeitsplätze außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika zu schaffen.
Ein solches Modell funktioniert allerdings auch nur, wenn ein Holdingstandort mit einer sehr guten Infrastruktur und einem hochqualifizierten, möglichst englischsprachigem Personalangebot gewählt wird. Vor
allem die letzte Voraussetzung ist einer der Gründe, warum sich Irland in
den vergangenen Jahrzehnten so gut entwickelt hat. In den Vereinigten
Staaten hingegen, ist diese Art der Steuerplanung Gegenstand von politischen und wissenschaftlichen Debatten.162
B. Risiken der Steuerplanung
Aufgrund der Tatsache, dass die internationale Steuerplanung sehr komplex ist und ständigen Veränderungen unterliegt, stellt die Beschaffung
hinreichender und aktueller Informationen eine nicht zu unterschätzende
Herausforderung dar. Aus steuerlichen Gründen ein Unternehmen oder
einen Konzern umzustrukturieren, geht immer mit dem Risiko einher, dass
dadurch Geschäftschancen nicht genutzt werden und/oder die Gesamtsteuerlast steigt, weil die steuerlichen Folgen nicht immer hinreichend vorhersehbar sind. Das liegt vor allem daran, dass Steuergesetze sehr veränderungsanfällig sind und Änderungen manchmal sogar rückwirkend bewirkt
161 Technisch betrachtet, entwickeln die irischen Gesellschaften neue Versionen der
Software oder anderer Produkte. Um die Entwicklungskosten zwischen der U.S.amerikanischen Muttergesellschaft und den irischen Tochtergesellschaften aufzuteilen, und um diese für die IRS zu dokumentieren, wurden »Cost Sharing Agreements« abgeschlossen. Siehe Sullivan, Democratic Senators Eye Offshore Profits,
Tax Notes International 2006, Vol. 41, 517; Simpson, Irish subsidiary lets Microsoft slash taxes in U.S. and Europe; Tech and drug firms move key intellectual
property to low-levy island haven, Wall Street Journal Europe 7.11.2005, A1, A7.
162 Kritiker geben zu bedenken, dass den Vereinigten Staaten das Recht zusteht, eine
Kompensation für die teilweise staatlich finanzierte qualitativ hochwertige Ausbildung der Mitarbeiter und die Nutzung der steuerfinanzierten Infrastrukturmaßnahmen einzufordern, auf die Microsoft zurückgreift. Siehe New York State Bar
Association Tax Section, The U.S. Temporary Dividends Received Deduction, Tax
Notes International 2005, Vol. 39, 53; Simpson, Irish subsidiary lets Microsoft
slash taxes in U.S. and Europe; Tech and drug firms move key intellectual property
to low-levy island haven, Wall Street Journal Europe 7.11.2005, A1, A7; Sullivan,
Democratic Senators Eye Offshore Profits, Tax Notes International 2006, Vol. 41,
517, 518.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die internationale Steuerplanung mit Holdinggesellschaften ist für multinationale Konzerne häufig lohnenswert. Allerdings gilt es vielerlei Fallstricke zu beachten. Der Autor stellt nicht nur die Grundlagen dieser Art von Steuerplanung dar, sondern präsentiert Strukturen, die sowohl für Praktiker als auch für Wissenschaftler von großem Interesse sind.
Spätestens wenn ein U.S.-amerikanischer Investor einen Gewinn in Deutschland realisiert hat, muss er eine Entscheidung darüber treffen, wie er den Gewinn verwendet. Hierfür gibt es drei Alternativen: Erstens, den Gewinn in Deutschland oder Europa zu reinvestieren, um diesen von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen, zweitens, den Gewinn aus Europa heraus in einen Drittstaat zu leiten, um ihn dort zu investieren und von der U.S.-amerikanischen Besteuerung abzuschirmen oder drittens, die Gewinne in die Vereinigten Staaten zu repatriieren. Für die letzte Option gibt es gute Gründe. Diesen widmet sich das Werk, indem es zwei Dutzend Holdingstandorte analysiert, die eine steueroptimale Repatriierung von U.S.-Gewinnen aus Deutschland ermöglichen.
Die Dissertation wurde mit dem Gerhard-Thoma-Ehrenpreis 2009, dem Rudolf-Haufe-Nachwuchsförderpreis 2009 und dem Esche Schümann Commichau Förderpreis 2009 ausgezeichnet.