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eindruck abgestellt werden muss, bzw. dass sich eine zergliedernde Betrachtungsweise verbietet. Im entschiedenen Fall konnte nicht unterstellt werden, dass das von
der Klägerin verwendete Etikett als neu gebildetes Kombinationszeichen als durchgesetzte Marke angesehen werden konnte, weshalb eine Verwechslungsgefahr allein
nach § 14 II Nr. 2 MarkenG hätte untersucht werden müssen686.
Da der BGH in dieser Entscheidung markenrechtliche Wertungen berücksichtigte,
stellt sie den Ausgangspunkt dar für eine Rechtsprechung im Bereich des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes, welche im Zusammenhang mit der Nachahmung
von markenrechtlich nicht geschützten Kennzeichen kennzeichenrechtliche Grundsätze berücksichtigt687. Diese Fallgruppe kann mithin als weiteren Beleg dafür angeführt werden, dass es keine Wertungswidersprüche hervorruft, wenn einer markenrechtlich nicht geschützten Marke in kennzeichenrechtlich relevanten Sachverhalten
wettbewerbsrechtlicher Schutz gewährt wird.
3. Zusammenfassung und Ergebnis
a) UWG-Schutz dreidimensionaler Produktgestaltungen nach § 4 Nr. 9 a) und b)
UWG im Verhältnis zum Schutz dreidimensionaler Produktgestaltungen nach
dem MarkenG
Bei der Betrachtung des Verhältnisses des »ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz« nach § 4 Nr. 9 a) und b) UWG zum MarkenG kann unter Betrachtung
der besonders relevanten dreidimensionalen Produktgestaltungen auf unterschiedliche Fallkonstellationen einer markenrechtlich schutzfähigen, aber nicht geschützten,
einer bereits markenrechtlich geschützten sowie einer per se schutzunfähigen Produktgestaltung abgestellt werden.
Die Tatsache, dass ein Hersteller bzw. Marktteilnehmer keinen markenrechtlichen
Schutz für sein eigentlich schutzfähiges Erzeugnis gesucht hat, steht einer Anwendung von § 4 Nr. 9 a) UWG grundsätzlich nicht entgegen, da das UWG mit dem
Merkmal der Vermeidbarkeit eine gegenüber dem MarkenG zusätzliche Voraussetzung fordert. Demgegenüber kann sich bei einer (isolierten) Rufausbeutung bzw. –
Beeinträchtigung nach § 4 Nr. 9 b) UWG ein Wertungswiderspruch mit § 14 II Nr. 3
UWG ergeben, wenn die geltend gemachten Umstände nicht über diejenigen des markenrechtlichen Anspruchs hinausgehen. Entsprechendes gilt für markenrechtlich
bereits geschützte Produktgestaltungen. In Fallkonstellationen eines aus Rechtsgründen ausgeschlossenen markenrechtlichen Schutzes, ist, da der Anwendungsbereich
des MarkenG insofern noch gar nicht eröffnet ist, keine Rechtfertigung zur Verweigerung eines wettbewerbsrechtlichen Schutzes nach § 4 Nr. 9 UWG ersichtlich.
686 So aber Schulz, FS Helm, 237ff., 251.
687 Vgl. BGH GRUR 2001, 1050ff., 1051 – Tageschau; BGH GRUR 2001, 1054ff., 1055 – Tagesreport
zur Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks zur Ermittlung einer Ausnutzung der Wertschätzung i.S.v.
§ 14 II Nr. 3 MarkenG; BGH GRUR 2003, 973ff., 975 unter Anwendung von Prägetheorieregeln zur
Ermittlung des Gesamteindrucks.
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b) Herkunftstäuschung aufgrund ähnlicher Etiketten
Im Rahmen eines Vergleichs markenrechtlich nicht erfasster Kennzeichnungen, sind
die von der Rechtsprechung entwickelten markenrechtlichen Grundsätze zum Zeichenvergleich heranzuziehen. Die Fallgruppe »Herkunftstäuschung für Waren aufgrund ähnlicher Etiketten« zeigt deshalb, dass Befürchtungen einer Umgehung markenrechtlicher Wertungen unbegründet sind, da diese im Rahmen des UWG-Leistungsschutzes berücksichtigt werden.
VI. UWG-Schutz von Werbeslogans
Die markenrechtliche Eintragungsfähigkeit von Werbeslogans, welche sich mittlerweile nach den Grundsätzen von Mehrwortmarken richtet688, wirft die Frage auf, ob
sich hieraus Auswirkungen auf einen außermarkenrechtlichen Schutz von Slogans
ergeben. Ein nicht als Marke eingetragener Werbeslogan, welchem auch keine Verkehrsdurchsetzung nach § 4 Nr. 2 MarkenG nachgewiesen werden kann, bleibt markenrechtlich ungeschützt. Hinzukommt, dass ein Schutz nach § 14 II MarkenG nicht
allzu selten daran scheitern wird, dass es an den Voraussetzungen der Bekanntheit
oder der kennzeichenmäßigen Benutzung des Kennzeichens fehlt689.
a) Ergänzender wettbewerbsrechtlicher »Leistungsschutz« für Werbeslogans?
§ 4 Nr. 9 UWG schützt seinem Wortlaut nach »Waren oder Dienstleistungen eines
Mitbewerbers« vor unlauterer Nachahmung. Zur Gewährung eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs im Rahmen des ergänzenden Leistungsschutzes müsste sich ein
Werbeslogan entsprechend in eine dieser beiden Kategorien einordnen lassen. In der
Literatur wird der Wortlaut »Waren und Dienstleistungen« teilweise ergebnisorientiert derart weit aufgefasst, dass nahezu sämtliche Arbeitsergebnisse, u.a. auch Werbesprüche, noch von § 4 Nr. 9 UWG als nunmehr kodifiziertem Nachahmungsschutz
erfasst sein sollen690 oder aber zumindest eine analoge Anwendung von § 4 Nr. 9
UWG in Betracht komme691.
Bei einem Werbeslogan handelt es sich jedoch weder um eine Dienstleistung noch um
eine Ware i.S.v. § 4 Nr. 9 UWG. So lässt sich ein Werbeslogan schon deshalb nicht
als Dienstleistung einordnen, da es sich nicht um eine Tätigkeit handelt, welche im
Rahmen dienst- oder werkvertraglicher Tätigkeit für einen Anderen erbracht wird692.
688 S.o, 48.
689 Siehe zu diesen Voraussetzungen oben, 26ff.
690 Hefermehl/Köhler/Bornkamm, § 4 Rn. 9.22; Ströbele/Hacker, 8. Auflage, § 2 Rn. 25; Harte/Henning/
Sambuc, UWG, § 4-9 Rn. 21.
691 Hefermehl/Köhler/Bornkamm, § 4 Rn. 9.21.
692 Vgl. zur Definition einer Dienstleistung i.S.v. § 4 Nr. 9 a) UWG allgemein MünchKommUWG/
Wiebe, § 4 Nr. 9 Rn. 51.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.