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§ 206 Abs. 2 BRAO erlaubte Niederlassung zur Rechtsbesorgung auf dem Gebiete
des Rechts des Herkunftsstaats bei Wahrung des Prinzips der Gegenseitigkeit ist
bereits tatbestandlich nicht gegeben. Die Beratung auf dem Gebiet des deutschen
Rechts durch deutsche Rechtsanwälte ist nicht unter die Vorschrift des § 206 BRAO
zu subsumieren. Ferner wird für Rechtsanwaltsgesellschaften keine Regelung getroffen. Überdies würde die Erlaubnis zur Rechtsberatung im Recht des Herkunftsstaates, England, für die englische LLP nicht von Interesse sein. Zudem ist für Angehörige von EU-Mitgliedstaaten nicht § 206 Abs. 2 BRAO einschlägig, sondern
vielmehr das EuRAG.1849 Insgesamt gewinnt § 206 BRAO keine Relevanz.
V. Erlaubnispflicht
Fraglich ist, ob eine Erlaubnispflicht besteht. Auch wenn das RDG das RBerG abgelöst hat, ist zunächst auf das RBerG einzugehen, um die bisherige Rechtslage aufzuzeigen und die Analysen des RBerG in Literatur und Rechtsprechung für das RDG
fruchtbar zu machen.
1. Erlaubnispflicht nach Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz
a) Sonderanknüpfung
Möglicherweise hat die LLP eine Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 RBerG einzuholen.
Fraglich ist, ob das RBerG zur Anwendung berufen ist. Spezielle Kollisionsregeln
existieren nicht.1850 Als Ordnungsrecht der Berufsausübung gehört das RBerG zu
den Eingriffsnormen.1851 Das RBerG dient dem Schutz des Rechtsuchenden.1852 Der
Verbraucher soll vor Schäden und Nachteilen bewahrt bleiben, die dadurch entstehen könnten, dass die Rechtsberatung durch eine Person erfolgt, die nicht über die
erforderliche Sachkunde oder Zuverlässigkeit verfügt, um eine ordnungsgemäße
Erledigung der Rechtssache zu gewährleisten.1853
Ferner soll das Interesse der Allgemeinheit an der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege geschützt werden.1854 Insbesondere soll die Reibungslosigkeit des Rechtsverkehrs zwischen dem Rechtsuchenden und den Gerichten und der Prozessführung
1849 Henssler/Prütting/Schroeder/Federle, § 206 BRAO Rdnr. 3f.
1850 Budzikiewicz, IPRax 2001, 218, 220.
1851 Budzikiewicz, IPRax 2001, 218, 219.
1852 BGH, Urt. v. 5.10.2006 I ZR 7/04, ZIP 2007, 282, 283; Chemnitz/Johnigk, § 1 RBerG
Rdnr. 18; Henssler/Prütting/Weth, Einl. RBerG Rdnr. 5.
1853 Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 18; Henssler/Prütting/Weth, Einl. RBerG Rdnr. 5.
1854 BGH, Urt. v. 5.10.2006 I ZR 7/04, ZIP 2007, 282, 283; Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 1
RBerG Rdnr. 18; Henssler/Prütting/Weth, Einl. RBerG Rdnr. 6.
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gewährleistet werden.1855 Störungen und Behinderungen der Rechtspflege durch
Personen, die nicht über die erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit verfügen,
sollen verhindert werden.1856 Folglich dient das Gesetz dem Schutz der Allgemeinheit.1857 Zudem handelt es sich um Gemeinwohlbelange im Sinne des
Art. 12 GG.1858
Insgesamt verfolgt das RBerG als ordnungspolitisches Recht vorwiegend überindividuelle Gemeininteressen, so dass eine Sonderanknüpfung des Eingriffsrechts
möglich ist.1859 Bei der Niederlassung einer LLP zur Rechtsberatung in Deutschland
sind die relevanten Schutzbelange des RBerG bzw. Gemeininteressen betroffen, so
dass das RBerG Anwendung findet. Das RBerG ist immer dann anwendbar, wenn
die Rechtsberatung im Inland erfolgt.1860 Problematisch ist, wann von einer inländischen Beratung auszugehen ist.
Der BGH1861 hebt in einem Urteil zur vom Ausland aus erfolgenden Rechtsberatung im Inland hervor, dass das RBerG grundsätzlich nur die Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten im Inland einschränkt.1862 Bezüglich der Rechtsbesorgung
vom Ausland aus wurde darauf abgestellt, dass der Rechtsuchende seinen Wohnsitz
im Inland hat.1863 Insbesondere aufgrund des inländischen Wohnsitzes sah das Gericht den Schutzzweck des Schutzes des Rechtsuchenden vor unqualifiziertem
Rechtsrat betroffen.1864 Der Umstand, dass die Rechtsberatung von einer ausländischen Niederlassung aus erfolge, rechtfertige bei einer im Inland wirkenden Rechtsbesorgung keine andere Beurteilung.1865 Die Niederlassung des Rechtsbesorgers sei
kein geeigneter Anknüpfungspunkt, da das Risiko der Manipulation bestehe.
Schließlich könnten trotz des ausländischen Sitzes rechtsberatende Tätigkeiten in
Deutschland unter Nutzung moderner Kommunikationsmittel vorgenommen werden.1866
Aus diesem Urteil kann der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit einer Gesellschaft, die in Deutschland niedergelassen ist und im Inland deutschen Mandanten
Rechtsrat erteilt, in den Geltungsbereich des RBerG fällt.1867 Dies entspricht einer
sachgerechten Analyse der Interessenlage. Vorliegend besteht der einzige Unterschied zur Rechtsberatung durch eine deutsche Gesellschaft darin, dass eine LLP
1855 Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 18; Henssler/Prütting/Weth, Einl. RBerG Rdnr. 6.
1856 Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 18.
1857 Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 18.
1858 BVerfG, Beschl. v. 27.10.1997 1 BvR 780/87, NJW 1998, 3481; Henssler/Prütting/Weth,
Einl. RBerG Rdnr. 8; Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 18.
1859 Reithmann/Martiny/Mankowski, Rdnr. 2125; MünchKomm/Martiny, Art. 34 EGBGB
Rdnr. 117; Sieg, S. 189f.
1860 Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397, Fn. 53.
1861 BGH, Urt. v. 5.10.2006 I ZR 7/04, ZIP 2007, 282.
1862 BGH, Urt. v. 5.10.2006 I ZR 7/04, ZIP 2007, 282, 283.
1863 BGH, Urt. v. 5.10.2006 I ZR 7/04, ZIP 2007, 282, 283.
1864 BGH, Urt. v. 5.10.2006 I ZR 7/04, ZIP 2007, 282, 283.
1865 BGH, Urt. v. 5.10.2006 I ZR 7/04, ZIP 2007, 282, 284.
1866 BGH, Urt. v. 5.10.2006 I ZR 7/04, ZIP 2007, 282, 284.
1867 Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397, Fn. 53.
226
gegründet wurde. Die übrigen Aspekte sind in vergleichbarer Weise in der deutschen Rechtsordnung zu verorten.
In der Literatur werden verschiedene Auffassungen vertreten. Eine vom RBerG
erfasste Rechtsberatung im Inland liegt nach einer Ansicht vor, wenn ein Rechtsberater dauerhaft den deutschen Markt bearbeitet.1868 Dies sei jedenfalls bei einer inländischen Niederlassung der Fall.1869 Teilweise wird darauf abgestellt, dass das
RBerG jedenfalls bei inländischer Niederlassung oder Zweigstelle gelte.1870 Nach
anderer Auffassung wird eine Erlaubnispflicht nach dem RBerG davon abhängig
gemacht, dass der Sitz des Gläubigers im Inland liegt.1871 Demgegenüber hängt die
Anwendbarkeit des RBerG nach einer weiteren Literaturansicht davon ab, ob die
Tätigkeit im Inland Wirkungen entfaltet.1872 Schließlich stellt eine andere Auffassung auf den Gläubigersitz ab und nimmt eine Einschränkung durch das Erfordernis
einer auf das Inland gerichteten Wirkungsentfaltung vor.1873
Die Gegenüberstellung der Literaturansichten zeigt auf, dass im Allgemeinen nur
dann, wenn zwar ein in Deutschland ansässiger Rechtsuchender rechtlich beraten
wird, jedoch keine inländische Niederlassung existiert, eine echte Konkurrenz zwischen den Lösungsmodellen besteht. Nach allen Ansätzen wäre im vorliegenden Fall
der inländischen Nutzung der LLP durch deutsche Anwälte zum Zwecke der
Rechtsberatung des in Deutschland ansässigen rechtsuchenden Publikums das
RBerG anwendbar. Insgesamt ist das RBerG nach Rechtsprechung und Literatur bei
einer inländischen Niederlassung der LLP anwendbar.1874
b) Bedeutung des RBerG für die LLP
aa) Praktische Relevanz
Problematisch ist der Erlaubnisvorbehalt in Art. 1 § 1 RBerG hinsichtlich der
Rechtsberatung. Eine Erlaubnis kann zwar auch inländischen oder ausländischen
juristischen Personen erteilt werden.1875 Doch würde diese Teilerlaubnis nur für
1868 Reithmann/Martiny/Mankowski, Rdnr. 2125.
1869 Reithmann/Martiny/Mankowski, Rdnr. 2125; ähnlich Henssler/Prütting/Weth Einl. RBerG
Rdnr. 72ff.
1870 MünchKomm/Martiny, Art. 34 EGBGB Rdnr. 117f.; Kleine-Cosack, RBerG, Allgemeiner
Teil II B Rdnr. 90.
1871 Armbrüster, RIW 2000, 583, 587f.
1872 Chemnitz/Johnig, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 261.
1873 Budzikiewicz, IPRax 2001, 218, 224.
1874 Im Ergebnis so auch Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397, Fn. 53; allgemein für ausländische Gesellschaften Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 135.
1875 Rtennen/Caliebe, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 87ff.
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einzelne Sachbereiche erteilt.1876 Damit wäre das Ziel, generell Rechtsberatung in
Deutschland durchzuführen, nicht zu erreichen.1877
Auch könnten die Gesellschafter der LLP nur von der Haftungsverfassung der
LLP profitieren, wenn die Gesellschaft Rechtsdienstleistungen erbringen kann.1878
Überdies stellt eine geschäftsmäßige Besorgung von Rechtsangelegenheiten ohne
Erlaubnis gemäß Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBerG eine Ordnungswirdrigkeit dar. Der
Anwaltsvertrag mit der LLP unterliegt in der Regel deutschem Recht.1879 Der Vertrag ist gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig.1880 Deutsche Gerichte wenden deutsches Verfahrensrecht als lex fori an.1881
Folglich richten sich die Auswirkungen der fehlenden Rechtsberatungsbefugnis auf
den Prozess nach deutschem Recht.1882 Das Gericht schließt einen Prozessbevollmächtigten, der gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt, durch einen Beschluss mit konstitutiver Wirkung vom Verfahren aus.1883 Die bisherigen Prozesshandlungen sind
nicht aus diesem Grunde unbeachtlich oder unzulässig.1884
bb) Regelungsgehalt von Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG
Nach Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG wird die Berufstätigkeit der Rechtsanwälte und der
Rechtsanwaltsgesellschaften nicht durch das RBerG berührt. Der Anwalt wird insoweit von der Erlaubnispflicht freigestellt, als er dem Berufsrecht, z. B. der BRAO
unterliegt.1885 Rechtsanwaltsgesellschaften sind den Rechtsanwälten in Art. 1
§ 3 Nr. 2 RBerG gleichgestellt, wenn sie durch Personen, die im Rahmen ihrer be-
1876 Art. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 1 6 RBerG.
1877 Auch Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397, Fn. 54 weisen darauf hin, dass eine uneingeschränkte Befugnis nach dem RBerG praktisch nicht zu erlangen ist, weil die Rechtsberatungserlaubnis nach dem RBerG nur für Teilbereiche erteilt werde und auch Art. 1 § 1 Abs. 1
Nr. 6 RBerG kaum weiterhelfe.
1878 Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397.
1879 Siehe unten Teil 3 C III 3, 4, 5, 7.
1880 Zur Nichtigkeit nach § 134 BGB in einem Inlandsfall s. BGH, Urt. v. 1.2.2007 III ZR
281/05, NJW 2007, 1130; siehe auch Henssler/Prütting/Weth, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 71;
Rennen/Caliebe, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 197; Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr.
192; Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, 46 (zum RDG); a. A. Kleine-Cosack, Art. 1
§ 8 RBerG Rdnr. 10.
1881 BGH, Urt. v. 27.4.1977 VIII ZR 184/75, WM 1977, 793, 794; BGH, Urt. v. 27.6.1984 Ivb
ZR 2/83, NJW 1985, 552, 553; Reithmann/Martiny/Mankowski, Rdnr 2091;
Reithmann/Martiny/Hausmann, Rdnr. 2457.
1882 Vgl. BGH, Urt. v. 27.4.1977 VIII ZR 184/75, WM 1977, 793, 794; auch Erteilung und
Umfang der Prozessvollmacht unterliegen der lex fori, s. BGH, Urt. v. 26.4.1990 VII ZR
218/89, IPRax 1991, 247.
1883 BVerfG, Beschl. v. 23.12.2003 2 BvR 917/03, NJW 2004, 1373, 1374; Rennen/Caliebe,
Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 199f.
1884 BVerfG, Beschl. v. 23.12.2003 2 BvR 917/03, NJW 2004, 1373, 1374; Rennen/Caliebe,
Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 199f.
1885 Henssler/Prütting/Weth, Art. 1§ 3 RBerG Rdnr. 23f.
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ruflichen Befugnisse handeln, tätig werden.1886 Die neutrale Formulierung Rechtsanwaltsgesellschaften soll sich auf alle Gesellschaften beziehen.1887 Insbesondere
soll die Zulässigkeit der Anwalts-AG offen bleiben.1888 Zu den Rechtsanwaltsgesellschaften in diesem Sinne zählen auch die Partnerschaftsgesellschaft1889 und die Sozietät1890. Mithin soll die Ausnahme von der Erlaubnispflicht nicht auf Kapitalgesellschaften beschränkt werden.1891
c) Bisherige Diskussion: Europarechtskonforme Auslegung
Das RBerG ist organisationsrechtlich neutral und deutsche Rechtsanwaltsgesellschaften leiten ihre Befugnis aus der persönlichen Befugnis ihrer Vertreter zur anwaltlichen Beratung ab. 1892 Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben kann einer
EU-Auslandsgesellschaft keine Erlaubnispflicht auferlegt werden.1893 Das RBerG ist
europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass diese Gesellschaften aufgrund
der persönlichen Befugnis ihrer Vertreter nach Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG vom Anwendungsbereich ausgenommen sind.1894 Andernfalls träte eine europarechtlich unzulässige Diskriminierung ein.1895 Henssler und Mansel gehen vorrangig auf die LLP ein
und befürworten eine Freistellung von der Erlaubnispflicht, wenn die ausländische
Gesellschaft der Partnerschaft vergleichbar ist, insbesondere hinsichtlich der Haftungsverfassung.1896 Insgesamt ist dem von Henssler1897 entwickelten Ansatz dahingehend zuzustimmen, dass die englische LLP vom Erlaubnisvorbehalt des RBerG
ausgeklammert ist.
Dies gilt umso mehr, als der LLP keine generelle Erlaubnis zur Rechtsberatung
gewährt würde, sondern lediglich eine Teilerlaubnis für die Sachgebiete, die in Art.
1 § 1 Abs. 2 RBerG enumerativ aufgelistet sind.1898 Die Verweisung auf Teilerlaubnisse in eng begrenzten Sachgebieten kommt im praktischen Ergebnis dem generellen Verbot der Rechtsberatung für ausländische Gesellschaften gleich. Dass ein
1886 Rennen/Caliebe, Art. 1 § 3 RBerG Rdnr. 34.
1887 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 136f.; Kilian, JR 2006, 206, 208.
1888 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 136f.
1889 Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 3 RBerG Rdnr. 378.1; Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127,
S. 136f.; Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1398; a. A. noch Rennen/Caliebe, Art. 1 § 3
RBerG Rdnr. 35.
1890 Chemnitz/Johnigk, Art. 1 § 3 RBerG Rdnr. 378.1.
1891 Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397f.
1892 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 137.
1893 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 137; eine generelle Freistellung vom RBerG erfolgt
nicht, so dass die Gesellschaft durch in Deutschland zur Beratung befugte Personen tätig
werden muss, vgl. Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1398.
1894 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138.
1895 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 137f.; Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1398.
1896 Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1396.
1897 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 135ff.
1898 Henssler/Prütting/Weth, Art. 1 § 1 RBerG Rdnr. 63ff.
229
solches Verbot als Diskriminierung europarechtlich unzulässig ist, wurde bereits in
Bezug auf die BRAO1899 erörtert.1900 Insbesondere stünden andere, mildere Mittel,
wie eine berufsrechtliche Erfassung1901, zur Verfügung. Daher wäre die Maßnahme
nicht nur diskriminierend, sondern auch unverhältnismäßig. Folglich ist auch unter
diesem Aspekt die Auffassung von Henssler1902 vorzugswürdig.
d) Substitution
Der Ansatz von Henssler1903 kann kollisionsrechtlich als Substitution verwirklicht
werden. Wird aufgrund der organisationsrechtlichen Neutralität des RBerG1904 von
einer offenen Verwendung des Begriffs der Rechtsanwaltsgesellschaft ausgegangen,
kann die Anwalts-LLP rechtstechnisch im Wege der Substitution in den Anwendungsbereich von Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG einbezogen werden. Die Substitution ist
jedenfalls insoweit zu erwägen, als an die Stelle der Partnerschaft die funktional
vergleichbare LLP tritt.
Problematisch ist, dass in Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG nicht von Gesellschaften, sondern von Anwaltsgesellschaften, die durch im Rahmen ihrer beruflichen Befugnisse
handelnde Personen tätig werden, die Rede ist. Wenn jedoch dementsprechend die
Vertretung durch Rechtsanwälte erfolgt, ist eine Substitution nicht ausgeschlossen.
Vielmehr wäre als Rechtsanwaltsgesellschaft eine Gesellschaft, in der Rechtsanwälte tätig werden, anzusehen. Dies muss zumindest für diejenigen ausländischen Gesellschaftsformen gelten, die mit den in Deutschland anerkanntermaßen vom RBerG
ausgenommenen Gesellschaften funktional vergleichbar sind. Aufgrund der Partnerschaftsäquivalenz der LLP1905 kann eine Substitution erfolgen, ohne dass es auf eine
diesbezügliche europäische Vorgabe ankommt.
Denn wenn sich die Befugnis zur Rechtsberatung von der Befugnis der Rechtsanwälte ableitet1906, dann ist die Norm offen zu verstehen und beinhaltet keinen
Ausschluss der Substitution durch Festlegung auf (inländische) Gesellschaften. In
ähnlicher Weise legt Henssler dar, dass nur das von ihm entwickelte europarechtliche Verständnis dem Schutzzweck des RBerG entspricht.1907 Der Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat und die Gewährleistung der Reibungslosigkeit der Rechtspflege seien nicht betroffen,
wenn die Rechtsberatung in einer den Anwälten grundsätzlich offen stehenden, nicht gewerblichen Berufsausübungsgesellschaft ausschließlich durch zur Rechtsberatung befugte in- und
1899 Vgl. Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 466.
1900 Siehe oben Teil 2 D III.
1901 Siehe unten Teil 2 D VII.
1902 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 135ff.
1903 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 135ff.
1904 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 137.
1905 Siehe oben Teil 2 C V 14 a) bb), c), 15.
1906 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 137.
1907 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 137f.
230
ausländische Rechtsanwälte erfolgt. Die Bedeutung des Rechtsträgers, für den die Rechtsanwälte tätig werden, tritt in diesen Fällen zurück, solange nur im Namen des Rechtsträgers die
Beteiligung von Rechtsanwälten zum Ausdruck kommt. 1908
Somit kann ausgehend von diesen Erwägungen unter dem Aspekt des Schutzzwecks des RBerG der Schluss gezogen werden, dass eine Substitution nicht ausgeschlossen ist. Die funktionale Vergleichbarkeit von LLP und Partnerschaft führt im
Wege der Substitution zu einem Ausschluss der LLP von der Erlaubnispflicht nach
dem RBerG.
Ergänzend ist anzumerken, dass es vorzugswürdig erscheint, der Erwähnung von
Rechtsanwaltsgesellschaften aufgrund der organisatorischen Neutralität eine lediglich klarstellende Funktion dahingehend beizumessen, dass Rechtsanwälte auch
dann nicht indirekt der Erlaubnispflicht nach dem RBerG unterliegen, wenn sie als
Rechtsanwälte in (ausländischen) Gesellschaften tätig sind.1909 Dafür spricht auch,
dass bei Anwendung des RBerG durch eine dann erforderliche Teilerlaubnis die
Nutzung zur Rechtsberatung objektiv nicht erreicht werden kann. Wird auf die Zulassung der Rechtsanwälte abgestellt, um die Beratungsbefugnis der Gesellschaft
daraus abzuleiten, kommt es für die Substitution bei der Anwendung des RBerG
nicht darauf an, ob die Gesellschaft einer Zulassung gemäß §§ 59 c ff. BRAO bedarf.1910 Auch die Anwalts-GmbH wurde vor Einführung der §§ 59 c ff. BRAO
durch die Rechtsprechung anerkannt, obwohl das RBerG damals keine explizite
Ausnahme vorsah.1911
e) Ergebnis
Im Ergebnis unterliegt die LLP nicht dem Erlaubnisvorbehalt des RBerG. Zudem
wäre ein Erlaubnisvorbehalt europarechtlich nicht zu rechtfertigen.
2. Erlaubnispflicht nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz
Fraglich ist, ob nach dem RDG, das seit Juli 20081912 das RBerG abgelöst hat und
gem. § 1 RDG die außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen erfasst, eine Erlaubnispflicht besteht. Das RDG ist in Übertragung der Rechtsprechung zum RBerG ein
1908 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138.
1909 Ähnlich Knöfel, AnwBl 2007, 742, 743, in Bezug auf die Ltd; auch Kilian, JR 2006, 206,
207, weist hinsichtlich LLP und Ltd darauf hin, dass sich die Freistellung vom RBerG nach
Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG auf alle rechtsfähigen Rechtsanwaltsgesellschaften gleich welcher
Rechtsform bezieht.
1910 Auch Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138f., weist die an die Gesellschaft zu stellenden
anwaltsspezifischen Anforderungen dem anwaltlichen Berufsrecht zu.
1911 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138; s. BayObLG, Urt. v. 24.11.1994 3Z BR 115/94,
ZIP 1998, 1868, 1870.
1912 Art. 1, 20 BGBl. 2007 I 2840, 2860.
231
Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB.1913 Ein Verfahrensausschluss kann nicht basierend
auf dem Verstoß gegen das lediglich die außergerichtliche Rechtsdienstleistung
betreffende RDG erfolgen, wobei nunmehr § 79 ZPO zu beachten ist.1914 Das RDG
verfolgt, wie auch das RBerG1915, den Schutz von Gemeininteressen, namentlich den
Schutz der Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen.1916 Auch der Schutz des Rechtsguts Recht findet in der Gesetzesbegründung explizit Erwähnung.1917 Somit ist beim RDG, wie
auch im Fall des RBerG1918, eine Sonderanknüpfung als Eingriffsnorm weiterhin
möglich.
Henssler hebt in Bezug auf die Ausklammerung ausländischer Gesellschaften,
welche durch deutsche Rechtsanwälte tätig werden, vom Erlaubnisvorbehalt des
RBerG hervor: Welche anwaltsspezifischen Voraussetzungen die Gesellschaften
erfüllen müssen, ist kein Problem des RBerG, sondern ein solches des Berufsrechts. 1919 In diesem Zusammenhang wird auch auf § 1 Abs. 2 RDG1920 hingewiesen und dargelegt, dass Rechtsdienstleistungsbefugnisse, die in anderen Gesetzen,
wie der BRAO geregelt sind, nicht der Regelung durch das RDG bedürfen, sondern
dem Spezialgesetz unterliegen.1921
Hinsichtlich des Regelungsanliegens wird in § 1 Abs. 2 RDG klargestellt: Regelungen in anderen Gesetzen über die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen,
bleiben unberührt. 1922 Die Befugnis zur Rechtsdienstleistung kann sich auch aus
anderen Gesetzen ergeben, wie z. B. die BRAO, so dass das RDG als lex generalis
anzusehen ist.1923 Plastisch wird in der Gesetzesbegründung dargelegt: Vor allem
die Stellung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als berufene unabhängige
Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO) wird daher
durch das RDG nicht berührt. 1924
Somit bezweckt das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts keine abschließende Regelung der Befugnis zur Rechtsberatung, welche sich auch aus ande-
1913 Grunewald/Römermann/Römermann, § 3 RDG, Rdnr. 5; Kleine-Cosack, RDG, Allgemeiner
Teil II, Rdnr. 157; Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, 46, Fn. 68.
1914 Grunewald/Römermann/Römermann, § 3 RDG, Rdnr. 17.
1915 Siehe oben Teil 2 D V 1 a).
1916 Art. 1, § 1 Abs. 1 RDG, BGBl. 2007 I 2840, 2841; vgl. bereits BR-Drucks. 705/05, Art. 1, § 1
Abs. 1 S. 2 RDG, S. 1; sowie BT-Drucks. 16/3655, S. 30f.
1917 BT-Drucks. 16/3655, S. 31.
1918 Siehe oben Teil 2 D V 1 a).
1919 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138f.
1920 Art. 1, § 1 Abs. 2 RDG, BGBl. 2007 I 2840, 2841; vgl. bereits BR-Drucks. 705/07, Art. 1, § 1
Abs. 2 RDG, S. 1; sowie BT-Drucks. 16/3655, Art. 1, § 1 Abs. 2 RDG, S. 7.
1921 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138f., Fn. 50.
1922 Art. 1, § 1 Abs. 2 RDG, BGBl 2007 I 2840, 2841; vgl. bereits BR-Drucks. 705/07, Art. 1, § 1
Abs. 2 RDG, S. 1; sowie BT-Drucks. 16/3655, Art. 1, § 1 Abs. 2 RDG, S. 7.
1923 BT-Drucks. 16/3655, Zu Art. 1, § 1 Abs. 2 RDG, S. 45; Grunewald/Römermann/Römermann,
§ 1 RDG Rdnr. 52, 54; Kleine-Cosack, § 1 RDG Rdnr. 45.
1924 BT-Drucks. 16/3655, Zu Art. 1, § 1 Abs. 2 RDG, S. 45.
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ren Gesetzen ergeben kann.1925 Die umfassende Befugnis der Anwälte zur Rechtsdienstleistung folgt auch in Zukunft ausschließlich aus der BRAO.1926 Anschaulich
wird in der Gesetzesbegründung dargelegt: Eine gesonderte, redundante Regelung
dieser Rechtsberatungsbefugnisse im RDG erfolgt nicht mehr. 1927
Auffällig ist, dass im Entwurf des RDG nicht, wie in Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG, eine
Bezugnahme auf Rechtsanwaltsgesellschaften erfolgt.1928 Dies ist als logische Konsequenz der Regelung in § 1 Abs. 2 RDG einzuordnen. Da für deutsche Rechtsanwälte die Maßgeblichkeit der BRAO statuiert wird, wäre ein Eingehen auf die Nutzung von Gesellschaften zum Zwecke der Rechtsberatung kaum erforderlich und
würde den Regelungszweck unterlaufen.
In § 10 RDG ist zwar die Registrierung von Gesellschaften aufgrund besonderer
Sachkunde zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen in einzelnen Bereichen vorgesehen.1929 Auch ist nach der Gesetzesbegründung die Registrierung ausländischer
Gesellschaften unabhängig davon, ob eine Niederlassung besteht, zum Zweck der
dauerhaften Erbringung von Rechtsdienstleistungen möglich.1930 Jedoch wird im
Gesetzestext und in der Begründung nicht auf Rechtsanwaltsgesellschaften eingegangen.1931 Daher ist die Vorschrift nicht einschlägig.
Da das RDG als lex generalis die Rechtsberatungsbefugnis der Rechtsanwälte
nicht betrifft1932, wäre eine ausdrückliche Erwähnung der Rechtsanwaltsgesellschaften notwendig, um eine Ausnahme von dieser Grundregel zu ermöglichen. Schließlich kooperieren in der Rechtsanwaltsgesellschaft gerade jene Rechtsanwälte, die
nicht dem RDG, sondern der BRAO als lex specialis unterliegen. Andernfalls würde
eine indirekte Einbeziehung der Rechtsanwälte in das RDG erfolgen. Dies ist nach
der Gesetzesbegründung nicht intendiert und würde jedenfalls eine explizite Befassung mit der Rechtsanwaltsgesellschaft erfordern.
Überdies wird in der Gesetzesbegründung deutlich, dass § 10 RDG die Rechtsdienstleistung durch andere sachkundige Personen, nicht durch Rechtsanwälte betrifft:
1925 BT-Drucks. 16/3655, S. 32; Grunewald/Römermann/Römermann, § 1 RDG Rdnr. 52; Kleine-
Cosack, § 1 RDG Rdnr. 45.
1926 BT-Drucks. 16/3655, S. 32; Grunewald/Römermann/Römermann, § 1 RDG Rdnr. 54.
1927 BT-Drucks. 16/3655, S. 32.
1928 Art. 1 BGBl. 2007 I 2840ff.; vgl. bereits BR-Drucks. 705/07, Art. 1, S. 1ff.; sowie BT-
Drucks. 16/3655, Art. 1, S. 7ff.
1929 Art. 1, § 10 RDG, BGBl. 2007 I 2840, 2842; vgl. bereits BR-Drucks. 705/07, Art. 1, § 10
RDG, S. 3; sowie BT-Drucks. 16/3655, Art. 1, § 10 RDG, S. 9.
1930 BR-Drucks. 705/07, Art. 1, § 10 RDG, S. 3; vgl. BT-Drucks. 16/3655, Zu Art. 1, § 10 RDG,
S. 63ff.
1931 Art. 1, § 10 RDG, BGBl. 2007 I 2840, 2842; vgl. bereits BR-Drucks. 705/07, Art. 1, § 10
RDG, S. 3; siehe BT-Drucks. 16/3655, Zu Art. 1, § 10 RDG, S. 63ff.
1932 BT-Drucks. 16/3655, Zu Art. 1, § 1 Abs. 2 RDG, S. 45; Grunewald/Römermann/Römermann,
§ 1 RDG Rdnr. 54; Kleine-Cosack, § 1 RDG Rdnr. 45.
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In den Bereichen, in denen die anwaltliche Versorgung die Nachfrage der Rechtsuchenden
nicht decken kann, insbesondere weil die Tätigkeit nicht ausschließlich juristischer Natur ist,
müssen Rechtsdienstleistungen durch andere sachkundige Personen erlaubt bleiben. 1933
Daher kann die Erbringung der Rechtsberatung durch Anwälte, die in einer Gesellschaft kooperieren, nicht vom Regelungsbereich des § 10 RDG erfasst sein.
Andernfalls würde indirekt der Rechtsanwalt dem RDG unterworfen.
Im Übrigen zeigt die bewusste Streichung der Regelung von Rechtsanwaltsgesellschaften aus dem Gesetzestext, dass das RDG diesbezüglich nicht anwendbar sein
soll. Es erfolgt keine Ausklammerung von der Erlaubnispflicht für Rechtsanwälte
und Rechtsanwaltsgesellschaften, welche durch im Rahmen ihrer Befugnisse handelnde Personen tätig werden (Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG). Vielmehr wird von Beginn
an in § 1 Abs. 2 RDG klargestellt, dass die BRAO für die Rechtsberatung durch
Rechtsanwälte einschlägig ist.
Die Regelung des Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG sieht vor, dass Rechtsanwälte und
Rechtsanwaltsgesellschaften, die durch im Rahmen ihrer beruflichen Befugnisse
handelnde Personen vertreten werden, nicht der Erlaubnispflicht unterliegen. Somit
wird die Befugnis der Rechtsanwaltsgesellschaft zur Rechtsberatung von der Befugnis der Anwälte abgeleitet.1934
Das RDG trennt noch klarer zwischen den Regelungssphären, indem klargestellt
wird, dass für Rechtsanwälte die BRAO maßgeblich ist. Dies gilt auch hinsichtlich
der Nutzung von Gesellschaften zur Rechtsberatung. Bereits in Bezug auf das
RBerG wurde dargelegt, dass sich die Befugnis der Rechtsanwaltsgesellschaften aus
der persönlichen Befugnis der für sie tätigen Rechtsanwälte ableitet.1935
Das RDG setzt dieses Konzept vollumfänglich um, indem die Rechtsanwälte
nicht dem RDG, sondern der BRAO unterstellt werden und Rechtsanwaltsgesellschaften in diesem Zusammenhang keine gesonderte Erwähnung mehr finden.
Schließlich wird in § 1 Abs. 1 S. 2 RDG der Schutzzweck, namentlich Schutz der
Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung vor unqualifizierten
Rechtsdienstleistungen, festgeschrieben. In Bezug auf das RBerG wird dargelegt,
dass bei Nutzung der Gesellschaft durch Rechtsanwälte der Schutzzweck der Norm,
mithin Schutz der Rechtspflege und des Rechtsuchenden vor unqualifiziertem
Rechtsrat, nicht greift.1936 Aufgrund der identischen Schutzzwecke kann auch hinsichtlich des RDG unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Ausnahme der
Rechtsanwälte vom Regelungsbereich der Schluss gezogen werden, dass das Regelungsanliegen des RDG nicht die Reglementierung der Rechtsanwaltsgesellschaft als
solche bezweckt.1937
1933 BT-Drucks. 16/3655, S. 40; diese Einschätzung wird auch nicht aufgrund der in § 15 RDG
zum Ausdruck kommenden Regelungsanliegen widerlegt. § 15 RDG regelt zwar die vorübergehende Rechtsdienstleistung von Gesellschaften, nimmt jedoch auf die in § 10 RDG geregelten Tätigkeiten Bezug, siehe BT-Drucks. 16/3655, Zu Art. 1, § 15 RDG, S. 73ff.
1934 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 137f.
1935 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138f.
1936 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138f. formuliert weitere Voraussetzungen.
1937 Henssler, AnwBl 2007, 553, 556; Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397, Fn. 55.
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Somit ist nach dem RDG die Problematik der Nutzung von Gesellschaften durch
Rechtsanwälte vollständig aus dem Regelungsbereich dieses Gesetzes genommen
worden und ausschließlich nach Maßgabe des Berufsrechts bzw. der BRAO zu beurteilen.1938 Auch nach dem neuen RDG besteht für die englische LLP als Rechtsberatungsgesellschaft keine Erlaubnispflicht. Zudem entspräche ein anderes Normverständnis nicht den europarechtlichen Vorgaben.1939
Ergänzend ist auf die nach einer Ansicht durch das RDG aufgeworfene Problematik der Herleitung der Rechtsdienstleistungsbefugnis von Gesellschaften, bei denen
keine Anerkennung als Rechtsanwalt erfolge1940, wie im Fall der Partnerschaft,
einzugehen. Nach dieser Ansicht ist die Rechtsdienstleistungsbefugnis solcher Gesellschaften künftig weder in der BRAO, welche nur die Rechtsdienstleistungsbefugnis der Rechtsanwälte und der Rechtsanwaltsgesellschaften i. S. v. §§ 59 c ff.
BRAO enthalte, noch im RDG geregelt.1941
Dem ist unter Bezugnahme auf die vorstehenden Erörterungen zu entgegnen, dass
nach dem RDG die Befugnisse der Gesellschaften aus denjenigen der Rechtsanwälte
als Berufsträger abgeleitet werden.1942 Die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu
erbringen, ergibt sich für Rechtsanwälte aus der BRAO.1943 Zudem ist durch das
RDG lediglich eine Klarstellung erfolgt, indem noch nicht einmal mehr eine Ausnahme von einer Erlaubnispflicht statuiert wird. Die dahinterstehende gesetzgeberische Absicht ist hinreichend erkennbar. Schließlich bezweckt § 59 a BRAO keine
Beschränkung auf die Rechtsnorm der GbR.1944 Zudem erfasst die BRAO z. B. in
§ 59 a BRAO die Nutzung sonstiger Rechtsanwaltsgesellschaften in angemessener
Weise1945, so dass kein rechtliches Vakuum entsteht.
Im Übrigen zeigt auch die Zulassung der AG als Berufsausübungsgesellschaft,
dass mit dem RDG kaum die Gefahr von Rechtsunsicherheit einhergeht. Der BGH
bejahte die Zulässigkeit der Nutzung einer AG obwohl gleichzeitig klargestellt wurde, dass die §§ 59 c ff. BRAO ausweislich der Gesetzesbegründung1946 gerade nicht
die AG reglementieren.1947 Auch wird in diesem Urteil klargestellt, dass das RBerG
der Zulassung einer AG nicht entgegenstehe, eine andere Zielrichtung verfolge und
die Berufsausübung der zugelassenen Rechtsanwälte nicht berühre.1948 Mithin erfolgt durch das RDG keine Reduktion des Regelungsbereichs des RBerG, sondern
lediglich eine Klarstellung.
1938 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 138f.
1939 So zum RBerG Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 137f.; Henssler/Mansel, NJW 2007,
1393, 1398.
1940 Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397, Fn. 55.
1941 Henssler, AnwBl 2007, 553, 556; Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393, 1397, Fn. 55.
1942 A. A. Henssler, AnwBl 2007, 553, 556.
1943 So auch Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, 42, wobei auf § 3 BRAO verwiesen wird.
1944 So auch Henssler/Prütting/Henssler, § 1 PartGG Rdnr. 25; BT-Drucks. 12/4993, S. 23.
1945 Siehe unten Teil 2 D VII.
1946 BT-Drucks. 13/9820, S. 11.
1947 BGH, Urt. v. 10.1.2005 AnwZ (B) 27/03 u. 28/03, BGHZ 161, 376, 382ff.
1948 BGH, Urt. v. 10.1.2005 AnwZ (B) 27/03 u. 28/03, BGHZ 161, 376, 384, unter Verweisung
auf BayObLG, Beschl. v. 24.11.1994 3Z BR 115/94, ZIP 1994, 1868.
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Daher ergibt sich durch diese Reform keine Regelungslücke hinsichtlich der
Rechtsdienstleistungsbefugnis von Rechtsanwaltsgesellschaften wie z. B. die Partnerschaft, welche anders als die GmbH nicht in den §§ 59 c ff. BRAO gesondert
reglementiert werden. Zudem sind im Fall der Partnerschaft der Umstand, dass diese
speziell für die freien Berufe entwickelt wurde1949 und die Tatsache, dass von dem
Berufsrechtsvorbehalt nach § 1 Abs. 3 PartGG nicht Gebrauch gemacht wurde sowie
die Garantie der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG1950 zu berücksichtigen.
3. Ergebnis
Im Ergebnis besteht für die in Deutschland niedergelassene LLP, für die deutsche
Anwälte tätig werden, keine Erlaubnispflicht nach dem RDG in Bezug auf außergerichtliche Rechtsdienstleistungen.
VI. Entzug des Haftungsprivilegs
1. Einleitung
Nach § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO haften die Mitglieder einer Sozietät als Gesamtschuldner. Problematisch ist, dass sich der Begriff Sozietät auf jede Form gemeinschaftlicher anwaltlicher Berufstätigkeit beziehen könnte. In der Rechtsprechung ist
für § 59 a BRAO ein sehr weiter Sozietätsbegriff entwickelt worden.1951 Dann würde
unter Umständen auch der LLP das Haftungsprivileg nach § 51 a Abs. 2 BRAO
entzogen.1952 Fraglich ist, ob die Norm des § 51 a Abs. 2 S. 1 BRAO kollisionsrechtlich zur Anwendung auf die LLP berufen ist. Es wäre möglich, dass die Norm als
Eingriffsnorm anzusehen ist. In der Regel ist das Berufsrecht als Eingriffsrecht im
Wege der Sonderanknüpfung anwendbar.1953 Wird eine bloße privatrechtliche Vergünstigung gewährt wird, kann der Gemeinwohlbezug wegfallen.1954 Alternativ
kommt nach einer Ansicht eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation in Betracht.1955
Für die Frage, ob eine Eingriffsnorm vorliegt, ist der Regelungsgehalt der Norm
von wesentlicher Bedeutung. Daher soll zunächst der Regelungsgehalt von § 51 a
Abs. 2 BRAO untersucht werden. Dabei wird diese Gelegenheit genutzt, ergänzend
und vorbehaltlich des kollisionsrechtlichen Anwendungsbefehls bereits darzulegen,
1949 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1950 Siehe hierzu Prütting/Henssler/Henssler, § 1 PartGG Rdnr. 22 u. 25.
1951 AnwGH Celle, Beschl. v. 7.7.2004 AGH 3/04, NJW 2004, 3270, 3272.
1952 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 466.
1953 Sieg, S. 189f.; Mankowski, AnwBl 2001, 249, 252; Spickhoff, S. 194; Henssler/Mansel, NJW
2007, 1393, 1395.
1954 MünchKomm/Martiny, Art. 34 EGBGB Rdnr. 116.
1955 Weller/Kienle, DStR 2005, 1102, 1105.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die englische Limited Liability Partnership (LLP) kann für in Deutschland niedergelassene Rechtsanwälte eine attraktive Alternative sein. Die Arbeit untersucht die in der Praxis für solche Anwalts-LLPs relevanten berufs-, haftungs-, gesellschafts- und registerrechtlichen Fragen aus internationalprivatrechtlicher und europarechtlicher Perspektive und vergleicht funktional die LLP mit Partnerschaft und GmbH. Insbesondere erörtert die Autorin die Haftung der LLP-Gesellschafter für Berufsfehler sowie die Frage, welche Normen der BRAO Anwendung finden. Die kollisionsrechtlichen Methoden der Substitution und der Anpassung werden diskutiert. De lege ferenda wird eine Neuregelung für das Kollisionsrecht vorgeschlagen.