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einberufene Ausschuss105 zur Reform des Rechts der KG konnte sich jedoch nicht mit
seiner Forderung durchsetzen, grundsätzlich die unbeschränkte Haftung der herrschenden Kommanditisten im HGB zu normieren.106 Obwohl oder gerade weil es nicht
zu einer solchen gesetzlichen Regelung kam, blieb die Diskussion um die Haftung des
herrschenden Kommanditisten offen.
B. Lösungsansätze bis zum Rektor-Urteil
Die frühere Diskussion in der Literatur vor dem Rektor-Urteil ist durch die oben
erwähnten nationalsozialistischen Reformbewegungen107 geprägt. Die damals vertretenen echten Haftungsmodelle108 wollten inhaltliche Wertmaßstäbe zur Ausformung
allgemein gültiger Prinzipien heranziehen und dadurch eine rein begriffliche
Anwendung der gesetzlichen Normen verhindern.109 Solche allgemein gültigen
Prinzipien ergäben sich, so die Argumentation, insbesondere aus den dispositiven
Regelungen des HGB. Darin sei die verbindliche Leitidee des Gesetzgebers zu sehen,
dass alleine der Komplementär die unternehmerische Leitungsmacht in der KG
innehaben soll.110 Dieser Sichtweise liegt als wesentlicher Gesichtspunkt zugrunde, dass
die Haftung der Gesellschafter zwingend von den ihnen eingeräumten Verantwortungsbereichen abhängig sei.111 Der Verantwortungsbereich des Komplementärs umfasst
insbesondere die Leitungsmacht in der Gesellschaft. Die Verantwortung des Kommanditisten erstreckt sich hingegen auf eine Stellung als rein passiver Kapitalgeber. Eine
Durchbrechung dieser vom Gesetzgeber zugeteilten Verantwortungsbereiche habe
zwangsläufig die unbeschränkte Außenhaftung des Einfluss nehmenden
Kommanditisten zur Folge.112
105 Ausschuss für das Recht der Personalgesellschaften der Akademie für Deutsches Recht unter dem
Vorsitz von Würdinger.
106 Vgl. dazu Großmann-Doerth, AcP 147 (1941), 1, 10 ff. mit Wiedergabe der Forderung des
Arbeitsberichts für deutsches Recht; „ Kommanditisten, die statt der Komplementäre als Träger
der Geschäftsführung erscheinen, sollen unbeschränkt haften.“ (S. 13). Ausführlich Spieß, S. 83 f.
107 Dazu Westermann, Vertragsfreiheit, S. 272 f.. Ausführlich Hueck/Windbichler, GesR, S. 200.
108 Vgl. zu den Überschneidungen der einzelnen Ansätze, Schröder, S. 92; zum Typus der KG vgl.
Westermann, GmbH & Co. KG, S. 37.
109 Vgl. Mertens, NJW 1966, 1049; Ott, Typenzwang S. 52, 121 f.
110 Vgl. die Aussage von Boesebeck, S. 9: „In tieferer Betrachtung schließt sich die Fragestellung an,
ob man die Unternehmungen mit ihrem zu engen Kleid glücklich werden lassen, ob man ihnen das
Tragen dieses Kleides verbieten, oder ob man ihnen umgekehrt den rechtlichen Stoff liefern soll,
um das Kleid passend zu machen.“.
111 Haupt-Rheinhardt, GesR § 20 III; J. v. Gierke, HandelsR, § 37 VI 1b; Lehmann, GesR, S. 333.
112 Lehmann, GesR, S. 333; Müller-Erzbach, FS Heymann, Bd. II, 736, 737 (1931); vgl. auch Staab,
BB 1959, 435, 436; vgl. die Nachweise bei Ott, Typenzwang, S. 31 ff.
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I. Das Wesensargument
Zunächst wurde im Schrifttum113 die Ansicht vertreten, dass es dem „Wesen“ der KG
widerspreche, wenn der Kommanditist mit einer umfassenden Leitungsmacht ausgestattet sei. Ansatzpunkt dieser Argumentation ist die Unabdingbarkeit einzelner Grundeigenschaften der KG. Keine vertragliche Vereinbarung dürfe gegen das Wesen114 der
Gesellschaft verstoßen. Die KG habe als soziale Einrichtung ein besonderes Gepräge,
das sich in wesentlichen Gerechtigkeits- und Ordnungsvorstellungen äußere. Die
Gerechtigkeits- und Ordnungsvorstellungen des Gesetzgebers begründeten wesentliche,
immanente Grundeigenschaften der Gesellschaft. Die gesetzliche Zuweisung der
unternehmerischen Verantwortung an den Komplementär wurde als eine solche
wesentliche Grundeigenschaft der KG angesehen. Werde diese Grundentscheidung des
Gesetzgebers zugunsten des Kommanditisten verschoben, werde das Wesen der KG
verletzt.115 Nach dieser Sichtweise trifft den Kommanditisten bei jeder wesentlichen
Einflussnahme in die Geschäftsführung der Gesellschaft als Sanktion die persönliche,
unbeschränkte Außenhaftung.116
II. Herrschaft und Haftung
Teils unabhängig vom Wesensargument, teils zu dessen Unterstützung wurde aus einem
weiteren Ansatzpunkt die unbeschränkte Haftung des herrschenden Kommanditisten
hergeleitet. Wie eingangs erwähnt, entwickelte sich in den dreißiger Jahren der
Gedanke, dass der Unternehmer, der das Unternehmen beherrscht, auch die Gefahren
des Unternehmens tragen sollte.117 Damit verbunden war de lege ferenda118 die Forderung nach einer unbeschränkten Haftung des geschäftsführenden Kommanditisten. Im
Mittelpunkt stand hierbei das Prinzip der Einheit von Herrschaft und Haftung, das in
dieser Zeit verbreitet befürwortet wurde.119 Die Anhänger120 sahen darin ein materiell-
113 Insbesondere Lehmann, GesR, S. 333 f.
114 Ausführlich zum Wesensbegriff: Schultze-v.Lasaulx, ZfgG 21 (1971), 325, 329; Teichmann,
Gestaltungsfreiheit, S. 3 ff.; Westermann, Vertragsfreiheit, S. 85 f., 93.
115 Vgl. zur Argumentation mit dem „Wesensbegriff“ Scheuerle, AcP 163 (1964), 429–71.
116 Lehmann, GesR S. 333.
117 Die Gedanken lassen sich auf Bestrebungen der ordoliberalen Freiburger Schule Walter Euckens
zurückführen, Eucken, Wirtschaftspolitik, 279–285; folgend Biedenkopf, FS Böhm, 113, 119
(1965); Böhm, Wettbewerb, S. 124; Haupt/Reinhard, GesR, S. 79, 83, weitere Nachweise bei
Spieß, S. 84.
118 Vgl. dazu Ott, Typenzwang, S. 32; Spieß, S. 83, der darauf hinweist, dass dies in der späteren
Diskussion häufig übersehen wurde.
119 Ein Prinzip der Herrschaft und Haftung setzt natürlich ein vorrechtliches Prinzip der
„unbeschränkten Haftung“ voraus. Vgl. eingehend Schmidt, OHG, S. 103 ff.
120 Eucken, Wirtschaftspolitik, S. 279; Friedrich, SozPraxis 1938 Sp. 1153, 1156; Großmann-Doerth,
AcP 147 (1941), 1, 13; Haupt/Rheinhardt, S. 79; Immenga, S. 117; J.v.Gierke, HandelsR, S. 172,
232, 236; Müller-Erzbach, HandelsR, S.180; ders., Mitgliedschaft, S. 116 ff.; ders., FS Heymann,
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rechtliches Ordnungsprinzip,121 dem rechtsethische und wirtschaftsverfassungsrechtliche Dignität zugesprochen wurde. Es handelte sich hierbei um einen Ansatz des
ordoliberalen Wirtschaftsdenkens, bei dem nicht nur das Haftungsprivileg des Kommanditisten, sondern auch die Relativierung aller haftungsbeschränkenden
Rechtsfiguren auf dem Spiel stand.122
Die „Ordoliberalen“,123 angeführt von Franz Böhm, Walter Eucken und Hans
Großmann-Doerth, strebten eine als „Wirtschaftsverfassung bezeichnete rechtliche und
ökonomische Ordnung des Gemeinwesens an, die auf Verkehrwirtschaft, Wettbewerb
und Verantwortung basiert und das Vertrags- und Gesellschaftsrecht in einen gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang stellt“.124 Die Autoren sahen ihre Aufgabe darin, dem
freien Spiel der Kräfte und der damit verbundenen Missbrauchsgefahr Ordnungsprinzipien entgegenzusetzen.125 Der Gleichlauf von Herrschaft und Haftung sollte ein
konstituierendes Element der Wettbewerbswirtschaft darstellen.126 Den Neoliberalen
galt die unbeschränkte Haftung als notwendiges Korrelat des freien Wettbewerbs und
der Freiheit der Unternehmer. Die persönliche Haftung bewirke den vorsichtigen
Einsatz vorhandenen Kapitals und beuge damit der Verschleuderung volkswirtschaftlichen Vermögens vor (Kapitalerhaltungsfunktion).127 Darüber hinaus verdränge die
persönliche Haftung den glücklosen Unternehmer vom Markt (Auslesefunktion).128
Die Wirtschaftsverfassung müsse die Unternehmensstruktur so regeln, dass die
gesamtwirtschaftliche Ordnung trotz des freien Wettbewerbs nicht gestört werde.129
Bd. II, 736, 738 (1931).; ders., JZ 1956, 705, 798; Reinhardt, FS Lehmann, Bd. II, 576, 591
(1956); Staab, BB 1959, 435.
121 So insbesondere Enneccerus-Nipperdey, AT, S. 708; Reinhardt, FS Lehmann, Bd. II, 576, 591
(1956); Schumann, Vereine, S. 22 f.; siehe die umfassenden Darstellungen bei Schmidt, OHG, S.
108 f.; Wiedemann, GesR I, § 10 III 2a.
122 Hierzu Bitter, S. 141; Westermann, Vertragsfreiheit, S. 273; Wiedemann, GesR, § 10 III 2a; zum
„Kampf gegen die Kapitalgesellschaften“ auch Großmann-Doerth, AcP 147 (1941), 1, 10 f..
Zurückhaltend jedoch Würdinger, KG, S. 32.
123 Zur Entwicklungsgeschichte und zu den Zielen des Ordoliberalismus siehe insbesondere Dürr,
Wesen und Ziele des Ordoliberalismus.
124 Vgl. das Leitwort in Böhm, Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und
rechtsschöpferische Leistung. Böhm machte die unbeschränkte Haftung zu einem
naturgesetzlichen Ausleseprinzip und zu einer Strafe für erfolglose Wirtschaftssubjekte. Hierzu
Schmidt, GesR, § 5 III 2b.
125 Insbesondere Böhm, Ordnung der Wirtschaft, S. 51; ders., Wirtschaftsordnung, S. 62.
126 Müller-Erzbach, FS Heymann, Bd. II, 736, 737 (1931) („Das Recht darf eine haftungsbefreite oder
haftungsbeschränkte Herrschaft nicht dulden.“); vgl. weiter Haupt/Reinhard, S. 79, 83; ähnlich
Nitschke, S, 242, 259, der sich auf die Macht und gesellschaftsrechtliche Verantwortung bezieht
und als Korrektiv für die Herrschaftsgewalt des Kommanditisten statt der Außenhaftung eine
Binnenhaftung konstruiert. Vgl. Nitschke, S. 263 f., 266 f.; dazu auch Großfeld, S. 105 f.
127 Auf diese Verhaltenssteuerung wird ständig hingewiesen. Vgl. Böhm, Wirtschaftsordnung, S. 61;
Immenga, S. 118; Müller-Erzbach, AcP 154 (1955), 299, 343; ders., JZ 1956, 705, 708.
128 Vgl. Großmann-Doerth, DR 1939, 9, 11 f.; ders., HansRGZ 1937 A, 281, 282 f.; 1938 A, 209 f.;
Runge, S. 70 spricht von „Sozialdarwinismus“; einer Darstellung dieser Grundthese findet sich aus
rechtsvergleichender Sicht bei Vagts, ZHR 1994, 227, 228–230.
129 Vgl. Böhm, Die Ordnung der Wirtschaft, S. 126; Eucken, Wirtschaftspolitik, S. 285; Immenga, S.
119; Tielsch, S. 4.
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Folglich sei die Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter dort eingeschränkt, wo sie in die
Sphäre der Gemeinschaft eingreife.130 Das Prinzip des gesamtwirtschaftlichen Risikoausgleichs verlange, dass eine Übereinstimmung der Aktionsmöglichkeiten des leitenden Kommanditisten mit seinem haftenden Vermögen bestehe131: „Wer den Nutzen
hat, muss auch den Schaden tragen.“132 Die Risikoeinheit der Kommanditgesellschaft
werde durch den herrschenden Kommanditisten zu seinen Gunsten zerrissen. Der
Verstoß gegen die zwingenden Grundprinzipien133 der Wirtschaftsverfassung habe zur
Folge, dass dem Kommanditisten als „Strafe“ sein Haftungsprivileg versagt werde.134
Die Schlussfolgerung lenkt den Blick auf den Gedanken einer wirtschaftsrechtlichen
Generalprävention. Dieser von den Neoliberalen gewählte Vergleich mit der Generalprävention im Strafrecht ist ein charakteristisches Merkmal des damaligen deutschen
Wirtschaftsdenkens: „Je nachsichtiger ein Strafrecht gegenüber dem Verbrecher, desto
höher die Verbrechenshäufigkeit; je strenger eine Rechtsordnung gegen den Schuldner
vorgeht, desto sauberer und reibungsloser der wirtschaftliche Verkehr.“135
III. Die Typenlehre
Mit anderer Begründung kommt die sog. Typenlehre136 zu demselben Ergebnis. Der
Ausgangspunkt dieser Lehre ist die Frage, ob eine zulässigerweise gewählte Rechtsform
bis an die Grenze des zwingenden Rechts beliebigen Variationen unterworfen werden
kann.137 Die Idee des Typenzwangs ist vor allem als Bollwerk gegen die immer „neuen
130 Keutner, S. 9, 40, (unter Berufung auf das Führerprinzip); Lehmann, GesR, S. 333; Reinhardt, FS
Lehmann, Bd. II, 576, 589 (1956); einschränkend J. v. Gierke, HandelsR, S. 232, 324, 237.
131 Vgl. insbesondere Reinhardt, FS Lehmann, Bd. II, 576, 589 (1956): „Es würde den
Ordnungsgrundsätzen dieser Wirtschaft“ widersprechen, „wenn der unternehmerische Nutzen
zwar dem Unternehmer, die Risiken aber dem Verkehr … zufielen“; enger J. v. Gierke, S. 232,
234, 237.
132 So die immer wiederkehrende Formel von Eucken, Wirtschaftspolitik, S. 279; vgl. z. B. Reinhardt,
FS Lehmann, Bd. II, 576, 589 (1956); Ott, S. 125 f., 187 f.
133 Vgl. dazu Böhm, Wettbewerb, S. 124; Dürr, S. 11; Eucken, S. 279 ff.; Immenga, S. 118;
Mestmäcker, JZ 1964, 441 f., 443; Reinhardt, FS Lehmann, Bd. II, 576, 598 (1956); auch
Großfeld, AG, S. 105 f., 108 f. hebt hervor, dass die gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen die aus
der Wirtschaftsverfassung gewonnenen, zwingenden gesamtwirtschaftlichen Ordnungsprinzipien
wahren müssen.
134 So ausdrücklich: Boesebeck, S. 64; Eucken, Wirtschaftspolitik, S. 279–285; Ott, Typenzwang, S.
32.
135 So Hohlfeld, S. 15; weitere kennzeichnende Äußerungen bei Böhm, Die Ordnung der Wirtschaft,
S. 8, 10 f.; Ott, S. 74.
136 Grundlegend: Paulick, Genossenschaft, S. 14 ff., 28 ff., 33 ff., 69; ders., Handbuch, S. 101. Zur
atypischen KG insbesondere Kuhn O., S. 166; Ott, S. 76, 163 f., 202, 287 f.; vgl. die Darstellung
bei Schultze-v. Lasaulx, ZfgG 1971, 325 ff., sowie Engisch, S. 237.
137 Schmidt, GesR, § 5III 1c stellt zu Recht fest, dass sich diese Problematik in die scheinbar absurde
Fragestellung kleiden lässt, ob auch „dispositives“ Gesellschaftsrecht „zwingend“ sein kann. Vgl.
auch Westermann, Vertragsfreiheit, S. 49 ff.
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Phantasieprodukte der Kautelarjurisprudenz“ eingesetzt worden.138 Maßgebliche Lehrbücher hielten in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg die beschränkte Haftung des
herrschenden Kommanditisten für verfehlt.139 So wurde vertreten, dass der Gesetzgeber
bei der Ausgestaltung der Gesellschaftsformen ein bestimmtes Leitbild vor Augen
habe.140 Durch gesetzliche Ausgestaltung des Personengesellschaftsrechts kommt eine
gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, die ein übergeordnetes Leitprinzip des
Gesetzgebers darstelle. Daraus folgert die Typenlehre, dass die vom Gesetzgeber
gewählte Ausgestaltung der Gesellschaftsformen den typischen Normalfall der jeweiligen Rechtsform widerspiegeln solle.141
Der Typus der KG werde darin gesehen, dass in dieser Gesellschaftsform der
Komplementär der maßgebliche Leiter des Unternehmens sei und dieses durch
Geschäftsführung und Vertretung führe. Der Kommanditist habe demgegenüber keinen
besonderen Einfluss und hafte als Ausgleich dafür auch nur beschränkt.142 Dieser Typus
setze der Vertragsfreiheit der Gesellschafter immanente Grenzen.143 Zwar wird einer
vertraglichen Vereinbarung – die von diesem Typ abweicht – nicht die rechtliche Anerkennung versagt, um dem Ziel des Gesetzgebers aber gerecht zu werden, nämlich der
Gewährleistung eines ausreichenden Gläubigerschutzes durch die unbeeinflussten
Fähigkeiten eines unbeschränkt haftenden Inhabers des Unternehmens, müsse eine
solche Abweichung haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Werde dem
Kommanditisten somit abweichend vom gesetzlichen Typus die Herrschaftsmöglichkeit
übertragen, so müsse der Kommanditist auch persönlich haften, um der gläubigerschützenden Wertentscheidung des Gesetzgebers Rechnung zu tragen.144
C. Das Rektor-Urteil des BGH
In seinem Rektor-Urteil, dem Paradebeispiel für die haftungsrechtlichen Konsequenzen
des geschäftsführenden Kommanditisten, hat der II. Zivilsenat des BGH145 zu der
Diskussion im Schrifttum Stellung genommen. Im Rektor-Fall hatte Schulrektor R
gemeinsam mit der vermögenslosen Zuschneiderin Z eine Kommanditgesellschaft
138 Schmidt, GesR, § 5III c.
139 Haupt/Reinhard, GesR, § 20 III; J. v. Gierke, HandelsR, § 37 IV 4.
140 Vgl. Koller, 58 f., 78; Kuhn O., S. 35 f.; Leenen, 80 ff.; auch Larenz, Methodenlehre, S. 449;
Westermann, Vertragsfreiheit, S. 57 ff.
141 Paulick, Genossenschaft, S. 75 f.; ähnlich Ott, 142; auch Haupt/Reinhardt, S. 79.
142 Vgl. Ott, Typenzwang, S. 178; Paulick, Genossenschaft, S. 36 ff., 62 f., 70 ff.; Staab, BB 1959,
435, 436; ähnlich Lehmann, GesR, S. 333, der jedoch das Wesensargument hervorhebt. Unter
Anknüpfung an den Grundsatz der Selbstorganschaft vgl. auch Westermann, Vertragsfreiheit, S.
270 f.
143 Lehmann, GesR, S. 335; Paulick, Genossenschaft, S. 24 ff., 35 ff.; 79.
144 Paulick, Genossenschaft, S. 79 f., 85 f.; ähnlich Nitschke, S. 266; vgl. weitere Nachweise bei
Boerner, S. 57; Elsing, 57.
145 BGH, 17.03.1966, BGHZ 45, 204, 205 f.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Einheit von Herrschaft und Haftung beherrschte in Deutschland wie in den USA lange Zeit die Diskussion über den Sinn und Unsinn der beschränkten Haftung im Gesellschaftsrecht. Um opportunistischem Handeln von herrschenden Gesellschaftern entgegenzuwirken, wurde die beschränkte Haftung nur gegen einen Verlust von Mitwirkungsbefugnissen in der Gesellschaft gewährt. Eine Trennung von Herrschaft und Haftung war nicht möglich. In Deutschland wurde dieses Dogma durch die atypische KG bereits frühzeitig durchbrochen. In den USA trat eine solche Entwicklung erst vollständig in den letzten Jahrzehnten ein. In jüngster Zeit entstand in den europäischen Rechtsordnungen ein neuer Reformprozess, der maßgeblich durch die Bestrebungen geprägt war eine mindestkapitallose Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung zu kreieren, in der die Gesellschafter die Kontrolle über die Gesellschaft ausüben können.
Das Werk zeigt die die Ursachen für diese Entwicklung sowie die rechtlichen und ökonomischen Konsequenzen einer Durchbrechung des Grundsatzes einer Einheit von Herrschaft und Haftung im Gesellschaftsrecht auf und hinterfragt diese im Hinblick auf den weltweiten Markt der Gesellschaftsrechte.