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4. Markenschutz innerhalb des Ähnlichkeitsbereichs
Innerhalb des Ähnlichkeitsbereichs sind bekannte Marken durch eine analoge
Anwendung des § 14 II Nr. 3 MarkenG geschützt. Es bedarf deshalb weder einer weiten Auslegung des Begriffs des gedanklichen Inverbindungbringens, noch einer weiten Auslegung des Begriffs der Verwechslungsgefahr oder der Zeichenidentität. Ein
Heranziehen des Wettbewerbsrechts allein zur Schließung der Schutzlücke ist deshalb
weder notwendig noch möglich.
5. Eintragungshindernisse § 8 II Nr. 4, 5 MarkenG
Im Hinblick auf das Eintragungshindernis des § 8 II Nr. 4 MarkenG, nach dem
keine täuschenden Marken eingetragen werden dürfen, müssen die für die Ausle gung der §§ 3, 4 UWG entwickelten Grundsätze berücksichtigt werden. Hierdurch
wird ein Systemwiderspruch verhindert, nämlich dass Marken eingetragen werden,
welche wettbewerbsrechtlich nach Irreführungsgrundsätzen untersagt werden könn ten.
In Bezug auf das Eintragungshindernis des § 8 II Nr. 5 MarkenG, nach welchem Marken nicht eingetragen werden dürfen, welche gegen die öffentliche Ordnung oder die
guten Sitten verstoßen, ist zu berücksichtigen, dass die frühere, auf § 1 UWG a.F.
gestützte Rechtsprechung unter dem neuen UWG nicht deckungsgleich weitergelten
kann. Dies liegt darin begründet, dass nunmehr die Schutzzwecktrias des UWG Interessen von Marktteilnehmern nicht erfasst, welche über die wirtschaftlichen Interessen
an einem unverfälschten Wettbewerb hinausgehen, so dass früher unter § 1 UWG a.F.
entschiedene Sachverhaltskonstellationen nicht mehr vom Lauterkeitsrecht erfasst
werden.
6. Markenschutz von Werbeslogans
Hinsichtlich des kennzeichenrechtlichen Schutzes von Werbeslogans folgt aus den
europarechtlichen Vorgaben, dass hinsichtlich des Eintragungshindernisses des § 8 II
Nr. 1 u. 2 MarkenG keine unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu sonstigen
Mehrwort- bzw. Kombinationsmarken mehr gerechtfertigt ist.
7. Bösgläubige Markenanmeldung
Bei der bösgläubigen Anmeldung von Sperrmarken, d.h. von vorbenutzten Marken
Dritter, gilt es zu berücksichtigen, dass gegen diese markenrechtlich durch § 50 III
MarkenG vorgegangen werden kann. Bösgläubigkeit wurde nunmehr per Gesetz als
absolutes Eintragungshindernis in § 8 II Nr. 10 MarkenG verankert. Die Bösgläubigkeit besteht dabei je nach Einzelfall in einer unlauteren Behinderung im Sinne der
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Generalklausel nach § 3 UWG oder der §§ 3, 4 Nr. 10 UWG, wodurch eine Schnittstelle zum Wettbewerbsrecht entsteht. Dies gilt zugleich für Spekulations- und Agentenmarken, wobei bei letzteren nach dem Eintragungsverfahren § 17 MarkenG heranzuziehen ist.
II. Das Verhältnis des Markenrechts zum Wettbewerbsrecht
Da das Markenrecht unter dem Warenzeichengesetz und seinen Vorgängern nur eingeschränkte Abwehrmöglichkeiten gegen unlauteres Verhalten Dritter in Bezug auf
eine Rufbeeinträchtigung oder Rufausnutzung vorsah, entwickelte die Rechtsprechung einen Sonderschutz bekannter Marken auf Grundlage des § 1 UWG. Ein Rückgriff auf das Wettbewerbsrecht erfolgte dabei mindestens kumulativ neben
Anspruchsgrundlagen aus dem WZG.
Mit der Einführung des MarkenG wurden die kennzeichenrelevanten Tatbestände des
Lauterkeitsrechts in das Kennzeichenrecht integriert. Gleichzeitig wurde die Regelung des § 2 MarkenG aufgenommen, nach welchem ein außermarkenrechtlicher
Schutz grundsätzlich zulässig ist. Nach erstmals in der »Mac Dog« Entscheidung
geäußerter Ansicht des BGH muss § 2 MarkenG jedoch einschränkend dahingehend
ausgelegt werden, dass für wettbewerbsrechtliche Ansprüche neben markenrechtlichen Ansprüchen grundsätzlich keine Raum ist.
Das Verhältnis zwischen MarkenG und UWG kann im Kern auf die Formulierung des
BGH in der »Mac Dog«-Entscheidung reduziert werden, nach der der Schutz von
Marken »in erster Linie« durch das MarkenG gewährt wird. Hierdurch wird die Konzentrationswirkung betont, welche mit einer Zusammenführung kennzeichenrechtlicher Regelungen im MarkenG verbunden ist. Diese würde durch eine uneingeschränkte Anspruchskonkurrenz zwischen den Regelungen konterkariert werden,
weshalb § 2 MarkenG so verstanden werden muss, dass wenn ein markenrechtlicher
Schutz gewährt werden kann, ein weiterer Rückgriff auf außermarkenrechtliche und
damit auch auf wettbewerbsrechtliche Regelungen nicht mehr stattfindet. Liegt ein
markenrechtlicher Anspruch jedoch nicht vor, ist, da sich eine Begrenzungswirkung
nur auf den Schutz »als Marke« bezieht, ein Rückgriff auf das Wettbewerbsrecht
nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es muss vielmehr untersucht werden, ob die vom
BGH geforderten »besonderen Umstände«, welche »nicht bereits im Rahmen der
markenrechtlichen Ansprüche geprüft wurden«, einen wettbewerbsrechtlichen
Anspruch auslösen.
Hieraus folgt, dass im Anwendungsbereich des Markenrechts zunächst eine Prüfung
markenrechtlicher Anspruchsgrundlagen vorgenommen werden muss. Liegen sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen vor, erfolgt grundsätzlich, ohne dass weitere markenrechtlich ungeprüfte Sachverhaltsumstände festgestellt werden können, keine
weitere Prüfung wettbewerbsrechtlicher Anspruchsgrundlagen.
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Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.