150
darum geht, mit Hilfe der Rechtsvergleichung festzustellen, ob équivalents vorliegen.1121 In diesem Zusammenhang ist ein konkret-individueller Vergleich der
Institutionen vorzunehmen.1122 Dabei ist es ausreichend, wenn die Rechtsgebilde in
wesentlichen Merkmalen übereinstimmen.1123
IV. Bezugspunkte der Substitution
1. Einführung
Folglich kommt es für die Frage, in welches Register die LLP im Wege der Substitution einzutragen ist, auf die Vergleichbarkeit mit einer deutschen Gesellschaft
an.1124 Die LLP könnte als Äquivalent einer GmbH oder einer Partnerschaft einzuordnen sein.
2. Unterscheidung von Personen- und Kapitalgesellschaften
Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit spielt die im deutschen Recht tief verwurzelte
Unterscheidung von Personen- und Kapitalgesellschaften eine Rolle. Denn die Partnerschaft wird als Personengesellschaft, die GmbH als Kapitalgesellschaft und somit
als Körperschaft eingeordnet.1125 Die Grundlagen der Zweiteilung in Personen- und
Kapitalgesellschaften sind zu skizzieren, um eine den traditionellen Grundlegungen
Rechnung tragende Basis für die Betrachtung der Partnerschaft als neue Gesellschaftsform und den Vergleich der einzelnen Aspekte von LLP, GmbH und Partnerschaft zu schaffen.
Traditionell wird die Personengesellschaft dadurch charakterisiert, dass sie auf
den einzelnen Gesellschaftern aufbaut.1126 Da es bei Personengesellschaften auf die
Person des Sozius ankommt, gilt in der Regel, dass die Gesellschafterstellung ohne
Zustimmung der anderen Gesellschafter weder übertragbar noch vererblich ist. Die
Gesellschafter führen die Geschäfte im Wege der sog. Selbstorganschaft und haften
persönlich.1127 Die Sozietätskonstruktion der Personengesellschaften 1128 beinhalerörtert die funktionelle Gleichwertigkeit; BGH, Beschl. v. 4.10.1989 IVb ZB 9/88, BGHZ
109, 1, 6; BayObLG, Beschl. v. 9.12.1987 3 Z 42/87, IPRax 1990, 115, 117.
1121 Lewald, Recueil des Cours 1939 III, Règles Générales des Conflits de Lois, 1939, S. 132;
Lewald, Règles Générales des Conflits de Lois, 1941, S. 135.
1122 Mansel, Festschr. f. Lorenz, S. 689, S. 700.
1123 Kropholler, § 33 II 2).
1124 Vgl. auch Staudinger/Großfeld, IntGesR Rdnr. 992; BayObLG, Beschl. v. 18.7.1985 BReg.
3 Z 62/85, BayObLGZ 1985, 272, 277; MünchKomm/Krafka, HGB I, § 13 d HGB Rdnr. 9.
1125 Schmidt, S. 46.
1126 Schmidt, S. 46.
1127 Hueck/Windbichler, S. 25.
1128 Schmidt, S. 209.
151
tet, dass es grundsätzlich keine Einmann-Gesellschaft gibt, und dass keine mehrfache Mitgliedschaft in Personengesellschaften möglich ist.1129
Demgegenüber erfolgt bei der Kapitalgesellschaft eine überindividuelle Verselbständigung 1130, so dass es nicht auf die Person des Anteilseigners ankommt.1131
Vielmehr liegt ein bestimmtes Grundkapital vor und die Kapitalanteile sind frei
veräußerlich. Die Geschäftsführung erfolgt grundsätzlich durch spezielle Organe im
Wege der Drittorganschaft.1132 Die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Es erfolgt eine Verselbstständigung der Gesellschaft als juristische Person
und Vermögensträger.1133 Daher sind eine Einmann-Gesellschaft und Mehrmitgliedschaftsrechte zulässig.1134
Allerdings existieren aufgrund der in gewissen Grenzen gewährten Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht sowohl personalistisch strukturierte Kapitalgesellschaften als auch kapitalistisch angelegte Personengesellschaften.1135 So können bei
der OHG Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden und sich
nur mit Kapital beteiligen.1136 Bei der GmbH kann die persönliche Arbeitsleistung
bzw. Pflicht zur Geschäftsführung bei geringer Kapitaleinlage von vorrangiger Bedeutung sein und die Übertragung von Geschäftsanteilen an die Zustimmung aller
Gesellschafter gebunden werden.1137
3. Die Partnerschaftsgesellschaft als neue Gesellschaftsform
Die Partnerschaftsgesellschaft wurde in Deutschland vor dem Hintergrund der
Zweiteilung in Personen- und Kapitalgesellschaften entwickelt. Sie wurde speziell
als zusätzliche Gesellschaftsform für die freien Berufe konzipiert.1138 Die Beschäftigung mit diesem Thema kann bis in die fünfziger Jahre zurückverfolgt werden.1139
Erste Gesetzesentwürfe wurden bereits in den siebziger Jahren erarbeitet.1140
Schließlich trat das PartGG am 1. Juli 19951141 in Kraft. Bestreben des Gesetzgebers
1129 Schmidt, S. 209f.
1130 Schmidt, S. 46.
1131 Schmidt, S. 46; Hueck/Windbichler, S. 25.
1132 Hueck/Windbichler, S. 25.
1133 Hueck/Windbichler, S. 25f., 36.
1134 Schmidt, S. 209f.
1135 Schmidt, S. 46f.
1136 Hueck/Windbichler, S. 26.
1137 Hueck/Windbichler, S. 26f.
1138 M/GvW/H/L/W/Lenz, § 1 PartGG Rdnr. 1.
1139 Michalski/Römermann, Einf. PartGG Rdnr.1ff.
1140 BT-Drucks. 12/6152, S. 7; Michalski/Römermann, Einf. PartGG, Rdnr. 6ff.;
M/GvW/H/L/W/Lenz, § 1 PartGG Rdnr. 1.
1141 Art. 9 Gesetz zur Schaffung von Partnerschaftsgesellschaften und zur Änderung anderer
Gesetze v. 25.7.1994, BGBl. 1994 I 1744.
152
war es, den Angehörigen der freien Berufe eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene
Gesellschaftsform zur Verfügung zu stellen.1142
Da sich die Anforderungen an diesen Berufsstand verändert haben, wurden die
verfügbaren Gesellschaftsformen nicht als ausreichend erachtet.1143 Der Gesetzgeber
erkennt an, dass sich die freien Berufe im Binnenmarkt gegenüber internationaler
Konkurrenz zu behaupten haben.1144 Es sollte eine Kooperationsmöglichkeit geschaffen werden, die zum einen dem traditionellen Berufsbild der freien Berufe
entspricht und zum anderen eine moderne, flexible Organisationsform darstellt.1145
Hierzu legt der Gesetzgeber dar:
Als Wesensmerkmale des freien Berufs sind dabei die Eigenverantwortung, die Weisungsfreiheit in der Berufsausübung, die personal-vertrauensvolle Beziehung zum Auftraggeber, die
in der Regel qualifizierte Ausbildung, das über die rein gewerbliche Motivation hinausgehende
Berufsethos und wenn auch nicht bei allen die berufsrechtliche Bindung zu bewahren und
bei der Erweiterung der gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlußmöglichkeiten zu berücksichtigen (...). 1146
Vor diesem Hintergrund wurde die Partnerschaftsgesellschaft nicht als anonyme
Kapitalgesellschaft 1147 konzipiert, und bloße Kapitalanlagen sowie stille Beteiligungen wurden ausgeschlossen.1148 Vielmehr orientiert sie sich als Schwesterfigur 1149 zur OHG an den Grundsätzen der Selbstorganschaft und Eigenvertretung.1150 Partner können nur Angehörige freier Berufe sein, die eigenverantwortlich
ihren Beruf ausüben und persönlich haften.1151 Zudem soll sie modernen Anforderungen gerecht werden und größere, überregionale Zusammenschlüsse erleichtern.1152 Die ursprünglich eingeräumte Möglichkeit zur vertraglichen Haftungskonzentration auf den Handelnden1153 wurde später durch die gesetzliche Haftungskonzentration gemäß § 8 Abs. 2 PartGG ersetzt.1154 Dies geschah unter Berufung auf die
Begründung der vertraglichen Haftungskonzentration.1155 Die unbürokratische1156
1142 BT-Drucks. 12/6152, S. 7; M/GvW/H/L/W/Lenz, § 1 PartGG Rdnr. 3.
1143 BT-Drucks. 12/6152, S. 7; M/GvW/H/L/W/Lenz, § 1 PartGG Rdnr. 3.
1144 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1145 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1146 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1147 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1148 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1149 BT-Drucks. 12/6152, S. 8.
1150 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1151 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1152 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1153 BT-Drucks. 12/6152, S. 7.
1154 BT-Drucks. 13/9820, S. 21f.
1155 BT-Drucks. 13/9820, S. 21 zitiert die Begründung zu Artikel 1, § 8 in BT-Drucks. 12/6152,
S. 17: Damit soll der Organisationsform der Partnerschaft, in der Dienstleistungen der freien Berufe überregional, international und interprofessionell angeboten werden können,
Rechnung getragen werden. Die Möglichkeit der Haftungskonzentration in der Partnerschaft
ist Konsequenz der grundsätzlich persönlichen Leistungsbewirkung durch den Partner. Eine
persönliche Haftung einer Vielzahl von Partnern ist auch im Vergleich zur Haftungssituation
des Auftraggebers gegenüber einem in Einzelpraxis tätigen Angehörigen eines freien Berufs
153
gesetzliche Handelndenhaftung wurde mit den praktischen Problemen einer Vertragsabrede begründet.1157
Die gesetzliche Haftungskonzentration ist ein echtes Novum 1158 im Gesellschaftsrecht. Daher kennzeichnet diese Haftungsregel die Partnerschaft ebenso als
neue Gesellschaftsform wie der Umstand, dass sie speziell für Angehörige freier
Berufe konzipiert und diesem Personenkreis zur Verfügung gestellt wurde. Die
Partnerschaft ist gleichsam eine Personengesellschaft sui generis. Insgesamt zeigt
sich, dass die Partnerschaft die personalistische Organisationsstruktur der Personengesellschaften mit der Beschränkung der persönlichen und gesamtschuldnerischen
Haftung der Gesellschafter kombiniert.1159
V. Durchführung der Substitution
Ausgehend von dieser Betrachtung der traditionellen Zweiteilung und der Partnerschaft als gesellschaftsrechtliche Novität hat ein konkret-individueller Vergleich von
Partnerschaft und GmbH mit der LLP zu erfolgen. Zunächst werden einzelne Aspekte der Gesellschaften verglichen. Aufbauend auf dieser Einzelbetrachtung erfolgt
eine vergleichende Gesamtbetrachtung, um zu ermitteln, mit welcher Gesellschaft
die LLP vergleichbar ist.
1. Verfügbarkeit
Für die GmbH regeln insbesondere die §§ 59 c ff. BRAO zusätzliche berufsrechtliche Voraussetzungen des Zusammenschlusses in der GmbH, wie z. B. das Zulassungsverfahren. Auch die Partnerschaft ist den Rechtsanwälten als Angehörigen der
freien Berufe i. S. v. § 1 Abs. 2 S. 2 PartGG zugänglich. Ein berufsrechtliches Verbot der Nutzung der Partnerschaft durch Rechtsanwälte besteht nicht.1160 Die LLP
kann nach englischem Gründungsrecht sowohl von Freiberuflern als auch von Unternehmern gegründet werden.1161 Im Übrigen ist den Rechtsanwälten die Verwennicht erforderlich. Dies gilt natürlich auch in interprofessionellen Partnerschaften. Es erscheint deshalb nicht sachlich gerechtfertigt, daß in jedem Fall jeder Partner mit seinem Privatvermögen für Ansprüche aus fehlerhafter Berufsausübung eines anderen Partners haftet. .
1156 BT-Drucks. 13/9820, S. 21: Der Entwurf schlägt deshalb eine einfache und unbürokratische
gesetzliche Regelung der Handelndenhaftung vor. .
1157 BT-Drucks. 13/9820, S. 21.
1158 Henssler/Prütting/Henssler, § 8 PartGG Rdnr. 17.
1159 Henssler/Mansel, Festschr. f. Horn, S. 403, S. 416f.
1160 Insbesondere statuiert § 59 a BRAO kein Verbot, s. Henssler/Prütting/Henssler, § 1 PartGG
Rdnr. 25.
1161 S. 2 (1) (a) LLPA 2000.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die englische Limited Liability Partnership (LLP) kann für in Deutschland niedergelassene Rechtsanwälte eine attraktive Alternative sein. Die Arbeit untersucht die in der Praxis für solche Anwalts-LLPs relevanten berufs-, haftungs-, gesellschafts- und registerrechtlichen Fragen aus internationalprivatrechtlicher und europarechtlicher Perspektive und vergleicht funktional die LLP mit Partnerschaft und GmbH. Insbesondere erörtert die Autorin die Haftung der LLP-Gesellschafter für Berufsfehler sowie die Frage, welche Normen der BRAO Anwendung finden. Die kollisionsrechtlichen Methoden der Substitution und der Anpassung werden diskutiert. De lege ferenda wird eine Neuregelung für das Kollisionsrecht vorgeschlagen.