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benstellung und privatem Erwerbsinteresse besonderes Gewicht.462 Es ist dieses Spannungsverhältnis zwischen Gemeinwohl- und Gewinnmaximierungsinteresse, dessentwegen D. Ehlers die Errichtung gemischtwirtschaftlicher
Unternehmen nur dann für eine ordnungsgemäße Ausübung des Organisati onsermessens hält, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und eine Zusammenarbeit in Gestalt der Verwaltungshilfe nicht mindestens ebenso geeignet
erscheint.463
13. Vergaberechtliche Situation
In zunehmendem Maße wird das Vergaberecht, das die Beschaffung von
Waren, Bau- und Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber regelt, ein
Gesichtspunkt, der für die Wahl der Rechtsform relevant sein kann. »Aus
Sicht der Gemeinden bietet die Anwendung des Vergaberechts die Chance der
Gewinnung eines möglichst wirtschaftlich agierenden und dennoch optimal
geeigneten Auftragnehmers, birgt aber den Nachteil der Verkomplizierung
und Verlängerung der Abläufe einschließlich der Gefahr nachträglicher, häufig durch die Vergabekammern oder Gerichte veranlasster Änderungen.«464
Es ist der Wunsch, dieser Verkomplizierung und Verlängerung der Verfahrensabläufe zu entgehen, der die Gemeinde veranlassen kann, nach einer
Organisationsform Ausschau zu halten, mit der sich die Anwendung des Vergaberechts vermeiden lässt. Bei der Untersuchung, ob unter diesem Aspekt
öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtsformen den Vorzug verdienen, ist zu unterscheiden, ob öffentliche Unternehmen der Kommunen als
öffentliche Auftraggeber (dazu a)) oder als Auftragnehmer (dazu b)) im Vergabeverfahren auftreten.
a) Gemeindeunternehmen als öffentliche Auftraggeber
Das Vergaberecht hat seine gegenwärtige Aktualität und Bedeutung durch
europarechtliche Vorgaben erhalten, die durch das Vergaberechtsänderungsgesetz vom 1. Januar 1999 mit der Neufassung der §§ 97 bis 126 GWB in
nationales Recht umgesetzt worden sind.465 Da die Vergaberechtsvorschriften
462 Zum Konflikt zwischen kommunaler Gemeinwohlverpflichtung und privatunternehmerischem Rentabilitätsinteresse bei Aufgaben der Daseinsvorsorge vgl. Th. v. Danwitz, AöR
120 (1995), 595 ff., 611 f.
463 D. Ehlers, DJT-Gutachten (Fußn. 76), S. E 110.
464 M. Burgi, NVwZ 2001, 601 ff., 604.
465 Vgl. jetzt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Bekanntmachung der
Neufassung vom 15.07.2005 (BGBl. I 2005, S. 2114), geändert durch Art. 1 des Gesetzes
zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften vom
01.09.2005 (BGBl. I 2005, S. 2676).
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des GWB nur für Aufträge gelten, welche die Schwellenwerte des § 2 der
Vergabeverordnung (VgV) erreichen oder überschreiten, ist zu unterscheiden
zwischen Auftragsvergaben oberhalb (dazu 1) und unterhalb (dazu 2) der
Schwellenwerte. Die hier primär interessierenden Schwellenwerte betragen
200.000 Euro für Liefer- und Dienstleistungsaufträge und 5 Millionen Euro
für Bauaufträge, jeweils ohne Mehrwertsteuer.466
(1) Das Vergaberecht der §§ 97 ff. GWB ist auf alle »öffentlichen Auftraggeber« im Sinne des § 98 GWB anzuwenden; entscheidend ist im vorliegenden
Zusammenhang der funktionale Auftraggeberbegriff des § 98 Nr. 2 GWB.
Danach sind öffentliche Auftraggeber juristische Personen des öffentlichen
und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im
Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen,
wenn staatliche oder kommunale Stellen im Sinne von § 98 Nr. 1 und 3 GWB
sie durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder
über ihre Leitung die Aufsicht ausüben oder mehr als die Hälfte der Mitglie der eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe
bestimmt haben. Diese Voraussetzungen liegen bei Tätigkeiten auf dem
Gebiet der Daseinsvorsorge – eine Einzelfallprüfung hinsichtlich der Tatbestandselemente jeweils vorbehalten – sowohl für die selbständigen Kommunalunternehmen als auch für die kommunalen Eigengesellschaften, jedenfalls
für die als GmbH verfassten, in der Regel vor, so dass beide als Auftraggeber
dem Vergaberechtsregime unterworfen sind. 467
(2) Unterhalb der maßgeblichen Schwellenwerte kommt es auf die Kommunalverfassung und das öffentliche Haushalts- und Budgetrecht des jeweiligen
Bundeslandes an. Die Landesrechte verzichten zum Teil auf eine Unterstellung ihrer privat- oder öffentlich-rechtlichen Gemeindeunternehmen unter das
landesrechtliche Vergaberecht.468
466 Durch die EU-Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 für den Bau-, Liefer- und Dienstleistungsbereich (EU-VKR) sind die Schwellenwerte auf 211.000 bzw. 5,278 Millionen angehoben worden. Mangels einer förmlichen Änderung der Vergabeordnung gelten in Deutschland die im Text genannten niedrigeren Schwellenwerte fort.
467 Zu den Einzelheiten vgl. O. Otting, / F. P. Ohler, Vergaberecht,. in: W. Hoppe /
M. Uechtritz (Hrsg.), Handbuch (Fußn. 249), S. 497 ff.; U. Kummer, Vom Eigen- oder
Regiebetrieb zum Kommunalunternehmen (Fußn. 322), S. 130 ff. – Eine gewisse Besserstellung des selbständigen Kommunalunternehmens liegt darin, dass öffentliche Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 4 bis 6 GWB nur natürliche oder juristische Personen des Privatrechts sind.
468 Ein Überblick über die unterschiedlichen landesrechtlichen Regelungen bei H. Schröder,
NZBau 2003, 596 ff.
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b) Gemeindeunternehmen als Auftragnehmer
Die Kommunen können Leistungen durch ihre eigenen Dienststellen oder
durch von ihnen abhängige, rechtlich nicht selbständige Einrichtungen
(Regiebetriebe, Eigenbetriebe) erbringen. Diese »im eigenen Hause« getätigten »Inhouse-Geschäfte« im engeren Sinne unterliegen nicht dem Vergaberecht. Die Kommunen können Leistungen aber auch am Markt einkaufen und
unterliegen dann in vollem Umfang dem Vergaberechtsregime. Wie ist es,
wenn die Kommunen einen Auftrag an ein Gemeindeunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit (selbständiges Kommunalunternehmen, GmbH,
AG) erteilen? Handelt es sich auch dann um ein vergaberechtsfreies Inhouse-
Geschäft (im weiteren Sinne)?469
Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung zwischen vergaberechtsfreier
Eigenleistung und ausschreibungspflichtigem Einkauf ist nach der Rechtsprechung des EuGH und des BGH der Begriff des Auftrags. § 99 Abs. 1 GWB
definiert öffentliche Aufträge als entgeltliche Verträge zwischen öffentlichem
Auftraggebern und Unternehmen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist,
dass es sich beim Auftraggeber und beim Auftragnehmer um zwei juristisch
selbständige Personen handelt. Da dies bei Kommunalunternehmen und
Eigengesellschaften der Fall ist, wäre die Anwendung des Vergaberechts zu
bejahen mit der geradezu absurden Folge, dass die Kommune ihre ausgegliederten Verwaltungseinheiten möglicherweise nicht mit den Aufgaben
betrauen könnte, für deren effektivere Wahrnehmung die Ausgliederung ja
gerade erfolgt ist. Der EuGH hat deshalb eine teleologische Reduktion des
Auftragsbegriffs vorgenommen.470 Danach liegt bei der Beauftragung eines
rechtlich selbständigen Gemeindeunternehmens durch die Trägerkommune
dann ein vergaberechtsfreies Inhouse-Geschäft vor, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss die Kommune über ihr Unternehmen eine Kontrolle ausüben »wie über eine eigene Dienststelle« (Kontrollkriterium); 471
zweitens muss das beauftragte Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen
469 Vgl. dazu K. Hardrath, In-house-Geschäfte und europäisches Vergaberecht, 2006.
470 EuGH, Urteil vom 18.11.1999 – Rs. C 107/98 – Teckal-Entscheidung, Slg. 1999, I-8121. Im
Urteil vom 07.12.2000 – Rs. C 94/99 – ARGE Gewässerschutz, Slg. 2000, I-11037, hat der
EuGH zu erkennen gegeben, dass er die in der Teckal-Entscheidung aufgestellten Grundsätze nicht nur für die Beauftragung mit Liefer-, sondern auch für die Beauftragung mit
Dienstleistungen für anwendbar hält. Der BGH hat sich im Beschluss vom 26.08.2002 der
EuGH-Rechtsprechung angeschlossen; BGHZ 148, 55 ff.: »Der Sache nach wird in diesen
Fällen kein anderer mit der Erbringung der Dienstleistung beauftragt, es kommt vielmehr zu
einem sog. In-house Geschäft, bei dem die Leistung von einer Stelle erbracht wird, die der
öffentlichen Verwaltung bzw. dem Geschäftsbetrieb des öffentlichen Auftraggebers zuzurechnen ist.«
471 So auch BGHZ 148, 55, 63. K. Hardraht, In-house-Geschäfte (Fußn. 469), S. 166 ff., 189 f.,
schlägt als Kontrollkriterium den Begriff der funktionellen Identität vor.
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für die Kommune verrichten (Wesentlichkeitskriterium).472 Soll über das Vergaberecht die mit der Ausgliederung beabsichtigte größere unternehmerische
Selbständigkeit des öffentlichen Unternehmens nicht konterkariert werden, so
darf das Kontrollkriterium nicht zu eng gefasst werden. Erforderlich ist keine
mit der Einfügung in die Verwaltungshierarchie identische, sondern nur eine
vergleichbare Kontrolle.473 Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Einzelfall auf Grund der konkreten Gestaltung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrages zu beurteilen. Aufgrund der hohen Flexibilität der gesetzlichen Organisationsregelungen werden die Voraussetzungen für eine Freistellung vom Vergaberecht beim selbständigen Kommunalunternehmen und bei
der GmbH in der Regel erfüllt sein, während dies für die AG eher zweifelhaft
sein dürfte.474
Lange war streitig, ob bei einer geringen Minderheitsbeteiligung eines Privaten in einer gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft eine Ausschreibungspflicht
entfallen könne. In dem die Grundsätze des Teckal-Urteils bestätigenden
Urteil vom 11. Januar 2005 (Stadt Halle) hat der EuGH die vergaberechtlichen Maximen für die kommunale Privatrechtsgesellschaften konkretisiert
und festgestellt, dass jede minderheitliche Gesellschaftsbeteiligung eines Privaten die Kontrolle der Kommune über diese gemischtwirtschaftliche Gesellschaft ausschließt und die Gesellschaft deshalb dem Vergaberecht unterliegt.475 Das Gericht sieht die Erfordernisse des Kontrollkriteriums nicht als
erfüllt an. Während die Beziehung zwischen einer öffentlichen Stelle, die ein
öffentlicher Auftraggeber ist, und ihren Dienststellen durch Überlegungen
und Erfordernisse bestimmt werde, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhänge, beruhe die Anlage von privatem Kapital in einem Unternehmen auf Überlegungen, die mit privaten
Interessen zusammenhingen, und verfolge andersartige Ziele. Mit dieser Entscheidung hat die gemischtwirtschaftliche Gesellschaft und haben zahlreiche
Modelle der Public Private Partnership deutlich an Attraktivität verloren, in
vielen Fällen wird der Sinn einer Organisationsprivatisierung als solcher
zweifelhaft sein. Die Kommunen werden in Zukunft häufiger vor der Frage
stehen, ob die Leistungen nicht besser in Eigenregie oder durch ein selbständiges Kommunalunternehmen zu erbringen oder gleich materiell zu privati-
472 Im Urteil vom 13.10.2005 hat der EuGH die Grundsätze des Teckal-Urteils für öffentliche
Dienstleistungskonzessionen fortgeschrieben; Rs. C-458-03 – Parking Brixen, Slg. 2005, S.
I-8612, Rn. 62.
473 So auch BGHZ 148, 55, 63.
474 Für die Einzelheiten vgl. die in Fußn. 467 genannten Autoren sowie M. Hogeweg, Die kommunale Anstalt (Fußn. 321), S. 216 ff.
475 EuGH, Urteil vom 11.01.2005 – Rs. C 26/03 – Stadt Halle, Slg. 2005, S. I-1, Rn. 49 f..; dazu
L. Hausmann / F. Bultmann, NVwZ 2005, 377 ff.; C. Jennert, Verwaltungsrundschau 2005,
257 ff.; W. Krohn, NZBau 2005, 92 ff.; U.-D. Pape / H. Holz, NJW 2005, 2264 ff.
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sieren sind. Es könnte der Privatisierungswelle nun eine Rekommunalisierungswelle folgen.476
Bestehen vom Auftragsbegriff des § 99 Abs. 1 GWB her zwischen Kommunalunternehmen und GmbH vergaberechtlich keine Unterschiede, so könnte
die durch Anstaltslast und Gewährträgerhaftung garantierte Haftungssicherheit dem Kommunalunternehmen eine Privilegierung verschaffen, die mit
dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 97 Abs. 2 GWB unvereinbar sein und
das Kommunalunternehmen deshalb als Bieter im Vergabeverfahren ungeeignet machen könnte.477 Wie schon bei den Ausführungen zu Anstaltslast und
Gewährträgerhaftung dargelegt (Abschnitt I. 6.), wird auch hier die Lösung in
einer je konkreten Einzelfallprüfung der Wettbewerbssituation zu finden sein.
Eine pauschale Nichtberücksichtigung der Kommunalunternehmen im öffent lichen Auftrags- und Beschaffungswesen würde den Intentionen der Gesetzgeber bei Einführung dieser Rechtsform voll widersprechen würde. 478 Allerdings ist ein schon für das Beihilferecht konstatiertes Spannungsverhältnis
zwischen Anstaltslast und Gewährträgerhaftung auf der einen und Wettbewerbsrecht auf der anderen Seite auch für das Vergaberecht festzustellen.
c) Vergaberecht und interkommunale Zusammenarbeit
Im Abschnitt II. 12 a) ist auf die gesteigerte Notwendigkeit interkommunaler
Zusammenarbeit hingewiesen und sind die organisatorischen Kooperationsformen genannt worden, unter denen das gemeinsame Kommunalunternehmen eine gegenüber dem Zweckverband flexible Alternative darstellt. Durch
eine Reihe von Gerichtsurteilen479 und durch ein inzwischen eingestelltes EU-
Vertragsverletzungsverfahren (»Fall Hinte«) ist eine erhebliche Rechtsunsicherheit entstanden, ob und in welchem Umfang die überkommenen Rechtsformen interkommunaler Zusammenarbeit dem europarechtlichen Vergaberechtsregime unterliegen. Ohne diese Frage hier vertiefen zu können, ist
gegenüber einer einseitig wettbewerbsrechtlichen Sicht auf die Notwendigkeit hinzuweisen, staatsorganisatorische Akte im Rahmen der kommunalen
Zusammenarbeit nach den entsprechenden Landesgesetzen von wirtschaftlicher Auftragsvergabe zu unterscheiden. Für innerstaatliche Organisationsent-
476 Einen Trend zur Rekommunalisierung vormals gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen
sieht auch die Bundesregierung; Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Antwort vom 19.07.2007 auf eine Kleine Anfrage betr. »Kommunale Selbstverwaltung und
europäisches Vergaberecht«, BT-Drucks. 16/5990, zu Fragen 7 und 8.
477 So OLG Celle, NZBau 2002, 400, das auf die Insolvenzunfähigkeit des Kommunalunternehmens abstellt.
478 So auch H. Schröder, NZBau 2003, 596 ff., 599 ff.
479 Insbesondere EuGH, Urteil vom 13.01.2005 – Rs. C 84/03 – Kommission / Königreich Spanien, EuZW 2005, 222 ff.; früher schon OLG Düsseldorf, NZBau 2004, 398 ff.; OLG Frankfurt a. M, NZBau 2004, 692 ff.; OLG Naumburg, VergabeR 2006, 88 ff.
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scheidungen fehlt es der Europäischen Union an einer Kompetenz; interkommunale Organisationsentscheidungen sind zudem Ausdruck der durch Art. 28
Abs. 2 GG geschützten kommunalen Selbstverwaltung. Deshalb sind als
Organisationsakte vergaberechtsfrei sowohl die Beauftragung eines gemeinsamen Kommunalunternehmens oder einer hundertprozentigen kommunalen
Eigengesellschaft als auch die Übertragung einer kommunalen Aufgabe auf
einen Zweckverband oder von einer Kommune auf eine andere Kommune im
Rahmen einer Zweckvereinbarung (und dies unabhängig davon, ob es sich um
eine delegierende oder um eine mandatierende Zweckvereinbarung handelt).
Das Vergaberecht tritt in Übereinstimmung mit dem Halle-Urteil des EuGH
erst bei der gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft in Funktion, da mit dieser
die Grenze vom staatlichen zum gesellschaftlichen Bereich überschritten
ist.480
14. Europäisches Beihilferecht
Für das europäische Beihilferecht kann auf die Ausführungen im Ersten Teil
Abschnitt II. 2. und IV. 4. verwiesen werden. Wegen des rechtsformunabhängigen Begriffs des öffentlichen Unternehmens in Art. 86 Abs. 2 EGV bestehen zwischen öffentlich-rechtlich organisierten und privatrechtlich organisierten Unternehmen der Kommunen grundsätzlich keine Unterschiede. Auf
das Spannungsverhältnis zwischen der auf die Einzelleistung abstellenden
beihilferechtlichen Sichtweise und den globaleren Ausgleichsmechanismen
von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung beim selbständigen Kommunalunternehmen ist oben im Abschnitt I. 6. bereits hingewiesen worden.
15. Steuerrechtliche Aspekte
Als Grund für Organisationsprivatisierungen werden häufig steuerliche
Gründe genannt. Bei der Prüfung dieses Arguments können im Folgenden nur
die wesentlichen Grundzüge der wichtigsten Steuerarten skizziert werden481
und dies unter Beschränkung auf kommunale Unternehmen in der Rechtsform
der Kapitalgesellschaft oder des Kommunalunternehmens. Dabei wird – im
Hinblick auf das im Vierten und Fünften Teil exemplarisch behandelte kommunale Krankenhaus – jeweils kurz auch auf dessen steuerrechtliche Behandlung eingegangen.
480 So M. Burgi, Der Landkreis 2005, 468 ff.; zum Problembereich vgl. auch L. Horn, Interkommunale Zusammenarbeit im Spannungsfeld zwischen Organisationshoheit und Vergaberecht, in: R. Pitschas / J. Ziekow (Hrsg.), Vergaberecht im Wandel, 2006.
481 Vgl. zum Folgenden J. Wolf, Anstalt des öffentlichen Rechts (Fußn. 349), S. 70 ff., 369 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit problematisiert die gegenwärtige Praxis einer materiellen und formellen Privatisierung weiter Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge. Im Ersten Teil wird als verfassungstheoretisches Problem der materiellen Privatisierung auf die Gefahr einer Erosion des Öffentlichen hingewiesen: auf die Tendenz zur Ausdünnung der demokratischen und sozialstaatlichen Legitimations- und Verantwortungsstrukturen. Im Zweiten Teil wird die These entwickelt, dass es sich bei der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform für öffentliches Handeln (formelle Privatisierung) nicht um eine rein rechtstechnische Frage, sondern um eine verfassungsrelevante Strukturentscheidung handelt, die einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Als eine flexible Handlungsform des öffentlichen Rechts und als geeignete Alternative zu privatrechtlichen Rechtsformen wird im Dritten Teil die Organisationsform des selbständigen Kommunalunternehmens vorgestellt. Die Leistungsfähigkeit dieser neuen öffentlich-rechtlichen Organisationsform wird sodann im Vierten Teil auf der Grundlage eines ausführlichen Rechtsformenvergleichs dargestellt und im Fünften Teil anhand einer rechtstatsächlichen Analyse der bayerischen Krankenhaus-Kommunalunternehmen konkretisiert. Von den rechtspolitischen Vorschlägen ist die Forderung nach einer Einführung einer direktiven Mitbestimmung im Kommunalunternehmen hervorzuheben.