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wie die Verwaltungskosten auszuweisen seien.697 Auch müssten die relevanten
Informationen vom Nachfrager aus unterschiedlichen Quellen zusammengesucht
werden. So erschwere die fehlende Vergleichbarkeit zertifizierter Vorsorgeprodukte
einen Kostenwettbewerb erheblich und es entstünden beim Wechsel eines Anbieters
oder Produktes unerwartet hohe Kündigungskosten.698 Denn es gebe keine Pflicht
des Anbieters, die Kosten einer Kündigung in den jährlichen Informationen (§ 7
Abs. 4 AltZertG) anzugeben.699 Außerdem fehle es an Sanktionsmöglichkeiten bei
einer fehlenden vorvertraglichen Information über die Wechselkosten.700 Als weiterer Kritikpunkt kann genannt werden, dass das AltZertG keine Vorgaben hinsichtlich der Vermittlung der Information trifft.
IV. Defizite bei den zertifizierten Altersvorsorgeverträgen
Auch bei den zertifizierten Altersvorsorgeprodukten bestehen prohibitiv hohe
Wechselkosten. Denn beim Wechsel eines Anbieters oder eines Produkts fallen zunächst Wechselkosten an und ferner neue Abschlusskosten beim neuen Anbieter, zu
dem der Nachfrager gewechselt hat.701 Ferner schneiden im Renditevergleich zwischen geförderten Altersvorsorgeprodukten und nichtgeförderten Altersvorsorgeprodukten die geförderten Altersvorsorgeprodukte zwar etwas besser ab als die
Nichtgeförderten.702 Der Grund für die höhere Rendite liegt jedoch vielfach in der
staatlichen Förderung durch Zulagen und in der steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge begründet, nicht jedoch in der besseren Leistung oder geringeren Kosten des
Anbieters. Aufgrund der staatlichen Förderung wird der Vergleich zwischen Riester-
Produkten und anderen Altersvorsorgeprodukten zusätzlich erschwert.703 Denn in
vielen Fällen werden bei der Beratung des Nachfragers nach einem Altersvorsorgeprodukt die Förderbeträge in die Rendite einberechnet. Allerdings verfälscht diese
Praxis den Leistungswettbewerb, da der Nachfrager zwar über den Betrag, der ihm
voraussichtlich im Alter zur Verfügung steht, informiert wird, jedoch nicht weiss,
inwieweit sich das Ergebnis auf der Leistung des Anbieters stützt und inwieweit auf
die staatlichen Zulagen. Allein die Tatsache, dass Riester-Produkte keine bessere
"echte Rendite" (ohne die Berücksichtigung staatlicher Förderung) erbringen, spricht
gegen eine nachhaltige Verbesserung des Wettbewerbs auf dem Markt für Altersvorsorgeprodukte durch das AltZertG. Denn ein höherer Wettbewerbsdruck auf die
Anbieter von Altersvorsorgeverträgen müßte eigentlich dazu führen, dass diese die
Leistungsfähigkeit ihrer Produkte steigern. Z. B. durch renditeträchtige Anlagestra-
697 Zusammenfassung Studie, S. 3, 6 f.
698 Zusammenfassung Studie, S. 4.
699 Zusammenfassung Studie, S. 4.
700 Zusammenfassung Studie, S. 3 f., 6.
701 Zusammenfassung Studie der Bertelsmann-Stiftung und des IFF: Die "Riester-Rente"-Rente
aus Verbrauchersicht - Eine Analyse der Vorsorgeprodukte, S. 9.
702 Vgl. FAZ vom 16.2.2007, „Staatlich geförderte Rente: Was sich lohnt“.
703 Beck, „Riester-Produkte sind kaum vergleichbar“, FAZ vom 7.8.2006.
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tegien, aber auch durch die Senkung von Abschluss- und Verwaltungskosten. Diese
Kosten sind jedoch auch bei Riester-Verträgen bislang so hoch, dass eine Deckelung
gefordert wird.704
V. Ergebnis: Alterszertifizierungsgesetz als Ausgangspunkt
Trotz der genannten Probleme stellen die Vorschriften des AltZertG einen Ansatz
dar für die Ausgestaltung eines wettbewerblichen Systems auf dem Markt für Altersvorsorge. Als wichtige Ansatzpunkte können die Vorschriften zu den Informationspflichten, die Verteilung der Abschlusskosten über eine längere Phase und der
Anspruch auf einen Anbieterwechsel angesehen werden. Anbieter von Altersvorsorgeverträgen sind somit zumindest theoretisch einem höheren Wettbewerbsdruck
ausgesetzt als z.B. ein Anbieter einer nichtzertifizierten kapitalbildenden Lebensversicherung. Die derzeit existierende rechtliche Konzeption des AltZertG könnte damit
auf den Altersrentenvertrag im Grundsatz übertragen werden. Verbesserungsbedarf
besteht jedoch hinsichtlich derjenigen Faktoren, die den Wettbewerb maßgeblich
beeinflussen, wie die Kosten des Anbieterwechsels und die Transparenz des Produkts.
Bevor darauf eingegangen wird, welche Regelungen zu einer Verbesserung dieser
Faktoren zu treffen sind, soll zunächst darauf eingegangen werden, welche Produkte
für einen Altersrentenvertrag geeignet wären.
704 Schwintowski, VuR 2002, S. 175 ff. (177).
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References
Zusammenfassung
Das Buch thematisiert die Herausforderungen der Alterssicherung in Deutschland unter Berücksichtigung des Europarechts. Der Autor beurteilt das System der gesetzlichen Rentenversicherung aus der Perspektive des Europarechts und kommt zu dem Ergebnis, dass der deutsche Gesetzgeber aufgrund der demografischen Veränderungen das Umlagesystem der gesetzlichen Rentenversicherung in einem größeren Maße als bislang auf ein kapitalgedecktes System umstellen muss. Dabei geht er auch auf die ökonomischen Möglichkeiten einer derartigen Umstellung ein. Er zeigt auf, welche Handlungsspielräume der Gesetzgeber hat und untersucht, welche Anforderungen hinsichtlich einer wettbewerblichen Ausgestaltung die kapitalgedeckte Vorsorge erfüllen muss. Mit seinem Werk gibt der Autor einen Einblick in die Probleme der Alterssicherung in Deutschland und kommt dabei zu neuen rechtlichen Schlussfolgerungen.