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worfen sei, »in erster Linie« aus der Verfassung und aus verfassungsrechtlichen
Grundsätzen ergäben,83 als auch mit dem Verfassungsgericht des Landes Brandenburg.84
a. Das verfassungssystematische Argument
Dass Art. 67 Abs. 3 ThürVerf im Hinblick auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Landesregierung das Recht zukommt, eine Antwort auf eine parlamentarische Anfrage zu verweigern, abschließende Bedeutung nicht zukommt, folgt
zunächst daraus, dass das Verhältnis von Parlament und Regierung nicht nur auf
Bundes-, sondern auch auf Landesebene durch eine Reihe weiterer Vorgaben und
Grundsätze überlagert ist, die auch einzelnen Befugnissen von Verfassungsorganen
Grenzen zu ziehen vermögen. Als Beispiel darf insoweit auf den Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens oder den Grundsatz der Organtreue verwiesen werden;
beide Grundsätze sind als ungeschriebene Grundsätze des Verfassungsrechts in der
Lage, der Ausübung geschriebener staatlicher Befugnisse weit reichende Grenzen
zu ziehen.
Aus verfassungssystematischer Sicht ist daher die Landesregierung nicht gehindert, die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage aus anderen als den in Art.
67 Abs. 3 ThürVerf genannten Gründen zu verweigern.
b. Das Wortlautargument
Dass die Grenzen, die Art. 67 Abs. 3 S. 1 ThürVerf im Hinblick auf die Ablehnung
einer Beantwortung von Anfragen und die Erteilung von Auskünften aufzeigt, keinesfalls abschließend sind, lässt sich im Übrigen auch dem Wortlaut der Bestimmung entnehmen. Dieser geht dahin, dass die Landesregierung in den Fällen der
Nrn. 1 und 2 des Art. 67 Abs. 3 S. 1 ThürVerf die Beantwortung von Anfragen und
die Erteilung von Auskünften ablehnen kann; indes spricht die Norm nicht davon,
dass die Landesregierung die Beantwortung von Anfragen und die Erteilung von
Auskünften »nur« in den Fällen der Nrn. 1 und 2 des Art. 67 Abs. 3 S. 1 ThürVerf
ablehnen kann.
c. Die Ansicht des ThürVerfGH
In seiner Entscheidung vom 4. April 2003 hat der ThürVerfGH ausgeführt, dass,
auch wenn Art. 53 Abs. 2 ThürVerf das Fragerecht des Abgeordneten nicht an die
Erfüllung besonderer Voraussetzungen knüpfe, sich inhaltliche Grenzen des parlamentarischen Fragerecht aus allgemeinen Erwägungen betreffend den Zusammen-
83 BayVerfGH, NVwZ 2007, S. 204/205.
84 VfG Bbg, DÖV 2001, S. 164/165.
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References
Zusammenfassung
Der Autor lotet das Verhältnis von parlamentarischem Fragerecht und Antwortverweigerungsrecht der parlamentarisch verantwortlichen Regierung näher aus. Er analysiert die Legitimation wie auch die Grenzen des Fragerechts der Abgeordneten, betont aber zugleich das Recht der Regierung, in bestimmten Fällen, namentlich bei einer missbräuchlichen Handhabung des Fragerechts, die Antwort auf parlamentarische Anfragen verweigern zu können. Das Werk dient zugleich als Leitfaden für die parlamentarische Praxis.
Nach der Einbettung des parlamentarischen Fragerechts in den Kontext des Kontrollfunktion des Parlaments untersucht der Verfasser mit einem ausführlichen Blick auf die Rechtslage im Freistaat Thüringen zunächst die inneren und äußeren Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, bevor er die Antwortverpflichtung der Regierung näher konturiert. Anschließend werden die geschriebenen wie auch die ungeschriebenen Grenzen der Antwortpflicht der Regierung ausführlich behandelt, wobei der Aspekt der Funktionsfähigkeit der Regierung eine intensive Beachtung erfährt. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Beantwortung der Frage gelegt, wann eine missbräuchliche Inanspruchnahme des parlamentarischen Fragerechts angenommen werden kann. In diesem Zusammenhang wird auch der Grundsatz der Organtreue näher erläutert.