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12. Kooperationsmöglichkeiten446
Immer wichtiger wird angesichts des zunehmenden Wettbewerbs auch für
öffentliche Unternehmen die Möglichkeit der Kooperation mit anderen
öffentlichen und privaten Unternehmen. Durch Kooperationen können Syner gieeffekte erzielt, es kann das Wirkungsgebiet erweitert und das Know-how
Externer nutzbar gemacht werden. Immer wichtiger wird deshalb auch das
Kriterium »Kooperationsmöglichkeiten« für die Wahl der Rechtsform kommunaler Unternehmen. Da selbständige Kooperation Selbständigkeit des
Unternehmens und damit Rechtsfähigkeit voraussetzt, haben Regie- und
Eigenbetrieb hier ein rechtsförmliches Handicap, so dass die Betrachtung sich
auf öffentliche Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit konzentrieren
kann und damit wiederum auf GmbH und AG als privatrechtlich und das
Kommunalunternehmen als öffentlich-rechtlich organisierte Unternehmen.
a) Kooperation von Gemeindeunternehmen mit öffentl.-rechtlichen Rechtsträgern
Für die Möglichkeiten, die das Kommunalrecht kommunalen Unternehmen
für eine Kooperation mit öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern bietet, ist zu
unterscheiden zwischen den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-
Holstein, in denen die Kommunalgesetzgeber das gemeinsame Kommunalunternehmen bzw. die gemeinsame kommunale Anstalt eingeführt haben (dazu
Abschnitt bb)), und den Ländern, in denen dies nicht geschehen ist (dazu
Abschnitt aa)). Nur in der im Abschnitt bb) beschriebenen Konstellation ist
das Kommunalunternehmen hinsichtlich der Kooperationsfähigkeit eine der
privaten Rechtsform überlegene Alternative.
aa) Das gemischt-öffentliche Unternehmen
Soweit die Institution eines gemeinsamen Kommunalunternehmens gesetzlich nicht eingeführt ist, steht eine für die Zusammenarbeit mehrerer Kommunen geeignete öffentlich-rechtliche Unternehmensform nicht zur Verfügung.
Die rechtlich unselbständigen Regie- und Eigenbetriebe sind immer nur
Unternehmen der einen Gemeinde, der sie rechtlich zugehören und auch für
das Kommunalunternehmen als Anstalt des öffentlichen Rechts wird, sofern
gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, von einer monistischen Trägerstruktur
446 Zum Folgenden vgl. insbes. A. Gaß, Umwandlung (Fußn. 334), S. 106 ff.; J. Hellermann,
in: W. Hoppe / M. Uechtritz (Hrsg.), Handbuch (Fußn. 249), S. 164 Rn. 133 ff.;
M. Uechtritz, ebd., S. 562 Rn. 64 ff.
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ausgegangen, die die Gründung eines Kommunalunternehmens durch mehrere kommunale Trägerkörperschaften und die Beteiligung einer Kommune
am Kommunalunternehmen einer anderen ausschließt. So können für die
Kooperation auf Unternehmensebene nur die für die interkommunale Zusammenarbeit allgemein zur Verfügung stehenden Rechtsformen genutzt werden.
Das sind über die lockere Form der kommunalen Arbeitsgemeinschaft hinaus
die Zweckvereinbarung und als rechtlich verselbständigte Rechtsform der
Zweckverband.447
In einer Zweckvereinbarung können mehrere Kommunen vertraglich festlegen, dass das Kommunalunternehmen einer Gemeinde, Aufgaben auch der
anderen Kommunen übernimmt; es entsteht ein sog. Kooperations-Kommunalunternehmen. Die Trägerschaft verbleibt aber ausschließlich bei der
ursprünglichen Trägergemeinde.
Wollen mehrere Kommunen ein Kommunalunternehmen gemeinsam errichten, ist das (soweit das Landesrecht das gemeinsame Kommunalunternehmen
nicht kennt) nur auf dem Umweg über die Gründung eines Zweckverbands
möglich, dem als Hauptaufgabe der Betrieb eines Kommunalunternehmens
zum Zwecke der Erfüllung bestimmter Aufgaben übertragen wird. Allerdings
entsteht auf diese Weise eine komplizierte Organisationsstruktur, da neben
die Organe des Zweckverbands (Verbandsversammlung und Verbandsvorsitzender, eventuell Verbandsausschuss) die Organe des Kommunalunternehmens (Vorstand und Verwaltungsrat) treten. Wird schon die Organisationsstruktur des Zweckverbands als solche als schwerfällig und für eine interkommunale Kooperation eher ungünstig beurteilt, so gilt diese kritische Einschätzung erst recht für die dargestellte Kombinationslösung. Eine Ausweich- und
Hilfslösung ist der sog. »ausgehöhlte Zweckverband«, bei dem durch entsprechende Regelungen in der Verbands- und in der Unternehmenssatzung eine
weitgehende personelle Identität zwischen Verbandsvorsitzendem und Vorstand sowie zwischen Verbandsversammlung und Verwaltungsrat hergestellt
wird.
Angesichts der Kompliziertheit der öffentlich-rechtlichen Kooperationsformen ist es nicht verwunderlich, dass auch hier in das Privatrecht ausgewichen
wird, indem die Zusammenarbeit im Rahmen einer privatrechtlichen Beteiligungsgesellschaft stattfindet (sog. gemischt-öffentliches Unternehmen). Eine
Beteiligungsgesellschaft z. B. in der Rechtsform der GmbH kann sowohl von
einem Kommunalunternehmen als Tochtergesellschaft gegründet werden
(Art. 89 Abs. 1 Satz 2 GO Bay) als auch von mehreren Kommunen zur
gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben (vgl. z. B. Art. 1 Abs. 3 Satz 1
447 Zu öffentlich-rechtlichen Verbundmodellen ausführlich Lübbecke, Das Kommunalunternehmen (Fußn. 325), S. 93 ff.
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BayKommZG).448 Im ersten Fall können sich an der Tochtergesellschaft des
Kommunalunternehmens Gebietskörperschaften, Zweckverbände und andere
Kommunalunternehmen beteiligen; das ausgründende Kommunalunternehmen fungiert dann in der Regel als Holding, der im Wesentlichen die strategische Leitung der Beteiligungsgesellschaft und die Erledigung von Querschnittsaufgaben obliegt.449 Im zweiten Fall können sich ein oder mehrere
Kommunalunternehmen an der kommunalen Beteiligungsgesellschaft beteiligen (Art. 89 Abs. 1 Satz 2 GO Bay), so dass auch auf diese Weise Kooperationsbeziehungen hergestellt werden können.
bb) Das gemeinsame Kommunalunternehmen
Es ist ausdrücklich das Ungenügen der bisher zur Verfügung stehenden
Kooperationsformen, das die Gesetzgeber in Bayern, Niedersachsen und
Schleswig-Holstein zur Einführung des gemeinsamen Kommunalunternehmens veranlasst hat.450 Die Zwischenschaltung eines Zweckverbands sei mit
hohem organisatorischem und Verwaltungsaufwand und unnötigen Kosten
verbunden. Der Entscheidungsprozess sei mehrstufig, langwierig und wenig
transparent, die demokratische Legitimationskette unnötig lang. Das gemeinsame Kommunalunternehmen sei gegenüber der Kombination Zweckverband/Kommunalunternehmen die wesentlich einfachere Lösung; an deren
Stelle trete eine Rechtsperson mit nur zwei Organen. Auf eine eigene Gewährträgerversammlung sei verzichtet worden. Das gemeinsame Kommunalunternehmen solle zum einen ein Beitrag zu Verwaltungsvereinfachung sein, zum
anderen könne es durch die Verbesserung der Möglichkeiten kommunaler
448 Tochtergesellschaften können von Kommunalunternehmen nur als privatrechtliche Gesellschaften (GmbH) gegründet werden, da das Kommunalrecht die Gründung von Kommunalunternehmen nur Gebietskörperschaften erlaubt. Die Kommune kann allerdings auch
öffentlich-rechtliche Holdingstrukturen einrichten, indem sie ein von ihr gegründetes Kommunalunternehmen durch Unternehmenssatzung einem ebenfalls von ihr gegründeten Holding-Kommunalunternehmen unterstellt.
449 Als Beispiel sei auf das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg hingewiesen,
das als Holding der von ihm gegründeten Krankenhaus-GmbH und Alters- und Pflegeheim-
GmbH fungiert; vgl. dazu A. Schraml, Kommunalunternehmen (Fußn. 310), S. 29 ff., 35 f.;
ders., Das Kommunalunternehmen, in: J. Ipsen (Hrsg.), Unternehmen Kommune? 2007, S.
73 ff.
450 Bayern: Art. 2 und 49 f. des Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (Bay-
KommZG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 20.06.1994 (GVBl. 1994, 555), geändert
durch Gesetz zur Änderung des Kommunalrechts vom 26.07.2004 (GVBl. 2004, 272); vgl.
dazu C. Vilgertshofer, KommunalPraxisBayern 2005, 4 ff., 7 f. – Niedersachsen: §§ 3 und 4
des Niedersächsischen Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG) vom
19.02.2004 (Nds. GVBl. 2004, S. 63). In Niedersachsen wird das gemeinsame Kommunalunternehmen »gemeinsame kommunale Anstalt« genannt. – Schleswig-Holstein: §§ 19 b
bis 19 d des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit (SchlHGkZ) i. d. F. vom
28.02.2003 (GVBl. S. 122), geändert durch Gesetz vom 01.02.2005 (GVBl. S. 66).
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Zusammenarbeit auch zur Erhaltung des hohen Standards der kommunalen
Daseinsvorsorge beitragen.451
Durch Art 2 Abs. 1 BayKommZG452 wird den Gemeinden über die überkom menen Rechtsformen der kommunalen Zusammenarbeit hinaus das gemeinsame Kommunalunternehmen zur Verfügung gestellt. Gemeinsame Kommunalunternehmen sind nach der Legaldefinition des Art. 2 Abs. 4 Bay-
KommZG selbständige Unternehmen in der Rechtsform einer Anstalt des
öffentlichen Rechts, die von mehreren kommunalen Gebietskörperschaften
getragen werden. Für ihre Organisation werden die in den Gemeindeordnungen enthaltenen flexiblen Regelungen über das Kommunalunternehmen durch
Regelungen ergänzt bzw. modifiziert, die die gemeinsame Trägerschaft
betreffen (vgl. die Bestimmungen über Unternehmensträger, Stammeinlage,
räumlichen Wirkungsbereich, die Sitz- und Stimmenverteilung im Verwaltungsrat sowie über die gesamtschuldnerische Haftung, Art. 50 Abs. 2 und 5
BayKommZG).
Hervorzuheben sind die Regelungen über die unkomplizierte Entstehung des
gemeinsamen Kommunalunternehmens, die geeignet sind, die Ablösung bisheriger komplizierter Organisationsstrukturen zu befördern. Die Errichtung
eines gemeinsamen Kommunalunternehmens durch mehrere Gebietskörperschaften erfolgt durch die Vereinbarung einer Unternehmenssatzung; der Beitritt einer Gebietskörperschaft zu einem Kommunalunternehmen oder zu
einem gemeinsamen Kommunalunternehmen erfolgt durch eine zwischen den
Beteiligten zu vereinbarende Änderung der Unternehmenssatzung; dabei können die Beteiligten bestehende Regie- und Eigenbetriebe auf das gemeinsame
Kommunalunternehmen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge ausgliedern
(Art. 49 Abs. 1 BayKommZG). Schließlich – und das könnte Anreiz zu einer
Republifizierung des kommunalen Gesellschaftsrechts sein – ermöglicht
Art. 49 Abs. 4 BayKommZG die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft mit
ausschließlich kommunalen Anteilseignern in ein gemeinsames Kommunalunternehmen. Mit besonderer Ausführlichkeit widmet sich das bayerische
Recht der Umwandlung von Zweckverbänden in gemeinsame Kommunalunternehmen (Art. 49 Abs. 3 BayKommZG).
b) Kooperation kommunaler Unternehmen mit Privaten
Es ist die Komplexität der kommunalen Aufgaben, die das Einbringen von
privatem Know-how, es ist die Finanznot der Gemeinden, die einen Rückgriff
451 Bayerischer Landtag, Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Kommunalrechts, Drucks. 15/1063 vom 21.05.2004, S. 16.
452 Zitiert werden hier nur die Bestimmungen des BayKommZG; die Gesetze Niedersachsens
und Schleswig-Holsteins enthalten im Wesentlichen entsprechende Regelungen.
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auf privates Kapital vielen Kommunen erstrebenswert erscheinen lässt. So ist
Public Private Partnership, die Zusammenarbeit zwischen Privaten und
öffentlicher Hand, ein in Literatur und Praxis hochaktuelles Thema.453
Für eine Kooperation kommunaler Unternehmen mit Privaten sind die
öffentlich-rechtlichen Rechtsformen weitgehend ungeeignet.454 Eine unmittelbare aktive Beteiligung privater Dritter an einem Kommunalunternehmen
sehen die kommunalgesetzlichen Regelungen nicht vor, so dass eine solche
zumindest de lege lata ausgeschlossen ist.455 Juristisch möglich,456 aber praktisch unattraktiv ist die Beteiligung Privater am Kommunalunternehmen
durch Gründung einer typischen stillen Gesellschaft im Sinne von § 230
Abs. 1 HGB. Eine solche liegt vor, wenn sich jemand an dem von einem
Dritten betriebenen Handelsgewerbe mit einer in das Vermögen des Dritten
übergehenden Vermögenseinlage beteiligt. Der »typisch stille Gesellschaf ter« erlangt ausschließlich eine Gewinnbeteiligung, er hat keine Mitunternehmerstellung und ist weder am Gesellschaftsvermögen noch an der
Geschäftsführung beteiligt, so dass dieses Modell verfassungsrechtlich zwar
unbedenklich, für den Privaten aber unattraktiv ist und als wirkliches Kooperationsmodell deshalb ausscheidet.457 Auch die Beteiligung Privater am
Kommunalunternehmen in der Form der atypisch stillen Gesellschaft kann
nicht mehr sein als eine Notlösung. Bei dieser Konstruktion werden dem stillen Gesellschafter zwar zusätzliche mitunternehmerische Rechte eingeräumt,
dies aber in einem öffentlichen Unternehmen im Hinblick auf das Erfordernis demokratischer Entscheidungslegitimation nur in begrenztem Umfang, da
dem demokratisch legitimierten Gewährträger die letztentscheidende Ein-
453 Aus der umfangreichen Literatur sei hier verwiesen auf F. Schoch, Public Private Partnership (Fußn. 153), S. 101 ff.; G. F. Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung, in: D. Budäus, / P. Eichhorn
(Hrsg.), Public Private Partnership, 1997, S. 93 ff.; P. Tettinger, DÖV 1996, 764 ff. – Aus
stärker ökonomischer Perspektive vgl. D. Budäus, Neue Kooperationsformen zur Erfüllung
öffentlicher Aufgaben. Charakterisierung, Funktionsweise und Systematisierung von Public
Private Partnership, in: J. Harms / Chr. Reichard (Hrsg.), Die Ökonomisierung des öffentlichen Sektors, 2003, S. 213 ff.; D. Budäus / P. Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership.
Neue Formen öffentlicher Aufgabenerfüllung, 1997; D. Budäus, (Hrsg.), Kooperationsformen zwischen Staat und Markt. Theoretische Grundlagen und praktische Ausprägung von
Public Private Partnership, 2006.
454 Vgl. zum Folgenden A. Gaß, Umwandlung (Fußn. 334), S. 118 ff.; J. Hellermann, in:
W. Hoppe / M. Uechtritz (Hrsg.), Handbuch (Fußn. 249), S. 173 Rn. 165 ff.
455 Zu Überlegungen de lege ferenda vgl. Dritter Teil Abschnitt IV. 3.
456 Die Frage, ob die Beteiligungen Privater im Rahmen stiller Gesellschaften einer zur Zeit
nicht vorhandenen speziellen gesetzlichen Ermächtigung bedarf, ist in der Literatur umstritten, aber wohl zu bejahen; ebenso J.-Chr. Pielow, Zwischen Flexibilität und demokratischer
Legitimität (Fußn.322), S. 751; J. Hellermann, in: W. Hoppe / M. Uechtritz (Hrsg.), Handbuch (Fußn. 249), S. 173 Rn. 166; a. A. A. Gaß, Umwandlung (Fußn. 334), S. 118, und U.
Kummer, Vom Eigen- oder Regiebetrieb zum Kommunalunternehmen (Fußn. 322), S. 98.
457 Vgl. im Einzelnen U. Kummer, Vom Eigen- oder Regiebetrieb zum Kommunalunternehmen (Fußn. 322), S. 96 ff.; dort, S. 98 f., auch zur höchst prekären atypischen stillen Gesellschaft.
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flussmöglichkeit vorbehalten bleiben muss.458 Unter diesen restriktiven
Bedingungen wird auch diese Gesellschaftsgestaltung für den Privaten nur in
speziellen Konstellationen interessant sein.459 Es bleibt die Kooperation im
Rahmen eines Zweckverbandes, eine Möglichkeit, die das Kommunalrecht
eröffnet (vgl. z. B. Art. 17 Abs. 2 Satz 2 BayKommZG), die aber für den Privaten wegen der verwaltungsspezifischen Ausgestaltung der Zweckverbandsorganisation und des hohen Verwaltungsaufwands unter wirtschaftlichen
Gesichtspunkten in der Regel wenig erstrebenswert ist. Da Private in den
Organen des Kommunalunternehmens nicht vertreten sein können, kann
auch die oben erläuterte Konstruktion des »ausgehöhlten Zweckverbands«
nur in abgeschwächter Form (Abstimmung der Satzungen und Geschäftsordnungen) eingesetzt werden.
So bleibt für eine aktive unternehmerische Beteiligung Privater an einem
öffentlichen Unternehmen nur die »Flucht ins Privatrecht«. Formaljuristisch
problemlos können sich auf der Ebene des für beide Partner geltenden Gesell schaftsrechts externe Dritte mit privatem Kapital an einem als GmbH oder
AG organisierten kommunalen Unternehmen beteiligen wie auch umgekehrt
gegen eine Beteiligung weder einer kommunalen Eigengesellschaft noch
eines Kommunalunternehmens an einem Privatunternehmen rechtsförmlich
keine Bedenken bestehen. Es entsteht dann ein sogenanntes gemischtwirtschaftliches Unternehmen.460 Dieses ist selbst nicht Träger der kommunalen
Aufgaben, sondern nur in die Durchführung der kommunalen Aufgaben einbezogen, wofür Rechtswissenschaft und Praxis eine Vielzahl von Beteiligungsmodellen entwickelt haben.461 Das gemischtwirtschaftliche Unternehmen muss die für eine Organisationsprivatisierung geltenden kommunalrechtlichen Voraussetzungen (insbes. Sicherung der öffentlichen Zweckbindung
und des kommunalen Einflusses, Haftungsbegrenzung, vgl. z. B. Art. 92 GO
Bay) beachten. Diese haben beim gemischtwirtschaftlichen Unternehmen
wegen der dort höchst problematischen Gemengelage von öffentlicher Aufga -
458 BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794 – Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe. Th. Mann,
Die öffentlich-rechtliche Gesellschaft (Fußn. 275), S. 381, hält deshalb nur Widerspruchsrechte des Privaten für verfassungsrechtlich zulässig, entscheidungsverhindernde Zustimmungsrechte aber für verfassungswidrig.
459 Eine solche besondere Konstellation mag bei den Berliner Wasserbetrieben vorliegen. Es
handelt sich um eine Anstalt des öffentlichen Rechts, bei der sich 50,1% der Anteile im
Besitz des Landes Berlin und 49,9% in der Hand der Berlinwasser Holding AG befinden,
deren Anteile zu 50,1% durch das Land Berlin und zu 49,9% durch ein privates Konsortium
gehalten werden.
460 Vgl. dazu vertiefend D. Ehlers, DVBl. 1997, 139 ff.
461 Zu den unterschiedlichen Modellen (Betreibermodell, Betriebsführungsmodell, Betriebs-
überlassungsmodell, Kurzzeit-Betreibermodell/BOT-Modell, Management- und Beratungsmodelle, Kooperationsmodell, Finanzierungsmodell) vgl. J. Hellermann, in: W. Hoppe /
M. Uechtritz (Hrsg.), Handbuch (Fußn. 249), S. 181 Rn. 189 ff.; T. Lämmerzahl, Die Beteiligung Privater (Fußn. 35), S. 200 ff.
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benstellung und privatem Erwerbsinteresse besonderes Gewicht.462 Es ist dieses Spannungsverhältnis zwischen Gemeinwohl- und Gewinnmaximierungsinteresse, dessentwegen D. Ehlers die Errichtung gemischtwirtschaftlicher
Unternehmen nur dann für eine ordnungsgemäße Ausübung des Organisati onsermessens hält, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und eine Zusammenarbeit in Gestalt der Verwaltungshilfe nicht mindestens ebenso geeignet
erscheint.463
13. Vergaberechtliche Situation
In zunehmendem Maße wird das Vergaberecht, das die Beschaffung von
Waren, Bau- und Dienstleistungen durch öffentliche Auftraggeber regelt, ein
Gesichtspunkt, der für die Wahl der Rechtsform relevant sein kann. »Aus
Sicht der Gemeinden bietet die Anwendung des Vergaberechts die Chance der
Gewinnung eines möglichst wirtschaftlich agierenden und dennoch optimal
geeigneten Auftragnehmers, birgt aber den Nachteil der Verkomplizierung
und Verlängerung der Abläufe einschließlich der Gefahr nachträglicher, häufig durch die Vergabekammern oder Gerichte veranlasster Änderungen.«464
Es ist der Wunsch, dieser Verkomplizierung und Verlängerung der Verfahrensabläufe zu entgehen, der die Gemeinde veranlassen kann, nach einer
Organisationsform Ausschau zu halten, mit der sich die Anwendung des Vergaberechts vermeiden lässt. Bei der Untersuchung, ob unter diesem Aspekt
öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Rechtsformen den Vorzug verdienen, ist zu unterscheiden, ob öffentliche Unternehmen der Kommunen als
öffentliche Auftraggeber (dazu a)) oder als Auftragnehmer (dazu b)) im Vergabeverfahren auftreten.
a) Gemeindeunternehmen als öffentliche Auftraggeber
Das Vergaberecht hat seine gegenwärtige Aktualität und Bedeutung durch
europarechtliche Vorgaben erhalten, die durch das Vergaberechtsänderungsgesetz vom 1. Januar 1999 mit der Neufassung der §§ 97 bis 126 GWB in
nationales Recht umgesetzt worden sind.465 Da die Vergaberechtsvorschriften
462 Zum Konflikt zwischen kommunaler Gemeinwohlverpflichtung und privatunternehmerischem Rentabilitätsinteresse bei Aufgaben der Daseinsvorsorge vgl. Th. v. Danwitz, AöR
120 (1995), 595 ff., 611 f.
463 D. Ehlers, DJT-Gutachten (Fußn. 76), S. E 110.
464 M. Burgi, NVwZ 2001, 601 ff., 604.
465 Vgl. jetzt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Bekanntmachung der
Neufassung vom 15.07.2005 (BGBl. I 2005, S. 2114), geändert durch Art. 1 des Gesetzes
zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften vom
01.09.2005 (BGBl. I 2005, S. 2676).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit problematisiert die gegenwärtige Praxis einer materiellen und formellen Privatisierung weiter Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge. Im Ersten Teil wird als verfassungstheoretisches Problem der materiellen Privatisierung auf die Gefahr einer Erosion des Öffentlichen hingewiesen: auf die Tendenz zur Ausdünnung der demokratischen und sozialstaatlichen Legitimations- und Verantwortungsstrukturen. Im Zweiten Teil wird die These entwickelt, dass es sich bei der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform für öffentliches Handeln (formelle Privatisierung) nicht um eine rein rechtstechnische Frage, sondern um eine verfassungsrelevante Strukturentscheidung handelt, die einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Als eine flexible Handlungsform des öffentlichen Rechts und als geeignete Alternative zu privatrechtlichen Rechtsformen wird im Dritten Teil die Organisationsform des selbständigen Kommunalunternehmens vorgestellt. Die Leistungsfähigkeit dieser neuen öffentlich-rechtlichen Organisationsform wird sodann im Vierten Teil auf der Grundlage eines ausführlichen Rechtsformenvergleichs dargestellt und im Fünften Teil anhand einer rechtstatsächlichen Analyse der bayerischen Krankenhaus-Kommunalunternehmen konkretisiert. Von den rechtspolitischen Vorschlägen ist die Forderung nach einer Einführung einer direktiven Mitbestimmung im Kommunalunternehmen hervorzuheben.