- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2
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- ISSN online: 0340-0425
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Zusammenfassung
Die Zeitschrift Leviathan ist der Idee sozialwissenschaftlicher Aufklärung und Kritik verpflichtet. Sie veröffentlicht aktuelle Forschungsbeiträge und Debatten zu Themen aus Politik, Kultur, Wirtschaft, Philosophie, Recht und Gesellschaft.
Sie richtet sich an eine breite Leserschaft aus Lehre und Forschung, Politik und Verwaltung, Publizistik und Medien. Im Zeichen eines methodologischen, disziplinären und politischen Pluralismus schlägt sie Brücken zwischen Theorie, Empirie und politischer Praxis.
Homepage: www.leviathan.nomos.de
Abstract
The journal Leviathan devotes itself to enlightenment and criticism in the social sciences. It publishes current research and debate on topics drawn from politics, culture, economics, philosophy, law and society.
The journal is read by practitioners from academic research and education, politics and administration as well as communication and media. With its cross-disciplinary and cross-methodological approach it bridges the gap between theory, empirical evidence and political practice.
website: www.leviathan.nomos.de
- 139–144 Editorial 139–144
- Zu diesem Heft: Umschlagpunkte Reinhard Blomert Reinhard Blomert
- 177–298 Aufsätze 177–298
- 177–212 Marine Le Pen und die Metamorphose der französischen Republik Ulrike Guérot Ulrike Guérot 177–212
- 299–316 Essay 299–316
Zu diesem Heft: Umschlagpunkte
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-139
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Der Demos der Demokratie – eine Replik
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-145
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Zusammenfassung
Fritz Scharpf geht von der Prämisse aus, dass die nationalen Wirtschaftskulturen und Lebensstile innerhalb der Europäischen Währungsunion zu heterogen sind, um eine gemeinsame demokratische Gesetzgebung auf der Basis zwanglos verallgemeinerbarer Interessen zuzulassen. Abgesehen von ihrer Machbarkeit, sei eine demokratisch verfasste Euro-Union nicht einmal wünschenswert. Diese Variante der bekannten No-Demos-Thesis stützt sich stillschweigend auf eine politische Theorie, wonach die Hinnahme demokratischer Mehrheitsentscheidungen jeweils von einem unberührten sozialintegrativen Hintergrundkonsens der Staatsbürger abhängt. Die Kritik richtet sich sowohl gegen die philosophischen Voraussetzungen dieser Theorie wie auch gegen die Anwendung eines im Prinzip unstrittigen Rechtsschutzes für kulturelle Identitäten auf Eigentümlichkeiten nationaler Wirtschaftskulturen. Die identitätsstiftenden Gemeinsamkeiten einer Bürgergesellschaft verändern sich nicht nur ohnehin im Zuge der naturwüchsigen Prozesse gesellschaftlicher Entwicklung, sondern sind auch selbst der demokratischen Willensbildung in zivilgesellschaftlichen Selbstverständigungsprozessen zugänglich. Ein Ausbau der Währungsgemeinschaft zu einer Politischen Union könnte die undemokratische Verbindung von nationalstaatlicher Scheinsouveränität mit der tatsächlich technokratisch durchgesetzten Befolgung „alternativloser“ Marktimperative beenden. Demgegenüber bedeutet die Rückkehr zu nationalen Währungen die in Kauf genommene Resignation vor der fortgesetzten politischen Selbstentmachtung der Politik gegenüber den globalisierten Finanzmärkten.
Abstract
Fritz Scharpf assumes that national economic cultures and lifestyles within the European Monetary Union are too heterogeneous to allow a common democratic legislation on the basis of informal generalizable interests. Even if this were feasible, a democratically constituted Euro-Union is not even desirable. This variant of the well-known no-demos thesis relies implicitly on a political theory that the acceptance of democratic majority decisions is always dependent on an intact socially-inclusive implicite consensus of the citizens. The criticism is directed against both the philosophical presuppositions of this theory as well as against the application of the principle of the indisputable legal protection of cultural identities of unique national economic cultures. The common elements in a civil society which define its identity change not only as part of social evolution processes, they are formed by democratic involvement in civil societal processes of self-understanding. An expansion of the monetary union to a political union could stop the undemocratic connection of apparent nation-state sovereignty with the actually enforced technocratic compliance to market imperatives „without alternatives“. A return to national currencies, on the other hand, would mean resigning the progressingly political self-emasculation of policy to the globalized financial markets.
Deliberative Demokratie in der europäischen Mehrebenenpolitik – eine zweite Replik
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-155
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Zusammenfassung
Auch nach Habermas’ klärender Replik bleiben noch Differenzen. Sie betreffen die Legitimität majoritärer Politik in der gegenwärtigen Europäischen Union, die Anwendung des Prinzips der transnationalen Verallgemeinerung auf Vorkehrungen zum Schutz der institutionellen, kulturellen und sozioökonomischen Vielfalt der Mitgliedstaaten und die realen Voraussetzungen der deliberativen Demokratie im europäischen Kontext.
Abstract
In spite of Habermas’ clarifying response, differences remain regarding the legitimacy of majority rule in the present European Union, in particular to institutional protections for the institutional, cultural and socio-economic diversity of EU member states and to the preconditions of deliberative democracy in the European context.
Freiwillig nachhaltig und erzwungen postfossil modern - Fortsetzung der Überlegungen von Reinhard Loske zur »Wiedereinbettung der Ökonomie in Gesellschaft und Natur«
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-166
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Zusammenfassung
Die Transformation in eine post-fossile Zukunft hat in einigen Nischen früh industrialisierter Gesellschaften wie Deutschland begonnen. Prosumenten und Zivilgesellschaft treiben sie hier voran, ausgelöst durch die Chancen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Sowohl die technischen Grundlagen als auch die sozialen Bedingungen für eine Diffusion einer tiefgreifenden Energie- und Verkehrswende sind gegeben, ihr Erfolg ist jedoch keineswegs gesichert. Denn es fehlen die verlässlichen Rahmenbedingungen, die nur das Ergebnis einer ambitionierten staatlichen Klimaschutzpolitik sein können.
Abstract
The transformation to a post-fossil future is gaining momentum in many industrialised countries such as Germany, where prosumers and energy cooperations are driving the transformation on the basis of the possibilities offered by the Germany Renewable Energy Act. But even though the technical and social preconditions for a radical transformation seem to be fulfilled, it is still highly uncertain whether it will be successful. Most importantly, Germany’s transformation lacks a reliable framework, which must be embedded in an ambitious climate protection policy.
Marine Le Pen und die Metamorphose der französischen Republik
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-177
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Zusammenfassung
Seit der Parteiübernahme 2011 durch Marine Le Pen hat der Front National einen ungebrochenen Zuwachs an Wählern zu verzeichnen und ist in vielen Teilen Frankreichs inzwischen fest als zweite politische Kraft verankert. Der Front National ist mehr als eine populistische Partei und lässt sich nicht als solche definieren. Sein Erfolg in jüngeren Jahren beruht auf einer „republikanischen Erzählung“, mit der Marine Le Pen an zwei Traditionslinien der französischen Geschichte anknüpft, und zwar an die souveränistisch-republikanische Geschichte auf der (egalitären) politischen Linken und an die bonapartistische Erzählung auf der (gaullistischen) Rechten. Indem sie in ihren Reden das Volk gegen die politische Klasse stellt, bedient sie einen republikanischen Erzählstrang der Volkssouveränität, der für viele gesellschaftliche Gruppen in Frankeich anschlussfähig ist. Damit versucht sie, sich zur eigentlichen Repräsentantin des republikanischen Frankreichs gegen das euro-liberale System und seine politische Klasse der „UMPS“ zu stilisieren.
Abstract
Since Marine Le Pen took over the National Front in 2011, the party has had a steady increase of voters and in many regions of France it has become the second political force. The National Front is more than a populist party and cannot be defined as such. Its success relies on a „republican narrative“, by which Marine Le Pen caters to two important traditional lines of French political thinking: on the (egalitarian) left, the sovereign-republican story of emancipation; and on the (Gaullist) right, the Bonapartistic story of French greatness and independence. By positioning the people against the political establishment in her speeches, she uses the old French republican narration of direct people’s sovereignty against a fading system, which resonates in many societal groups in France. She tries to design herself as the real representative of the republican France against a euro-liberal system and its political class, the „UMPS“.
Die brasilianische Stadt als Typus?
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-213
- ISSN print: 0340-0425
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Zusammenfassung
In diesem Beitrag wird gefragt, ob die brasilianische Stadt, soziologisch betrachtet, einen eigenen Typus ausbildet. Ziel des Unterfangens ist, besondere Merkmale der Vergesellschaftung in brasilianischen Städten zu benennen, die sie von anderen Stadttypen unterscheidet. Dieser Blick auf die Stadt reflektiert die Lebensverhältnisse der meisten Brasilianer und lässt Rückschlüsse auf Entwicklungen in der Gesellschaft zu.
Abstract
This contribution questions whether Brazilian cities and towns constitute a distinct sociological typology. The objective of this research is to outline specific characteristics of the sociability in Brazilian cities/towns, which differ from that of other typologies. The perspective on the city/town reflects the Brazilian way of life and permits hypotheses with respect to the Brazilian society.
Die gefährliche Missachtung der Vermögenspreisinflation - Zur Wirkungslosigkeit von Inflationszielen als geldpolitische Regelmechanismen
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-246
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Zusammenfassung
Historisch niedrige Inflationsraten und Warnungen vor Deflation in den großen Industrieländern gehen mit Exzessen auf den Finanzmärkten einher. Um Wachstum und Inflation wiederzubeleben, werden im Zuge der quantitativen Lockerung die Zentralbankbilanzen stark ausgeweitet, ohne dass es zu einem maßgeblichen Anstieg der Inflationsraten kommt. Es wird argumentiert, dass Inflationsziele als geldpolitische Regelwerke zur Steuerung von Konsumentenpreisinflation ihre Wirkung verloren haben. Rationale gewinnmaximierende Finanzinstitute umgehen die Regel, indem sie zusätzliche Zentralbankliquidität in die Finanz- statt in die Gütermärkte lenken. Dies führt zu Umverteilungseffekten zugunsten der Akteure in den Finanzmärkten und der Halter von Vermögenswerten, die mit Reallohnrepression im Rest der Bevölkerung verbunden sind. Die wirtschaftspolitische Implikation ist die Reform der bestehenden geldpolitischen Regelwerke.
Abstract
Historically, low inflation rates and concerns about deflation in industrial countries are accompanied with a non-sustainable exuberance in the financial markets. To reanimate inflation and growth, central bank balance sheets are inflated via unconventional monetary policies without having a significant effect on consumer prices. It is argued that inflation-targeting frameworks have lost their effectiveness as monetary policy rules. Rational profit-maximizing financial institutions circumvent rules by funnelling the additional central bank liquidity into financial markets instead of commodity markets. This leads to redistribution effects favouring financial market agents and the holders of financial assets, which is combined with real wage repression for the rest of the population. The economic policy implication is the reform of the current monetary policy frameworks.
Die Performativität des Finanzsystems und die Selektivität stratifizierter Finanzstrukturen
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-270
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Zusammenfassung
Neuere politische und soziologische Ansätze untersuchen die Performativität des Finanzsystems, also die Frage, wie Politik, Finanzpraktiken und Wirtschaftswissenschaft das Finanzsystem gestalten und konstituieren, wobei sich bislang zwei Forschungsrichtungen herausgebildet haben. Während der eine Ansatz mit Rückgriff auf Callon die Performativität konkreter Handlungen der Finanzakteure in den Blick nimmt, bezieht sich der andere auf Foucault und Butler und betont, dass die diskursive Struktur des Finanzsystems der analytische Ausgangspunkt sein sollte, um deren Auswirkungen auf die alltäglichen Lebensverhältnisse zu untersuchen. Beiden Ansätzen fehlt allerdings ein Konzept, das Mikro- und Makroebene analytisch zusammenbringt und insbesondere die politischen Konflikte um die Gestaltung des globalen Finanzsystems berücksichtigt. Diese Lücke, so wird dargelegt, kann mit der poststrukturalistischen Hegemonietheorie geschlossen werden. Zugleich wird die sozioökonomische Selektivität sedimentierter Finanzstrukturen durch das Konzept der stratifizierten Hegemonie erklärt. Am Beispiel der politischen Governance der Euro-Krise wird die performative Kraft der Austeritätspolitik diskutiert.
Abstract
New political and sociological approaches are emerging to explore the performativity of finance, i.e. the question, how politics, financial practices and economics shape and constitute finance. Research in this area to date has taken two different directions. Whereas one stream is based on the work of Callon and focuses on the performativity of concrete financial practices, the other draws on Foucault and Butler and takes the discursive structure of the financial system as its analytical point of departure, studying its impacts on daily life. Both approaches, however, lack a concept that can bridge the gap between micro- and macro perspectives and elucidate the political struggles that seek to shape the realm of global finance. The article shows how poststructural hegemony theory can fill these gaps. At the same time it introduces the concept of stratified hegemony to explain the socio-economic selectivity of financial structures. The governance of the eurozone crisis is discussed as an example to illustrate the performative power of austerity policies.
Ungleichheit von Einkommen und Vermögen im 21. Jahrhundert – und davor. Anmerkungen zu Thomas Pikettys Das Kapital im 21. Jahrhundert
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- doi.org/10.5771/0340-0425-2015-2-299
- ISSN print: 0340-0425
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Zusammenfassung
In dem Beitrag wird das Buch Das Kapital im 21. Jahrhundert des französischen Ökonomen Thomas Piketty diskutiert, das unter Ökonomen, aber auch in den Medien eine ungewöhnliche Resonanz erlebte. Es wird gezeigt, dass das Hauptverdienst des Autors in der Untersuchung dessen besteht, wie sich die Einkommens- und Vermögensverteilung in der Vergangenheit entwickelt hat. Demgegenüber sind die in dem Buch auch enthaltenen Projektionen für das 21. Jahrhundert und seine wirtschaftspolitischen Vorschläge von untergeordneter Bedeutung. Die auf der Auswertung von Steuerstatistiken basierenden, empirischen Ergebnisse werden als innovativ anerkannt. Die theoretische Fundierung wird in einigen Punkten jedoch kritisiert. Einwände ergeben sich beispielsweise gegenüber der inzwischen berühmt gewordenen Ungleichung des Verfassers: r > g. Was wirtschaftspolitische Empfehlungen anbetrifft, so wird darauf hingewiesen, dass die auf die Besteuerung der großen Vermögen konzentrierten Vorschläge des Autors einer Ergänzung bedürfen: Sie müssen ergänzt werden um Vorschläge, wie Vermögensbildung bei denjenigen erfolgen kann, die bisher von Vermögensbesitz und Kapitaleinkommen ganz oder weitgehend ausgeschlossen sind.
Abstract
The article discusses the book Capital in the twenty-first century by the French economist Thomas Piketty, which has received unusual attention in the economic profession as well as in the media. It shows that the author’s main merit is his investigation of the development of income and wealth distribution in the past; in comparison, his projections for the 21st century and his proposals for economic policy are only subsidiary. Whereas the empirical results, based on the tax statistics of several - now highly-developed - countries, are seen as being innovative, the theoretical foundation elicits criticism. Objections are made, for example, to the author’s now famous inequality formula r > g. As far as proposals for economic policy are concerned, the author’s proposals, which are focused on taxes for top wealth owners, should be replenished by wealth-creating policies for those who up to now are more or less excluded from the possession of wealth and wealth-generated income.