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3. UWG-Schutz bekannter Marken gegen Annäherung
Grundsätzlich gilt, dass eine bloße zeichenmäßige Annäherung Dritter an ein
geschütztes älteres Kennzeichen sowohl markenrechtlich als auch wettbewerbsrechtlich hinzunehmen ist, wenn hierdurch keine Verwechslungsgefahr begründet wird
und keine weiteren Unlauterkeitsumstände vorliegen, welche über die Tatsache der
bloßen Annäherung hinausgehen498.
Handelt es sich bei der älteren Marke um ein bekanntes Kennzeichen, ist für den wettbewerbsrechtlichen Schutz entscheidend, inwieweit das markenrechtliche Tatbestandsmerkmal der Zeichenähnlichkeit i.S.v. § 14 II Nr. 3 MarkenG reicht. Legt man
dabei die Rechtsprechung des EuGH zugrunde, so genügt für eine relevante Ähnlich keit i.S.d. § 14 II Nr. 3 MarkenG bereits die Feststellung, dass die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen und die Marke gedanklich miteinander verknüpfen, ohne
dass eine die Gefahr von Verwechslungen i.S.v. § 14 II Nr. 2 MarkenG auslösende
Ähnlichkeit vorliegen muss499. Obwohl nach Auffassung des BGH allen drei Alternativen des § 14 II MarkenG ein identischer Ähnlichkeitsbegriff zugrunde liegt500, werden inzwischen ungleich mehr Fälle einer Annäherung in den Anwendungsbereich
des Markenrechts gebracht.
Jedoch gilt trotz dieser faktischen Ausweitung, dass aus einer Annäherung selbst nicht
auf Unlauterkeit geschlossen werden darf, sofern keine unlauterkeitsbegründenden
Umstände i.S.v. § 14 II Nr. 3 MarkenG vorliegen. Ein wettbewerbsrechtlicher Schutz
unter Berücksichtigung der hier vertretenen Vorrangthese ist demnach erst dann möglich, wenn entweder Umstände festgestellt werden können, welche im Rahmen einer
Prüfung nach § 14 II Nr. 3 MarkenG nicht berücksichtigt wurden, oder dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.
4. Zusammenfassung und Ergebnis
Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass der im Markenrecht verankerte Sonderschutz bekannter Kennzeichen gegen Rufausbeutung und Rufbeeinträchtigung nicht
dazu führt, dass ein diesbezüglicher Schutz außerhalb des Kennzeichenrechts ausge schlossen ist:
Ist die Voraussetzung einer zeichenmäßigen Benutzung nicht gegeben, so sind
bekannte Marken dennoch lauterkeitsrechtlich gegen unlautere Rufausnutzung und
-beeinträchtigung nach § 6 II Nr. 4 UWG geschützt.
Des Weiteren kann sich ein Markeninhaber auch auf die §§ 3, 4 Nr. 7 UWG berufen, auf welche aufgrund anderer Tatbestandsvoraussetzungen als derjenigen des
§ 14 II Nr. 3 MarkenG neben einem nicht kennzeichenmäßigen Gebrauch auch parallel zu markenrechtlichen Ansprüchen zurückgegriffen werden kann. Insoweit
498 Vgl. OLG Düsseldorf GRUR 2001, 247ff., 250 – T-Auskunft.
499 Vgl. EuGH GRUR 2004, 58ff., 60 Rn. 39 – Adidas/Fitnessworld.
500 Vgl. BGH GRUR 2005, 483ff., 484 – Lila Postkarte.
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References
Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.