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etablierten Fallgruppen einer unlauteren Behinderung des Vorbenutzers zurückgreifen.
Der BGH entschied im bekannten Fall »Classe E«, dass sich eine Marke, die zu Spekulationszwecken angemeldet wurde, am allgemeinen Grundsatz der unzulässigen
Rechtsausübung messen lassen muss236. In diesem Fall hatte sich eine Privatperson in
Frankreich die Marke »Classe E« registrieren lassen und diese als internationale
Marke u.a. für Kraftfahrzeuge auf die Schweiz und Deutschland erstreckt. Als der
Automobilhersteller für seine mittlere Baureihe in Deutschland die Bezeichnung »E-
Klasse« verwenden wollte, trat der Markeninhaber mit Lizenzforderungen an das
Unternehmen heran. Auf eine negative Feststellungsklage des anmeldenden Unternehmens hin verneinte der BGH Ansprüche aus der IR-Marke, da die Ausübung der
Rechte gegenüber der Klägerin unlauter war und der Beklagte sie daher nach § 242
BGB nicht geltend machen kann.
Als Kriterien für eine missbräuchliche Ausnutzung der formalen Stellung als Markeninhaber bestätigte der BGH zum einen das Vorliegen einer Vielzahl von unterschiedlichen Anmeldungen für die unterschiedlichsten Klassen und Dienstleistungen. Zum
anderen führte er das Fehlen eines hinsichtlich der in Rede stehenden Marken fehlenden Benutzungswillens im eigenen Unternehmen oder als markenstrategischer Berater für Dritte auf und dass die Marken deshalb akkumuliert werden, um Dritte, die
ähnliche oder identische Marken verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen 237.
Sind die obigen Kriterien erfüllt, kann ein durch Dritte unter einem bestimmten Kennzeichen an der Marktteilnahme gehindertes Unternehmen auch unter Berufung auf § 3
UWG auf Einwilligung in die Löschung klagen und im Anmeldeverfahren bzw. vor
ordentlichen Gerichten eine markenrechtliche Löschung nach § 50 I i.V.m. § 8 II Nr.
10 MarkenG betreiben.
4. § 13 MarkenG und UWG
Nach § 13 MarkenG kann die Eintragung einer Marke gelöscht werden, wenn ein sonstiges, nicht in den §§ 9-13 MarkenG aufgeführtes Recht zur Untersagung berechtigt.
Die Aufzählung der sonstigen Rechte in § 13 II MarkenG ist dabei zwar nicht
abschließend. Als sonstige Rechte i.S.d § 13 MarkenG kommen nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nur absolute Rechte in Frage, weshalb wettbewerbsrechtliche
Ansprüche hiervon nicht erfasst sind238. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut,
welcher »ein (absolutes) Recht« mit älterem Zeitrang fordert.
236 BGH GRUR 2001, 242ff., 244 – Classe E.
237 BGH GRUR 2001, 242ff., 244 – Classe E.
238 BGH GRUR 2000, 1032ff., 1033 – EQUI 2000; zustimmend Ströbele/Hacker, § 13 Rn. 4; Sack, WRP
1405ff., 1413; Ingerl/Rohnke, § 13 Rn. 15; a.A. Fezer, MarkenR, § 13 Rn. 2.
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III. Zusammenfassung und Ergebnis
1. Kennzeichenmäßige Benutzung
Die markenrechtlichen Ansprüche des § 14 II, V MarkenG erfordern weiterhin eine
kennzeichenmäßige Benutzung, welche damit zugleich den Anwendungsbereich des
Markenrechts bestimmt. Eine kennzeichenmäßige Benutzung erfasst dabei dann eine
firmenmäßige Benutzung, wenn es so benutzt wird, dass eine Verbindung zwischen
dem Kennzeichen und von Dritten vertriebenen Waren hergestellt wird. Trotz der im
Vergleich zum WZG erfolgten Ausweitung des Benutzungsbegriffs, bestehen weiterhin kennzeichenrechtlich relevante Sachverhalte, welche mangels einer relevanten
Benutzung nicht in den Anwendungsbereich des MarkenG fallen. Es kommt somit
weiterhin auf eine Prüfung im konkreten Einzelfall an, ob die Voraussetzung einer
markenmäßigen Benutzung erfüllt ist.
2. Doppelidentität, § 14 II Nr. 1 MarkenG
Der aus § 14 II Nr. 1 MarkenG folgende Anspruch des Markeninhabers gegen Dritte
im Fall der Doppelidentität von Kennzeichen und Waren bringt durch den Verzicht
auf das Erfordernis der Verwechslungsgefahr primär wettbewerbsrechtlich relevante
Verhaltensweisen, wie z.B. Parallelimporte durch vom Markeninhaber nicht autorisierte Händler, in den Anwendungsbereich des Markenrechts.
3. Markenschutz außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs
Außerhalb des Bereichs ähnlicher Waren und Dienstleistungen wird ein Markenschutz gemäß § 14 II Nr. 3 MarkenG bei Vorliegen einer zeichenmäßigen Benutzung
gewährt. Ein markenrechtlicher Schutz scheidet jedoch zum einen bei nicht kennzeichenmäßiger Verwendung eines Zeichens aus. Zum anderen wird ein Sachverhalt
außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs dann nicht vom MarkenG erfasst, wenn eine
absolute Unähnlichkeit der Zeichen vorliegt, welche keine Assoziationen beim Verkehr mit Drittmarken auslöst, da für § 14 II Nr. 3 MarkenG nicht dieselben Grundsätze gelten wie zur Feststellung einer zu einer Verwechslungsgefahr führenden Zeichenähnlichkeit i.S.v. § 14 II Nr. 2 MarkenG.
4. Markenschutz innerhalb des Ähnlichkeitsbereichs
Innerhalb des Ähnlichkeitsbereichs sind bekannte Marken durch eine analoge
Anwendung des § 14 II Nr. 3 MarkenG geschützt. Es bedarf deshalb keiner weiten
Auslegung des Begriffs des gedanklichen Inverbindungbringens, welche im Übrigen
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References
Zusammenfassung
Wann ist ein Markenschutz durch das UWG möglich? Welche Fallgruppen bestehen an der Schnittstelle des Marken- und Lauterkeitsrechts und wie sind diese rechtlich zu behandeln? Diesen Fragen, mit denen Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig konfrontiert werden, stellt das Werk eine umfassende Gesamtdarstellung gegenüber. Es behandelt die relevanten Fallgruppen, in denen sich die Anwendungsbereiche des Markengesetzes und des UWG überschneiden können und beschäftigt sich mit der Frage des Verhältnisses der beiden Rechtsgebiete zueinander, insbesondere ob sich ein Markeninhaber zum Schutz seines Kennzeichens sowohl auf das Marken- als auch auf das Wettbewerbsrecht berufen kann.