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Zeit nach Einführung der LLP ins englische Recht. Der Umstand, dass die LLP im
Rahmen dieser Aktualisierung der Liste der erfassten Gesellschaften nicht berücksichtigt wurde, ist ein Anhaltspunkt dafür, dass die LLP nicht als Kapitalgesellschaft
im Sinne der Elften Richtlinie anzusehen ist.
Allerdings wird die europarechtliche Erfassung neuer oder neu gestalteter Gesellschaften diskutiert.1761 Es könnte eine kontinuierliche teleologische Fortschreibung 1762 der Enumeration durch Einbeziehung später entstandener Gesellschaftsformen, die bei Berücksichtigung der Zielsetzung der Richtlinie als gleich strukturiert anzusehen sind, in Betracht kommen.1763 Voraussetzung wäre die funktionale
Äquivalenz der neuen Gesellschaftsform mit einer bereits einbezogenen Gesellschaft.1764
Gegen eine Einbeziehung der LLP spricht bereits der Umstand, dass die LLP bei
der Änderung der Publizitätsrichtlinie1765 nicht in den Kreis der betroffenen Gesellschaften miteinbezogen wurde. Ferner ist die LLP zwar eine juristische Person.1766
Doch bezieht sich die Publizitätsrichtlinie nicht auf juristische Personen, sondern auf
Kapitalgesellschaften.1767 Demgegenüber ist die LLP einer Partnerschaft, mithin
einer Personengesellschaft funktional vergleichbar.1768
Auch auf europarechtlicher Ebene scheint eine Einordnung als Kapitalgesellschaft im Sinne der Publizitätsrichtlinie nicht sachgerecht. Insgesamt ist zu berücksichtigen, dass die LLP im Rahmen der letzten Änderung der Publizitätsrichtlinie
wie auch die deutsche Partnerschaft nicht der Liste der erfassten Gesellschaften
hinzugefügt wurde. Für eine an Sinn und Zweck der Richtlinie orientierte Fortschreibung dieser Liste, welche diesen Umstand unberücksichtigt lässt, ist daher
kein Raum. Insgesamt ist eine Integration der LLP in den Wirkungsbereich der Elften Richtlinie abzulehnen.
VII. Durchführung der Eintragung
Im Wege der Substitution hat die Eintragung der Niederlassung als Zweigniederlassung in das Partnerschaftsregister zu erfolgen.1769 Die Errichtung der Zweignieder-
1761 Mülbert/Niehaus, RabelsZ 65 (2001), 513; Grundmann, S. 92f., Rdnr. 195 (zur Publizitätsrichtlinie).
1762 Grundmann, S. 96, Rdnr. 195 (zur Publizitätsrichtlinie).
1763 Mülbert/Niehaus, RabelsZ 65 (2001), 513, 533ff.; Grundmann, S. 92f., Rdnr. 195 (zur Publizitätsrichtlinie).
1764 Mülbert/Niehaus, RabelsZ 65 (2001), 513, 540.
1765 Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 zur
Änderung der Richtlinie 68/151/EWG des Rates in Bezug auf die Offenlegungspflichten von
Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. EG Nr. L 221 v. 4.9.2003, S. 13.
1766 S. 1 LLPA 2000.
1767 Grundmann, S. 95f., Rdnr. 194f.
1768 Siehe oben Teil 2 C V 14 a) bb), c), 15.
1769 Siehe oben Teil 2 C V 15.
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lassung einer LLP ist im Partnerschaftsregister des Gerichts, in dessen Bezirk die
Zweigniederlassung besteht, einzutragen.1770 Die Eintragung hat auch den Ort und,
sofern vorhanden, einen Zweigniederlassungszusatz zu enthalten.1771 Die Errichtung
der Zweigniederlassung ist ein tatsächlicher Vorgang. Dabei entfaltet die Eintragung
lediglich deklaratorische Wirkung.1772
VIII. Europarechtliche Zulässigkeit
Die Pflicht zur Eintragung der Zweigniederlassung der englischen LLP in das Partnerschaftsregister müsste mit der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43, 48 EGV
vereinbar sein. Die Eintragungspflicht betrifft die Gesellschaft als solche und die
Modalitäten ihrer Niederlassung, indem sie die Registrierung ihrer Zweigniederlassung im Inland einfordert. Daher ist diese Verpflichtung als konkret auf die Gesellschaft bezogene Regelung einzustufen. Nicht zuletzt verdeutlicht der Umstand, dass
für Kapitalgesellschaften die Elfte Richtlinie erlassen wurde, die niederlassungsrechtliche Brisanz der Eintragungspflicht. Das Erfordernis der Eintragung ist auch
konkret geeignet, die Niederlassungsfreiheit durch Gründung von Zweigniederlassungen weniger attraktiv zu machen und somit zu beschränken1773.
Doch ist eine Rechtfertigung anhand des vierstufigen Rechtfertigungsstandards
des EuGH1774 zu bejahen. Die Pflicht zur Eintragung von Zweigniederlassungen
besteht auch für inländische Partnerschaften1775, so dass keine Diskriminierung erfolgt. Zudem geht es um den Schutz Dritter, welcher auch in der Elften Richtlinie1776
über Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften seinen Niederschlag gefunden
hat. Die Verhältnismäßigkeit liegt unproblematisch vor.
Dies gilt auch hinsichtlich der mit der Eintragung verbundenen Kosten1777. Der
EuGH hat bisher nur in Bezug auf die Ltd festgestellt, dass die Pflicht zur Zahlung
eines Kostenvorschusses bei Eintragung der Zweigniederlassung mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist.1778 Auch die LLP hat, wie die Partnerschaft, die Kosten
der Erfüllung der europarechtlich zulässigen Eintragungspflicht zu tragen.
1770 § 5 Abs. 2 PartGG; § 13 d Abs. 1 HGB.
1771 § 5 Abs. 2 PartGG, § 13 d Abs. 2 HGB; § 5 Abs. 2 PRV.
1772 MünchKomm/Krafka, HGB I, § 13 d HGB Rdnr. 10 u. 24; siehe auch Baumbach/Hopt/Hopt,
§ 13 HGB Rdnr. 6.
1773 Zum Begriff der Beschränkung s. EuGH, Rs. C-55/95 (Gebhard), Slg. 1995, I-4165, Ziff. 37.
1774 EuGH, Rs. C-55/94 (Gebhard), Slg. 1995, I-4165, Ziff. 37; EuGH, Rs. 33/74 (van Binsbergen), Slg. 1974, 1299, Ziff. 32; Streinz, Rdnr. 804.
1775 § 5 Abs. 2 PartGG i. V. m. § 13 d HGB.
1776 Siehe die einführenden Erwägungen der Elften Richtlinie; zum Aspekt des Verkehrsschutzes
bei § 13 d HGB s. Baumbach/Hopt/Hopt, § 13 d HGB Rdnr. 1; zur Irrelevanz der Elften
Richtlinie für die LLP siehe oben Teil 2 C VI.
1777 §§ 79, 79 a KostO, § 1 PRV i. V. m. Handelsregistergebührenverordnung (HRegGebV) v.
20.9.2004, BGBl. 2004 I 2562.
1778 EuGH, Urt. v. 1.6.2006, Rs. C-453/04 (innoventif Limited), Slg. 2006, I-4929 = GmbHR
2006, 707 m. Anm. Wachter, GmbHR 2006, 709.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die englische Limited Liability Partnership (LLP) kann für in Deutschland niedergelassene Rechtsanwälte eine attraktive Alternative sein. Die Arbeit untersucht die in der Praxis für solche Anwalts-LLPs relevanten berufs-, haftungs-, gesellschafts- und registerrechtlichen Fragen aus internationalprivatrechtlicher und europarechtlicher Perspektive und vergleicht funktional die LLP mit Partnerschaft und GmbH. Insbesondere erörtert die Autorin die Haftung der LLP-Gesellschafter für Berufsfehler sowie die Frage, welche Normen der BRAO Anwendung finden. Die kollisionsrechtlichen Methoden der Substitution und der Anpassung werden diskutiert. De lege ferenda wird eine Neuregelung für das Kollisionsrecht vorgeschlagen.