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für die Zweckverbände entsprechend. Durch §§ 19b und 19d GkZ ist es den
Gemeinden, Kreisen, Ämtern und Zweckverbänden ermöglicht worden, ein
gemeinsames Kommunalunternehmen zu errichten.326
Die Terminologie der landesrechtlichen Vorschriften ist unterschiedlich.
Während in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein der
Begriff »Kommunalunternehmen« verwendet wird (in Bayern auch »selbständiges Kommunalunternehmen«), haben sich die Gesetzgeber in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt für den Begriff »Anstalt des öffentlichen
Rechts« (in Sachsen-Anhalt bisweilen mit dem Zusatz »Kommunalunternehmen«), in Niedersachsen für die Bezeichnung »kommunale Anstalt« entschieden. Im Folgenden werden durchgängig die die Sache plastisch bezeichnenden Begriffe »Kommunalunternehmen« oder »selbständiges Kommunalunternehmen« Verwendung finden. Wo allgemein von Unternehmen der
Gemeindeverbände die Rede ist, werden diese als »Gemeindeunternehmen«
oder »kommunale Unternehmen« bezeichnet. Dabei werden jeweils nur die
für die Gemeinden geltenden Bestimmungen zitiert, da diese inhaltlich auch
für die anderen Gemeindeverbände zutreffen.
3. Rechtsnatur und Aufgaben des Kommunalunternehmens327
Das Kommunalunternehmen ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen
Rechts328 und damit eine selbständige juristische Person, die anders als Regieoder Eigenbetrieb unmittelbar Träger von Rechten und Pflichten ist, selbst
Eigentum and andere dingliche Rechte erwerben kann und im Prozess parteifähig ist. Die rechtsfähige Anstalt stellt eine mit eigenem Stammkapital sowie
eigenen Personal- und Sachmitteln ausgestattete öffentlich-rechtliche Organisationsform dar, durch die der Anstaltsträger ihm obliegende öffentliche Aufgaben erfüllt. Die Gemeinde kann dem Kommunalunternehmen einzelne oder
alle mit einem bestimmten Zweck verbundene Aufgaben ganz oder teilweise
übertragen, Pflichtaufgaben ebenso wie freiwillige Aufgaben, Aufgaben des
eigenen und übertragenen Wirkungskreises; das Kommunalunternehmen tritt
insoweit in die Pflichtenstellung der Gemeinde ein.329 Im Rahmen der allge-
326 Zum schleswig-holsteinischen Kommunalunternehmen vgl. R. Bracker / K.-D. Dehn,
Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein, Kommentar, 2. Aufl., 2003, S. 430 ff.; M. Arndt
/ U. Schliesky / M. Ziertmann, Das Kommunalunternehmen, 2003; J.-D. Busch, NordÖR
2005, 201 ff.; St. Storr, NordÖR 2005, 94 ff..
327 Vgl. zum Folgenden insbes. H. Bolsenkötter / H. Dau / E. Zuschlag, Gemeindliche Eigenbetriebe und Anstalten (Fußn. 310), Rn. 3 ff.; J. Hellermann, in: W. Hoppe / M. Uechtritz
(Hrsg.), Handbuch (Fußn. 249), S. 144 Rn. 62 ff., 78 ff.; A. Schraml, Kommunalunternehmen (Fußn. 310), S. 117 ff., Rn.122 ff., 170 ff.
328 Art. 89 Abs. 1 Satz 1 GO Bay; § 113a Abs. 1 NGO; § 114a Abs. 1 Satz 1 GO NW; § 86
Abs. 1 Satz 1 GemO RhPr; § 1 Abs. 1 Satz 1 AnstG LSA; § 106a Abs. 1 GO SchlH.
329 Zulässig ist auch die Beschränkung auf die bloße Durchführung der Aufgabe bei fortbestehender Aufgabenträgerschaft der Kommune.
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meinen Bestimmungen über die Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung enthalten die kommunalwirtschaftlichen Bestimmungen keine weiteren Einschränkungen. Während sich dies für Bayern und Sachsen-Anhalt schon aus
dem Verzicht auf die Unterscheidung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten ergibt,330 lassen die Gemeindeordnungen, die an der
überkommenen Unterscheidung festhalten, es ausdrücklich zu, sowohl wirt schaftliche Unternehmen als auch nichtwirtschaftliche Einrichtungen als
Kommunalunternehmen zu betreiben.331
4. Gründung und Auflösung des Kommunalunternehmens
Die Gemeinde kann selbständige Kommunalunternehmen errichten oder
bestehende Regiebetriebe, Eigenbetriebe und (bisher allerdings nur in Niedersachsen und Bayern) Eigengesellschaften in Kommunalunternehmen umwandeln. Ein besonderer Vorteil des Kommunalunternehmens besteht in der
Unkompliziertheit des Errichtungs- und Umwandlungsaktes.
Die Neuerrichtung eins Kommunalunternehmens erfolgt durch Erlass und
Bekanntmachung einer Unternehmenssatzung. Anders als der Gesellschaftsvertrag einer GmbH bedarf es keiner notariellen Beurkundung, sodass insoweit keine Gründungskosten entstehen. Die Errichtung ist der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen. Für die Unternehmenssatzung schreiben die
Kommunalgesetze bestimmte Mindestinhalte vor. So muss gemäß Art. 89
Abs. 3 GO Bay die Unternehmenssatzung Bestimmungen über den Namen
und die Aufgaben des Unternehmens, die Anzahl der Mitglieder des Vorstands und des Verwaltungsrats und die Höhe des Stammkapitals enthalten.332 Neben diesen rechtlich zwingenden Inhalten kann die Kommune
fakultativ in den Kommunalgesetzen abschließend normierte weitere Regelungen treffen.
Die Umwandlung von Regie- und Eigenbetrieben in ein Kommunalunternehmen erfolgt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes, so dass es
keiner gesonderten Übertragungsakte bedarf.333 Das ist bei Eigenbetrieben als
Sondervermögen mit eigener Wirtschaftsführung technisch unproblematisch,
da hier mit dem jeweiligen Jahresabschluss bzw. einer gesondert zu erstellen-
330 Art. 86 f. GO Bay; § 116 GO LSA.
331 § 113a Abs. 1 GO NGO; § 114a Abs. 1 Satz 1 GO NW; § 86a Abs. 1 Satz 1 GemO RhPf;
§ 106a Abs. 1 Satz 1 GO SchlH. Einschränkend verlangt § 114a Abs. 1 Satz 2 GO NW bei
nichtwirtschaftlichen Einrichtungen, dass ein wichtiges Interesse an der Errichtung besteht;
§ 86a Abs. 1 Satz 1 GemO RhPf fordert, dass der öffentliche Zweck diese Rechtsform rechtfertigt.
332 Vgl. auch § 113b GO Nds; § 114a Abs. 2 GO NW, § 5 KUV NW; § 2 AnstG LSA; § 86a
Abs. 2 GO RPf.
333 Mit den besonderen, im Umwandlungsgesetz nicht vorgesehenen Umwandlungsformen
machen die Kommunalgesetze von der Ermächtigung des § 1 Abs. 2 UmwG Gebrauch.
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References
Zusammenfassung
Die Arbeit problematisiert die gegenwärtige Praxis einer materiellen und formellen Privatisierung weiter Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge. Im Ersten Teil wird als verfassungstheoretisches Problem der materiellen Privatisierung auf die Gefahr einer Erosion des Öffentlichen hingewiesen: auf die Tendenz zur Ausdünnung der demokratischen und sozialstaatlichen Legitimations- und Verantwortungsstrukturen. Im Zweiten Teil wird die These entwickelt, dass es sich bei der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform für öffentliches Handeln (formelle Privatisierung) nicht um eine rein rechtstechnische Frage, sondern um eine verfassungsrelevante Strukturentscheidung handelt, die einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Als eine flexible Handlungsform des öffentlichen Rechts und als geeignete Alternative zu privatrechtlichen Rechtsformen wird im Dritten Teil die Organisationsform des selbständigen Kommunalunternehmens vorgestellt. Die Leistungsfähigkeit dieser neuen öffentlich-rechtlichen Organisationsform wird sodann im Vierten Teil auf der Grundlage eines ausführlichen Rechtsformenvergleichs dargestellt und im Fünften Teil anhand einer rechtstatsächlichen Analyse der bayerischen Krankenhaus-Kommunalunternehmen konkretisiert. Von den rechtspolitischen Vorschlägen ist die Forderung nach einer Einführung einer direktiven Mitbestimmung im Kommunalunternehmen hervorzuheben.