214
C. Der Strukturwandel der US-amerikanischen Limited Partnership
Die bisherige Darstellung hat gezeigt, dass beide Rechtsordnungen dem Gedanken von
Inhaberschaft, Geschäftsführungsmacht und beschränkter Haftung in der atypischen
Kommanditgesellschaft grundsätzlich verschieden entgegengetreten sind. In den USA
wurde regelmäßig für jede Durchbrechung des Trennungsprinzips die unbeschränkte
Haftung des Kommanditisten angenommen, wohingegen in Deutschland eine solche
Haftung nur in Ausnahmefällen in Frage kommt. Im Rahmen der bisherigen Bearbeitung wurden die maßgeblichen Hintergründe für die unterschiedlichen Ergebnisse
aufgezeigt.
Allerdings wurde ebenfalls festgestellt, dass in einem US-Bundesstaat, der den ULPA
2001 umsetzt nur noch wenige Möglichkeiten bestehen, um auf die atypische Kommanditgesellschaft mit der persönlichen Haftung des Kommanditisten zu reagieren.
Diese Ausgangslage würde jedoch im Widerspruch zu den gewonnen Erkenntnissen
stehen, mit denen die persönliche Haftung des herrschenden limited partner begründet
wurde. Dabei stehen zwei Aspekte im Vordergrund, die zuvor als Begründung für die
Haftung des herrschenden Kommanditisten ins Feld geführt worden waren: erstens die
strikte Zweiteilung zwischen der Personen- und börsennotierten Kapitalgesellschaft und
die damit verbundene Trennung zwischen Geschäftsführungsmacht und dem Privileg
der beschränkten Haftung. Zweitens die Annahme des Rechtsverkehrs, dass eine
Personengesellschaft von den unbeeinflussten Fähigkeiten des unbeschränkt haftenden
Inhabers der Gesellschaft geleitet wird. In diesem Zusammenhang hat der
amerikanische Länderbericht bereits Ansätze einer Entwicklung im US-amerikanischen
Partnerschaftsrecht verdeutlicht, die maßgeblichen Einfluss auf die genannten Aspekte
hat. Im folgenden Teil gilt es, diesen Strukturwandel im US-amerikanischen
Gesellschaftsrecht zu analysieren. Im Zuge dessen wird sich zeigen, dass die Haftung
eines herrschenden limited partner einen Anachronismus im heutigen Unternehmensrecht der USA darstellt. Gegenwärtig besteht eine Trennung zwischen Geschäftsführungsmacht und dem Privileg der beschränkten Haftung nur noch in Einzelfällen. Eine
strikte Zweiteilung zwischen Personen- und börsennotierten Kapitalgesellschaften
existiert nicht mehr. Ein Vertrauen des Rechtsverkehrs, dass eine geschäftsführende
Person zugleich der persönlich haftende Inhaber des Unternehmens ist, kann in Zukunft
zumindest in den USA nicht mehr berechtigt sein.
I. Evolution gesellschaftsrechtlicher Rechtsformen
"In a world with LLPs, LLCs and, most importantly, LLLPs, the control rule has
become an anachronism."1161 Der Kommentar der Verfasser des Gesetzesvorschlages
1161 Official Comment to § 303 (a) ULPA 2001, 6a ULA, 47 (West 2005).
215
ist kennzeichnend für die derzeitige Entwicklung im US-amerikanischen Personengesellschaftsrecht.1162 Die Trennung zwischen börsennotierten Kapital- und börsenunabhängigen Personengesellschaften wird durch die Anerkennung einer Vielzahl von
hybriden Gesellschaftsformen immer mehr aufgehoben.1163 Zu diesen hybriden Rechtsformen zählen insbesondere die Limited Liability Company (LLC), die Limited Liability
Limited Partnership (LLLP) und die Limited Liability Partnership (LLP). Die Gesellschaftsformen werden zwar als Partnerschaftsgesellschaft klassifiziert und besteuert, sie
weisen aber wesentliche Elemente einer Kapitalgesellschaft auf.1164 Sämtliche neue
Rechtsformen sind dadurch geprägt, dass die Anteilseigner als Inhaber der Gesellschaft
nur beschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, gleichzeitig aber
direkte Geschäftsführungsbefugnisse ausüben können.1165 Die beschränkte Haftung hat
nunmehr auch Einzug in den großen Bereich der börsenunabhängigen Kleinunternehmen gefunden.
a) Rechtsformenvielfalt
Im Folgenden werden die neuen börsenunabhängigen, hybriden Unternehmensformen
dargestellt und die maßgeblichen Gründe für den Erfolg der Rechtsformen aufgezeigt.
Danach gilt es die Rechtsformenvielfalt in den Kontext der Evolution des USamerikanischen Unternehmensrechts zu setzen. Die daraus gewonnen Erkenntnisse
sollen danach für das nationale Recht fruchtbar gemacht werden.
b) Limited Liability Company
Die LLC1166 ist eine nicht inkorporierte (unincorporated) Unternehmensform, die ihren
Anteilseignern trotzdem das Privileg der beschränkten Haftung gewährt. Die Rechtsform wurde im Jahre 1977 im US-Bundesstaat Wyoming1167 nach dem Vorbild der
deutschen GmbH1168 erfunden und bereits wenig später von Florida übernommen.1169
1162 Vgl. Ribstein, 26 J.Corp.L. 819 (2001); auch Samuelsson, 2005 U.Ill.L.Rev. 15 (The Evolution of
Corporate Forms), Hansmann/Kraakman/Squire, 2005 U.Ill.L.Rev. 5.
1163 Vgl. Ribstein, 26 J.Corp.L. 819 (2001); Oh, A Jurisdictional Approach to Collapsing Corporate
Distinctions, 55 Rutgers L.Rev. 389 (2003); Rutledge, 51 S.D.L.Rev. 417, 421–423 (2006).
1164 Vgl. Ribstein, 26 J.Corp.L. 819 (2001); ders., 1 Berkeley Bu.L.J. 183, 192 (2004).
1165 Siehe zur fortlaufenden Entwicklung der beschränkten Haftung den Artikel von Lopucki, „The
Death of Liability“, 106 Yale L.J. 1 (1996).
1166 Ausführlich zur Gesichte der LLC siehe Rutledge, 51 S.D.L.Rev. 417, 422 ff. (2006).
1167 Wyoming LLPA, Wyo.Stat. Ann. §§ 17-15-101 bis 136 (1977).
1168 Zum Siegeszug der deutschen GmbH in Europa und in der Welt vgl. Lutter, FS 100 Jahre
GmbHG, 49, 55 ff. (1993); die dogmatische Einordnung der LLC fällt allerdings nicht gerade
leicht. Zwar mögen auf den ersten Blick Parallelen zur GmbH ersichtlich sein (siehe Darrow, 48
216
Seit die Bundessteuerbehörde der USA (International Revenue Service) die Regelung
einführte, der zufolge die LLC grundsätzlich wie eine Personengesellschaft besteuert
wird,1170 es sei denn, die Gesellschafter wählen ausdrücklich die Besteuerung als
Kapitalgesellschaft, entwickelte sich die LLC zu einer weit verbreiteten Unternehmensform in den USA.1171 Mittlerweise hat jeder der fünfzig US-Bundesstaaten die LLC
gesetzlich anerkannt.1172 In einigen Bundesstaaten übersteigt die Anzahl der LLC-Neugründungen bei weitem die einer normalen corporation.1173 Der Siegeszug der Gesellschaftsform ist eine der bemerkenswertesten Neuerungen des US-amerikanischen
Unternehmensrechts.1174
Die Gesellschaft zeichnet sich insbesondere durch einfache Gründungsvoraussetzungen aus. Es genügt, ein ausgefülltes Formular bei der zuständigen Behörde einzureichen, damit die juristische Person zur Entstehung gelangt. Des Weiteren haften die
Gesellschafter nicht für die Schulden der Gesellschaft, obwohl diese als Personengesellschaft besteuert wird.1175 Bei der internen Gesellschaftsstruktur können die
Gesellschafter zwischen einem personalistischen und kapitalistischen Innenverhältnis
wählen. Bei der personalistischen Ausgestaltung handeln sämtliche Gesellschafter gemeinsam für die Gesellschaft, bei der kapitalistischen Ausgestaltung werden eine oder
mehrere, meist gesellschaftsfremde Personen zu Managern (Geschäftsführern) gewählt.1176 Die LLC ist eine Gesellschaftsform, die die steuerlichen Vorteile und das
flexible Management von Personengesellschaften mit der beschränkten Haftung ihrer
Anteilseigner verbindet.1177 Gerade deshalb wird die Rechtsform zumeist als hybrid,
zwischen einer Kapital- und Personengesellschaft stehend, bezeichnet. 1178 Die genaue
rechtliche Einordnung jedoch fällt bis heute schwer. So wird die LLC zumeist mit der
englischen Private Limited Company,1179 aber auch teilweise mit der deutschen GmbH
verglichen. 1180
Tax Law 1 [1994]), aber so ergeben sich insbesondere in Bezug auf die Entstehungsgeschichte der
Gesellschaftsform Zweifel. Vgl. zum Ganzen Bruns, Haftungsbeschränkung, S. 95–96.
1169 Vgl. Lutter, GmbHR 2005, 1; Hamill, 59 Ohio St.L.J. 1459, 1460 (1998); zur Entwicklung der
LLC siehe auch Carney, 66 U.Colo.L.Rev. 855 (1995).
1170 IRS Rev.Ruling 88-76 (1988-2 C.B. 360); zur Frage, ob die LLC für die Zwecke des deutschen
Steuer- und internationalen Gesellschaftsrechts als Körperschaft oder als Personengesellschaft zu
qualifizieren ist, vgl. Walden, S. 278.
1171 Vgl. nur Lutter, GmbHR 2005, 1; siehe auch Clark, 58 Bus.Law. 1005 (2003); Rutledge, 51
S.D.L.Rev. 417, 422 (2006) m. w. N.
1172 Siehe die ausführliche Studie von Friedman, 38 Creighton L.Rev. 35–41 (2004).
1173 Siehe Rutledge. 51 S.D.L.Rev. 417, 422 Fn. 22 (2006) m. w. N.
1174 Goforth, 45 Syracuse L.Rev. 1193, 1272 (1995); Friedman, 38 Creighton L.Rev. 35 (2004);
Rutledge, 51 S.D.L.Rev. 417, 422 (2006).
1175 Siehe etwa Huss, 70 U.Cin.L.Rev. 95, 101 (2001); zur Frage der Haftung der Gesellschafter
untereinander vgl. Booth, 1 J.Small & Emerging Bus. L. 55 (1997).
1176 Siehe etwa Lutter, GmbHR 2005, 1.
1177 Vgl. etwa Fox, 62 Geo.Wash.L.Rev. 1143 (1994).
1178 Friedman, 38 Creighton L.Rev. 35 (2004); Hansmann/Kraakman/Squire, 2005 U.Ill.L.Rev. 5.
1179 Vgl. etwa Lembeck, NZG 2003, 956, 963f.; auch Schittker/Thiele, GmbHR 2002, 420 ff.
1180 Siehe Booth, 32 Wake Forest L.Rev. 79 (1997); auch Kulms, ZVglRWiss 102 (2003), 272ff.
217
c) Limited Liability Partnership
Die LLP1181 ist eine gewöhnliche general partnership, die aber mit einem full liability
shield ausgestattet ist.1182 Die Geschichte der LLP ist kürzer als die der LLC, denn die
erste gesetzliche Regelung wurde erst im Jahre 1991 im US-Bundesstaat Texas erlassen.1183 Im Gegensatz zu den Vorschriften für die LLC, die größtenteils in einem eigenständigen Gesetz zu finden sind, wurden die Regelungen für die LLP überwiegend
zu den bereits existierenden Partnership Acts hinzugefügt.
Damit eine general partnership in eine LLP umgewandelt wird, ist es nur
erforderlich, ein ausgefertigtes certificate mit dem Hinweis auf das umfassende liability
shield bei der zuständigen Stelle, zumeist dem Secretary of State, einzureichen.1184 Die
meisten Partnership Acts legen sogar ausdrücklich fest, dass sich das Wesen der Gesellschaft nicht ändert, also eine Umwandlung im rechtlichen Sinne nicht stattfindet. Vielmehr ändert sich nur die Haftung der Gesellschafter.1185 Die Rechte und Pflichten der
general partners und deren Stellung in der Gesellschaft bleiben weitgehend unverändert, während die Gesellschafter selbst nicht mehr persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen werden können.1186 Dadurch
wird weiterhin die personengesellschaftsrechtliche Flexibilität in Bezug auf die interne
Ausgestaltung der Gesellschaft gewahrt und darüber hinaus mit dem kapitalgesellschaftsrechtlichen Merkmal der beschränkten Haftung kombiniert.
d) Limited Liability Limited Partnership
Der ULPA sieht vor, dass sich die Gesellschafter einer LP entscheiden können, anstatt
der gewöhnlichen limited partnership eine LLLP zu gründen, in der kein Gesellschafter
mehr persönlich haften muss.1187 Der Unterschied zwischen der LLLP und der LLP entspricht dem Unterschied zwischen einer general und einer limited partnership. Zumindest gesetzlich werden den limited partners keine Mitwirkungsrechte eingeräumt,
wohingegen die general partners vollständig die Geschäftsführung der Gesellschaft
1181 Ausführlich zur LLP aus jüngster Zeit mit zahlreichen Nachweisen siehe Rutledge, 51 S.D.L.Rev.
417, 423–24 (2006).
1182 Vgl. Lackey, 55 Ark.L.Rev. 553, 557 (2002) ("The simplest way of looking at the LLP is to see it
… as a general partnership, with a few important modifications.").
1183 Vgl. Erichson/Sanders, 28 Tex.Tech.L.Rev. 1005 (1997); auch Hamilton, 66 U.Colo.L.Rev. 1065,
1069 (1995); danach folgten die US-Bundesstaaten Minnesota (Minn.State § 323.14 [1995]
[repealed 1997] und New York (N.Y. Partnership Law § 26 [b] [McKinney Supp. 2004]).
1184 Siehe Huss, 70 U.Cin.L.Rev. 95, 100 (2001).
1185 Siehe nur § 201 (b) RUPA 1997.
1186 Ausführlich zur LLP vgl. etwa Bishop, 53 Bus.L. 101 (1997); zu den Ausnahmen, bei denen ein
general partner trotz des limited liability shield noch persönlich in Anspruch genommen werden
kann, siehe Lackey, 55 Ark.L.Rev. 553, 557 (2002).
1187 Siehe Lackey, 55 Ark.L.Rev. 553, 559–60 (2002); Rutledge, 51 S.D.L.Rev. 417, 424 f. (2006).
218
innehaben. Der maßgebliche Unterschied zur limited partnership ist nur, dass die
general partners nun auch nicht mehr für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften
müssen.1188 Die Wahl der Rechtsform muss grundsätzlich bereits bei der Gründung der
Gesellschaft getroffen und zugleich im certificate der Gesellschaft aufgeführt werden
(§ 201[a] [4]). Wenn die Gesellschafter nachträglich entscheiden, die limited
partnership in eine LLLP umzuwandeln, muss das certificate entsprechend geändert und
die Änderungen beim zuständigen Secretary of State eingereicht werden (§ 202 [b]).1189
Sobald das certificate ordnungsgemäß ausgefertigt und eingereicht wurde, sind die
general partners grundsätzlich nicht mehr länger persönlich haftbar für die Schulden
und Verbindlichkeiten des Unternehmens.1190 Die limited partners bleiben ohnehin vor
jeglicher persönlichen Inanspruchnahme geschützt.1191 Die von dem ULPA 2001 vorgeschlagene LLLP reiht sich nahtlos in die vorangegangene Entwicklung ein, die zur
Anerkennung der LLC und LLP geführt hat: Die LLLP verbindet ebenfalls die Elemente
von Inhaberschaft, Geschäftsführungsmacht und beschränkter Haftung.
2. Neue steuerrechtliche Klassifizierungsregeln
Die sich abzeichnende Veränderung im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht ist auf
eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen. Einer der maßgeblichen Anstöße für eine
solche Entwicklung war die Entscheidung des US-amerikanischen Gesetzgebers, die
unternehmensrechtlichen Klassifizierungsregeln im Steuerrecht neu auszugestalten.1192
Dadurch wurde erreicht, dass die Zweiteilung zwischen Personen- und
Kapitalgesellschaften aus steuerlicher Sicht nicht mehr notwendig war.1193 Infolge-essen
wurde mehr und mehr versucht mit hybriden Rechtsformen, das (scheinbar) Beste von
„zwei Welten“1194 zu vereinen.
1188 Vgl. Goforth, 1997 Ark.L.Notes 25; auch Lackey 55 Ark.L.Rev. 554, 559 (2002).
1189 Ausführlich zu den Gründungsvoraussetzungen einer LLLP siehe Rall, 37 Suffolk U.L.Rev. 913,
915–16 (2004).
1190 § 404 (c) ULPA 2001; zu den Ausnahmen, bei denen ein general partner weiterhin persönlich
haften muss, vgl. Rall, 37 Suffolk U.L.Rev. 913, 917–26 (2004).
1191 § 303 ULPA 2001.
1192 Während des Civil War wurden corporations und partnerships identisch besteuert. Die
Steuerrechtssubjektivität von Kapitalgesellschaften wurde erst durch den Revenue Act aus dem
Jahre 1894 eingeführt (ch. 349, §§ 27, 28, 32, 28 Stat. 509). Zur Entwicklung der steuerrechtlichen
Unterscheidung von Kapital- und Personengesellschaften siehe etwa Scallen, 49 Minn.L.Rev. 603,
609–23 (1965).
1193 Oh, 55 Rutgers L.Rev. 389, 390 (2003).
1194 Nach Int’l Flavors & Textures, LLC v. Gardner, 966 F.Supp. 552, 553 (W.D.Mich.1997) ("[the
LLC is] designed to achieve the best of all worlds").
219
a) Four-Factor Resemblance Test
Bis zum Jahre 1996 bestand im Wesentlichen noch kein Bedürfnis, die grundsätzliche
Zweiteilung zwischen einer Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft aufzuheben. Denn im Fall der kapitalistischen Ausgestaltung der Personengesellschaft liefen
die Mitglieder der Gesellschaft Gefahr, den steuerlichen Vorteil einer Personengesellschaft zu verlieren. Denn bis zum Ende des Jahres 1996 hing die Frage nach der
steuerrechtlichen Qualifikation einer partnership noch davon ab, ob die konkrete
Gesellschaft auch in ihrer konkreten Ausgestaltung die charakteristischen Merkmale
einer Personengesellschaft aufwies (vergleichbar mit dem deutschen Typenvergleich).1195
Welche Kriterien für die Qualifikation einer Gesellschaftsstruktur als corporation
gelten, wurde in dem Grundsatzurteil Morrisey v. Commissioner1196 festgelegt.1197 Die
Entscheidung hat den kapitalistischen Einschlag einer Gesellschaftsform anhand eines
four-factor corporate resemblance test1198 (Treas.Reg. § 301.7701-2) bestimmt.1199
Danach wurde eine Personengesellschaft beim Vorliegen von mindestens zwei der
folgenden vier Merkmale als Körperschaft i. S. d. US-amerikanischen Steuerrechts angesehen:1200 (1) unbegrenzte Lebensdauer (continuity of life),1201 (2) Zentralisierung der
Geschäftsführung (centralized management),1202 (3) beschränkte Haftung (limited
liability),1203 (4) freie Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile (free transferability of
interests).1204 Bei der Klassifizierung der Gesellschaftsform wurde keinem der Kriterien
1195 Vgl. Friedland, 9 DePaul Bus.L.J. 109, 115 (1996); auch Blair, 1 Berkeley Bus.L.J. 1, 13 (2004);
Ribstein, 70 Wash.U.L.Q. 417, 423 (1992); ders., 58 Bus.Law. 1023 (2003).
1196 296 U.S. 344 (1935).
1197 Dazu etwa Friedland, 9 DePaul Bus.L.J. 109, 115 (1996).
1198 Morrisey v. Commissioner, 296 U.S. 344, 357–60 (1935); dem folgend United States v. Kintner,
216 F.2d 418 (9th Cir.1954).
1199 Die Grundsätze der Morrisey-und-Kintner-Entscheidung wurden alsbald gesetzlich kodifiziert und
im Zuge der Tax Reform grundlegend überarbeitet. Siehe Gergen, 56 SMU L.Rev. 343, 346–47
(2003); kritisch MLure, 88 Harv.L.Rev. 532 (1975); Caplin, 47 Va.L.Rev. 249, 260–63 (1961).
1200 Siehe die beiden leading-cases zum four-factor-resemblance test: Zuckmann v. United States, 524
F.2d 729 (Ct.Cl.1975); Larson v. Commissioner, 66 T.C. 159 (1979).
1201 Dazu Brannan, 1 Fla.Tax Rev. 197, 243–61 (1992); Ribstein, 70 Wash.U.L.Q. 417, 463 (1992).
1202 Zu diesem Merkmal Ribstein, 70 Wash.U.L.Q. 417, 464 (1992).
1203 Da dieses Merkmal bei einer limited partnership mit einem corporate general partner regelmäßig
vorliegt, würde die US-amerikanische GmbH & Co. KG zwangsläufig als corporation besteuert.
Um dies zu vermeiden, wurde das Merkmal limited liability nur bejaht, wenn die Kapitaleinlage
des corporate general partner zu gering ist (no substantial assets) oder der corporate general
partner nur als Strohmann ("merely a dummy") vorgeschoben wurde. Vgl. Treas. Reg. § 301.7701-
2 (d) (2) (1996); grundlegend bereits Zuckman v. United States, 524 F.2d 729, 741 (1975) ("no
substantial assets"); dazu Million/Bolding, 38 Bus.Law. 1487, 1527 (1983); ausführlich zu allen
Aspekten des Merkmals limited liability vgl. Brannan, 1 Fla Tax Rev. 197, 205–17 (1992).
1204 Siehe Barrett/Ewing, 67 Fla.B.J. 56, 58 ff. (1993).
220
der Vorzug eingeräumt. Vielmehr kam es nur darauf an, dass mindestens zwei dieser
Richtwerte vorlagen.1205
b) Check-the-Box Classification Rules
Da eine abstrakte Qualifikation zum einen nicht geeignet war, auf die neuen hybriden
Gesellschaftsformen zu reagieren,1206 und das Risiko einer Doppelbesteuerung
investitionshemmend war, wurde der classification test of entities for tax purposes Ende
der 90er-Jahre grundlegend umgestaltet.1207 Die ab dem 1. Januar 1997 geltenden checkthe-box classification rules verzichten auf den umständlichen Vier-Faktoren Test der
Vorgängerregelungen.1208 Vielmehr werden bestimmte Unternehmensformen unter der
neuen Regelung automatisch als corporation i. S. d. US-amerikanischen Steuerrechts
behandelt.1209
3. Zwischenergebnis
Bisher wurde die Zweiteilung zwischen Kapital- und Personengesellschaft insbesondere
aus steuerlichen Gründen strikt eingehalten.1210 In dem Moment, als die neuen steuerrechtlichen Klassifizierungsregeln jedoch erlassen wurden, bestand kein Bedürfnis
mehr, die traditionellen Unterschiede zwischen Kapital- und Personengesellschaft beizubehalten. Infolgedessen entstanden in den einzelnen US-Bundesstaaten Unternehmensformen, die zwar steuerlich als Personengesellschaft zu qualifizieren sind, aber
strukturell in vielen Bereichen einer Kapitalgesellschaft gleichen.1211 Dadurch ist eine
1205 Diese rein abstrakte Vorgehensweise zur Bestimmung der steuerrechtlichen Klassifizierung einer
Gesellschaftsform wich trotz der identischen Kriterien erheblich von dem in Morrissey v.
Commissioners aufgestellten Klassifizierungstest ab.. Siehe Friedland, 9 DePaul L.Rev. 109, 116–
17 (1996); Ribstein, 58 Bus.Law. 1023 (2003).
1206 So Notes, 90 Harv.L.Rev. 745, 748–50, 57 (1977) ("all the mechanistic are applied in mechanistic
fashion …"); siehe auch Ribstein, 70 Wash.U.L.Q. 417, 462 (1992).
1207 Friedland, 9 DePaul L.Rev. 109, 118–19 (1996).
1208 Ausführlich zu der Neuregelung vgl. Egan, 38 Tex.J.Bus.L. 379, 402 (2004); Blair, 1 Berkeley
Bus.L.J. 1, 13 (2004).
1209 Eine Unternehmensform, die nach den oben genannten Kriterien nicht automatisch als corporation
behandelt wird, wird als eligible entity charakterisiert. Falls diese eligible entity nach USamerikanischem Recht gegründet wurde, wird sie zumeist als domestic entity bezeichnet. Vgl.
Egan, 38 Tex.J.Bus.L. 379, 402 (2004). Eine domestic entity mit mindestens zwei Mitgliedern
wird grundsätzlich als partnership i. S. d. classification rules klassifiziert, wobei den
Gesellschaftern die Wahlmöglichkeit eingeräumt wird, die steuerrechtliche Behandlung als
corporation zu erhalten. Vgl. Friedland, 9 DePaul L.Rev. 109, 123–24 (1996).
1210 Siehe dazu Clark, 58 Bus.Law. 1005, 1011–12 (2003).
1211 Zur steuerlichen Begründung für die derzeitige Entwicklung vgl. statt vieler Haynsworth, 29
Del.J.Corp.L. 83, 109 (2005) ("In short, tax changes in the past have significantly impacted the
choice of business forms"; Rands, 49 S.M.U.L.Rev. 15, 17 (1995) ("The private sector frequently
221
Ausgangslage geschaffen worden, dass die strikte Trennung von Inhaberschaft,
Geschäftsführung und beschränkter Haftung im Personengesellschaftsrecht mehr und
mehr aufgehoben wurde. Die Übergänge zwischen den Rechtsformen haben angefangen
zu verwischen.1212
Eine Vergleichstudie zwischen den neu entstandenen hybriden Rechtsformen hat
ergeben, dass die Grenzen zwischen den neuen Unternehmensformen mittlerweile nahezu vollkommen verschwommen sind.1213 Selbst die gesetzlichen Regelungswerke der
hybriden Rechtsformen und die der Kapitalgesellschaften gleichen sich in weiten
Teilen.1214 Hybride Rechtsformen sind in der Lage, das Prinzip der beschränkten Haftung ihrer Anteilseigner, das traditionell den Kapitalgesellschaften vorbehalten war, mit
der freien vertraglichen Ausgestaltung einer Personengesellschaft zu verbinden.1215 Die
daraus entstehende Verbindung von Inhaberschaft, Geschäftsführung und beschränkter
Haftung ist ein Novum im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht.1216 Ob dieses Novum
aus Gründen des Gläubigerschutzes wünschenswert ist, wird im Laufe der Bearbeitung
noch eingehend untersucht.
Auf jeden Fall hat die Veränderung der Rechtsformen in den USA großen Einfluss
auf die limited partnership, die sozusagen als Urform aller hybriden Rechtsformen
bezeichnet werden kann. Zu Recht merkten die Verfasser des neuen Gesetzesvorschlages zur limited partnership (ULPA 2001) an, dass es ein Anachronismus ist, an
einer Haftung des herrschenden Kommanditisten festzuhalten, in Anbetracht von Unternehmensformen, die eine direkte und flexible Geschäftsführung mit dem Prinzip der
beschränkten Haftung verbinden.1217 Die zwei Grundannahmen, mit denen die Haftung
des herrschenden Kommanditisten in den USA überwiegend gerechtfertigt wurde,
werden zumindest faktisch durch die neu entstandenen Rechtsformen in Frage
gestellt.1218
Erstens gibt es gerade keine strikte Zweiteilung zwischen Kapital- und Personengesellschaften mehr und zweitens kann der Rechtsverkehr in der heutigen Zeit gerade
desires a form of business organization that will entail limited liability for investors and is treated
as a conduit for federal income tax purpose.").
1212 Siehe insbesondere Callison, 58 Bus.Law. 1063, 1067 (2003); Clark, 58 Bus.Law. 1005, 1012
(2003); Hansmann/Kraakman/Squire, 2005 U.Ill.L.Rev. 5 ff.; Oh, 55 Rutgers L.Rev. 389, 390
(2003); Ribstein, 1 Berkeley Bus.L.J. 183 191 (2004); ders., 51 Bus.Law. 1, 6 (1995) ("LLC
statutes tend to resemble corporation and partnership statute in [many] terms. All of the LLC
statutes provide that members, like corporate shareholders are not liable fort the debts of the
company").
1213 Vgl. die Studie von Ribstein, 1 Berkeley Bus.L.J. 183, 192 (2004); ebenso Samuelsson, 2005
U.Ill.L.Rev. 15, 16 ff.
1214 Zu den Gemeinsamkeiten siehe Haynsworth, 29 Del.J.Corp.L. 83, 90 (2004); Oh, Ruttgers L.Rev.
389, 390 ff. (2003); so auch schon Ribstein, 51 Bus.Law. 1, 6 (1996).
1215 Siehe Ribstein, 1 Berkeley Bus.L.J. 183, 192 (2004).
1216 Aus historischer Sicht vgl. Friedman, History of American Law, S. 511–25 (1985); Hornstein, 18
Law & Contemp.Probs. 435, 439–48 (1953).
1217 Official Comment to § 303 (a) ULPA 2001, 6a ULA, 47 (West 2006).
1218 So schon bereits Ribstein, 37 Emory L.J. 835, 883–84 (1988); Bromberg/Ribstein, S. 15:204
(Supp. 2004).
222
nicht mehr von der Annahme ausgehen, dass ein Unternehmensbetrieb von den unbeeinflussten Fähigkeiten des persönlich haftenden Inhabers geleitet wird.1219 Bisher
existierte das Prinzip der beschränkten Haftung fast ausschließlich in börsennotierten
Kapitalgesellschaften.1220 Mittlerweile trifft diese Aussage nicht mehr zu.1221
Die limited partnership droht wieder ein Fremdkörper im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht zu werden.1222 Die Ausgangslage hat sich jedoch geändert. Über 100 Jahre
lang passte die limited partnership nicht in das amerikanische Gesellschaftsrechtsgefüge, weil die Gesellschaft mit der beschränkten Haftung des limited partners
Merkmale einer börsennotierten Kapitalgesellschaft aufweist und die Trennung
zwischen beschränkter Haftung und Geschäftsführungsmacht verletzte. Die Haftung des
herrschenden limited partner musste diese Unstimmigkeiten beseitigen. Heute hingegen
wird die limited partnership besteht die Gefahr, dass die Rechtsform aufgrund der Entwicklung des US-amerikanischen Gesellschaftsrecht wiederum zum Fremdkörper wird.
Diesmal nur nicht wegen der beschränkten Haftung des limited partner, sondern aufgrund der Möglichkeit seiner persönlichen Haftung.
Der in Zukunft zu erwartende Strukturwandel der limited partnership lässt sich durch
die Evolution im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht erklären. Die Hintergründe
einer solchen Entwicklung bedürfen aber einer genaueren Betrachtung. Es stellt sich die
Frage, welche Faktoren, außer den bereits genannten steuerlichen Aspekten, dazu beigetragen haben, dass gegenwärtig von einer „Explosion“ hybrider Rechtsformen in den
USA gesprochen werden kann und dadurch die strikte Zweiteilung zwischen Kapitalund Personengesellschaft und die damit verbundene Trennung von Inhaberschaft,
Kontrolle und beschränkter Haftung stetig aufgeweicht wird. Die Antwort findet sich in
dem folgenden Zitat: „Märkte machen Recht – auch Unternehmensrecht“.1223
II. Märkte machen Recht1224
Es ist hinlänglich bekannt, dass Unternehmen im Wettbewerb zueinander stehen und ein
solcher Wettbewerb in einer gesunden Marktwirtschaft gesamtwirtschaftlich erstrebenswert ist. Dieselbe Aussage trifft mittlerweile auch auf die Rechtsordnungen der US-
Bundesstaaten zu.1225 Die zuvor erwähnte US-amerikanische Law and Economics-Lehre
1219 So implizit auch Official Comment, 6a ULA, 4, 47 (2003).
1220 Siehe Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, S. 40 (1991) ("limited
liability is a distinguishing feature of corporate law – perhaps the distinguishing feature.").
1221 Vgl. Oh, 55 Rutgers L.Rev. 389, 400 (2003); auch bereits Ribstein, Limited Liability Unlimited,
24 Del.J.Corp.L. 407, 450 (1999); ders., 26 Cap.U.L.Rev. 325, 344 (1997).
1222 Ribstein, 26 J.Corp.L. 819, 831 (2001).
1223 Zitat nach Ebke, FS Lutter, 17 (2000).
1224 Großfeld, FS Fikentscher, 864, 865 (1998).
1225 Die ersten Ansätze eines „Wettbewerbs“ lassen sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. So
gilt der US-Bundesstaat New Jersey als einer der ersten Bundesstaaten, der umfassende
223
hat frühzeitig den Zusammenhang zwischen ökonomischem Wettbewerb und Gesetzgebung erkannt.1226 Mittlerweile sind fast alle amerikanischen Gesellschaftsrechtsgelehrten der Meinung, dass eine Vielzahl der Veränderungen im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht auf einen ökonomisch motivierten Wettbewerb der einzelnen
Bundesstaaten zurückzuführen ist.1227 Denn seit der Entscheidung des U.S. Supreme
Court Paul v. Virginia,1228 in der statuiert wurde, dass die Gesetzgebung für das Gesellschaftsrecht Aufgabe der einzelnen Bundesstaaten ist, konkurrieren die Bundesstaaten
darum, dem Markt das attraktivste Gesellschaftsrecht anzubieten.1229 Dabei bildet die
Grundlage eines solchen „Gesellschaftsrechtsmarktes“ vor allem ein kollisionsrechtliches Institut, die sog. Internal Affairs Doctrine.1230
1. Internal Affairs Doctrine
Die aus dem Prozessrecht stammende Internal Affairs Doctrine beinhaltet im Kern, dass
die „inneren Angelegenheiten“ einer Gesellschaft grundsätzlich nach dem Gründungsstaat beurteilt werden.1231 Dies gilt selbst dann, wenn die fragliche Gesellschaft keine
Geschäftstätigkeiten in dem betroffenen Staat ausübt und auch sonst keine Verbindung
zu dem Staat besteht.1232 Lediglich bestimmte Registrierungserfordernisse müssen von
der Gesellschaft beachtet werden, wenn sie in einem anderen Staat als dem Gründungsstaat geschäftlich tätig wird.1233 Dadurch wird der kollisionsrechtliche Charakter der
Deregulierungsbestrebungen im Kapitalgesellschaftrecht aufwies. Vgl. Friedman, History of
American Law, S. 524; vgl. zu den ersten Ansätzen auch Sandrock, ZVglRWiss 101 (2002), 200,
236; Merkt, RabelsZ 59 (1995), 545, 550. Wohingegen ein Wettbewerbsprinzip im deutschen
Recht teilweise als befremdlich bezeichnet wird. Siehe Wiedemann, GesR, § 14 II 1 („Das
Wettbewerbsprinzip ist kein sachgerechter Maßstab für den Gesetzgeber“). Ähnlich kritisch auch
Schwarz, S. 17.
1226 Vgl. bereits Landes/Posner, 18 J.L. & Econ. 875, 877 (1975); Romano, 1 J.L.Econ. & Org. 225
(1985); zur ökonomischen Analyse siehe Ribstein/Kobayashi, 25 J.Legal Stud. 131, 149–50
(1996); Fischel, 79 Nw.U.L.Rev. 913 (1982).
1227 Aus amerikanischer Sicht insbesondere Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of
Corporate Law, S. 1–40 (1991); dies., 26 J.L.&Econ. 395 (1983); Fischel, 76 Nw.U.L.Rev. 913
(1982); Roe, 117 Harv.L.Rev. 588 (2003); Romano, The Genius of American Corporate Law
(1993); ders., 107 Yale L.J. 2359 (1998); Winter, 89 Colum.L.Rev. 1526 (1989). Kritisch aber
insbesondere Kahan/Kamar, The Myth of State Competition in Corporate Law, 55 Stan.L.Rev.
679 (2002). Aus dem deutschsprachigen Schrifttum Ebke, RabelsZ 62 (1998), 195; Merkt, RabelsZ
59 (1995), 545; Papmehl, ZVglRWiss 101 (2002), 200. Sandrock, RabelsZ 42 (1978), 227;
ausführlich dazu Teichmann, § 6 I (2006).
1228 75 U.S. (8 Wall.) 168 (1869).
1229 Vgl. Butler, 14 J.Leg.Stud. 129, 156 (1985); ebenfalls Comment, Law for Sale, 117 U.Pa.L.Rev.
861 (1969).
1230 Vgl. dazu Ebke, RabelsZ 62 (1998), 195, 214; Buxbaum, FS Kegel, 74 (1987)
1231 Zur dogmatischen Begründung der Lehre vgl. Latty, 65 Yale L.J. 137, 138–43 (1955); Noll,
7 Pacific L.J. 673 ff. (1976); Kaplan, 21 Vand.L.Rev. 433, 437–441 (1967/68) (kritisch).
1232 Ebke, RabelsZ 62 (1998), 195, 214; dazu auch Kieninger, S. 106 ff.
1233 Siehe Ebke, RabelsZ 62 (1998), 195, 214 m. w. N.
224
Regel ersichtlich. Die Wahl des Gesellschaftssitzes ist in Wirklichkeit eine Rechtswahl.
Die Gesellschaft kann mit der Wahl des Gründungsstaates entscheiden, welches Recht
auf die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft angewendet wird. Diese Wahl wird
von den anderen Staaten grundsätzlich akzeptiert und anerkannt.1234 Die aus dem
common law stammende Lehre ist mittlerweile in Section 15.05. Model Business
Corporation Act aus dem Jahre 2005 inkorporiert.
Gleichwohl gab es lange Zeit eine rechtliche Unsicherheit, inwieweit die Internal
Affairs Rule auch auf die neuen hybriden Rechtsformen übertragbar ist. Insbesondere
die gesetzlich vorgesehene beschränkte Haftung von Gesellschaftern eine LLC oder
einer LLP wurde in anderen US-Bundesstaaten teilweise nicht oder nicht vollständig anerkannt.1235 Eine gesetzliche Regelung ließ lange auf sich warten, obwohl der Prototype
Limited Liability Company Act aus dem Jahre 1992 bereits in Sec. 1001 vorsah, dass das
Recht des Gründungsstaates nicht nur auf die inneren Angelegenheiten der LLC
anwendbar ist, sondern auch die Haftung der Anteilseigner gegenüber Dritten regelt.1236
Einige Jahre später jedoch wurde der Uniform Limited Liability Company Act
verkündet, der die oben genannten Bestimmungen wortgleich vorgeschlagen hat.1237
Der vollständig überarbeitete Uniform Limited Partnership Act1238 aus dem Jahre 1997
sieht in Sec. 1101 (a) ebenfalls die Bestimmung vor, dass die inneren Angelegenheiten
und die Haftungsverhältnisse einer LLP sich nach dem Recht des Gründungsstaates
richten und die anderen Bundesstaaten dies anerkennen müssen. ("The law under which
a foreign limited liability partnership is formed governs relations among the partners
and between the partners and the partnership and the liability of partners for the
obligations of the partnership"). US-Bundesstaaten, in denen die LLLP bereits gesetzlich anerkannt wurde, haben ebenfalls die Internal Affairs Rule gesetzlich kodifiziert.1239
1234 Die Anerkennung ist auf die Full Faith and Credit Clause, sowie die Due Process Clause der
amerikanischen Verfassung zurückzuführen. Siehe McDermott, Inc. V. Lewis, 531 A.2ed 206, 217
(Del.1987). Allerdings gibt es bundesstaatliche Einschränkungen bezüglich der Anerkennung. Vgl.
zu den Pseudo-Foreign Corporation Statutes Ebke, RabelsZ 62 (1998), 195, 215–17; ausführlich
zu den aktuellen Problemen der Internal Affairs Rule siehe Majchrzak, Who Should Govern
Corporate Affairs?, 24 T.Jefferson L.Rev. 83 (2001).
1235 Vgl. dazu insbesondere Lederman, 67 Taxes 339, 342 (1989); aus neuerer Zeit mit vielen
Rechtsprechungsnachweisen siehe Rutledge, 38 Baylor L.Rev. 205, 224 ff. (2006).
1236 Siehe dazu Andrews v. Kerr McGee Corp., 2001 WL 1704144, 2 (Miss.5 Dec., 2001) (Das Gericht
entschied, dass sich die Haftung des alleinigen Gesellschafters einer in Delaware gegründeten
LLC, sich nach Delaware Recht richtet. Siehe ausführlich Rutledge, 38 Baylor L.Rev. 205, 220
(2006).
1237 Sec. 1001 (a) ULLCA, 6A U.L.A. 638 (2003).
1238 Sec. 1101 (a) UPA, 6 U.L.A. 255 (2001).
1239 Siehe dazu Rutledge, 38 Baylor L.Rev. 205, 223 (2006).
225
2. Wettbewerb im Gesellschaftsrecht
Mit der Internal Affairs Doctrine als Ausgangspunkt versuchen die US-Bundesstaaten
seit jeher, ihre gesetzlichen Regelungswerke so auszugestalten, dass möglichst viele
Unternehmer überzeugt werden, die Gesellschaft in ihrem Bundesstaat zu gründen. Die
historische Entwicklung seit dem Jahre 18841240 zeigt, dass die einzelstaatlichen
Gesellschaftsrechte stetig reformiert wurden, um das Recht attraktiver und
konkurrenzfähiger zu machen.1241 Dabei basiert die Vielzahl der verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Regelungen, nach zutreffender Ansicht,1242 auf der mikroökonomischen Theorie von Angebot und Nachfrage. D. h. staatliche Regelungen unterliegen, wie jedes andere Handelsprodukt, einer Angebot und Nachfrage Beziehung.
Gesellschaftsgründer haben die freie Auswahl unter allen Rechtsformen, die in den
Bundesstaaten bereitgestellt werden. Eine stark nachgefragte gesellschaftsrechtliche
Regelung wird dadurch von den US-Bundesstaaten schnellmöglich im Markt
angeboten. Ein Bundesstaat der sich diesem Wettbewerb verschließt, bleibt zumeist auf
seinen gesellschaftsrechtlichen „Ladenhütern“ sitzen.
Zudem wird der Wettbewerb durch andere Interessengruppen angeheizt. So
profitieren Berufsgruppen wie Abschlussprüfer und Anwälte1243 durch erhöhte Gebühreneinnahmen, wenn ein Bundesstaat Unternehmensgründungen anzieht.1244
Insbesondere solche Berufs- und Interessenverbände1245 haben zumeist eine sehr
einflussreiche Lobby und können indirekt auf die Gesetzgebung Einfluss nehmen und
somit den Wettbewerb antreiben.1246 Zum anderen aber werden die Bundesstaaten, die
attraktive Rechtsformen „anbieten“ mit erhöhten Staatseinnahmen belohnt.1247 Die Aussage "Companies were early formed to provide charters for corporations in states where
the cost was lowest and the laws less restrictive"1248 ist heute in den USA zutreffender
1240 Den Anfang nahm die Entwicklung in New Jersey. Vgl. dazu bereits Dill, 11 Yale L.J. 273
(1901/1902); Dodd, 50 Harv.L.Rev. 27, 34, 42 (1936/1937); ausführlich aus dem
deutschsprachigen Schrifttum siehe Sandrock, RabelsZ 42 (1978), 227, 234–36.
1241 Vgl. das berühmte Zitat aus dem Jahre 1905 von dem damaligen Gouverneur von New Jersey: "…
of the entire income of the government, not a penny was contributed directly by the people … [but
by corporations]" Dazu Steffens, 25 McClure’s 41 f. (1905); Nader/Green/Seligman, S. 47.
1242 Macey/Miller, Toward an Interest-Group Theory of Delaware Corporate Law, 65 Tex.L.Rev. 469,
498 (1987); ähnlich bereits Landes/Posner, 18 J.L. & Econ. 875, 877 (1975).
1243 Insbesondere im US-Bundesstaat Delaware üben die Anwaltskammern enormen Druck auf die
Gesetzgebung aus. Macey/Miller, Toward an Interest-Group Theory of Delaware Corporate Law,
65 Tex.L.Rev. 469, 503–04 (1987).
1244 Macey/Miller, Toward an Interest-Group Theory of Delaware Corporate Law, 65 Tex.L.Rev. 469,
492 (1987).
1245 Zu dem Wettbewerb der verschiedenen Interessenverbände vgl. Becker, A Theory of Competition
Among Pressure Groups for Political Influence, 98 Q.J.Econ. 371, 386 (1983); ders., 28
J.Pub.Econ. 329, 343–45 (1985).
1246 Macey/Miller, 65 Tex.L.Rev. 469, 492 (1987); Callison, 58 Bus.Law. 1063, 1064 (2003); siehe
insbesondere auch Ribstein, Lawyers as Lawmakers, 69 Mo.L.Rev. 299, 355–62 (2004).
1247 Siehe Romano, 1 J.L.Econ. & Org. 225, 255–58 (1985).
1248 J. Brandeis in Liggelt Co. v. Lee, 288 U.S. 517, 558 (1933).
226
als jemals zuvor. Bundesstaaten, die dem Wettbewerb nicht standhalten können,
verlieren an Attraktivität für Unternehmensgründer. Dadurch ist jeder US-Bundesstaat
immer auf der Suche nach neuen Regelungen, die Investitionsanreize für Unternehmen
bewirken können.1249
Dadurch entsteht eine Situation, in der die Staaten sofort reagieren, sobald ein anderer
Bundesstaat eine neue investitionsfreundliche gesellschaftsrechtliche Regelung erlässt.
Insbesondere Prof. Romano hat das Wechselspiel der staatlichen Gesetzgebungen näher
analysiert.1250 Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Verabschiedung von neuen
gesellschaftsrechtlichen Regelungen graphisch einer S-förmigen Kurve folgt.1251 Das
heißt, wenn ein Bundesstaat eine neue investitionsfreundliche Regelung erlässt, bleiben
die restlichen Bundesstaaten zunächst ruhig.1252 In dem Moment, in dem der erste
Bundesstaat der neuen Regelung aber ebenfalls mit legislativen Mitteln folgt, erhöht
sich die Geschwindigkeit der Neuverabschiedungen von Gesetzen eklatant.1253 Erst
wenn die Mehrheit der Bundesstaaten auf die Neuregelung mit eigenen neuen
gesellschaftsrechtlichen Vorschriften reagiert hat, verlangsamt sich der Prozess wieder.
Die Studie zeigt, dass sich regelmäßig nur sehr wenige Staaten dieser Bewegung nicht
anschließen.1254 Zudem hat die Untersuchung belegt, dass die Staaten Delaware1255 und
Pennsylvania1256 am schnellsten auf neue gesellschaftsrechtliche Regelungen anderer
Bundesstaaten reagieren.1257 Gerade durch die Anpassungsfähigkeit an die wirtschaftlichen Verhältnisse und den stetig fortschreitenden Liberalismus im Unternehmensrecht
wurde es Delaware möglich, eine uneinholbare Vormachtstellung im Kapitalgesellschaftsrecht einzunehmen. Mittlerweile ist die Mehrheit der 500 größten amerikanischen Kapitalgesellschaften in Delaware inkorporiert.1258
3. Rechtsformenwettbewerb
Der zuvor beschriebene Wettbewerb der Gesetzgeber wurde bisher überwiegend im
Rahmen börsennotierter Kapitalgesellschaften diskutiert. Der Grund dafür ist ins-
1249 Siehe Callison, 58 Bus.Law. 1063, 1064 (2003); auch Ribstein, 58 Bus.Law. 1023 (2003).
1250 Romano, Law as a Product: Some Pieces of the Incorporation Puzzle, 1 J.L.Econ. & Org. 225
(1985); ausführlich zu dem US-amerikanischen Wettbewerb der Gesetzgeber siehe ders., The
Genius of American Corporate Law (1993). Aus deutschsprachiger Sicht z. B. Papmehl,
ZVglRWiss 101 (2002), 200, 215.
1251 Romano, 1 J.L.Econ & Org. 225, 233 (1985).
1252 Romano, 1 J.L.Econ & Org. 225, 234 (1985).
1253 Romano, 1 J.L.Econ & Org. 225, 234 (1985).
1254 Romano, 1 J.L.Econ & Org. 225, 237 (1985).
1255 Zum Führungsanspruch Delawares Papmehl, ZVglRWiss 101 (2002), 200 ff.
1256 Zu Pennsylvania siehe Clark, 32 Wake Forst L.Rev. 149, 151–52 (1997); ders., 58 Bus.Law. 1005,
1006 (2003).
1257 Romano, 1 J.L.Econ & Org. 225, 240 (1985).
1258 Vgl. zur Vormachtstellung Delawares Merkt, RabelsZ 59 (1995); 545, 547; Papmehl, ZVglRWiss
101 (2002), 200, 214–19; Romano, 1 J.L.Econ.& Org.. 225, 281 (1985).
227
besondere darin zu sehen, dass in den USA gerade die Kapitalgesellschaften die
dominierende Rechtsform des letzten Jahrhunderts waren.1259 Andere Gesellschaftsformen waren, insbesondere aufgrund der zuvor beschriebenen steuerlichen Ausgangslage, in der Gesellschaftsstruktur weitgehend beschränkt. Gleichwohl waren
Ansätze eines Wettbewerbsgedankens im Bezug auf die Haftungsverhältnisse der
limited partnership bereits erkennbar. Nachdem zum Beispiel Kalifornien1260 die Ausnahmekataloge für die Haftung des herrschenden limited partner ausweitete, zog wenig
später der US-Bundesstaat Delaware1261 nach und verabschiedete einen noch umfangreicheren Katalog. Die darauf folgende Gesetzesänderung in Georgia1262 und
Missouri1263, durch die das Haftungsschild des herrschende limited partner unantastbar
wurde, war nur eine logische Konsequenz.1264
Die nunmehr anzutreffende Entwicklung im Recht der kleinen nicht börsennotierten
Gesellschaften fügt sich mittlerweile in den skizzierten wettbewerbsrechtlichen Rahmen
ein. Da die Internal Affairs Rule, wie aufgeführt, nunmehr auch auf die hybriden
Rechtsfiguren angewendet wird, und das Recht des Gründungsstaates insbesondere auf
die Haftungsverhältnisse der Gesellschaft anwendbar ist, zeichnet sich ein regelrechter
Rechtsformen-Wettbewerb in den USA ab.1265 Die Entwicklung der LLC zum Beispiel
verdeutlicht den Wettbewerbsgedanken besonders gut.1266 Betrachtet man, wie die
einzelnen Bundesstaaten auf die erste gesetzliche Regelung zur LLC aus dem Jahre
1977 reagiert haben, zeigt sich exakt die zuvor von Prof. Romano beschriebene
kurvenförmige Entwicklung. Nachdem zunächst nur Wyoming die LLC gesetzlich
anerkannt hatte,1267 dauerte es einige Zeit, bis die nächsten Bundesstaaten darauf
reagierten. Als der zweite Bundesstaat im Jahre 19821268 ebenfalls die LLC gesetzlich
anerkannte, zogen die anderen US-Bundesstaaten zunächst nicht nach, sondern warteten
insbesondere die Entscheidung des IRS zur steuerlichen Einordnung der Gesellschaftsform ab.1269 Im Jahre 1992 erließen dann aber 10 Bundesstaaten Regelungen zur
1259 Friedman, 38 Creighton L.Rev. 35 (2004).
1260 § 15632 (b) Cal.Corp.Code.
1261 Siehe insbesondere 6 Del.C. § 17-303 (b); dazu Basile, 41 Bus.Law. 571, 578–79 (1986).
1262 GA.Code Ann. § 14-9-303 (1988); siehe dazu Antonic Rigging & Erecting of Missouri, Inc. v.
Foundry East Limited Partnership, 773 F.Supp. 420, 430 (S.D.Ga.1991).
1263 Mo.Rev.Stat. § 359.201.
1264 Vgl. etwa Goforth, 2004 Ark.L.Notes 55, 57; auch Bromberg/Ribstein, S. 15:204 (Supp. 2002).
1265 In Pennsylvania können Unternehmensgründer mittlerweile zwischen 20 verschiedenen
Unternehmensformen wählen. Vgl. Clark, 32 Wake Forst L.Rev. 149, 151–52 (1997); ders., 58
Bus.Law. 1005, 1006 (2003); zum Ganzen Ribstein, Unincorporated Business Entities (2004).
1266 Vgl. dazu insbesondere Goforth, 45 Syracuse L.Rev. 1193, 1272 (1995); Friedman, 38 Creighton
L.Rev. 35 (2004).
1267 Siehe zur Entstehungsgeschichte Goforth, 45 Syracuse L.Rev. 1193, 1198 (1995). Das Gesetz
entstand auf die Anfrage eines großen Unternehmens hin, das den gleichen Gesetzesentwurf
bereits in Alaska vorgelegt hatte, der dort aber abgelehnt worden war. In Wyoming hingegen, mit
der Hilfe der dortigen Anwaltskammer, fand der Gesetzesvorschlag Zuspruch.
1268 Florida war der zweite Bundesstaat, der die LLC gesetzlich anerkannte. (Fla.Stat.Ann. §§ 608.401
(1982); dazu auch Oh, 55 Rutgers L.Rev. 389, 414 (2003).
1269 Colorado und Kansas. Siehe Goforth, 45 Syracuse L.Rev. 1193, 11998 (1995).
228
LLC und im Jahre 1993 folgten 18 Staaten.1270 Bis Ende 1994 schlossen sich 11 weitere
Staaten an und bis heute hat jeder US-amerikanische Bundesstaat Regelungen zur LLC
erlassen.1271 So wurde bereits im Jahre 1992 aufgrund des Siegeszuges der LLC
(mittlerweile liegt die LLC bezüglich der Anzahl der Neugründungen uneinholbar an
der Spitze) bereits der Tod der gewöhnlichen Partnerschaftsform postuliert.1272 Legt
man die These von Prof. Romano ebenfalls der jetzigen Entwicklung der anderen
hybriden Rechtsformen zu Grunde, ist ein ähnlicher Verlauf zu erwarten. Die Entwicklung der LLP zum Beispiel gleicht bereits jetzt in Ansätzen der zuvor beschriebenen Verbreitung der LLC.1273
4. Auswirkungen
Die neuen hybriden, börsenunabhängigen Rechtsformen sind durch das Prinzip der
beschränkten Haftung, eine schnelle und kostengünstige Gründung sowie eine
personalistisch ausgestaltete Binnenstruktur geprägt.1274 Die Partnerschaftsform, in der
eine Trennung von Geschäftsführungsmacht und beschränkter Haftung bei den Inhabern
vorgesehen war, wird immer mehr vom Markt verdrängt.1275
Parallel entwickeln sich aber immer mehr Diskrepanzen1276 unter den einzelnen US-
Bundesstaaten bezüglich der verschiedenen Regelungen zu den neuen limited liability
entities. Teilweise weichen die unterschiedlichen Gesetzeswerke zur LLC oder LLP
derart voneinander ab, dass gegenwärtig bereits erste Harmonisierungsbestrebungen laut
werden.1277 Zudem treten in den hybriden Rechtsgebilden aufgrund des kapitalistischen
Einschlags mittlerweile ähnliche Probleme bezüglich des Minderheitenschutzes wie bei
1270 Ausführlich zur gesamten Entwicklung mit umfangreichen Nachweisen Goforth, 45 Syracuse
L.Rev. 1193, 1199–1220 (1995); Oh, Rutgers L.Rev. 389, 414 ff. (2003).
1271 Aus neuerer Zeit Friedman, 38 Creighton L.Rev. 35 (2004). Der Bundesstaat New York hat strikte
Registrierungs- und Offenlegungspflichten für die LLC eingeführt, die selbst für die closely-held
corporations nicht gelten. Siehe N.D.Century Code §§ 10-19.1-147, 10-32-140 (2001).
1272 Siehe Ribstein, 70 Wash.U.L.Q. 417, 427 (1992).
1273 Dazu Naylor, 24 Del.Corp.L. 145 (1999).
1274 Siehe bereits Ribstein, The Evolving Partnership, 26 J.Corp.L. 819 ff. (2001); ders., 1 Berkeley
Bus.L.J. 183, 192 (2004); Friedman, 38 Creighton L.Rev. 35 (2004); Hansmann/Kraakman/
Squire, 2005 U.Ill.L.Rev. 5; Oh, 55 Rutgers L.Rev. 389, 390 (2003).
1275 Ribstein, Berkeley Bus.L.J. 183, 192–220 (2004).
1276 Zu den unterschiedlichen Gesetzen für die LLC, LLP, LLLP in den einzelnen US-Bundesstaaten
vgl. Haynsworth, 29 Del.J.Corp.L. 83, 90 ff. (2004).
1277 Siehe ad hoc Committee on Entity Rationalization, 57 Bus.law. 1569 (2002); auch Geu/Keatinge,
37 Real Prop.Prob & Tr.J. 385 (2002); Clark, 58 Bus.Law. 1005, 1006–07 (2003); Jakobs, 58
Bus.Law. 1043, 1044 (2003); Oesterle/Gazur, 32 Wake Forest L.Rev. 101 (1997) („small business
limited liability statute“); Matheson/Brent, 65 Geo.Wash.L.Rev. 1, 30–49 (1996); Haynsworth, 20
Del.J.Corp.L. 83, 91 ff. (2004); ders., 33 Bus.Law. 849 (1978); kritisch aber Ribstein, 58 Bus.Law.
1023, 1035–38 (2003).
229
den „normalen“ börsennotierten Kapitalgesellschaften auf.1278 Infolgedessen wird
derzeit zum einen diskutiert, ob es eine staatenübergreifende gesetzliche Regelung für
sämtliche hybriden Rechtsformen geben soll.1279 Zum anderen wird jedoch auch
überlegt, inwieweit es sinnvoll ist eine vollständig neue und staatenübergreifende neue
Rechtsform für börsenunabhängige Kleinunternehmen zu schaffen, die sämtliche der
bereits bestehenden Rechtsformen ersetzen würde1280. Durchgesetzt hat sich keine der
Ansichten bisher.1281 Gleichwohl geht es im Kern um die Frage, inwieweit gesellschaftsrechtlicher Wettbewerb und die damit zusammenhängende Deregulierung volkswirtschaftlich erstrebenswert ist.1282 Der mit dieser Frage zusammenhängende Streit in
der US-amerikanischen Literatur wurde bisher nur im Bezug auf das Recht der
börsennotierten Kapitalgesellschaften geführt. Im Folgenden Abschnitt werden die in
diesem Zusammenhang regelmäßig genannten Argumente dargestellt und sodann wird
hinterfragt, ob die Aspekte auch in den Kontext des Strukturwandels bei kleinen, nicht
börsennotierten Gesellschaften passen.
a) Race for the Bottom
In den USA haben sich viele Gelehrten der berühmten Aussage von Prof. William L.
Cary angeschlossen,1283 dass ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Staaten über
attraktive gesellschaftsrechtliche Regelungen zu einem „race for the bottom“ führt.1284
1278 Siehe dazu u. a. Moll, Minority Oppression and the LLC, 40 Wake Forest L.Rev. 883, 926–40
(2005).
1279 Siehe bereits Keatinge, Universal Business Organization Legislation?, 23 Del.J.Corp.L. 29, 81–82
(1998); Ribstein, 58 Law & Contemp.Probs. 187, 200–06 (1995); ders., 73 Wash.U.L.Q. 329,
372–84 (1995); Symposium, The Future of Limited Liability Entities, 52 Bus.Law 605, 610–11
(1997); aus neuer Zeit insbeondere Haynsworth, 29 Del.J.Corp.L. 83 (2004). Kritisch aber
Ribstein, 40 Wake Forest L.Rev. 751, 758 (2005); ders., 58 Bus.Law. 1023 ff. (2003).
1280 Siehe z. B. Art, 76 Wash.L.Rev. 349, 378 (2001); Oesterle & Wayne M. Gazur, 32 Wake Forest
L.Rev. 101, 131 (1997); zum Ganzen ausführlich Oh, 55 Rutgers L. Rev. 389, 392 (2003) m. w. N.
1281 Siehe dazu insbesondere Ribstein, 40 Wake Forest L.Rev. 751, 758 (2005); ders., 24 Del.J.Corp.L.
407, 440- 41 (1999); ders., 70 Wash.U.L.Q. 417 (1992) (Ribstein schlägt vor auf standardisierte
Gesellschaftsformen zu verzichten und stattdessen der vertraglichen Parteiautonomie den Vorrang
zu gewähren. Gleichwohl soll das Prinzip der beschränkten Haftung grundsätzlich in allen
Rechtsformen gelten.) Vgl. auch Hansmann/Kraakman, 110 Yale L.J. 387, 349–95 (2000) m. w.
N. Zu der Entscheidung für Europa siehe Ebke, 48 Am.J.Comp.L. 623 (2000); Ribstein, 26
J.Corp.L. 819, 821 (2001).
1282 Die Beantwortung der Frage betrifft tiefgehende Überlegungen zur wirtschaftlichen Effizienz von
harmonisierender Gesetzgebung im Allgemeinen und den damit verbundenen Transaktionskosten.
Siehe dazu Ribstein, 40 Wake Forest L.Rev. 751, 752 (2005); grundlegend zu dem Aspekt der
Transaktionskosten und der legislativen Intervention Coase, The Problem of Social Cost, 3
J.L.&Eccon. 1, 19 (1960). Eine gute Zusammenfassung der Diskussion findet sich bei Barzuza, 26
Cardozo L.Rev. 127 (2004) und Roe, 117 Harv.L.Rev. 588 (2003).
1283 Cary, 83 Yale L.J. 663 (1974).
1284 Gleichwohl verwenden die meisten Kommentatoren nicht den Originalausdruck von Cary, sondern
die Formulierung „Race to the Bottom“. Siehe z. B. Fischel, 76 Nw.U.L.Rev. 913 (1982); Hazen,
230
Nach Ansicht von Cary und seinen Befürwortern1285 ist insbesondere Delaware bestrebt,
die Staatseinnahmen durch gesellschaftsfreundliche Regelungen zu erhöhen.1286 Um
dies zu erreichen, seien die Regelungen im Wesentlichen auf die Eigeninteressen des
Managements zugeschnitten, die letztlich die Entscheidung für den Ort der Gründung
der Gesellschaft tragen.1287 Die anderen Staaten, die einen potentiellen Verlust von
zukünftigen Staatseinnahmen befürchten, wenn sie nicht auf die neuen Regelungen
reagieren, werden dazu gedrängt, ähnliche oder sogar noch gesellschaftsfreundlichere
Regelungen zu erlassen.1288 Das Wechselspiel der einzelnen Staaten führt, nach Cary,
alsbald zu einer Bewegung, die nur noch den kleinsten gemeinsamen Nenner unter
gesellschaftsrechtlichen Regelungen zulässt und eine Verkürzung des Aktionärs- und
Gläubigerschutzes zur Folge hat.1289 Um Abhilfe zu schaffen, sah Cary vor, bestimmte
Punkte im Gesellschaftsrecht zentral von oben mit einem Bundesgesetz zu regeln und
gerade nicht dem Markt zu überlassen.1290
b) Race to the top
Die Gegner einer solchen Sichtweise, allen voran Ralph K. Winter, halten einen
Wettbewerb von einzelnen Jurisdiktionen insbesondere unter ökonomischen Gesichtspunkten für wünschenswert und lehnen eine Bundesgesetzgebung für die inneren
Angelegenheiten der Gesellschaft vollständig ab.1291 Zum einen veranlasse der Druck
des Wettbewerbs die Bundesstaaten dazu, das Gesellschaftsrechts ständig schnell und
flexibel zu reformieren und dadurch effizient an veränderte wirtschaftliche Lebens-
66 N.C.L.Rev. 171 (1987); siehe aber Baysinger/Butler, 10 J.Corp.L. 431 (1985) („Race for the
Bottom“).
1285 Siehe z. B. Schwartz, 45 Ohio St.L.J. 545 (1984); ähnlich Bebchuk, 105 Harv.L.Rev. 1435 (1992);
Hazen, 66 N.C.L.Rev. 171 (1987); Karmel, 57 Brook.L.Rev. 55 (1991); vgl. auch Kirk, 10
J.Corp.L. 233 (1984).
1286 Daher kommt der Ausdruck „Delaware Effekt“. Vgl. dazu Eidenmüller, ZIP 2002, 2233 ff. m.w.N.
1287 Siehe Cary, 83 Yale L.J. 663, 668 (1974). Dieser Ansatz lässt sich zurückverfolgen auf die
grundlegende Trennungsthese von Adolph Berle und Gardiner Means. Danach stellt die Trennung
zwischen ownership und control das entscheidende Merkmal der modernen Kapitalgesellschaft
dar. Passive Investoren haben aufgrund ihrer Diversifizierung keine Möglichkeiten, „control“
auszuüben und damit das Management zu kontrollieren. Siehe Berle/Means, Modern Corporation
and Private Property, 1932.
1288 Siehe auch die Bemerkung von Justice Brandeis in Liggett v. Lee, 288 U.S., 513, 558–60 (1933)
("Lesser states, eager for the revenue derived from the traffic in charters, had removed safeguards
from their own incorporation laws … The race was one not of diligence but of laxity …").
1289 Siehe Cary, 83 Yale L.J. 663 (1974).
1290 Siehe aus dem deutschsprachigen Schrifttum dazu Ebke, RabelsZ 62 (1998), 195, 226.
1291 Vgl. Winter, 6 J.Legal Stud. 251 ff. (1977); ders., Government and Corporation (1978);
Ribstein/Kobayashi, 25 J.Legal Stud. 131, 149–50 (1996); Fischel, 79 Nw.U.L.Rev. 913, 920, 944
(1982); Easterbrook, 9 Del.J.Corp.L. 540 (1984); Romano, 107 Yale L.J. 2359, 2383 ff. (1998);
dies., 73 Va.L.Rev. 111, 189 (1987); dies., 2 Theoretical Inquiries L. 387, 493–544 (2001).
231
umstände anzupassen.1292 Zum anderen würden durch Rechtsregeln, die für das
Management vorteilhaft sind, letztlich auch eine effizientere Unternehmensführung
erreicht, was den Unternehmenserfolg steigert. Der Unternehmenserfolg wiederum
spiegelt sich insbesondere in den Aktienkursen wider. Somit profitieren auch die
Aktionäre selbst indirekt von Regelungen, die auf den ersten Blick ausschließlich dem
Management zugute kommt.1293 Eine gegenteilige Annahme müsste entsprechend einen
Zusammenhang zwischen dem „laxen“ Gesellschaftsrecht in Delaware und fallenden
Aktienkursen widerspiegeln. Ein solcher Zusammenhang lässt sich empirisch nicht
nachweisen.1294 Das Gegenteil ist vielmehr der Fall.1295 Vielmehr erhöhe der Wettbewerb die Effizienz der gesetzlichen Regelungen.1296 Dadurch würde ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen erzielt, der im Rahmen einer umfassenden bundesstaatlichen
Intervention nicht möglich gewesen wäre.1297
c) Fazit
Es ist fraglich, ob sich die bisherigen Erwägungen auf die Verbreitung der hybriden
nicht börsennotierten Gesellschaftsformen übertragen lassen. Betrachtet man zunächst
den race to the bottom Gedanken. Dieser basiert in seinen Ursprüngen auf dem bereits
dargestellten Grundsatz der Trennung zwischen Inhaberschaft und Geschäftsführung bei
Kapitalgesellschaften.1298 Die These von Berle und Means beruhte auf der Vorstellung,
dass die große Diversifizierung in börsennotierten Publikumsgesellschaften dazu führt,
dass es immer schwieriger für die Inhaber der Gesellschaft wird, die Geschäftsführung
zu kontrollieren und Einfluss auf diese zu nehmen.1299 Dadurch würde das Management
1292 Romano, 2 Theoretical Inquiries L. 387, 493–544 (2001); Easterbrook/Fischel, Economic
Structure of Corporate Law, 213 (1991).
1293 Dazu insbesondere Winter, 6 J.Legal Stud. 251, 256–66 (1977); Easterbrook, 9 Del.J.Corp.L. 540,
571 (1985); Romano, 107 Yale L.J. 2359, 2383–87 (1998).
1294 Vgl. Charny, 32 Harv.Int.L.J. 432, 434 (1991).
1295 Vgl. die Studie von Dodd/Leftwich, 53 J.Bus. 259 (1980); auch Heron/Lewellen, 33 J.Fin. &
Quantitative Analysis 549 (1998); ebenso Romano, 2 Theoretical Inquiries L. 387, 497 (2001) ("in
my judgment [the event studies] are compelling evidence that competition benefits shareholders");
vgl. auch Bhagat/Romano, 4 Am.L.& Econ.Rev. 380, 384 (2002).
1296 Mittlerweile gibt es Bewegungen, die anzweifeln, dass die derzeitige Entwicklung überhaupt auf
einen Wettbewerbsgedanken zurückzuführen ist. Vgl. etwa Bebchuk, 112 Yale L.J. 553, 585–95
(2992); Kahan/Kamar, 55 Stan.L.Rev. 679, 727–34 (2002); ähnlich auch Rose, 117 Harv.L.Rev.
588 (2003).
1297 Statt vieler Easterbrook/Fischel, Economic Structure of Corporate Law, S. 214–15;
Bhagat/Romano, 4 Am.L.& Econ.Rev. 380, 384 (2002). Gleichwohl sei auf vermittelnde
Ansichten hingewiesen, die einen eingeschränkten Wettbewerb als gesamtwirtschaftlich vorteilhaft
ansehen, solange ausreichende Schutz- und Kontrollmechanismen für die Gläubiger und Aktionäre
des Unternehmens eingeführt werden. Vgl. dazu ausführlich Bebchuk, 105 Harv.L.Rev. 1435 ff.
(1992). Zu der Problematik auch Ebke, RabelsZ 62 (1998), 195, 217.
1298 Vgl. Macey, 73 Wash.U.L.Q. 433, 442 (1995).
1299 Berle/Means, Modern Corporation, S. 4–6 (1932).
232
die tatsächliche Macht besitzen, die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft auszugestalten und insbesondere die Jurisdiktion zu wählen, die ihnen am einträglichsten
erscheint.1300 Unabhängig von den gewichtigen Gegenargumenten zeigt sich an der
Grundvoraussetzung der race to the bottom-Theorie, dass eine Übertragung auf hybride
Rechtsformen nicht möglich ist. Denn eine Trennung von ownership und control ist in
diesen Gesellschaftsformen nicht anzutreffen. Vielmehr haben die Anteilseigner sehr
wohl die Möglichkeit, das Management zu kontrollieren. Dies war zumindest früher die
Rechtfertigung ihrer persönlichen und unbeschränkten Haftung. Im Gegensatz zu
Aktionären können sie selbst bestimmten wie und in welcher Jurisdiktion ihr Unternehmen gegründet und geleitet wird. Eine Verkürzung der schutzwürdigen Interessen
der Anteilseigner ist bei kleinen börsenunabhängigen Gesellschaften somit nicht zu
erwarten. Demzufolge kann der Wettbewerb unter den US-Bundesstaaten in Bezug auf
die hybriden Gesellschaftsformen nicht unter die traditionelle race to the bottom-
Theorie subsumiert werden.
Werden nun die Aspekte der race to the top-Lehre betrachtet, könnte angenommen
werden, dass der Erfolg der hybriden Rechtsformen einen Beweis für deren
wirtschaftliche Effizienz darstellt.1301 Dann müsste auch die vollständige Deregulierung1302 der neuen Unternehmensformen nach den Prinzipien eines effizienten
Marktes grundsätzlich zu einem volkswirtschaftlichen Nutzen führen.1303 Gleichwohl ist
der Markt insbesondere in Bezug auf die Zielgruppe der hybriden Rechtsformen, die
kleinen und mittleren Unternehmen, gerade nicht effizient. Denn in diesem Sektor
besteht der Markt aus einer Vielzahl von ungleichen Marktteilnehmern, die sich durch
unterschiedliche Verhandlungsmacht, finanzielle Ressourcen und politischen Einfluss
auszeichnen. Im Laufe der Bearbeitung wird sich zeigen, dass die These eines
effizienten Marktes in Bezug auf die großen, öffentlich gehandelten Kapitalgesellschaften seine Berechtigung finden mag, die Verbreitung hybrider Rechtsformen
mit einer Verbindung von Inhaberschaft, Kontrolle und beschränkter Haftung jedoch
gerade nicht auf volkswirtschaftliche Effizienzgesichtspunkte zurückzuführen ist.
Zudem gibt es bisher keine empirischen Daten, die eine wirtschaftliche Effizienz der
sprunghaften Verbreitung von hybriden Rechtsformen belegen könnten. Der race to the
top Gedanke ist dementsprechend nicht direkt auf die Entwicklung der hybriden Rechtsformen anwendbar.
1300 Berle/Means, Modern Corporation, S. 136–40 (1932).
1301 In Bezug auf die LLC siehe Macey, 73 Wash.U.L.Q. 433, 445–47, 454 (1995).
1302 Für die vollständige Deregulierung siehe Ribstein, 40 Wake Forest L.Rev. 751, 758 (2005); ders.,
24 Del.J.Corp.L. 407, 440–41 (1999); ders., The Deregulation of Limited Liability, 70
Wash.U.L.Q. 417 (1992).
1303 Vgl. dazu Easterbrook/Fischel, Economic Structure of Corporate Law, 213; Romano, 2
Theoretical Inquiries L. 387, 493–94 (2001) (Beide beziehen ihre Studien jedoch ausschließlich
auf Kapitalgesellschaften). Siehe aber Macey, 73 Wash.U.L.Q. 433, 449 (1995), der die
Argumente von Easterbrook/Fischel auf die LLC überträgt.
233
III. Ergebnis
Der Wandel der Haftungsverhältnisse in der atypischen limited partnership ist auf
rechtsformübergreifende Überlegungen zurückzuführen. Die wettbewerbsbedingte Entwicklung des US-amerikanischen Gesellschaftsrechts hat dazu geführt, dass die
eingangs dargestellten Trennung zwischen ownership, control und limited liability
derzeit in den USA weitgehend aufgehoben wird. Im Rahmen des fortschreitenden
Wettbewerbs wird an einer Regelung, nach der ein Personengesellschafter Gefahr läuft,
persönlich in Anspruch genommen zu werden, höchstwahrscheinlich nicht mehr festgehalten werden. Diese Erkenntnis spiegelt sich bereit im ULPA 2001 wieder, wobei
das Modelgesetz bisher erst von vier recht unbedeutenden US-Jurisdiktionen umgesetzt
wurde.
§ 8: Folgerungen für das nationale Gesellschaftsrecht
Es stellt sich die Frage, inwieweit solche Veränderungen auch über die Grenzen der
USA hinaus zu erwarten sind. Bisher war nämlich in Europa zumindest im Bereich der
Personengesellschaften die strikte Trennung von Geschäftsführungsmacht, Inhaberschaft und beschränkter Haftung ebenfalls vorherrschend. Führt man den Strukturwandel im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht zu Recht auf den steigenden Wettbewerb der Rechtsordnungen zurück und erkennt man an, dass dem Wettbewerbsgedanken in Europa eine wachsende Bedeutung zukommt, könnte man in Europa eine sehr
ähnliche Entwicklung unterstellen. Der folgende abschließende Teil beschäftigt sich mit
dem Gesellschaftsrechtsmarkt in Europa und stellt zunächst die Ausgangslage eines
jeden Wettbewerbs dar. Sodann wird hinterfragt, ob sich bereits eine Veränderung im
traditionellen Gesellschaftsrechtsgefüge abzeichnet. Sodann wird analysiert, ob und wie
das nationale Recht auf eine solche Veränderung reagieren muss. Die aus der Analyse
des US-amerikanischen Rechts gewonnenen Erkenntnisse spielen eine wichtige Rolle
bei der Beantwortung dieser Fragestellung.
A. Wettbewerb der Rechtsordnungen in Europa
Der Wettbewerbsgedanke war dem deutschen Gesellschaftsrecht lange Zeit unbekannt
und wurde sogar als „befremdlich“ angesehen.1304 Ein freier Wettbewerb war nicht
gewollt, denn das Gesellschaftsrecht hatte seit jeher den Schutz von Drittinteressen als
1304 Vgl. Hommelhoff/Teichmann, StudZR 2006, 1, 9 mit Verweis auf Wiedemann, GesR, § 14 II 1.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Einheit von Herrschaft und Haftung beherrschte in Deutschland wie in den USA lange Zeit die Diskussion über den Sinn und Unsinn der beschränkten Haftung im Gesellschaftsrecht. Um opportunistischem Handeln von herrschenden Gesellschaftern entgegenzuwirken, wurde die beschränkte Haftung nur gegen einen Verlust von Mitwirkungsbefugnissen in der Gesellschaft gewährt. Eine Trennung von Herrschaft und Haftung war nicht möglich. In Deutschland wurde dieses Dogma durch die atypische KG bereits frühzeitig durchbrochen. In den USA trat eine solche Entwicklung erst vollständig in den letzten Jahrzehnten ein. In jüngster Zeit entstand in den europäischen Rechtsordnungen ein neuer Reformprozess, der maßgeblich durch die Bestrebungen geprägt war eine mindestkapitallose Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung zu kreieren, in der die Gesellschafter die Kontrolle über die Gesellschaft ausüben können.
Das Werk zeigt die die Ursachen für diese Entwicklung sowie die rechtlichen und ökonomischen Konsequenzen einer Durchbrechung des Grundsatzes einer Einheit von Herrschaft und Haftung im Gesellschaftsrecht auf und hinterfragt diese im Hinblick auf den weltweiten Markt der Gesellschaftsrechte.