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objektive Möglichkeit der Schädigung in Betracht kommt557. Eine entsprechende
Absicht kann dabei einen ausreichenden zusätzlichen Umstand darstellen, welcher die
Annäherung an ein Kennzeichen unlauter erscheinen lässt558.
3. Zusammenfassung und Ergebnis
a) Schutz nicht bekannter Marken gegen Irreführung
Ungeachtet der Vorrangthese des Markenrechts vor dem Wettbewerbsrecht sind eingetragene nicht bekannte Marken wettbewerbsrechtlich gegen Irreführung geschützt.
In den Irreführungsschutz nach den §§ 3, 5 UWG sind dabei auch einfache Herkunftsangaben mit einzubeziehen, da die Privilegierung von »qualifizierten Herkunftsangaben« durch die vom BGH vertretene Lehre der qualifizierten Herkunftsangabe angesichts der Unsicherheiten bei der Unterscheidung zwischen einer einfachen und einer
qualifizierten Angabe nicht gerechtfertigt ist559. Hierdurch erfolgt kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Markeninhabers.
b) Unlautere Rufausbeutung und -beeinträchtigung nicht bekannter Marken
Eingetragenen nicht bekannten Marken kann unter der Anwendung des UWG ein
Schutz gegen unlautere Rufausbeutung und -beeinträchtigung zukommen. Die Heranziehung eines wettbewerbsrechtlichen Schutzes kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, da bei einem ersichtlichen Schutzbedürfnis des Inhabers einer nicht
bekannten Marke keine Rechtfertigung ersichtlich ist, diesen in derartigen Konstellationen schutzlos zu stellen.
IV. UWG-Schutz markenrechtlich nicht geschützter Marken
1. Allgemein
Das MarkenG greift als sondergesetzlicher Kennzeichenschutz nur ein, wenn eine der
Voraussetzungen des § 4 MarkenG vorliegt, d.h. wenn eine Eintragung nach § 4 Nr. 1
MarkenG vorgenommen wurde, eine Benutzung im Inland stattfand, welche zur Verkehrsgeltung beim Publikum führte (§ 4 Nr. 2 MarkenG) oder wenn eine notorische
Bekanntheit auch ohne Benutzung nach Art. 6bis PVÜ vorliegt. Der Markenschutz
durch Verkehrsgeltung wurde unter dem WZG als Ausstattungsrecht anerkannt und
557 Vgl. BGH GRUR 1994, 808ff., 811 – Markenverunglimpfung I; BGH GRUR 1991, 465ff., 468 –
Salomon m. Anmerkung Rohnke.
558 BGH GRUR 1997, 754ff., 755 – grau/magenta.
559 S.o., 114ff.
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References
Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.