235
Daher ergibt sich durch diese Reform keine Regelungslücke hinsichtlich der
Rechtsdienstleistungsbefugnis von Rechtsanwaltsgesellschaften wie z. B. die Partnerschaft, welche anders als die GmbH nicht in den §§ 59 c ff. BRAO gesondert
reglementiert werden. Zudem sind im Fall der Partnerschaft der Umstand, dass diese
speziell für die freien Berufe entwickelt wurde1949 und die Tatsache, dass von dem
Berufsrechtsvorbehalt nach § 1 Abs. 3 PartGG nicht Gebrauch gemacht wurde sowie
die Garantie der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG1950 zu berücksichtigen.
3. Ergebnis
Im Ergebnis besteht für die in Deutschland niedergelassene LLP, für die deutsche
Anwälte tätig werden, keine Erlaubnispflicht nach dem RDG in Bezug auf außergerichtliche Rechtsdienstleistungen.
VI. Entzug des Haftungsprivilegs
1. Einleitung
Nach § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO haften die Mitglieder einer Sozietät als Gesamtschuldner. Problematisch ist, dass sich der Begriff Sozietät auf jede Form gemeinschaftlicher anwaltlicher Berufstätigkeit beziehen könnte. In der Rechtsprechung ist
für § 59 a BRAO ein sehr weiter Sozietätsbegriff entwickelt worden.1951 Dann würde
unter Umständen auch der LLP das Haftungsprivileg nach § 51 a Abs. 2 BRAO
entzogen.1952 Fraglich ist, ob die Norm des § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO kollisionsrechtlich zur Anwendung auf die LLP berufen ist. Es wäre möglich, dass die Norm als
Eingriffsnorm anzusehen ist. In der Regel ist das Berufsrecht als Eingriffsrecht im
Wege der Sonderanknüpfung anwendbar.1953 Wird eine bloße privatrechtliche Vergünstigung gewährt wird, kann der Gemeinwohlbezug wegfallen.1954 Alternativ
kommt nach einer Ansicht eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation in Betracht.1955
Für die Frage, ob eine Eingriffsnorm vorliegt, ist der Regelungsgehalt der Norm
von wesentlicher Bedeutung. Daher soll zunächst der Regelungsgehalt von § 51 a
Abs. 2 BRAO untersucht werden. Dabei wird diese Gelegenheit genutzt, ergänzend
und vorbehaltlich des kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehls bereits darzulegen,
1949 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1950 Siehe hierzu Prütting/Henssler/Henssler, § 1 PartGG Rdnr. 22 u. 25.
1951 AnwGH Celle, Beschl. v. 7.7.2004 AGH 3/04, NJW 2004, 3270, 3272.
1952 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 466.
1953 Sieg, S. 189f.; Mankowski, AnwBl 2001, 249, 252; Spickhoff, S. 194; Henssler/Mansel, NJW
2007, 1393, 1395.
1954 MünchKomm/Martiny, Art. 34 EGBGB Rdnr. 116.
1955 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
236
inwieweit eine tatbestandliche Erfassung der LLP erfolgen kann. Ausgehend von der
Analyse des Regelungsgehalts der Norm wird zur kollisionsrechtlichen Einordnung
Stellung genommen.
2. Regelungsgehalt
a) Auslegung des Begriffs der Sozietät
aa) Erfassung der GbR
Nach vorzugswürdiger Ansicht bezieht sich § 51 a Abs. 2 BRAO auf die GbR.1956
Dafür spricht, dass die Vorschrift im Jahre 1994 eingeführt wurde, um die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung durch ausdrückliche schriftliche Zustimmung des
Mandanten zu eröffnen.1957 Zudem wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich
auf die Sozietät als Gesellschaft bürgerlichen Rechts 1958 Bezug genommen.1959
Ferner wird dargelegt, dass insoweit § 51 a Abs. 2 BRAO für die GbR eine Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf den namentlich bezeichneten bearbeitenden
Anwalt bei entsprechender Zustimmungserklärung des Mandanten schaffen sollte,
wobei lediglich klargestellt werde, dass die Mitglieder der Sozietät grundsätzlich als
Gesamtschuldner haften.1960
Andererseits erfolgt in der Literatur eine differenzierende Betrachtung von § 51 a
Abs. 2 BRAO. Nach der herrschenden Meinung bezieht sich die Vorschrift nicht auf
die Anwalts-GmbH.1961 Zwar wird diese Norm im Ergebnis auch nicht auf die Partnerschaftsgesellschaft, welche in § 8 PartGG eine gesetzliche Haftungsbeschränkung auf den Handelnden beinhaltet, angewendet.1962 Doch wird unter grundsätzli-
1956 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467; Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105; Siems,
ZVglRWiss 107 (2008), 60, 73; differenzierend: Hartung/Römermann/Römermann, § 51 a
BRAO Rdnr. 34 u. 36: unter Sozietät ist neben der GbR auch die Partnerschaft zu verstehen,
doch geht § 8 Abs. 2 PartGG als lex specialis vor; Kleine-Cosack, § 51 a BRAO Rdnr. 13: bei
der Partnerschaftsgesellschaft gilt § 8 Abs. 2 PartGG als lex specialis; MünchKomm/Ulmer,
§ 8 PartGG Rdnr. 2: § 8 Abs. 2 PartGG hat als neue, partnerschaftsspezifische Haftungsbeschränkung Vorrang vor § 51 a Abs. 2 BRAO.
1957 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467.
1958 BT-Drucks. 12/4993, S. 32.
1959 BT-Drucks. 12/4993, S. 32.
1960 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467.
1961 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467; Kleine-Cosack, § 51 a BRAO Rdnr. 13; Hartung/Römermann/Römermann, § 51 a BRAO Rdnr. 34.
1962 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467; Hartung/Römermann/Römermann, § 51 a BRAO
Rdnr. 34 u. 36: unter Sozietät ist neben der GbR auch die Partnerschaft zu verstehen, doch
geht § 8 Abs. 2 PartGG als lex specialis vor; Kleine-Cosack, § 51 a BRAO Rdnr. 13: bei der
Partnerschaftsgesellschaft gilt § 8 Abs. 2 PartGG als lex specialis; ähnlich Münch-
Komm/Ulmer, § 8 PartGG Rdnr. 2: § 8 Abs. 2 PartGG hat als neuartige, partnerschaftsspezifische Haftungsbeschränkung Vorrang vor § 51 a Abs. 2 BRAO.
237
cher Einbeziehung der Partnerschaft in den Sozietätsbegriff von § 51 a Abs. 2
BRAO davon ausgegangen, dass die Norm keine Anwendung fände, weil insoweit
§ 8 Abs. 2 PartGG als lex specialis gelte.1963
bb) Exkurs: Konsequenz für die Substitution
Der Umstand, dass § 51 a Abs. 2 BRAO nach einer Ansicht nur auf die GbR anzuwenden ist, bedeutet, dass selbst wenn die Anwendbarkeit von § 51 a Abs. 2 BRAO
kollisionsrechtlich zu begründen wäre, im Fall der LLP auf Tatbestandsebene die
Substitution an der Partnerschaftsäquivalenz der LLP1964 bzw. der fehlenden funktionalen Vergleichbarkeit von LLP und GbR scheitern würde. Somit wäre die Vorschrift nicht auf die LLP anwendbar.1965 Auch bei der nach anderer Ansicht durchzuführenden differenzierenden Betrachtung ist dieses Ergebnis gegeben. Denn bei der
LLP besteht eine der als lex specialis herangezogenen Regelung in § 8 Abs. 2
PartGG vergleichbare Haftungsbeschränkung.1966 Im Übrigen wäre eine Ungleichbehandlung von Partnerschaft und LLP als diskriminierende Maßnahme nicht anhand des europarechtlichen Rechtfertigungsstandards zu rechtfertigen.
b) Klarstellende Funktion der Norm
aa) Fehlen eines übertragungsfähigen Regelungsgehalts
Nach vorzugswürdiger Ansicht kommt § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO keine haftungsbegründende, sondern lediglich eine klarstellende Funktion zu.1967 Somit kann die
Norm auch bei Auslandsgesellschaften keine persönliche Haftung der Gesellschafter
1963 Hartung/Römermann/Römermann, § 51 a BRAO Rdnr. 34 u. 36: unter Sozietät ist neben GbR
auch die Partnerschaft zu verstehen, doch geht § 8 Abs. 2 PartGG als lex specialis vor; Kleine-Cosack, § 51 a BRAO Rdnr. 13: bei der Partnerschaftsgesellschaft gilt § 8 Abs. 2 PartGG
als lex specialis; ähnlich MünchKomm/Ulmer, § 8 PartGG Rdnr. 2: § 8 Abs. 2 PartGG hat als
neuartige, partnerschaftsspezifische Haftungsbeschränkung Vorrang vor § 51 a Abs. 2
BRAO.
1964 Siehe oben Teil 2 C V 14 a) bb), c), 15.
1965 Sassenbach, AnwBl 2007, 293, 295, lässt dahinstehen, ob § 51 a Abs. 2 BRAO auf die LLP
Anwendung findet und geht zu Unrecht davon aus, dass in der Mandatserteilung selbst bereits
eine Zustimmung zur Beschränkung der gesamtschuldnerischen Haftung gesehen werden
könne. M. E. wird von dieser Ansicht dem Mandanten eine solche Erklärung gleichsam untergeschoben. Ein entsprechender Erklärungsinhalt ist nach allgemeinen Auslegungskriterien
nicht gegeben.
1966 Siehe oben Teil 2 C V 13 d).
1967 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467.
238
begründen.1968 Diese Auffassung verweist darauf, dass § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO nie
als haftungsbegründende Norm verstanden worden sei.1969
Dem wird nach anderer Ansicht entgegnet, dass § 51 a BRAO nach Übergang des
BGH zur Akzessorietätstheorie bei der GbR die Funktion zukomme, die akzessorische Gesellschafterhaftung in eine gesamtschuldnerische Haftung umzugestalten.1970
Dann wäre eine Übertragung der Vorschrift auf ausländische Gesellschaften im
Wege der Substitution mit haftungsbegründender Wirkung nicht bereits aufgrund
des bloß klarstellenden Norminhalts ausgeschlossen.
Für eine bloß klarstellende Funktion von § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO kann die Gesetzesbegründung herangezogen werden.1971 Denn in der Begründung wird nicht nur
dargelegt, dass die Sozietät als GbR Regelungsgegenstand ist.1972 Vielmehr wird
auch darauf hingewiesen, dass in § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO lediglich klargestellt
werde, dass die Mitglieder grundsätzlich als Gesamtschuldner haften.1973 Die gesamtschuldnerische Haftung entsprach der damaligen Rechtsprechung und wird
durch § 51 a Abs. 2 BRAO lediglich dargestellt.1974 Sodann wird auf die Eröffnung
der Möglichkeit einer vereinbarten Haftungsbeschränkung auf den Handelnden in
§ 51 a Abs. 2 S. 2 BRAO eingegangen, welche in Relation zu diesem Grundsatz der
gesamtschuldnerischen Haftung der Mitglieder der Sozietät gesetzt wird.1975
Der Wortlaut des Gesetzes und der Aufbau der Gesetzesbegründung zeigen, dass
das Regelungsanliegen die Schaffung einer Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung
ist, nicht jedoch die Überlagerung der bestehenden Haftungsgrundsätze der GbR
durch Einführung einer berufsrechtlichen haftungsbegründenden Vorschrift.1976
Hierzu bestand weder Veranlassung noch Notwendigkeit. Zudem geht der Gesetzgeber bei Rechtfertigung der Haftungsbeschränkung explizit darauf ein, dass für
Anwälte die Vermeidung von Haftungsrisiken durch Berufsausübung in Kapitalgesellschaften nicht zugänglich sei.1977
Dementsprechend wäre bei intendierter Einbeziehung der Partnerschaft insbesondere im Hinblick auf die im Jahre 1994 gegebene Novität dieser Gesellschaftsform
eine ausdrückliche Erwähnung in der Gesetzesbegründung zu erwarten gewesen.
Ferner ist der ersten Ansicht insofern zuzustimmen, als in der Literatur eine spezielle haftungsbegründende Funktion von § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO nicht erörtert wird.
1968 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467.
1969 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467, zur bloßen Klarstellung siehe auch Feuerich/Weyland, § 51 a BRAO, Rdnr. 14; Kleine-Cosack, § 51 a BRAO, Rdnr. 12.
1970 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
1971 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467; BT-Drucks. 12/4993, S. 32f.
1972 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467; BT-Drucks. 12/4993, S. 32.
1973 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467; BT-Drucks. 12/4993, S. 33.
1974 So auch Hartung/Römermann/Römermann, § 51 a BRAO Rdnr. 37.
1975 BT-Drucks. 12/4993, S. 33.
1976 Ähnlich Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467.
1977 BT-Drucks. 12/4993, S. 33; siehe oben Teil 2 C V 1 zur Zulässigkeit der Anwalts-GmbH;
siehe unten Teil 2 D IX 1 a) aa) zur Zulässigkeit der Anwalts-AG.
239
Vielmehr steht die Anwendung der Haftungsbeschränkung nach § 51 a Abs. 2 S. 2
BRAO im Zentrum der Diskussion.1978
Wenn nach neuerer Ansicht dem Gesetzestext gleichsam aufgrund historischer
Überholung durch die Rechtsprechung neuerdings eine haftungsbegründende Funktion bei der GbR zukommen soll1979, löst dies Bedenken aus. Denn wenn die historische, grammatische und teleologische Auslegung ergibt, dass eine Klarstellung in
Bezug auf die damalige Rechtslage erfolgen sollte, dann verändert sich diese rein
klarstellende Funktion der Norm bei Änderung der in Bezug genommenen Rechtslage nicht. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Widerspruch 1980 zwischen Gesetzestext
und aktueller Rechtsprechung dahingehend aufgelöst werden soll, dass die Gesellschafter der Sozietät nicht akzessorisch, sondern gesamtschuldnerisch haften1981,
sind nicht ersichtlich.
Auch scheint ein Upgrading von § 51 a Abs. 2 BRAO zur haftungsbegründenden Norm ausgeschlossen. Denn eine Klarstellung hinsichtlich der historischen
Rechtslage verliert möglicherweise ihren klarstellenden Inhalt bei Änderung der
Rechtsprechung zur ins Auge gefassten Rechtslage. Daraus kann jedoch nicht im
Nachhinein eine Festschreibung des vorherigen Zustandes abgeleitet werden. Es
erscheint auch nicht sachgerecht, bei historischer Überholung durch die Rechtsprechung eine rückwärtsgewandte Tendenz zu unterstellen und deren Aufrechterhaltung
durch Aufsatteln einer haftungsbegründenden Gesetzesfunktion erreichen zu wollen.
Die Begründung der Haftung bei der GbR wird schlichtweg nicht berufsrechtlich
in § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO geregelt bzw. vorgesehen. Vielmehr ist allein das Recht
der GbR maßgeblich, auf dessen status quo klarstellend hingewiesen wird. Insofern
ist keine planwidrige Unvollständigkeit der Regelung gegeben. Selbst wenn im
anwaltlichen Berufsrecht eine Umgestaltung der Haftungsverhältnisse der GbR als
sachgerechte Reaktion auf die Änderung der Rechtsprechung zur Haftung der Gesellschafter einer GbR erwogen werden sollte, müsste der Gesetzgeber tätig werden.
Schließlich bejaht auch Schmidt in einer Erörterung der Anwaltssozietät als Sonderform der GbR die akzessorische Haftung analog § 128 HGB1982 und diskutiert lediglich die haftungsbeschränkende Komponente von § 51 a Abs. 2 BRAO.1983
1978 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467 legen dar, dass § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO nie als
haftungsbegründende Norm verstanden wurde; auch in der Literatur wird vorwiegend die
Haftungsbeschränkung thematisiert, s. Hartung/Römermann/Römermann, § 51 a BRAO
Rdnr. 34 u. 36: unter Sozietät ist neben der GbR auch die Partnerschaft zu verstehen, doch
geht § 8 Abs. 2 PartGG als lex specialis vor; Kleine-Cosack, § 51 a BRAO Rdnr. 13: bei der
Partnerschaftsgesellschaft gilt § 8 Abs. 2 PartGG als lex specialis; ähnlich Münch-
Komm/Ulmer, § 8 PartGG Rdnr. 2: § 8 Abs. 2 PartGG hat als neuartige, partnerschaftsspezifische Haftungsbeschränkung Vorrang vor § 51 a Abs. 2 BRAO.
1979 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
1980 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105, Fn. 123.
1981 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105, Fn. 123.
1982 Siehe auch BGH, Urt. v. 3.5.2007 IX ZR 218/05, JR 2008, 238, 240.
1983 Schmidt, NJW 2005, 2801, 2805f.; in der Rechtsprechung wird sogar die Anwendbarkeit von
§ 130 HGB, mithin einer Vorschrift, der auch die Akzessorietätstheorie zugrunde liegt
(Baumbach/Hopt/Hopt § 130 HGB Rdnr. 1), bejaht, s. LG Hamburg, Urt. v. 11.5.2004 321
240
Auch der BGH wendet grundsätzlich § 31 BGB und § 128 HGB analog auf die
Anwalts-GbR an.1984 Insgesamt kommt § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO nur eine klarstellende Funktion zu.1985
bb) Exkurs: Konsequenz für die tatbestandliche Anwendung
Da § 51 Abs. 2 S. 1 BRAO lediglich klarstellenden Charakter hat, begründet diese
Norm auch bei Auslandsgesellschaften wie der LLP keine persönliche Haftung der
Gesellschafter.1986 Es mangelt bereits an einem übertragungsfähigen Regelungsgehalt.
c) Zwischenergebnis
Hinsichtlich des Regelungsgehalts ist festzustellen, dass sich § 51 a Abs. 2 S. 1
BRAO nur auf die GbR bezieht und die Norm lediglich klarstellende Funktion hat.
Zusätzlich hat sich bereits gezeigt, dass die LLP im Wege der Substitution tatbestandlich nicht im Sinne einer Haftungsbegründung erfasst werden kann.
3. Kollisionsrechtliche Analyse
Nachdem der Regelungsgehalt der Norm erörtert worden ist, soll nunmehr die kollisionsrechtliche Einordnung von § 51 a Abs. 2 BRAO diskutiert werden. Auch wenn
letztlich dahinstehen könnte, ob die Norm kollisionsrechtlich zur Anwendung berufen wird, weil sich § 51 a Abs. 2 BRAO auf die GbR bezieht, so dass eine Anwendung auf die LLP im Wege der Substitution ausscheidet und die Norm lediglich
klarstellende Funktion hat, ist auf die der Substitution vorgelagerte Frage der Anwendbarkeit der Norm einzugehen.
Nach einer Ansicht ist die Norm gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren, so dass
eine Anwendung auf die dem englischen Gesellschaftsstatut unterliegende LLP
O 433/03, NJW 2004, 3492, 3494f., LG Frankenthal, Urt. v. 21.7.2004 2 S 75/04, ZIP
2005, 356; zustimmend Schmidt, NJW 2005, 2801, 2806 m. w. N.; allerdings hat der BGH,
Versäumnisurt. v. 7.4.2003 II ZR 56/02, NJW 2003, 1803, 1805, unter Hinweis auf
§ 8 Abs. 2 PartGG offen gelassen, ob § 130 HGB auf berufsrechtliche Haftungsfälle Anwendung findet.
1984 BGH, Urt. v. 3.5.2007, IX ZR 218/05, JR 2008, 238, 240. Im Übrigen ist der durch den BGH,
Urt. v. 16.4.2008 VIII ZR 230/07, NJW 2008, 2330, erfolgte Ausschluss der Rechtsscheinhaftung des Mitglieds einer Scheinsozietät für nicht anwaltstypische Tätigkeit abzulehnen, so
dass auch die Haftung analog §§ 128ff. HGB greift, siehe Lux, NJW 2008, 2309, 2312.
1985 Im Ergebnis so auch Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467.
1986 Im Ergebnis so auch Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467.
241
ausscheide.1987 § 51 a Abs. 2 BRAO sei gesellschaftsrechtlicher Natur und finde
keine Anwendung, weil nur das Gründungsrecht über die Gesellschafterhaftung bei
der LLP entscheide.1988 Anzumerken ist, dass diese Ansicht § 51 a Abs. 2 BRAO
eine haftungsbegründende Funktion beimisst1989 und somit von einem übertragbaren
Regelungsgefüge ausgeht.
Auch wenn nach der hier vertretenen Ansicht in § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO eine
bloß klarstellende Regelung zu sehen ist, könnte erwogen werden, die Norm gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren und somit zur Anwendung auf die GbR, nicht aber
auf die LLP zu berufen. Dies entspricht im praktischen Ergebnis der Auffassung von
Weller und Kienle.1990
Wird jedoch nach der hier vertretenen Auffassung ein bloß klarstellender Regelungsgehalt von § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO angenommen, kommt der Norm m. E.
keine eigenständige Funktion zu, so dass sich die Frage der Qualifikation allenfalls
im Zusammenhang mit der ausgehend von dieser Klarstellung vorgesehenen Regelung in § 51 a Abs. 2 S. 2 u. S. 3 BRAO ergibt.
Diese Problematik der Haftungsbeschränkung bei der (Auslands)-GbR ist vorliegend nicht relevant, so dass dahin stehen kann, ob § 51 a Abs. 2 BRAO insgesamt
gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren und unanwendbar1991 oder als Eingriffsnorm1992 anwendbar ist. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass jedenfalls aufgrund
der bloß klarstellenden Komponente des § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO alternativ in Betracht kommt, die Regelung in § 51 a Abs. 2 BRAO insgesamt bzw. in § 51 a Abs. 2
S. 2 u. S. 3 BRAO als Eingriffsnorm anzusehen, die auch außerhalb von 34 EGBGB
greift. Im Übrigen scheidet eine Zuweisung zum Vertragsstatut aus. Für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation von § 51 a Abs. 2 BRAO spricht, dass es um die
Gesellschafterhaftung bzw. deren Grund und Ausmaß geht.1993
Zusätzlich ist weiterführend anzumerken, dass m. E. einiges dafür spricht, von einer Eingriffsnorm auszugehen. Sieg legt dar, dass ein Rechtsanwalt die berufs- und
standesrechtlichen Normen des Staates seiner Niederlassung zwingend zu beachten
hat.1994 Der Anwalt könne mit dem Mandanten über diese Vorgaben keine Vereinbarungen treffen, weil eine Sonderanknüpfung erfolge.1995 Auch in der Literatur wird
unproblematisch von der Anwendung von § 51 a Abs. 2 S. 2 u. S. 3 BRAO auf in
1987 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
1988 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
1989 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
1990 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
1991 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105, sprechen sich für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation von § 51 a Abs. 2 BRAO aus.
1992 Siehe auch Dahns, NJW-Spezial 2005, 333, 334, der ohne nähere Erläuterung darauf, dass
näher zu untersuchen sei, ob § 51 a Abs. 2 BRAO zwingend anzuwenden sei.
1993 Siehe hierzu Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
1994 Sieg, S. 189f.
1995 Sieg, S. 189f.
242
Deutschland niedergelassene Auslandsgesellschaften, die der Anwalts-GbR entsprechen, ausgegangen.1996
Durch § 51 a Abs. 2 S. 2, S. 3 BRAO werden berufsrechtliche Rahmenbedingungen und Grenzen für die Vereinbarung von Haftungsbeschränkungen vorgegeben,
die letztlich einen durch den Beruf des Rechtsanwalts begründeten Schutz des
Rechtsuchenden verwirklichen. Auch wird der Mandant durch eine spezielle Zustimmungserklärung geschützt. Überdies werden die Beschränkungen dem Rechtsanwalt in seiner Funktion als Berufsträger, nicht aufgrund seiner Rolle als Vertragspartner auferlegt.
Wollte man dies anders sehen, könnten Rechtsanwälte die Norm durch Auslandsgründung aushebeln. Mit der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation verbunden wäre
die Konsequenz, dass die Norm zwar auf die deutsche GbR, aber aufgrund der Geltung der Gründungstheorie gegenüber EU-Auslandsgesellschaften1997 nicht zur Anwendung berufen wäre. Auch wird dies für den Mandanten regelmäßig nicht nachvollziehbar sein.
Zudem ist in § 59 a BRAO die Zulässigkeit des Zusammenschlusses zur gemeinsamen Berufsausübung mit anderen Rechtsanwälten in der Form der Anwalts-GbR
verankert1998, wobei diese Norm im Wege der Sonderanknüpfung auch auf die LLP
anwendbar ist.1999 Als Ausgangspunkt ist anzuerkennen, dass die grundsätzliche
Zulässigkeit der gemeinsamen Berufsausübung der Rechtsanwälte in der (ausländischen) Anwalts-GbR aus der BRAO folgt, so dass die Gesellschaft und auch ihre
anwaltlichen Gesellschafter zwingend den zusätzlichen Anforderungen der BRAO
unterliegen müssen. Zudem sind z. B. für die GmbH die als Eingriffsnormen einzuordnenden §§ 59 c ff. BRAO vorgesehen.2000 Überdies ist das Unterlassen einer
wesentlich über § 51 a Abs. 2 BRAO hinausgehenden berufsrechtlichen Erfassung
der GbR, wie z. B. im Fall der GmbH durch §§ 59 c ff. BRAO, im Kontext des gesamten, in sich stimmigen Konzepts der BRAO zur Regulierung verschiedener Anwalts-Gesellschaften zu sehen. Dieser berufsrechtliche Ordnungsrahmen ist durch
die GbR zwingend einzuhalten.
4. Ergebnis
Im Ergebnis ist § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO nicht auf die LLP anwendbar. Auch eine
Substitution scheidet aus. Zum einen bezieht sich die Vorschrift auf die GbR. Zum
anderen kommt der Norm lediglich eine klarstellende Funktion zu. Es erfolgt kein
Entzug des Haftungsprivilegs der LLP durch Anordnung einer persönlichen gesamtschuldnerischen Haftung der Mitglieder. Überdies würde der Entzug des Haftungs-
1996 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467.
1997 Siehe oben Teil 2 B V 2 d) aa), bb), dd).
1998 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465.
1999 Siehe unten Teil 2 D VII 2.
2000 Siehe unten Teil 2 D VIII 2.
243
privilegs dazu führen, dass der Status der LLP nach dem Gründungsrecht und dessen
Maßgeblichkeit für die Haftungsverhältnisse missachtet würden. Dies stellt eine
Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Ferner würde eine Diskriminierung
der partnerschaftsäquivalenten LLP im Verhältnis zur Partnerschaft erfolgen, welche
europarechtlich nicht zu rechtfertigen ist.
VII. § 59 a BRAO
1. Einführung
Fraglich ist, ob die englische LLP zur Einhaltung der deutschen berufsrechtlichen
Vorschriften, welche die Nutzung von Rechtsanwaltsgesellschaften regeln, verpflichtet ist. Das Berufsrecht ist regelmäßig Eingriffsrecht und unterliegt der Sonderanknüpfung.2001 Allerdings kann der Gemeinwohlbezug bei einzelnen Vorschriften, die lediglich privatrechtliche Vergünstigungen des Berufsträgers beinhalten, im
Einzelfall nicht gegeben sein.2002 Bei Nutzung der LLP als Rechtsberatungsgesellschaft kommen insbesondere die Vorschriften der §§ 59 a, 59 c ff. BRAO in Betracht. Zumindest im Ergebnis gelangt die Literatur zur Anwendbarkeit der berufsrechtlichen Vorschriften.2003 Teilweise wird die Anwendbarkeit von § 59 a BRAO
mit der personalistischen Struktur der LLP begründet.2004 Teilweise wird im Rahmen
der §§ 59 a ff. BRAO auf die Substitution verwiesen.2005
2. Sonderanknüpfung
In der Begründung des Gesetzes, welches § 59 a BRAO zugrunde liegt, wird die
Relevanz von Gemeinwohlbelangen eindrucksvoll unterstrichen. Anschaulich führt
die Gesetzesbegründung aus:
2001 Sieg, S. 189f.; Mankowski, AnwBl 2001, 249, 252; Spickhoff, S. 194; Henssler/Mansel, NJW
2007, 1393, 1395; Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1104 ziehen verschiedene Anwendungsgrundlagen in Betracht.
2002 MünchKomm/Martiny, Art. 34 EGBGB Rdnr. 116.
2003 Mankowski, AnwBl 2001, 249, 252; Spickhoff, S. 194; Eidenmüller/Rehberg, § 7 Rdnr. 5ff.
wendet Berufsrecht als öffentliches Wirtschaftsrecht auf Auslandsgesellschaften an; ebenso
Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 466; Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105 fassen verschiedene Möglichkeiten in Betracht; von einer Anwendbarkeit des Berufsrechts über Art. 34
EGBGB ausgehend, jedoch insbesondere hinsichtlich der Notwendigkeit eines Zulassungsverfahrens differenzierend Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1395 und 1398; wohl auch
Henssler/Mansel, Festschr. f. Horn, S. 403, S. 423; ebenso Henssler, Festschr. f. Busse,
S. 127, S. 142ff.; siehe auch die allgemeine Erörterung der Sonderanknüpfungen in Teil 2 B
V 3 e) sowie MünchKomm/Sonnenberger, Einl. IPR Rdnr. 35ff.
2004 Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1398.
2005 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1104.
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References
Zusammenfassung
Die englische Limited Liability Partnership (LLP) kann für in Deutschland niedergelassene Rechtsanwälte eine attraktive Alternative sein. Die Arbeit untersucht die in der Praxis für solche Anwalts-LLPs relevanten berufs-, haftungs-, gesellschafts- und registerrechtlichen Fragen aus internationalprivatrechtlicher und europarechtlicher Perspektive und vergleicht funktional die LLP mit Partnerschaft und GmbH. Insbesondere erörtert die Autorin die Haftung der LLP-Gesellschafter für Berufsfehler sowie die Frage, welche Normen der BRAO Anwendung finden. Die kollisionsrechtlichen Methoden der Substitution und der Anpassung werden diskutiert. De lege ferenda wird eine Neuregelung für das Kollisionsrecht vorgeschlagen.