132
parallele Irreführung der Verbraucher oftmals ausscheidet605, sofern kein tatsächlicher Nachweis hierfür vorliegt. Im Ergebnis ist deshalb der pauschale Verweis auf
den Vorrang des Markenrechts nicht geeignet, die europarechtlichen Richtlinienvorgaben dahingehend zu modifizieren, dass hierdurch markenrechtlich nicht geschützte
Kennzeichen nicht erfasst sein sollen606.
4. Schutz nach § 3 UWG
Des Weiteren kommt bei kennzeichenrechtlich nicht geschützten Marken eine
Anwendung der Generalklausel des § 3 UWG in Betracht. Insofern muss anhand des
konkreten Einzelfalls untersucht werden, ob besondere Unlauterkeitsmomente feststellbar sind. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Marktteilnehmer durch sein Verhalten in verwerflicher Absicht auf die Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr
abzielt607 oder wenn durch die Benutzung eines ungeschützten Zeichens eine Rufausbeutung bezweckt wird608. Insofern gilt auch für ungeschützte Kennzeichen, dass ein
Vorrang des Markenrechts einen Rückgriff auf § 3 UWG nicht pauschal verhindern
kann.
5. Zusammenfassung und Ergebnis
Im Rahmen eines Schutzes markenrechtlich nicht geschützter Marken kommt der
Rechtsfigur der Ausstattungsanwartschaft weiterhin eine zentrale Bedeutung zu. Insbesondere werden durch sie keine markenrechtlichen Wertungen umgangen, sodass
eine »besondere Vorsicht« bei ihrer Anwendung nicht notwendig ist.
Markenrechtlich ungeschützte Marken genießen des Weiteren einen Irreführungsschutz nach den §§ 3, 5 UWG, welchem der Vorrang des Markenrechts nicht entgegensteht. Dies entspricht auch den Vorgaben des europäischen Gesetzgebers, welcher
mit Art. 6 II a) RL 2005/29/EG auch eine Irreführung hinsichtlich der betrieblichen
Herkunft, d.h. eine Verwechslungsgefahr, im Zusammenhang mit kennzeichenrechtlich ungeschützten Marken erfasst.
Schließlich ist stets auch anhand der konkreten Umstände im Einzelfall zu prüfen, ob
ein Schutz nach § 3 UWG in Betracht kommt, welcher nicht pauschal unter Berufung
auf die Begrenzungswirkung des Markenrechts verweigert werden kann.
605 Vgl. Steinbeck, WRP 2006, 632ff., 637, mit Hinweis auf BPatG GRUR 2005, 777ff. – Nutella/Natalla.
606 S.o., 130ff.; vgl. Sack, WRP 2004, 1405ff., 1423, welcher darauf hinweist, dass letztlich der EuGH
über eine parallele Anwendbarkeit entscheiden müsse; so auch Ströbele/Hacker, 8. Auflage, § 2 Rn.
22.
607 Sack, WRP 2004, 1405ff., 1423.
608 BGH GRUR 1997, 754ff., 755 – grau/magenta; BGH GRUR 1969, 190ff., 191 – halazon.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.