Zusammenfassung
Es ist an der Zeit, Geschichte der Philosophie nicht mehr nur als geschätztes, aber unverbindliches Bildungsgut zu erzählen, sondern zu prüfen, was die Philosophie auf ihrem Weg durch die Geschichte Europas den Menschen „angetan“ hat, im Guten wie im Bösen. Dieses Ziel setzt sich Hermann Schmitz in einem zweibändigen Werk, indem er diesen Weg analytisch und kritisch von Homer bis Merleau-Ponty nachzeichnet. Der zweite Band setzt beim Urchristentum ein, das zum archaischen Denken hinter die demokritisch-platonische (psychologistisch-reduktionistisch-introjektionistische) Vergegenständlichung zurückspringt, damit aber schon bei Augustinus, der durch ein im Dienst eigenen Glücks bloß utilitaristisches Verhältnis zur Welt neuzeitliches Denken tendenziell vorwegnimmt, keine Rolle mehr spielt. Dieser Vergegenständlichung kommt in der Scholastik, im Zuge des Universalienproblems und des Verständnisses von Einheit, der Singularismus zu Hilfe, der sich bei Wilhelm von Ockham radikal durchsetzt. Singularismus ist die Überzeugung, dass alles ohne Weiteres einzeln ist. Er ebnet den Weg zum Konstellationismus, der die Welt als Netzwerk einzelner Faktoren deutet. Singularismus als Konstellationismus ist zusammen mit dem demokritisch-platonischen Paradigma der Schlüssel theoretischer und technischer Weltbemächtigung, seit die Menschen diese von Bacon an in die eigenen Hände genommen haben. Kant ist der erste, dem der Singularismus so selbstverständlich ist, dass er ihn nicht mehr zu verständigen und zu rechtfertigen braucht. Erst nach Kant bemerkt ein Philosoph (Fichte), dass jeder, der „Wer bin ich?“ fragt, mit dem Erfragten nicht bei den objektiven oder neutralen Tatsachen unterkommt. Da aber alle Tatsachen für objektiv gehalten werden, scheint dieses Erfragte in eine rätselhafte Schwebelage über oder zwischen allen Tatsachen zu geraten. Damit beginnt das (noch nicht abgeschlossene) ironistische Zeitalter im Zeichen der (romantischen) Ironie und Ichangst. zum heimlichen Leitmotiv der Philosophie wird die Alternative von Aushalten (Existenzphilosophie) und Abweisen der Paradoxie, begleitet von Wiederbelebung der neuplatonischen Vieleinigkeit im Deutschen Idealismus (besonders bei Hegel), in der Lebensphilosophie und beim späten Heidegger.
Schlagworte
Philosophie Europa Philosophiegeschichte Geschichte- 15–22 Überleitung 15–22
- 23–35 Das Urchristentum 23–35
- 36–52 Augustinus 36–52
- 87–109 Thomas von Aquino 87–109
- 110–132 Johannes Duns Scotus 110–132
- 133–154 Wilhelm von Ockham 133–154
- 180–189 Nikolaus von Kues 180–189
- 190–210 Paracelsus 190–210
- 211–217 Bacon 211–217
- 218–227 Hobbes 218–227
- 228–248 Descartes 228–248
- 249–257 Spinoza 249–257
- 258–296 Leibniz 258–296
- 297–307 Locke 297–307
- 308–315 Hume 308–315
- 316–421 Kant 316–421
- 422–449 Fichte 422–449
- 450–459 Schelling 450–459
- 471–519 Hegel 471–519
- 520–530 Kierkegaard 520–530
- 531–540 Schopenhauer 531–540
- 541–566 Nietzsche 541–566
- 567–627 Positivismus 567–627
- 628–661 Lebensphilosophie 628–661
- 662–810 Phänomenologie 662–810
- 824–828 Glossar 824–828
- 829–834 Personenregister 829–834
- 835–853 Sachregister 835–853