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graphischen Veränderungen unbeeinflußt bleiben wird, kann davon ausgegangen
werden, dass die Arbeitslosigkeit und der Mangel an rentenversicherungspflichtiger
Beschäftigung noch in den nächsten Jahren ein Problem für die Einnahmesituation
der gesetzlichen Rentenversicherung darstellen werden.
II. Frühverrentung
Ein weiteres Problem, welches im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktsituation zu
sehen ist, stellt die Zahl der Frühverrentungen dar. Während das gesetzliche Rentenalter bei Männern derzeit noch 65 Jahre, bei Frauen 63 Jahre beträgt, ist das durchschnittliche Rentenzugangsalter sehr viel geringer, betrug es doch 1998 knapp 60
Jahre.27 Das hat seine Gründe zum einen darin, daß die Frühverrentung als Mittel zur
Verjüngung des Firmenpersonals angesehen wird.28 Ein anderer Grund wird darin
gesehen, daß Anreize existieren, vorzeitig in Rente zu gehen. So müssen Frührentner
Abschläge bei ihrer Rente hinnehmen, die geringer sind, als es versicherungsmathematischen Grundsätzen entspricht.29 Dies hat zur Folge, dass es sich für einen
Rentenversicherten lohnen kann, frühzeitig in Rente zu gehen. Er erhält in diesem
Fall durchschnittlich eine höhere Gesamtrentenleistung als derjenige, der nach Erreichen des regulären gesetzlichen Rentenalters in Rente geht.
III. Der demographische Wandel
Das größte und zentrale Problem für die gesetzliche Rentenversicherung ist jedoch
der demographische Wandel der Gesellschaft, in Deutschland wie in Europa.30 Das
Problem ist seit Jahren bekannt und bereits erschöpfend beschrieben worden.31 Den-
27 Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi 1998, S. 5; Börsch-Supan, Blaupause für eine
nachhaltige Rentenreform in Deutschland, S. 6.
28 Kreikebohm, SGB VI, Einleitung, Rn 20.
29 Vgl. Börsch-Supan, Blaupause für eine nachhaltige Rentenreform in Deutschland, S. 13 f.
m.w.N.
30 Vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi, S. 2; im extremeren Maße als Deutschland sind
die meisten osteuropäischen Staaten von einer niedrigen Geburtenrate betroffen, vgl. dazu die
Daten vom Berliner Institut für Weltbevölkerung und globale Entwicklung, in:
Münz/Fassmann, Demographische Entwicklungstendenzen im östlichen Europa und
Deutsche Bank Research, Bevölkerungsentwicklung und Rentenreformen in den großen
mitteleuropäischen Ländern, S. 5.
31 Naber, Reformnotwendigkeit der bedeutenden Alterssicherungsysteme in der Bundesrepublik
Deutschland, S. 92-106; Reinhard, Demographischer Wandel und Alterssicherung, S. 32-34;
Waltermann, Sozialrecht, 2001, Rn 322; Wissenschaftlicher Beirat beim BMWi, S. 1-7;
Kortmann/Schatz, AVID’96, S. 6 f.; Börsch-Supan, Blaupause für eine nachhaltige
Rentenreform in Deutschland, 2001, S. 3-5; GDV, Die Märkte für Altersvorsorge, S. 5-21;
das Thema ist auch in der populärwissenschaftlichen Literatur angekommen, vgl.
Schirrmacher, das Methusalem-Komplott.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Das Buch thematisiert die Herausforderungen der Alterssicherung in Deutschland unter Berücksichtigung des Europarechts. Der Autor beurteilt das System der gesetzlichen Rentenversicherung aus der Perspektive des Europarechts und kommt zu dem Ergebnis, dass der deutsche Gesetzgeber aufgrund der demografischen Veränderungen das Umlagesystem der gesetzlichen Rentenversicherung in einem größeren Maße als bislang auf ein kapitalgedecktes System umstellen muss. Dabei geht er auch auf die ökonomischen Möglichkeiten einer derartigen Umstellung ein. Er zeigt auf, welche Handlungsspielräume der Gesetzgeber hat und untersucht, welche Anforderungen hinsichtlich einer wettbewerblichen Ausgestaltung die kapitalgedeckte Vorsorge erfüllen muss. Mit seinem Werk gibt der Autor einen Einblick in die Probleme der Alterssicherung in Deutschland und kommt dabei zu neuen rechtlichen Schlussfolgerungen.