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VIII. Wettbewerbsrechtlicher Schutz von Markenbildungsprinzipien
1. Allgemein
Im Rahmen der Verteidigung von Serienmarken bzw. Markenfamilien wird von Markeninhabern immer wieder versucht, Schutz für ein von ihnen verwandtes Konstruktionsprinzip von Marken zu suchen. Bekanntes Beispiel hierfür ist das Markenbildungsprinzip einer Schnellrestaurantkette, ihre Produkte jeweils mit »Mac« in Kombination mit einer weiteren Buchstabenfolge zu kennzeichnen761. Bei der rechtlichen
Einordnung solcher Kennzeichen ist zu unterscheiden zwischen dem Schutz der
bestehenden Serienmarken als solchen und einem einer bestimmten Markenserie zu
entnehmendem Konstruktionsprinzip. Auf letzteres bezog sich eine Äußerung des
BGH in der bereits dargestellten Entscheidung »MAC Dog«, nach der der Bundesgerichtshof dem Instanzgericht zu untersuchen aufgab, inwiefern sich ein Hinweis darauf ergebe, dass das in Rede stehende »Zeichenbildungsprinzip« des Beklagten zum
entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine gewisse Bekanntheit erreicht habe762. Diesem obiter dictum lässt sich entnehmen, dass der BGH einem Konstruktionsprinzip
Rechtserheblichkeit zuerkennt763. Es bleibt jedoch die Frage offen, inwiefern es sich
dabei um einen unter das MarkenG oder das UWG zu fassenden Schutz handelt.
2. Markenrechtlicher Schutz
Schutzgegenstand des Markenrechts ist ein konkretes Zeichen, nicht jedoch das bei
abstrakter Betrachtungsweise einer Markenserie entnommene Konstruktionsprinzip
als solches764. Der Schutz von Markenbildungsprinzipien außerhalb eines Verletzungsschutzes von konkreten Serienzeichen gegen Verwechslung bzw. Ausbeutung
und Beeinträchtigung im Sinne von § 14 II MarkenG ist dem Kennzeichenrecht
fremd. Einem Zeichenbildungsprinzip bzw. einem Systemschutz soll jedoch kennzeichenrechtlich grundsätzlich durch die Anerkennung der Verwechslungsgefahr unter
dem Aspekt des Serienzeichens Rechnung getragen werden765. Entsprechend kann
die erwähnte Äußerung des BGH, die Bekanntheit eines Zeichenbildungsprinzips zu
prüfen, nur dahingehend verstanden werden, dass die Bekanntheit des Stammbestandteils der Markenfamilie untersucht werden sollte, sofern eine solche angenommen
werden kann. In der Literatur wird dabei teilweise aufgrund der Annahme einer
Begrenzungsfunktion des Markenrechts, eine markenrechtliche Wertung dahingehend abgeleitet, dass es sich bei der Tatsache, dass Konstruktionsprinzipien nicht vom
Markenrecht erfasst werden, um einen markenrechtlichen Grundsatz handele. Dieser
761 Das sog. »Mc-Something-Prinzip«; vgl. OLG Düsseldorf WRP 1997, 588ff., 592 – McPaint.
762 Zum Sachverhalt s.o., 76f.; BGH GRUR 1999, 161ff., 164 – MAC Dog.
763 Fezer, GRUR 2005, 102ff., 108.
764 Ingerl, WRP 2004, 809ff., 814.
765 BGH GRUR 1999, 240ff., 241 – Stephanskrone I, m.w.N.
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führe dazu, dass kein wettbewerbsrechtlicher Schutz für »Markenbildungsideen«
gewährt werden dürfe, da ansonsten eine Aushebelung des Markenrechts zu befürch ten sei766.
Fezer hingegen sieht ein Markenbildungskonzept bzw. die Konkretisierung eines
Serienmarkenkonzepts als Markenformat als markenrechtlich schutzfähig an767. Dies
deshalb, da dem europäischen Markenrechtsverständnis eine offene, nicht aber eine
statische Marke zugrundeliege, wofür z.B. die konturlose Farbmarke beispielhaft
sei768. Ein Beleg für die Schutzfähigkeit eines Markenbildungskonzepts als Marke
stelle die anerkannte Fallkonstellation eines Verwechslungsschutzes von Serienmarken dar. Dies rühre daher, dass die Assoziationsgefahr, auf die sich Inhaber von Markenfamilien beziehen, keinen von der Verwechslungsgefahr unabhängigen Verletzungstatbestand darstelle, sodass die Rechtsprechung zum Verwechslungsschutz von
Markenfamilien nur dann richtlinienkonform sei, wenn hieraus eine Fallkonstellation
der Verwechslungsgefahr gebildet werde769.
3. Wettbewerbsrechtlicher Schutz
Die Frage der Markenfähigkeit von Markenbildungsprinzipien kann jedoch dahinstehen, wenn aufgrund unterschiedlicher Schutzrichtungen ein wettbewerbsrechtlicher Schutz unabhängig vom Bestehen eines Markenschutzes erreicht werden
kann.
Die instanzgerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, dass der Schutz eines Markenbildungsprinzips wettbewerbsrechtlich begründet sein kann770. Allerdings wird
teilweise die Notwendigkeit eines solchen Schutzes angezweifelt bzw. verneint, wenn
im konkreten Fall eine große Anzahl von Marken gebildet und intensiv benutzt
wurde771. Einerseits sind die nach gleichem Prinzip erdachten Marken nämlich markenrechtlich gegen Serienverwechslungsgefahr geschützt, andererseits, falls es sich
um bekannte Marken handelt, auch gegen Rufausbeutung und Verwässerung.
Jedoch wird angenommen, dass ein selbständiger wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz für ein Kennzeichnungssystem aufgrund der Verschiedenheit der jeweiligen
Schutzobjekte im Einklang mit der »MAC Dog«-Rechtsprechung in Betracht kommt.
Im Gegensatz zu den an den einzelnen Eintragungen anknüpfenden Ausschließlichkeitsrechten, besteht der wettbewerbsrechtliche Anknüpfungspunkt darin, dass sich
die Adressaten aus der konkreten Art, wie die Marken verwendet werden, Vorstellun-
766 Ingerl, WRP 2004, 809ff., 814; Ingerl/Rohnke §14 Rn. 749.
767 Fezer, GRUR 2005, 102ff., 108.
768 Vgl. EuGH GRUR 2003, 604ff. – Libertel.
769 Fezer, GRUR 2005, 102ff., 108.
770 OLG Düsseldorf WRP 1997, 588ff., 592 – McPaint, »allenfalls wettbewerbsrechtlich«; OLG Köln
WRP 2001, 964ff., 968 – Kfz-Modellbezeichnungen; OLG Düsseldorf MMR 2001, 706ff., 708; Verneinung UWG-Schutz nicht aus grundsätzlichen Gründen, sondern lediglich deshalb, da eine »Markenfamilie mit einem gemeinsamen Strukturprinzip keinen Prioritätstatbestand darstellt und die Klägerin sich mit der Existenz prioritätsälterer Marken außerhalb ihrer Markenfamilie abfinden muss.«
771 OLG Düsseldorf 1997, 588ff., 592 – McPaint.
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References
Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.