This article explores how much attention journalism dedicates to past disasters in the present media coverage and asks to which extent journalism refers to present and future developments and concerns while reporting the past. Following concepts of time sociology and sociology of knowledge, we suggest overcoming the common assumption that memory belongs to the past and thus is not in line with the highly news- and eventdriven journalistic production process. By introducing the concept of sustainable memory, which covers a temporal and a thematic dimension, we therefore regard memory as a process in the present and regard future (and not past) as the epistemological perspective on memory. These considerations shall contribute to challenge the inherent contradiction of the news-value topicality as a code in journalism, on the one hand, and memory as its supposed adversary on the other hand. We present selected findings from a comparative quantitative content analysis dealing with the current media attention for two past storm surge disasters, which happened in the Netherlands in 1953 and in Germany in 1962 (n=2.799). The results show that the journalistic memory of these past events is temporally and thematically sustainable. Altogether, the theoretical considerations and empirical findings should contribute to a better integration of memory as a self-evident category in journalism research.
Der vorliegende Artikel befasst sich mit der Frage, wie viel Aufmerksamkeit Journalismus vergangenen Katastrophen im Kontext der gegenwärtigen Medienberichterstattung schenkt und bis zu welchem Grade bei der Darstellung von Vergangenheit auch gegenwärtige und zukünftige Entwicklungen und Bedenken thematisiert werden. Ausgehend von bestehenden Konzepten innerhalb der Zeit- und Wissenssoziologie geht es auf theoretischer Ebene darum, die gängige Annahme zu hinterfragen, dass Erinnerung funktional ausschließlich etwas mit Vergangenheit zu tun hat und daher im Grunde nicht in Einklang gebracht werden kann mit einem Journalismus, der in Bezug auf die Berichterstattung neuigkeits- und ereignisorientiert ist. Mit dem Konzept nachhaltige Erinnerung, das eine zeitliche und eine thematische Dimension umfasst, wird Erinnerung daher als ein Prozess in der Gegenwart betrachtet und darüber hinaus Zukunft (und nicht Vergangenheit) als erkenntnistheoretischer Bezugspunkt für Erinnerung angenommen. Diese konzeptionellen Überlegungen sollen dazu beitragen den inhärenten Gegensatz zwischen Aktualität als dem zentralen Selektionskriterium im Journalismus und Erinnerung als bisweilen unterstelltes Gegenteil von Aktualität kritisch zu hinterfragen. Von diesen theoretischen Überlegungen ausgehend, werden ausgewählte Ergebnisse einer vergleichenden, quantitativen Inhaltsanalyse präsentiert. Im Zentrum der Analyse steht die aktuelle Medienaufmerksamkeit für zwei vergangene Sturmflutkatastrophen, die sich 1953 in den Niederlanden und 1962 in Deutschland ereignet haben (n=2 799). Die Ergebnisse zeigen, dass die journalistische Erinnerung an diese zwei Katastrophen zeitlich und thematisch nachhaltig ist. Insgesamt sollen die theoretischen Überlegungen und empirischen Ergebnisse einen Beitrag leisten, Erinnerung als Kategorie innerhalb der Journalismusforschung stärker zu verankern.
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