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Aus der obigen Entscheidung lässt sich jedoch im Hinblick auf das UWG n.F. nicht
der Schluss ziehen, dass Werbeslogans unterschiedslos als »Leistungen« im Sinne
von § 4 Nr. 9 UWG geschützt sind, da – wie bereits dargestellt – Werbeslogans allein
dem Schutz der Generalklausel nach § 3 UWG unterliegen. Hinzukommt, dass der
BGH in der obigen Entscheidung eher einem Schutz der Werbefunktion von Kennzeichen in Form von Werbeslogans bzw. der wettbewerbsrechtlichen Schutzwürdigkeit
von Werbeanstrengungen zuneigt, weniger jedoch den Schutz einer »Leistung« im
Sinne des ergänzenden Leistungsschutzes, auch wenn dessen Kriterien letztlich herangezogen werden708.
Wie im Falle des ergänzenden Leistungsschutzes nach § 4 Nr. 9 UWG stellt sich entsprechend auch bei der Gewährung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs aufgrund unlauterer Nachahmung eines Werbeslogans nach § 3 UWG die Frage nach
dem Verhältnis zu parallelen markenrechtlichen Ansprüchen.
c) Schutz markenfähiger Slogans
Werbeslogans werden bei Prüfung ihrer markenrechtlichen Eintragungsfähigkeit
mittlerweile unterschiedslos wie sonstige Mehrwortmarken behandelt709. Da für eine
Eintragung bereits eine minimale Unterscheidungskraft genügt, ist davon auszugehen, dass in der Praxis eine Vielzahl von Werbeslogans eingesetzt wird, welche tatsächlich markenrechtlich schutzfähig sind, für die jedoch keine Eintragung vorgenommen wird. Insofern ist fraglich, ob einer Gewährung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs auf Grundlage von § 3 UWG markenrechtliche Wertungen entgegenstehen würden.
Unter (strenger) Berücksichtigung der Vorrangthese des BGH wäre die Gewährung
eines wettbewerbsrechtlichen Schutzes von Werbeslogans wie er noch in der Entscheidung »Wärme fürs Leiben« zugesprochen wurde, nicht mehr möglich 710. Wie im
Rahmen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes nach § 4 Nr. 9
UWG von Produktgestaltungen bereits dargelegt, steht bei Gewährung eines diesbezüglichen wettbewerbsrechtlichen Anspruchs aus § 3 UWG unter Berücksichtigung
der Kriterien einer Herkunftstäuschung im Rahmen einer Interessenabwägung eine
Umgehung markenrechtlicher Wertungen jedoch nicht zu befürchten. Dies deshalb,
da die Unlauterkeitsumstände, welche zur Prüfung herangezogen werden müssten,
weitergefasst sind, als die markenrechtlichen Voraussetzungen, welche im Falle eines
bestehenden Markenschutzes des Werbeslogans hätten geprüft werden müssen. Handelt es sich um einen Sachverhalt, welchem die Ausnutzung der Bekanntheit, des
Rufes oder der Wertschätzung zugrunde liegt – sofern letztere im Falle eines Werbeslogans überhaupt denkbar sind – muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Unlauter keitsumstände, welche im Rahmen einer Prüfung des § 3 UWG berücksichtigt werden, über diejenigen hinausgehen, welche einer Prüfung des § 14 II Nr. 3 MarkenG
708 Vgl. ähnlich Sambuc, FS Hertin, 439ff., 450.
709 S.o., 47.
710 Vgl. Ingerl, WRP 2004, 809ff., 814.
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zugrundegelegt werden. Zu berücksichtigen ist allerdings insofern, dass es sich bei
einem bekannten Werbeslogan nicht lediglich um einen markenfähigen Slogan, sondern i.d.R. bereits infolge der Verkehrsdurchsetzung um einen markenrechtlich
geschützten Werbespruch handelt.
Wird eine Unlauterkeit im Rahmen der Prüfung des § 3 UWG auf Grundlage anderer
Umstände festgestellt als derjenigen, welche bei Heranziehung markenrechtlicher
Vorschriften geprüft werden, steht einer Anwendung des UWG mithin nichts im
Wege.
d) Schutz markenrechtlich geschützter Slogans
Ist ein Werbeslogan bereits markenrechtlich geschützt, sei es als bekannter Werbeslogan mittels Verkehrsdurchsetzung oder durch Eintragung als Mehrwortmarke, stehen
im Nachahmungsfall markenrechtliche Ansprüche aus § 14 II MarkenG und wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus § 3 UWG parallel nebeneinander zur Verfügung. Im
Hinblick auf die Frage einer Umgehung markenrechtlicher Wertungen durch die
Gewährung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs kann insofern auf die Ausführungen zum Schutz eines markenfähigen Slogans und auf die Ausführungen zum
Nachahmungsschutz nach § 4 Nr. 9 UWG verwiesen werden, da dessen Kriterien
gleichfalls im Rahmen einer Abwägung nach § 3 UWG berücksichtigt werden
können711.
e) Schutz markenrechtlich nicht schutzfähiger Slogans
Auch bei markenrechtlich per se nicht schutzfähigen Slogans gilt, dass dadurch, dass
der Anwendungsbereich des Markenrechts schon gar nicht eröffnet ist, auch keine
markenrechtlichen Wertungen umgangen werden können. Ein Rückgriff auf das
Wettbewerbsrecht ist in derartigen Fällen stets möglich712.
VII. UWG-Schutz von Markeninhabern gegen unlauteren Behinderungswettbewerb
Nach § 4 Nr. 10 UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer Mitbewerber
gezielt behindert. Im Zusammenhang mit Kennzeichenrechten kann eine derartige
Behinderung insbesondere dann relevant sein, wenn diese als Mittel des Wettbewerbskampfes dazu eingesetzt werden, Marktteilnehmer an einer Zeichenverwendung zu
hindern. Ein Behinderungsschutz aus § 4 Nr. 10 UWG ist dabei zum einen dadurch
denkbar, dass der Einwand der Behinderung gegen einen anspruchstellenden Markeninhaber vorgebracht wird. Zum anderen kann auf Grundlage dieser Vorschrift Unter-
711 S.o., 148.
712 S.o., 143ff.
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References
Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.