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D. Berufsrechtliche Erfassung der LLP
I. Einführung
Es ist zu prüfen, welche berufsrechtlichen Anforderungen an eine LLP gestellt werden können. Das Berufsrecht schränkt die Gestaltungsfreiheit zum Schutz der
Rechtsuchenden ein.1815 Im Bereich des Berufsrechts prallen Tradition und Innovation mit besonderer Wucht aufeinander, wenn deutsche Rechtsanwälte sich ausländischer Gesellschaftsformen, wie der LLP, bedienen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant genießt als prägendes Merkmal der Mandatierung vollumfänglichen Schutz.1816. Zudem zeichnet sich ein Trend zur fortschreitenden
Liberalisierung des anwaltlichen Berufsrechts hinsichtlich der gemeinsamen Berufsausübung ab. Im Jahre 2005 hat der BGH den Rechtsanwälten die Berufsaus-
übung in der AG gestattet.1817 Ferner erfolgen Änderungen der BRAO, insbesondere
die Aufhebung des Verbots der Sternsozietät1818.
Fraglich ist, inwieweit die Nutzung der englischen LLP von diesen Berufsregeln
tatbestandlich erfasst wird. In Betracht kommen insbesondere die §§ 59 a, 59 c ff.
BRAO. Auch auf die Problematik einer Rechtsberatungserlaubnis nach dem RBerG
bzw. RDG ist einzugehen. Zudem spielt ausgehend von europarechtlichen Bezügen
möglicherweise das EuRAG eine Rolle.
II. Bedeutung des EuRAG
1. Anwendungsbereich des EuRAG
Drei EU-Richtlinien, die Rechtsanwaltsdienstleistungsrichtlinie1819, die mittlerweile durch die Berufsanerkennungsrichtlinie1820 ersetzte Hochschuldiplomanerken-
1815 Siehe die Erörterung unten Teil 2 D VII 2, VIII 2; zu § 59 c BRAO siehe Feuerich/Weyland/Vossebürger, § 59 c BRAO Rdnr. 2 und Grunewald/Müller, NJW 2005, 465,
468; zu § 59 a BRAO siehe Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 467 und Henssler/Prütting/Henssler § 59 a BRAO, Rdnr. 23; zum RBerG siehe BGH, Urt. v. 5.10.2006
I ZR 7/04, ZIP 2007, 282, 283; Chemnitz/Johnigk, § 1 RBerG Rdnr. 18; Henssler/Prütting/Weth, Einl. RBerG Rdnr. 5.
1816 BVerfG, Beschl. v. 18.4.2007 2 BvR 2094/05, MMR 2007, 503, 504; BVerfG, Beschl. v.
30.4.2007 2 BvR 2151/06, MMR 2007, 500, 502.
1817 BGH, Urt. v. 10.1.2005 AnwZ (B) 27/03 u. 28/03, BGHZ 161, 376.
1818 Art. 4 Nr. 3 und Nr. 4 BGBl 2007 I 2840, 2848f.; vgl. bereits BR-Drucks. 705/07, Art. 4 Nr. 3
und Nr. 4; sowie BT-Drucks. 16/3655, Art. 4 Nr. 3 und Nr. 4, S. 14f., Zu Art. 4 Nr. 3, S. 82f.,
Zu Art. 4 Nr. 4, S. 84.
1819 Richtlinie 77/249/ EWG des Rates vom 22. März 1977 zur Erleichterung der tatsächlichen
Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte, ABl. EG Nr. L 78 v.
26.3.1977, S. 17.
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nungsrichtlinie1821 und die Niederlassungsrichtlinie1822 enthalten Konkretisierungen
dieser Grundfreiheiten.1823 In Deutschland setzt das EuRAG diese drei Richtlinien
um.1824
a) Deutsche Rechtsanwälte
Für deutsche Staatsangehörige ist das EuRAG gemäß § 1 EuRAG nicht einschlägig.
Eine Ausnahme gilt, wenn die Qualifikation in einem anderen Mitgliedstaat erworben wurde.1825 Somit ist das EuRAG im vorliegenden Fall der Anwalts-LLP grundsätzlich nicht relevant. Auch in Art. 1 Abs. 1 der Niederlassungsrichtlinie wird als
Zielsetzung die Erleichterung der Ausübung des Anwaltsberufs in einem anderen
Mitgliedstaat als dem, in dem die Berufsqualifikation erworben wurde, vorgegeben.
Die Situation des deutschen Anwalts, der in Deutschland ausgebildet wurde und dort
den Anwaltsberuf ausübt, ist nicht Regelungsgegenstand.1826
b) Englische LLP
Fraglich ist, ob sich für die LLP Grundsätze aus dem EuRAG ableiten lassen. Zwar
ist in § 8 Abs. 1 EuRAG geregelt, dass der niedergelassene europäische Rechtsanwalt im Herkunftsland einem Zusammenschluss zur gemeinsamen Berufsausübung
angehören kann. Dabei wird die Möglichkeit der Errichtung einer Zweigniederlassung vorausgesetzt.1827 Ferner wird vorgeschrieben, dass die persönliche Haftung für
1820 Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005
über die Anerkennung von Berufsqualifikationen v. 7.9.2005, Abl. EG Nr. L 255 v.
30.9.2005, S. 22.
1821 Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur
Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, ABl. EG Nr. L 19 v. 24.1.1989, S. 16.
1822 Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.Februar 1998 zur
Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, ABl. EG Nr. L 77 v. 14.3.1998,
S. 36.
1823 Henssler/Prütting/Schroeder/Federle, Einl. EuRAG Rdnr. 1.
1824 Henssler/Prütting/Schroeder/Federle, Einl. EuRAG Rdnr. 1.
1825 Henssler/Prütting/Lörcher, § 1 EuRAG Rdnr. 5.
1826 Dies entspricht auch den Erwägungen in Ziff. 7 Präambel der Niederlassungsrichtlinie: Diese Richtlinie sieht entsprechend ihrer Zielsetzung davon ab, rein innerstaatliche Situationen
zu regeln, und berührt die nationalen Berufsregeln nur insoweit, als dies notwendig ist, damit
sie ihren Zweck tatsächlich erreichen kann. Insbesondere berührt diese Richtlinie nicht die
nationalen Regelungen für den Zugang zum Rechtsanwaltsberuf und für die Ausübung dieses
Berufs unter der Berufsbezeichnung des Aufnahmestaates. .
1827 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 141; so auch Grunewald/Müller, NJW 2005, 465,
unter Verweisung auf EuGH, Rs. C-55/94 (Gebhard), Slg. 1995, I-4165; ferner zeigt Henssler, dass in konsequenter Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zur Niederlassung die
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Berufsfehler durch die Rechtsform, der er im Herkunftsstaat angehört, nur ausgeschlossen oder beschränkt wird, soweit eine den Voraussetzungen des § 59 j BRAO
entsprechende Berufshaftpflichtversicherung oder Garantie besteht.1828 Schließlich
kann die Bezeichnung des Zusammenschlusses zur gemeinsamen Berufsausübung
unter Angabe der Rechtsform im Rechtsverkehr angegeben werden.1829
Allerdings stellt das Gesamtgefüge von § 8 EuRAG auf den niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt ab.1830 Das Verfahren in Bezug auf ausländische Gesellschaften bzw. deren Status, Zulassung, Rechte und Pflichten wird nicht unmittelbar
geregelt.1831 Auch die Formulierung in § 8 Abs. 3 EuRAG, wonach die Bezeichnung
der Gesellschaft im Rechtsverkehr angegeben werden kann, ist vage. Lediglich insofern, als der niedergelassene europäische Rechtsanwalt im Herkunftsstaat einer Berufsausübungsgesellschaft angehört, werden diesbezüglich mittelbar vereinzelte
Regelungen vorgesehen. Eine Versicherungspflicht gemäß § 8 Abs. 2 EuRAG
scheidet bei der partnerschaftsäquivalenten LLP jedoch aus.1832
Ferner gilt das EuRAG gemäß § 1 EuRAG für Staatsangehörige der EU, die in
einer gesonderten Anlage aufgeführt sind (europäische Rechtsanwälte). In dieser
Anlage sind ausschließlich Anwaltsberufe aus dem EU-Ausland, nicht jedoch Auslandsgesellschaften aufgelistet. Aus der Gleichstellung von niedergelassenen europäischen und deutschen Rechtsanwälten in § 6 Abs. 1 EuRAG folgt, dass sich der
europäische Rechtsanwalt nach Maßgabe des deutschen Berufsrechts mit deutschen
oder anderen europäischen Rechtsanwälten beruflich zusammenschließen kann.1833
Auch dies stellt keine unmittelbare Regelung in Bezug auf die ausländische Rechtsanwaltsgesellschaft dar.
c) Ergebnis
Im Ergebnis sind dem Wortlaut des EuRAG keine unmittelbaren, allgemeinen Regelungen für eine in Deutschland niedergelassene englische LLP zu entnehmen.1834 Im
Hauptniederlassung in den Regelungsbereich der Niederlassungsrichtlinie einbezogen werden
muss, siehe Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 141.
1828 § 8 Abs. 2 EuRAG.
1829 § 8 Abs. 3 EuRAG.
1830 Auch Sassenbach, AnwBl 2007, 293, 295, erkennt an, dass die Vorschrift expressis verbis nur
auf den niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt abstellt.
1831 Ähnlich legt Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 141, dar, dass die ausländische Gesellschaft nur mittelbar reguliert wird.
1832 Die Problematik der Versicherungspflicht wird unten näher erörtert, siehe unten Teil 2 D XI
2.
1833 Feuerich/Weyland/Vossebürger, § 8 EuRAG Rdnr. 1; Henssler/Prütting/Henssler, § 8 Eu-
RAG Rdnr. 1f.; Henssler/Prütting/Lörcher, § 6 EuRAG Rdnr. 1ff.; für deutsche Rechtsanwälte ist diese Zusammenarbeit mit europäischen Rechtsanwälten nach Maßgabe von §§ 59 Abs.
3, 59 e Abs. 1, 59 f Abs. 3 BRAO möglich.
1834 So auch Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 141 allgemein zu Auslandsgesellschaften;
Henssler/Mansel, NJW 2007, 1393; zu Recht bezeichnen Grunewald/Müller, NJW 2005,
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EuRAG sind keine Sondervorschriften für ausländische Gesellschaften enthalten.1835
Es handelt sich um eine auf den europäischen Rechtsanwalt zugeschnittene auszugsweise Sonderregelung. Weiterhin ist das EuRAG seinem Wortlaut nach nicht
anwendbar, wenn ausschließlich deutsche Rechtsanwälte der in Deutschland niedergelassenen ausländischen Berufsausübungsgesellschaft angehören.
2. Relevanz der Niederlassungsrichtlinie
Da das EuRAG die Niederlassungsrichtlinie umsetzt, ist zu untersuchen, inwiefern
diese Richtlinie Relevanz gewinnt. Unter den Begriff der Gruppe im Sinne von
Art. 1 Abs. 2 (e) Niederlassungsrichtlinie fallen nicht nur Kapitalgesellschaften.
Denn der Begriff Gruppe in Art. 1 Abs. 2 (e) Niederlassungsrichtlinie bezeichnet
jeden nach dem Recht eines Mitgliedstaats errichteten Zusammenschluß mit oder
ohne Rechtspersönlichkeit, in dem Rechtsanwälte ihre Berufstätigkeit gemeinsam
und unter einem gemeinsamen Namen ausüben . Folglich ist die LLP als juristische
Person unter den Begriff Gruppe zu subsumieren.
Allerdings ist in Art. 1 Abs. 1 Niederlassungsrichtlinie festgelegt: Diese Richtlinie soll die ständige Ausübung des Rechtsanwaltsberufs als Selbständiger oder abhängig Beschäftigter in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Berufsqualifikation erworben wurde, erleichtern. Die Situation der Gruppe wird somit
nicht zum primären Regelungsziel erhoben.1836 Die Richtlinie geht weitgehend auf
den einzelnen Rechtsanwalt ein. Die Gruppe wird erst im Rahmen von Art. 11
Niederlassungsrichtlinie relevant.
In Art. 11 Abs. 1 Niederlassungsrichtlinie wird Rechtsanwälten, die im Aufnahmestaat unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung als Rechtsanwälte tätig sind,
und im Herkunftsstaat Mitglieder derselben Gruppe sind, das Recht eingeräumt, ihre
Tätigkeit durch eine Zweigstelle oder Niederlassung der Gruppe auszuüben. Sofern
die für diese Gruppe im Herkunftsstaat geltenden Regelungen mit denjenigen des
Aufnahmestaates jedoch unvereinbar sind, haben die Vorschriften des Aufnahmestaates Vorrang, wenn dies im Interesse des Schutzes der Mandanten und Dritter
gerechtfertigt ist.
Art. 11 Niederlassungsrichtlinie betrifft auch im Übrigen die Situation dieser europäischen Rechtsanwälte. Der Aufnahmestaat wird dazu verpflichtet, die gemeinsame Berufsausübung zu ermöglichen (Art. 11 Abs. 2 Niederlassungsrichtlinie).
465f., die Norm des § 8 EuRAG als Spezialfall und gehen davon aus, dass die Garantie der
Niederlassung generell die Gesellschaft dazu berechtige, in Deutschland Rechtsberatung anzubieten; a. A. wohl Sassenbach, AnwBl 2007, 293, 295f., wobei der Umstand, dass § 8
Abs. 2 EuRAG expressis verbis nur den niedergelassenen Rechtsanwalt betrifft, zwar anerkannt wird, daraus jedoch Grundsätze abgeleitet werden; zur Versicherungspflicht siehe unten
Teil 2 D XI 2.
1835 Henssler/Mansel, NJW 2007, 1398.
1836 Knöfel, AnwBl 2007, 742, 743; a. A. AGH Berlin, Beschl. v. 5.4.2007 I AGH 17/06,
BRAK-Mitt. 4/2007, 171, 172, auch abrufbar unter .
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Dies bezieht sich auch auf die gemeinsame Berufsausübung von Rechtsanwälten aus
verschiedenen Mitgliedstaaten, die unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung
tätig sind, sowie mit Rechtsanwälten des Aufnahmestaates (Art. 11 Abs. 2 Niederlassungsrichtlinie).
Ferner ist eine Mitteilungspflicht gegenüber den zuständigen staatlichen Stellen
hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Gruppe vorgesehen. Schließlich wird dem
Aufnahmestaat gestattet, dem europäischen Rechtsanwalt im gleichen Maße wie bei
den nationalen Rechtsanwälten die interprofessionelle Kooperation versagt wird, die
Betätigung als Mitglied seiner Gruppe zu verweigern (Art. 5 Niederlassungsrichtlinie). Auch Art. 12 Niederlassungsrichtlinie stellt hinsichtlich der Angabe der Bezeichnung der Gruppe auf Rechtsanwälte, die unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung tätig sind, ab.
Mithin ist der Niederlassungsrichtlinie keine unmittelbare und allgemeingültige
Regelung der Situation einer Rechtsberatungsgesellschaft aus dem EU-Ausland als
solche zu entnehmen.1837 Dies zeigt auch der Umstand, dass lediglich für Rechtsanwälte, die unter ihrer Herkunftsbezeichnung tätig sind, die Problematik der Nutzung
der Gruppe im Richtlinieninhalt berücksichtigt wurde. Nach Art. 2 Abs. 2 d) wird
die ursprüngliche Berufsbezeichnung als diejenige des Mitgliedstaats, in dem der
Rechtsanwalt vor Ausübung der Anwaltstätigkeit im Aufnahmestaat das Recht erworben hat, diese Bezeichnung zu führen, definiert.
Damit ist die Situation des in Deutschland tätigen deutschen Rechtsanwalts vom
Regelungsgehalt nicht erfasst.1838 Auch vor dem Hintergrund der neuen EuGH-
Rechtsprechung wäre eine Ausdehnung des Regelungsgehalts der Richtlinie auf die
Situation inländischer Rechtsanwälte, z. B. durch die Konstruktion der nachträglichen Regelungslücke in interessen- und sachgerechter Weise nur schwer realisierbar.
Dies entspricht auch den Erwägungen der Niederlassungsrichtlinie, wonach die
gemeinsame Ausübung des Anwaltsberufs und auch die Möglichkeit eines Zusammenschlusses Realität wird und der Umstand der Tätigkeit in der Gruppe nicht als
Vorwand dienen darf, um die Niederlassung der Rechtsanwälte zu verhindern oder
zu erschweren.1839 Daraus folgt, dass die Gruppe nur sekundär, nämlich insoweit
als darauf aufbauend eine Behinderung der Niederlassung der Rechtsanwälte angestrebt wird, von Interesse ist.
Für europäische Rechtsanwälte enthält die Niederlassungsrichtlinie eine Ermächtigungsgrundlage zur Reglementierung der nationalen Anforderungen an die Nutzung von Rechtsanwaltsgesellschaften.1840 Weitergehende Bedeutung erlangt die
Richtlinie nicht. Ein Rückgriff auf die Richtlinie widerspricht deren Zielsetzung,
1837 Ähnlich Knöfel, AnwBl 2007, 742, 743; a. A. AGH Berlin, Beschl. v. 5.4.2007 I AGH
17/06, BRAK-Mitt. 4/2007, 171, 172, auch abrufbar unter .
1838 Knöfel, AnwBl 2007, 742, 743; a. A. AGH Berlin, Beschl. v. 5.4.2007 I AGH 17/06,
BRAK-Mitt. 4/2007, 171, auch abrufbar unter .
1839 Präambel der Niederlassungsrichtlinie, Ziff. 15.
1840 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 142.
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Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit abzubauen.1841 Zur Bestimmung der
konkreten berufsrechtlichen Anforderungen kommt lediglich ein Rückgriff auf die
deutschen Berufsregeln in Betracht.1842
3. Ergebnis
Im Ergebnis können aus dem EuRAG und auch aus der Niederlassungsrichtlinie
keine Grundsätze für die LLP hergeleitet werden. Weder § 8 EuRAG1843 noch der
Niederlassungsrichtlinie sind Regelungen für die Nutzung der LLP durch deutsche
Anwälte zu entnehmen.
III. Ausschluss eines berufsrechtlichen Verbots der LLP
Die BRAO enthält keine Beschränkung auf bestimmte Gesellschaftsformen und
auch kein Verbot von Auslandsgesellschaften.1844 Dies zeigt auch die Anerkennung
der Anwalts-AG durch die Rechtsprechung1845. Überdies folgt aus Art. 43, 48 EGV,
dass Gesellschaften aus dem EU-Ausland in Deutschland Rechtsberatung durch
Haupt- bzw. Zweigniederlassungen ausüben dürfen.1846 Im Falle eines Verbots würde die LLP gegenüber deutschen Gesellschaftsformen diskriminiert. Denn die ausländische Rechtsform kann grundsätzlich nicht als weniger geeignet zur Rechtsberatung eingestuft werden als deutsche Gesellschaften.1847 Bei äquivalenter Eignung
sind keine zwingenden Gründe des Allgemeinwohls erkennbar, welche ein generelles Verbot der Nutzung der englischen LLP rechtfertigen. Zudem wäre ein solches
Verbot unverhältnismäßig. Schließlich könnte der notwendige Schutz durch die
Anwendung der berufsrechtlichen Vorschriften zu erreichen sein.1848
IV. Bedeutung von § 206 BRAO
Die in § 206 Abs. 1 BRAO erfolgte Gestattung der Niederlassung zum Zwecke der
Rechtsbesorgung auf dem Gebiet des Herkunftsrechts und des Völkerrechts für
Angehörige eines Mitgliedstaates der WTO ist nicht einschlägig. Auch die in
1841 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 142.
1842 Henssler, Festschr. f. Busse, S. 127, S. 142.
1843 Zur Problematik der Versicherungspflicht siehe unten Teil 2 D XI 2.
1844 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465.
1845 BGH, Beschl. v. 10.1.2005 AnwZ (B) 27/03 u. 28/03, BGHZ 161, 376.
1846 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465f.
1847 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 466; i. E. auch Henssler/Prütting/Henssler, Vorb. § 59c
BRAO Rdnr. 16; Eidenmüller/Rehberg, § 7 Rdnr. 14.
1848 Grunewald/Müller, NJW 2005, 465, 466.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die englische Limited Liability Partnership (LLP) kann für in Deutschland niedergelassene Rechtsanwälte eine attraktive Alternative sein. Die Arbeit untersucht die in der Praxis für solche Anwalts-LLPs relevanten berufs-, haftungs-, gesellschafts- und registerrechtlichen Fragen aus internationalprivatrechtlicher und europarechtlicher Perspektive und vergleicht funktional die LLP mit Partnerschaft und GmbH. Insbesondere erörtert die Autorin die Haftung der LLP-Gesellschafter für Berufsfehler sowie die Frage, welche Normen der BRAO Anwendung finden. Die kollisionsrechtlichen Methoden der Substitution und der Anpassung werden diskutiert. De lege ferenda wird eine Neuregelung für das Kollisionsrecht vorgeschlagen.